Anträge und Resolutionen
Inhalt
sp-01 | Leitlinien für die AStA-Arbeit 2003/2004. Antrag an das Studierendenparlament. |
sp-02 | Zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus. Antrag an das Studierendenparlament. |
sp-03 | Resolution des Studierendenparlaments der Universität Hamburg zum 70. Jahrestag der Bücherverbrennung. Antrag an das Studierendenparlament. |
Antrag an das
Studierendenparlament
Leitlinien für
die AStA-Arbeit 2003/2004
Präambel
Im Bewußtsein seiner wechselvollen und widersprüchlichen Geschichte
stellt sich der AStA der Universität Hamburg in die Tradition des Antifaschismus,
des demokratischen Engagements und humanistischer Aufklärung. Wissenschaftliche
Kooperation, demokratische Entscheidungsfindung und allgemeiner gesellschaftlicher
Nutzen der Wissenschaften sind Aufgabe und Verpflichtung der Universität
und ihrer Mitglieder. Die studentische Interessenvertretung wird stets für
diese und nach diesen Prämissen handeln.
Der AStA verpflichtet sich, in der Universität Hamburg Lehre und Studium
im Hinblick auf Entwicklungen in Gesellschaft, Wissenschaft und Kultur, Veränderungen
in der Berufswelt sowie Folgen von Wissenschaft und Technik zu überprüfen
und weiterzuentwickeln. Freiheit von ökonomischer Zurichtung und Kooperation
in der Erarbeitung und Aneignung von Wissen sollen Grundlage der Studienreform
sein. Die Durchlässigkeit, Sozialverträglichkeit, Transparenz und
gesellschaftliche Verantwortung sind Grundsätze der Gestaltung von Studiengängen.
Studiengebühren verstärken die soziale Benachteiligung beim Hochschulzugang
und drängen allgemeinbildende Anteile im Studium zurück. Sie sind
wesentlich ordnungspolitisches Mittel zur restriktiven Gestaltung des Studiums
und exekutieren ein technokratisches Menschenbild und daher in jeder Form
abzulehnen.
Der AStA der Universität Hamburg versteht sich als Teil gesellschaftlicher
Bewegung für Frieden, Abrüstung, soziale Gleichheit, sinnvolle Arbeit,
umfassende Demokratisierung, emanzipatorische Bildung, kritische Wissenschaft
und kulturelle Entfaltung für alle Menschen. Diesen gesellschaftlichen
Wirkungsanspruch zu realisieren nimmt, er ein allgemeinpolitisches Mandat
wahr. Hierfür wird er in der Friedensbewegung, mit Gewerkschaften, in
Bündnissen gegen Rechts, mit linken Parteien und anderen fortschrittlichen
Kräften und sozialen Bewegungen solidarisch streiten. In der Universität
setzt er sich für die Kooperation aller Statusgruppen ein.
In Wahrnehmung seiner Aufgabe der studentischen Interessenvertretung und
in Bezugnahme auf das Leitbild, mit dem sich die Universität Hamburg
wirkt der AStA auf Grundlage des folgenden Arbeitsprogramms:
Friedenspolitik
„Es fällt uns schwer, an eine Änderung des bisherigen
Weltgeschehens mit seinem immer wiederkehrenden Kriegslärm zu glauben.
Und doch: Utopie ist heute nicht mehr den Krieg zu überwinden, sondern
ihn noch weiterhin für eine praktikable Möglichkeit zu halten.“
(Gustav Heinemann, Bundespräsident von 1969 - 1974, 1964)
Die Politik der weltweiten umfassenden Durchsetzung von Konkurrenz und Ausbeutung
findet in den gegenwärtigen Kriegen ihren brutalsten Ausdruck. Unter
Führung der kapitalistischen Hauptmacht USA sollen die Interessen global
agierender Konzerne gegen den internationalen Widerstand der Friedensbewegung
und gegen den Willen der Völkergemeinschaft erbombt werden. Massenhafte
Vernichtung menschlichen Lebens und die Zerstörung des Kulturerbes der
Menschheit, Verelendung und Fanatismus sind die Folgen.
Diese Kriege entspringen aus dem zähen Ringen der Wirtschaft, stete
Profitsteigerung weiterhin zu ermöglichen und dafür die Verfügungslosigkeit
der Mehrheit der Menschen über die Mittel der eigenen Bedürfnisbefriedigung
zu forcieren. Die kapitalistische Unterwerfungspolitik kann die Krise sozialer,
wirtschaftlicher und kultureller Beziehungen weder für den hiesigen Alltag
noch im internationalen Maßstab lösen. Kennzeichen der strukturellen
Krise ist, daß sich lukrative Ausbeutung und friedliche Entwicklung
ausschließen. Auch wenn die Waffen nicht mehr sprechen, ist damit noch
kein Frieden geschaffen.
