Sommersemester 2002

Anträge und Resolutionen
 

Inhalt
 
Letter of Intent Beschluß des Akademischen Senats vom 25.04.02
Resolution  Resolution und Beschluß der studentsichen Vollversammlung am 15.05.02
HochModernG Stellungnahme des Akademischen Senats vom 13.06.02 zum Entwurf für ein "Hochschulmodernisierungsgesetz"

Jakobinersperling



Beschluß des Akademischen Senats vom 25.04.02
 

Auf Antrag von juso-hochschulgruppe und Liste LINKS hat der Akademische Senat der Universität Hamburg in seiner Sitzung am 25.04.02, an der über 650 Studierende teilgenommen haben, folgenden Beschluß einstimmig gefaßt:


Die Freiheit des demokratisch selbstverwalteten wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses, unbedrängt von kurzfristigen Verwertungsanforderungen, ist notwendige Voraussetzung für allgemein nützliche Entwicklung in Forschung und Lehre.

Der gestiegenen Bedeutung von Bildung und Wissenschaft für das Erkennen, Gestalten, Regulieren und Mitbestimmen von gesellschaftlichen Prozessen so wie für die individuelle Handlungsfähigkeit kann nur so angemessen Rechnung getragen werden.

Bildung und Wissenschaft müssen daher als gesellschaftliche Aufgaben demokratisch legitimiert und öffentlich realisiert werden. Den Mitgliedern der Universität kommt dabei die Verantwortung für die gesellschaftliche Relevanz ihres Tuns zu. Daher haben sie im Rahmen der institutionellen Autonomie der Hochschulen wesentliche Bedeutung für die demokratische Bestimmung und Entscheidung über Ziel, Inhalt und Methode von Lehre, Lernen und Forschung.

Beschluss:

Der Akademische Senat unterstützt den Präsidenten in seinen Bemühungen, eine Verbesserung der Lage der Universität zu erreichen.

Der Akademische Senat wendet sich gegen eine Vereinbarung, die

Der Akademische Senat stellt fest, daß er vor Entscheidungen, die für die Universität von struktureller Bedeutung sind, in jeder Phase zu befassen ist.

Der Akademische Senat erwartet, daß der Präsident die Gremien über den weiteren Verlauf der Verhandlungen informiert.

Die Stellungnahmen der Gremien müssen Grundlage der Interessenswahrnehmung der Universität durch den Präsidenten gegenüber der Behörde sein.


"Letter of Intent" zum Download

(25.04.02)

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Resolution der studentischen Vollversammlung der Uni-Hamburg vom 15.05.2002

Die Vollversammlung der Studierenden am 15.05.2002 lehnt den Entwurf der Wissenschaftsbehörde zur Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes sowie den "letter of intent" (LOI) ab.

0.) Zur aktuellen Lage:
Das sogenannte "Hochschulmodernisierungsgesetz" und der "LOI" als Knebelvertrag zwischen Behörde und Hochschulpräsidenten beinhalten diverse "Disziplinierungsmaßnahmen" und Restriktionen zur Einschränkung eigenverantwortlicher Studiengestaltung, die Verschlechterung der sozialen Lage der Studierenden mittels Studiengebühren, die Schaffung einer Zweiklassen-Bildung durch BA/MA als Regelfall, die Beschränkungen des Hochschulzugangs und verschärfte Exmatrikulationsbedingungen, die Einschränkung freier Forschung durch Sanktionen für Lehrende und die Marginalisierung inneruniversitärer Gremien bei gleichzeitiger Übertragung von Entscheidungskompetenzen an nicht demokratisch legitimierte externe Personen und Institutionen. Die politisch hergestellte Unterfinanzierung der Hochschulen und die Drohung ihrer verschärften Fortsetzung dient dabei als Druckmittel zur Durchsetzung dieser Maßnahmen.
Beabsichtigt ist die totale Ausrichtung der Hochschulen an der Verwertbarkeit für den Wirtschaftsstandort Hamburg. Diese Orientierung mag dem Zeitgeist entsprechen, sie entspricht nicht den aktuellen Erfordernissen.

1.) Die gesellschaftliche Entwicklung und der wissenschaftlich-technische Fortschritt machen notwendig und möglich, daß alle Menschen die grundsätzliche Möglichkeit haben, sich zu bilden und wissenschaftlich zu qualifizieren. Der Inhalt von Bildung und Wissenschaft muß in den entsprechenden Institutionen von ihren Mitgliedern im demokratischen Prozeß kooperativ und wirtschaftlich unabhängig entwickelt werden.
Notwendig ist die Ausrichtung der Hochschulen an der Entfaltung der Einzelnen als gesellschaftliche Subjekte und somit an der Verantwortung, zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beizutragen. Aktuell erforderlich ist, die materiellen und strukturellen Voraussetzungen für diese Orientierung zu schaffen.

2.) Dies wollen wir gegen die Vorhaben des Wissenschaftssenators durchsetzen. Dabei lassen wir uns nicht vom Senat gegen andere sozialstaatliche Bereiche der Stadt ausspielen. Wir werden zusammenarbeiten mit denen, die sich gegen den Abbau sozialer Leistungen, gegen den Ausverkauf des Gesundheitswesens, gegen die Kürzungen bei den Schulen, gegen die Privatisierung der Berufsschulen, gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten der Stadt, gegen das Verscherbeln des staatlichen Wohnungswesen, gegen den Kahlschlag von Projekten der Gleichstellungspolitik und gegen die Absage an egalitäre Ausländerpolitik wenden. Gemeinsam richten wir uns gegen eine Senatspolitik, die den Menschen als Faktor für den Standort begreift und mit Bündnispartnern aus den genannten Bereichen streiten wir für die Verbesserung der sozialen Lage aller Menschen.

3.) Für die Hochschulen fordern wir deshalb:
· Staatliche und bedarfsdeckende Hochschulfinanzierung statt Privatisierung;
· Soziale Absicherung der Studierenden statt Studiengebühren;
· Bildung für Alle statt Konkurrenz und Elitenbildung (z.B. durch Zugangsbeschränkungen und Bachelor/Masterstudiengänge);
· Freiheit von Forschung und Lehre statt Gängelung durch Sanktionen;
· Bildung und Wissenschaft in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung statt Dienstleistungs- und Verwertungsorientierung;
· Schaffung von Grundlagen für eigenständige Studiengestaltung durch inhaltliche Orientierung und Transparenz der Studiengänge statt Formalisierung des Studiums durch z. B. Zwangsberatungen, Zwischenprüfungen und Credit-Points;
· Demokratische Mitbestimmung statt hierarchischer Managementstrukturen!

Beschluß der VV am 15.05.02 zu weiteren Aktivitäten:

Wir werden vom 10. - 14. Juni 2002 eine Aktionswoche zur Auseinandersetzung mit dem Hochschulmodernisierungsgesetz und dem "letter of intent" durchführen, und bitten das Studierendenparlament, den AStA und die Fachschaftsräte die Durchführung und Vorbereitung in Arbeitsgruppen zu organisieren. Die Woche wird mit einer Vollversammlung und der anschließenden Teilnahme an der Demonstration "Feuer und Flamme für die Bildung" am 10.06.2002 um 13.30 Uhr am Rathausmarkt eröffnet. Auf einer Abschluß-Vollversammlung wird über Schlußfolgerungen und weitere Aktivitäten entschieden, beispielsweise über einen Streik und/oder eine Unibesetzung. Wir rufen alle Mitglieder der Hochschule auf, sich an der Demonstration und der Aktionswoche zu beteiligen.

Der Akademische Senat möge die Demonstration und die Aktionswoche begrüßen und die Lehrenden auffordern, statt des üblichen Studienbetriebs Veranstaltungen zum Thema der Aktionswoche durchzuführen. Der Akademische Senat wird aufgefordert zu beschließen, daß den TeilnehmerInnen der Demonstration und der Aktionswoche keine Sanktionen drohen oder Nachteile entstehen dürfen.

Die Entwürfe für die Resolution und zu den weiteren Aktivitäten wurden erarbeitet von der gemeinsamen Arbeitsgruppe von Studierendenparlamentspräsidium und FSRK zur Vorbereitung der Vollversammlung.

 

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Stellungnahme des Akademischen Senats
der Universität Hamburg zum Referentenentwurf zur Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes
(589. Sitzung des Akademischen Senats vom 13. Juni 2002)


1. Präambel:

Der Gesetzentwurf ist in erheblichen Teilen völlig inakzeptabel. Er enthält nicht zu rechtfertigende Brüche mit Grundsätzen der akademischen Selbstverwaltung und gefährdet dadurch die Grundlagen der Wissenschafts- und Hochschulautonomie.