In der Friedenspolitik geht es deshalb um mehr als um die Verhinderung oder
Beendigung eines Krieges. Es geht um die Beseitigung von Krieg überhaupt.
Soziale Gleichheit oder soziale Spaltung, Kooperation oder Konkurrenz und
also Frieden oder Krieg – das ist die Überlebensfrage der Menschheit.
Bildung, demokratische Partizipation, soziale Entwicklung, humanistische Nutzung
wissenschaftlicher Erkenntnisse und kulturelle Entfaltung für alle Menschen
sind die Grundlagen dauerhafter Friedenssicherung.
Hochschulen als Institutionen der Aufklärung, des kritischen Verstehens,
des demokratischen Austauschs für die Entwicklung wissenschaftlicher
und technischer Erkenntnisse zum Nutzen Aller stellen Bildung und Wissenschaft
in den Dienst des Friedens. Die Freiheit von Verwertungsanforderungen der
Wirtschaft, also die Unbedrängtheit der Institutionen und der einzelnen
Hochschulmitglieder von kapitalistischer Profitgier, sind dafür Voraussetzung.
Die Politik von Wissenschaftssenator Dräger zielt darauf, die Hamburger
Hochschulen durch HochModernGesetz und Dohnanyi-Kommissionsempfehlungen profitaggressiv
umzubauen: Soziologie und die Hälfte der Sprach-, Geistes- und Kulturwissenschaften
abzuwickeln, die Studienplatzzahl zu senken, den Hochschulzugang wie den Erwerb
von Abschlüssen an die tätige Zustimmung des Studierenden zur Optimierung
seiner Ausbeutbarkeit zu knüpfen, dies sei exemplarisch genannt.
Kritisches Engagement Aller dagegen ist ein wirksamer Beitrag für weltweit
friedliche Entwicklung. Dafür wirkt die Verfaßte Studierendenschaft
in der Universität und als Teil der Friedensbewegung.
„Allein schon die Überleitung von Rüstungsproduktion
in Friedensproduktion wirft viele Fragen zumal dort auf, wo Rüstungsproduktion
ein privatwirtschaftliches Erwerbsunternehmen ist. Aber auch Völkerrecht,
Soziologie, Sozialpsychologie, Pädagogik werden Beiträge zu leisten
haben. Die eigentliche Grundlagenforschung aller sonstigen Grundlagenforschung
ist die Friedensforschung! Der Frieden ist die eigentliche Forschungslücke
der Wirtschaft. Der Wille zur Abrüstung kann nur dann ernsthaft werden,
wenn Klarheit über ihre Voraussetzungen und über ihre Auswirkungen
besteht.“
(Gustav Heinemann, ebd.)
Hochschulpolitik
Am 30. Januar 2003 dieses Jahres legte die „externe Strukturkommission“
die Ergebnisse ihrer „Evaluationstätigkeit“ vor.
Schon im letzten Sommer hatte die Hochschulöffentlichkeit gegen das
Zustandekommen der Kommission protestiert. Der Protest richtete sich gegen
die damit verbundene antidemokratische Außerkraftsetzung der akademischen
Selbstverwaltungsgremien wie auch gegen die im „letter of intent“ festgelegten
Kriterien für die Arbeit der Kommission: Die Hochschulen mögen „wettbewerbsfähig“
werden, „auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Anforderungen der Metropolregion
Hamburg“. Im Klartext heißt das: Kommerzialisierung, Privatisierung
und Entdemokratisierung der Hochschulen. Die Hochschulpräsidenten wurden
erpreßt: entweder sie setzen die Kommissionsempfehlungen um oder es
gibt noch weniger Geld.
Die Besetzung der Kommission (im wesentlichen Kapitalvertreter von Bertelsmann
/ CHE bis zum Pharmaunternehmen Schering) war Garant dafür, daß
dieses neoliberale Programm in ihrem Bericht weitgehend unverblümt zum
Ausdruck kommt und gefordert wird: Forschung, Studieninhalte und Studierendenzahlen
sollen ausgerichtet werden an den vom Senat festgelegten Wirtschaftsschwerpunkten,
Konkurrenz statt Kooperation soll wesentlich Richtung der Hochschulentwicklung
werden, globale wirtschaftliche Vernetzung soll durch Anwerbung ausländischer
Eliten ausgebaut werden, das Studium soll weitgehend auf die Ausbildung von
Facharbeitern reduziert werden, die zu eigenständiger wissenschaftlicher
Tätigkeit nicht befähigt sind, kritischer Einfluß der Hochschulmitglieder
auf Inhalt und Entwicklung der Hochschulen soll eliminiert werden. Bildung
und Wissenschaft sollen hier vollständig zur Ware degradiert werden:
Bildung erhöht den Wert von „Humankapital“, das sich durch universitäre
Qualifikation besser am Arbeitsmarkt verkaufen kann und den Wirtschaftsstandort
stärkt. Studierende sind Kunden, die beim Dienstleistungsanbieter Hochschule
als Nachfrager auftreten. ProfessorInnen haben für interessierte Unternehmen
zu forschen oder sind reine Dienstleister, die die Ware Bildung möglichst
effizient vermitteln sollen.