Im gegenwärtigen Entwurf wird der gesellschaftliche Nutzen der Hochschulen allein an den Wertschöpfungsbeiträgen für einen Wirtschaftsstandort gemessen.

Dem gegenüber betont der Akademische Senat die Orientierung der Universität Hamburg an kulturellen, sozialen und wissenschaftlichen Verpflichtungen.

Die Universität Hamburg lehnt daher den Entwurf in der vorliegenden Fassung ab, insbesondere aus folgenden Gründen:

Das Vorgehen des Senators dokumentiert im übrigen seine Missachtung des laufenden Reformprozesses in der Universität Hamburg und die Mitbestimmung der universitären Gremien.

Der Akademische Senat protestiert gegen diese Verfahrensweise.

 

2. Hochschulrat/Gremienstruktur

Die Universität fordert den Erhalt der Gremienstruktur nach dem geltenden Hochschulgesetz.

Begründung:
Zentrales Element der vorgesehenen Novellierung ist die Einführung des ‚Hochschulrates'. Der Hochschulrat erhält die Kernkompetenzen des bisherigen Hochschulsenates, dessen Zuständigkeiten entsprechend eingeschränkt werden. Der große Senat soll abgeschafft werden. Bei den genuinen Selbstverwaltungseinrichtungen der Hochschulen verbleiben im Wesentlichen Fragen der Lehre und des Studiums im engeren Sinne (Studienordnungen, Prüfungsordnungen) sowie Detailfragen der Hochschulstruktur (Aufhebung, Änderung, Neueinrichtung von Einrichtungen) soweit diese nicht grundsätzlicher Natur sind. Bei der Wahl der Präsidentin oder des Präsidenten, der Kanzlerin oder des Kanzlers sowie der Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten ist nur noch ein Mitwirkungsrecht vorgesehen. Die entscheidenden Wahlrechte für die Leitungsinstanzen (Präsidentin/Präsident, Kanzlerin/ Kanzler) sowie die Entscheidungsrechte über die innere Struktur der Hochschulen gehen auf den Hochschulrat über.

Diese Regelungen sind nicht akzeptabel.

Der vorgeschlagene Hochschulrat folgt dem organisatorischen Grundmuster der Aktiengesellschaft (Hochschulrat = Aufsichtsrat; Präsidium = Vorstand; Präsident = Vorstandsvorsitzender). Die Kernaufgaben der Hochschulen - die verantwortliche Gestaltung von Wissenschaft in Forschung und Lehre - gehen aber im Modell der Aktiengesellschaft nicht auf. Erforderlich sind vielmehr hochschulspezifische Organisations- und Verfahrensstrukturen, die zugleich eine effiziente Verwaltung der Hochschulen sicherstellen und dafür sorgen, dass gesamtgesellschaftliche Gemeinnützigkeitsanforderungen an das Hochschulsystem gewahrt werden. Ausgeschlossen sein muss, dass Partikularinteressen unmittelbar für die Aufgaben der Hochschulen bestimmend werden könnten.

Der vorgeschlagene Hochschulrat und die weiteren Vorstellungen zur Gremienstruktur stärken nicht die Autonomie der Hochschulen (wie von der BWF dargestellt) sondern schwächen sie. Formal ist zwar der Hochschulrat ein Organ der jeweiligen Hochschule, in seiner faktischen Wirkungsweise ist er dies jedoch nicht. Er ist eine Einrichtung besonderer Art, die allein auf Grund ihrer Zusammensetzung (ausschließlich externe Mitglieder, jeweils zur Hälfte von der BWF und der jeweiligen Hochschule entsandt) eine weitgehend ‚externe' Einrichtung sein wird. Zur entscheidenden Vermittlungsinstanz zwischen Hochschulrat und Hochschule wird de facto das Präsidium.

Die Hochschule und ihre Selbstverwaltungseinrichtungen haben nach der Wahl ‚ihrer' Repräsentanten im Hochschulrat keinen weiteren Zugang zu diesem Gremium. Das Ergebnis wäre ein kompliziertes Dreiecksverhältnis, in dem der ‚Hochschulrat' über die - die dann verbliebene eigentliche Selbstverwaltungsstruktur der Hochschulen ausmachenden - Eckpunkte ‚Hochschulsenat' und ‚Präsidium' dominieren würde.
Entsprechend der dargestellten Grundkonstellation muss davon ausgegangen werden, dass die Entscheidungen des Hochschulrates in der jeweiligen Hochschule als Fremdbestimmung empfunden werden.

Die Stärkung der Hochschulautonomie erfordert die Stärkung der innerhochschulischen Demokratie. Den Mitgliedern der Hochschule kommt die Verantwortung für die gesellschaftliche Relevanz ihres Handelns zu. Daher haben sie im Rahmen der institutionellen Autonomie der Hochschulen wesentliche Bedeutung für die demokratische Bestimmung und Entscheidung über Ziel, Inhalt und Methode von Lehre, Studium und Forschung. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass diejenigen Entscheidungsbefugnisse, die aus der Kompetenz der BWF übertragen wurden bzw. werden sollen, weder dem Privileg einer lediglich auf die Gruppe der Professorinnen und Professoren bezogenen ‚Wissenschaftsfreiheit' noch der Autokratie eines Hochschulrates unterliegen. Zur Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten aller Hochschulmitglieder ist daher die Kooperation und Entscheidungsbeteiligung von akademischen Gremien, studentischer Interessenvertretung sowie Personalvertretungen auf allen Ebenen zu sichern. Deshalb ist die Beibehaltung von Großem Senat und Hochschulsenat erforderlich.

 

3. Leitungsstruktur (Zentrale/Fachbereichsebene)

Die Universität Hamburg fordert, dass der bisherige gesetzliche Status Quo (insbesondere Wahl des Präsidiums durch Gremien der Hochschule) beibehalten bleiben sollte.
Die Leitungsinstanzen der Hochschulen sollen nach dem Novellierungsvorschlag künftig ‚doppelt legitimiert' sein. Dabei leitet sich die Legitimation stets von der höheren Ebene ab, die nachgeordnete wird nur beteiligt. So liegt das Wahl- bzw. Vorschlagsrecht beim Hochschulrat (für Präsidentin/Präsident, Kanzlerin/Kanzler) bzw. beim Präsidenten/Präsidium (Vizepräsidentin/Vizepräsident, Dekanin/Dekan). Nur das Bestätigungsrecht liegt beim Hochschulsenat (Präsidentin/Präsident, Kanzlerin/Kanzler, Vizepräsidentin/Vizepräsident). Diese Vorstellungen brechen mit grundlegenden Prinzipien der Hochschulselbstverwaltung.

Die Universität Hamburg hat erhebliche Bedenken gegen die vorgesehene weitreichende Unabhängigkeit der Dekanate von den Mitgliedern des Fachbereichs, also Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitern, Verwaltungspersonal und Studierenden.

Die beabsichtigte Selbständigkeit des Dekanats lehnt sich auf eine für den gesamten Gesetzentwurf charakteristische Weise an amerikanische Modelle an, ohne dass die Übertragbarkeit auf die deutsche Hochschullandschaft angemessen geprüft und für die eventuelle Realisierung dieser Modelle die Voraussetzungen geschaffen worden wären. Das gewählte Vorbild ist zudem beschränkt auf das Premiumsegment der wenigen Elite-Forschungsuniversitäten der USA. Es muss darauf hingewiesen werden, dass das US-amerikanische Hochschulsystem seit Jahrzehnten weder den Bedarf der Wirtschaft an akademisch qualifizierten Arbeitskräften zu befriedigen noch sich selbst durch hochqualifiziertes wissenschaftliches Personal zu reproduzieren vermochte. Vielmehr hat eine große Zahl der Postgraduierten und mehr als die Hälfte der Postdoktoranden an US-amerikanischen Forschungsuniversitäten eine vorherige Qualifikation in Bildungssystemen anderer Staaten erworben; jeder dritte davon im deutschen Hochschulsystem. Dies ist eine respektable Leistung des deutschen Hochschulsystems; es besteht also kein Anlass, seine Grundzüge in Frage zu stellen.