Einer solchen Orientierung widerspricht die Zielsetzung der Universität
deutlich, dies drückt sich in den Beschlüssen der Universität
zum „Hochschulmodernisierungsgesetz“, in den Stellungnahmen zu den Ergebnissen
der „Dohnanyi-Kommission“ und insbesondere in der gerade verabschiedeten Grundordnung
der Universität aus. In der Resolution der studentischen Vollversammlung
der Universität Hambur vom Mai 2002 heißt es: „Die gesellschaftliche
Entwicklung und der wissenschaftlich-technische Fortschritt machen notwendig
und möglich, daß alle Menschen die grundsätzliche Möglichkeit
haben, sich zu bilden und wissenschaftlich zu qualifizieren. Der Inhalt von
Bildung und Wissenschaft muß in den entsprechenden Institutionen von
ihren Mitgliedern im demokratischen Prozeß kooperativ und wirtschaftlich
unabhängig entwickelt werden. Notwendig ist die Ausrichtung der Hochschulen
an der Entfaltung der einzelnen als gesellschaftliche Subjekte und somit an
der Verantwortung, zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beizutragen.“
Um gegen diese vernünftige Perspektive die neoliberale Entwicklungsoption
für die Hochschulen zu legitimieren, muß die Kommission allerlei
Volten schlagen. So wird erstens die Prämisse gesetzt, daß „ein
weiterer Anstieg des Wissenschaftsanteils am Gesamthaushalt der Stadt bis
auf weiteres nicht erwartbar ist“, und zweitens, daß „die Kommission
die Diskussion der Qualität des Hamburger Angebots [...] nicht zu einem
methodischen Ansatz ausgebaut und Strukturentscheidungen nicht von Qualitätseinschätzungen
abhängig gemacht“ hat. Wenn also Qualität keine Rolle spielt und
die Fortsetzung des Sparkurses nicht in Frage gestellt werden darf, so darf
getrost gesagt werden, daß die Empfehlungen für eine ernsthafte
Debatte über die weitere Hochschulentwicklung nichts taugen.
Dagegen ist auf Grundlage der oben genannten universitären Position
vehementer Widerstand aller Hochschulmitglieder erforderlich. Die Hochschulpolitik
des AStA soll kritisch aufklären, studentische Bewegung initiieren und
auch Handreichung für Studierende sein, kritische Stellungnahmen ihrer
Fachbereiche durchzusetzen. Sie ist Grundlage für Protestaktivitäten,
die dazu angetan sind, Drägers Pläne zu unterbinden und so dazu
beizutragen, den Rechtssenat aus dem Amt zu jagen.
Entscheidende Prämissen sind der AStA-Politik sind hierbei:
Gegen Rechts:
Wehret den Anfängen! Soziale Gleichheit statt Ellenbogen
Haider in Österreich, Berlusconi
in Italien und Schill in Hamburg zeigen, daß Rechtsextreme und Rechtspopulisten
– durch Konservative in Regierungsverantwortung gehievt – den Turbo-Kapitalismus
anheizen: Sie betreiben die Reduzierung demokratischer und sozialer Errungenschaften
des Sozialstaates auf ein klägliches Minimum, die Streichung des Asylrechts
und die umfassende Militarisierung der Innen- und Außenpolitik, um einen
autoritär brutalisierten Neoliberalismus durchzusetzen. Die extreme Rechte
vertritt aggressive Standortpolitik und Deregulierung für die Profite
und die ungefesselte Macht der Wirtschaft. Zu diesem Zweck werden – altbekannt
– Sündenböcke für die soziale Verunsicherung der meisten Menschen
präsentiert, um mit einem autoritären „Innere-Sicherheits-“Staat
Ruhe&Ordnung durchzusetzen: denunziert werden gesellschaftlich Benachteiligte
mit rassistischer und anti-humanistischer Krisendeutung („Sozialschmarotzer“,
„Asylrechtsmißbrauch“), massiv gefordert wird eine restriktive Ordnungspolitik
gegenüber allen, die die Standort-Ordnung stören. Linke, die mit
Nazis als Totalitäre gleichgesetzt werden, sollen verantwortlich gemacht
werden für die „Aufweichung“ der guten alten Sekundärtugenden zur
Untertanendressur.
Die Folge dieser zugespitzten Ellenbogengesellschaft sind brutale Gewalt
gegen AusländerInnen und Andersdenkende, Rassismus und Antisemitismus,
Ausgrenzung und Deklassierung von sozial Schwachen und Menschen mit Behinderungen,
Abbau sozialer Errungenschaften, Einschränkung kultureller Entfaltungsmöglichkeiten
und demokratischer Partizipation, aggressiver Nationalismus sowie offensive
Militarisierung der Außenpolitik und der internationalen Beziehungen.
In Hamburg macht das „Leitbild Metropole Hamburg“ sehr deutlich, daß
die Politik des Senats in diesem Sinne einzig auf die Zurichtung der Menschen
und aller gesellschaftlichen Bereiche auf die kurzfristigen Verwertungsanforderungen
der regionalen Wirtschaft zielt. Totale Konkurrenz der Einzelnen, der lokalen
gesellschaftlichen Institutionen wie der Standorte im internationalen Maßstab
ist gewollt und wird als unüberwindbar gesetzt.
Dafür sollen Menschen selektiert und gesteuert werden. Die Verdrängung
sozial Schwacher, forcierte Abschiebungen, repressive Polizeipolitik und die
gleichzeitige Abwerbung „Hochqualifizierter“ aus strukturschwachen Regionen
zeigen deutlich, daß zum „Aufstieg“ der Metropole Hamburg die dauerhafte
Verelendung anderer Regionen mindestens in Kauf genommen wird. Die Spaltung
der Gesellschaft soll im regionalen wie im weltweiten Maßstab forciert
werden. Zur Verschleierung dient das identitätsstiftende „Wir Hamburger“
z.B. bei der Olympiabewerbung ebenso wie der bescheidene Wohlstand der Zielgruppe
der „high potentials“.
Dafür sollen Wirtschaft und Handel boomen, und wird die Ausbeutung
der Länder, die nicht zu dem imperialistischen Zentren zählen,
forciert. Darauf werden alle gesellschaftlichen Bereiche, insbesondere die
Bildungsinstitutionen, getrimmt. Den Hochschulen wird – Dohnanyi-Kommission
und HochModernG zeigen es – zur Durchsetzung dieser neoliberalen Zuspitzung
besonderes Augenmerk gewidmet.
Strategien gegen Rechts erschöpfen sich daher nicht in Verboten und
anderen repressiven Maßnahmen. Der AStA wird sein ganzes Engagement
darauf richten, sich in außerparlamentarischer Bewegung gegen Rechts,
insbesondere gegen die politischen Kräfte rechts von den Konservativen,
zu stellen, die auf rassistische Hetze, autoritären Sicherheitsstaat
und Denunziation gegen Vernunft und Aufklärung zielen.
Wir engagieren uns daher für:
Die Regierungsbeteiligung der Schill-Partei, das dreiste Auftreten von Neofaschisten
in Hamburg und offensivere Publikationen und Präsenz von Burschenschaften
sind Anlaß für uns, verstärkt die Auseinandersetzung gegen
Rechts zu führen. Der von den Rechten forcierten ausschaltenden Konkurrenz
muß das Prinzip der Solidarität entgegengesetzt werden.
In besonderer Weise ist deshalb in der Verfaßten Studierendenschaft
zu realisieren:
Kulturpolitik
Kultur, als schöpferische Verarbeitung bzw. Gestaltung von individuellen
und kollektiven Lebensbedingungen, ist immer politisch. Ob bewußt und
gewollt oder ob unreflektiert und ungewollt: Jede kulturelle Leistung ist
immer auch Ausdruck ihrer Entstehungsbedingungen.
Allerdings ist je konkret zu fragen, ob kulturelle Aktivität die Bedingungen
und Ziele ihrer Entstehung bloß ablesbar - oder aber sie kritisch reflektiert
zum Gegenstand einer Stellungnahme macht. Je mehr sie letzteres tut, desto
mehr kann sie als emanzipatorischer Gegenentwurf gelten, je weniger sie dies
tut, desto mehr als ein bloß „verfeinerter“ Ausdruck von Affirmation.