Die Dekaninnen und Dekane sollen daher weiterhin vom jeweiligen Selbstverwaltungsgremium ihres Fachbereichs zu wählen sein (und sollten aus ihnen stammen); sie sind ggf. durch die Präsidentin/den Präsidenten zu bestätigen. Entsprechend muss die Präsidentin/der Präsident durch ein Selbstverwaltungsgremium der Universität gewählt werden.

Die Universität Hamburg weist im übrigen die in der Begründung zum Referentenentwurf implizit unterstellte ‚Reformunfähigkeit' entschieden zurück. Sie erinnert daran, dass weitreichende Reformen - durchaus auch in Reaktion auf externe Beratungen - eingeleitet wurden und umgesetzt werden. Die Reformfähigkeit der Universität durch die Mitglieder der Universität selbst ist also erwiesen; hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die Möglichkeiten - auch der effektiven Arbeit der Gremien der Akademischen Selbstverwaltung - durch die schlechte finanzielle Situation und die Einschränkungen der Kompetenzen der Gremien erheblich behindert werden.

Das Präsidium der Universität und die Leitungen der Fachbereiche sind als demokratisch gewählte Kollektivorgane Leitung und Repräsentanz wissenschaftlicher Einrichtungen. Sie stützen sich auf die Beratungen und Entscheidungsprozesse der Gremien universitärer Selbstverwaltung, durch die sie gewählt und kontrolliert werden. Diese Leitungsorgane arbeiten kollegial und müssen allen Mitgliedern der Hochschule offen stehen. Auf dezentraler Ebene sind sie ausschließlich mit Hochschulmitgliedern derselben Einheit zu besetzen, auf zentraler Ebene müssen die Vizepräsidentinnen/die Vizepräsidenten aus der Hochschule kommen.

 

4. Berufungsverfahren

Die Universität Hamburg begrüßt die Verpflichtung zur Beteiligung externer Professorinnen und Professoren in Berufungsausschüssen.

Die Universität Hamburg hat jedoch erhebliche Bedenken gegen die weitreichende Beteiligung auswärtiger Professorinnen und Professoren an Berufungsausschüssen, die Vorschläge für die Neuberufung für Professuren machen sollen. Nach § 20 Abs. 2 Satz 4 des Referentenentwurfs soll ein Drittel der Gesamtmitglieder aus Professorinnen und Professoren bestehen, die nicht Mitglieder der Hochschule sind, d.h. also, dass Professorinnen und Professoren des Fachbereichs dadurch sogar in die Minderheit innerhalb der Professorengruppe geraten. Dies ist eine widersprüchliche Reaktion auf die Veränderungen der Hochschulsituation im allgemeinen und die Ansätze zur Herausbildung von ‚Wissenschafts- und Ausbildungsmärkten' im besonderen. Eine so weit reichende Beteiligung auswärtiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Berufung von Professorinnen und Professoren gefährdet gerade die Verantwortung der Fachbereiche für das von ihnen angebotene ‚Gesamtprodukt'.

Die absolute Beschränkung der Anzahl nichtprofessoraler Mitglieder in Berufungsausschüssen wird zurückgewiesen.

 

5. Studentische Angelegenheiten

a) Bachelor- und Masterstudiengänge

Die Universität Hamburg hat für die Bachelor- und Masterstudiengänge das sogenannte ‚Hamburger Modell' entwickelt. Für dieses Modell ist bundesweit zu werben. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Modell sieht eine Umkehrung der Verhältnisse vor. Die Bachelor- und Masterstudiengänge sind danach getrennt zu betrachten und bauen (günstigenfalls) konsekutiv aufeinander auf. Zudem werden die Hochschulen zur Akkreditierung verpflichtet. Diese Neureglung erweitert nicht die Möglichkeiten für die Studierenden, wie es im ‚Hamburger Modell' gegeben ist, sondern schränkt sie ein. Die Studierenden müssen sich für einen Bachelorstudiengang einschreiben und danach gesondert für einen Magisterstudiengang, sofern die eine Fortsetzung ihres Studiums wünschen und die Hochschule ausreichend Studienplätzen vorhält. Dieses konsekutive Modell soll Regelfall werden.

Es ist zunächst genuine Aufgabe der Hochschulen selber, über die von ihr angebotenen Studiengänge und ihre innere Organisation nach wissenschaftlichen Kriterien zu befinden und nicht nach ordnungspolitischen Gesichtspunkten entscheiden zu müssen. Entsprechende Maßnahmen sollten auf zentraler Ebene der Hochschule (Hochschulsenat / Ausschuss für Lehre und Studium) beraten und entschieden werden. Der staatliche Genehmigungsvorbehalt für neu einzurichtende Studiengänge stellt darüber hinaus sicher, dass der erforderliche staatliche Einfluss auf jeden Fall wahrgenommen werden kann. Darüber hinaus sind keine Normierungen erforderlich.

b) Studiengebühren

Die Universität Hamburg lehnt die Einführung von Studiengebühren gleich welcher Art und Gestaltung ab, weil sie die soziale Benachteiligung beim Hochschulzugang verstärken und allgemeinbildende Anteile im Studium zurückdrängen. Deshalb wird auch die Einführung von Langzeitstudiengebühren abgelehnt. Studiengebühren sind wesentlich ein ordnungspolitisches Mittel zur restriktiven Gestaltung der Studienbedingungen.

c) Einschränkung des Hochschulzugangs

Der gleiche, freie und offene Hochschulzugang sollte Grundsatz und Bestreben von Hochschule und Gesellschaft sein. Die Universität Hamburg lehnt die Einschränkung des Hochschulzugangs und die Verschlechterung der Zugangsbedingungen für Berufstätige ab.

d) Exmatrikulation

Es sollte darauf verzichtet werden, Zwangsexmatrikulationen nach einer definierten Zeitdauer (doppelte Regelstudienzeit) vorzusehen. Dies ist eine ausschließlich punktuelle und restriktive Maßnahme, die sich mit dem erforderlichen Gestaltungsspielraum für ein Studium nicht verträgt. Die Exmatrikulation von Studierenden aufgrund sogenannten schädlichen Verhaltens ist besonders abzulehnen, weil sie die willkürliche und politische motivierte Entfernung Studierender von der Hochschule ermöglicht und ein autoritäres Relikt vordemokratischer Zeit ist.

e) Verfasste Studierendenschaft

Die Verfasste Studierendenschaft ist notwendiger Bestandteil einer demokratischen Universität. Die politische, soziale und kulturelle Interessenvertretung der Studierenden durch Studierende ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Studiums sowie der Gesamtgemeinschaft der Universität Hamburg. Die Universität lehnt daher jede Einschränkung dieser Rechte und Möglichkeiten entschieden ab.

 

6. Ziel- und Leistungsvereinbarungen

Ziel- und Leistungsvereinbarungen sollen strategische Übereinkünfte von Hochschule und Staat sein. Durch sie wären gemeinsame Entwicklungsziele zu fassen sowie die entsprechenden Bedarfsgrundlagen zu sichern. Diese Vereinbarungen sollten einer Kultur auf Gegenseitigkeit entsprechen und durch die Gremien der akademischen Selbstverwaltung beraten und beschlossen sowie der Bürgerschaft zur Kenntnis gegeben werden.
Die Universität Hamburg lehnt daher die entsprechenden Regelungen im Referentenentwurf ab, insbesondere die Jährlichkeit der Fortschreibung, die Angabe von Kennzahlen und Indikatoren und die vorgesehene Sanktionierung durch die Festlegung des ‚Zielerreichungsverfahrens' und der sich aus dem ‚Zielerreichungsgrad' ergebenen Konsequenzen.

 

7. Ausblick

Entgegen der mit dem ‚Hochschulmodernisierungsgesetz' angestrebten grundsätzlichen Neuausrichtung des Hochschulwesens müssen Bildung und Wissenschaft als gesellschaftliche Aufgaben demokratisch legitimiert und öffentlich realisiert werden. Die Freiheit des demokratisch selbstverwalteten wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses, unbedrängt von kurzfristigen Verwertungsanforderungen, ist notwendige Voraussetzung für allgemein nützliche Entwicklung in Forschung und Lehre. Nur so kann der gestiegenen Bedeutung von Bildung und Wissenschaft für das Erkennen, Gestalten, Regulieren und Mitbestimmen gesellschaftlicher Prozesse für die individuelle Handlungsfähigkeit angemessen Rechnung getragen werden. Aktuell und perspektivisch ist erforderlich, die materiellen und strukturellen Voraussetzungen für diese Orientierung zu schaffen.

 

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