Dennoch beschäftigt sich gerade auf den ersten Blick „unpolitische
Kunst“ oft auf hoher Abstraktionsebene mit philosophischen Grundlagen der
Faktoren, die das Politische und Soziale bestimmen. Darin liegt eine Provokation,
die gerade wegen ihrer Abstraktheit eine Bereicherung für das klassische
politische Denken und Handeln darstellen kann, es zur Befragung und zur (auch
Selbst-) Hinterfragung herausfordert.
In der Tradition der europäischen Aufklärung steht auch Kultur
nicht erhaben außerhalb der Kritik. Davon ausgehend wollen wir offen
sein, Kultur auch der nicht-engagierten Art auf ihr Potential an politischer
Bereicherung hin zu untersuchen und zugänglich zu machen.
In diesem Sinne ist linke Kulturpolitik auch nicht zu verstehen als platte
Instrumentalisierung von Kultur zum Zweck eleganten Ideologietransportes bzw.
rein szenischer Darstellung politischer Problem- oder Zielvorstellungen. Sie
beginnt vielmehr - in Abkehr von der bunten Beliebigkeit der letzten Jahre
(Campusbelebung) - mit einer Entscheidung für die Entscheidung.
Das heißt, bewußter auszuwählen, zu befördern und
selbst zu betreiben, was Bezug zu Lebensverhältnissen von Studierenden
in ihrer gesellschaftlichen Bedingtheit aufzeigt und nicht bloß partiell
angenehmer machen will. D.h. auch bewußt auszuwählen, was als
künstlerische Arbeit das Denken provoziert, verunsichert, und es politisch
zu be- und hinterfragen. In diesem Sinne sollte sich die Arbeit des Kulturreferates
nicht nur politisch, sondern ganz besonders allgemeinpolitisch gestalten.
Also eine Absage an eine Spaßkultur deren zeitweise Betäubungswirkung
noch am treffendsten in „Schankverlust“ zu bemessen ist. Aber gerade und ausdrücklich
keine Absage ans Feiern.
Die Arbeit des Kulturreferates sollte sich nicht in der Durchführung
eines Mega-Events erschöpfen, wie dies tendenziell in den letzten Jahren
der Fall war. Statt dessen geht es darum, verteilt über das kommende
Jahr eine Kontinuität in Veranstaltungen und Aktivitäten zu erreichen,
die für sich genommen eine inhaltliche Stringenz erkennen lassen und
nicht als abgekoppelt von der politischen Arbeit der anderen Referate erscheinen.
Antrag an das
Studierendenparlament
Solidarische Kooperation für gesellschaftliche
Veränderung statt Krieg und Barbarei
Zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus
Am 8. Mai 1945 konnte die internationale antifaschistische Allianz die faschistische Diktatur und den 2. Weltkrieg beenden und somit neue Voraussetzungen für friedliche und vernünftige Gesellschaftsentwicklung weltweit schaffen.
Großagrarier, Schwerindustrielle und Banker sowie reaktionäre Intellektuelle und Parteien mit ihren Schlägertrupps waren sich einig gewesen in der brutalen Ablehnung des "Schmachfriedens" und der Destruktion der Weimarer Republik; eine aggressiv expansive Politik nach außen und eine Diktatur nach innen sollten die zugespitzte Ausbeutung der aus- und inländischen Bevölkerung sichern bis hin zur massenhaften Vernichtung in Konzentrationslagern und im verbrecherischen Krieg von Wehrmacht und SS.
Fortschrittliche und demokratische Organisationen und Parteien - zuerst die der Arbeiterbewegung - wurden verboten und aufgelöst, um das kooperative Engagement für Frieden, sozialen Fortschritt und Demokratie zu beseitigen; insbesondere Jüdinnen und Juden wurden als Gegner der Nazi-Politik stilisiert, entrechtet und im Terror des SS-Staates und dessen industrieller Nutznießer systematisch vernichtet.
Sechs Jahre wurde so die diktatorische Kriegsmaschinerie zur Vernichtung des "feindlichen Auslandes" vorbereitet, bis sie 1939 eingesetzt wurde - ca. 60 Mio. Menschen wurden getötet. Der Sieg über Nazi-Deutschland war möglich geworden, weil bürgerliche Humanisten und radikale Pazifisten, Sozialdemokraten und Kommunisten - individuell wie als Organisationen - die Gemeinsamkeiten im Streit unterschiedlicher Positionen für Frieden und Demokratie gesucht und entwickelt haben als Ziel des gemeinsamen Kampfes gegen Faschismus und Krieg: im Exil und im illegalen Widerstand - auch im KZ!
Zum Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg bekräftigt das Studierendenparlament der Universität Hamburg die Worte Thomas Manns, die er 1940 aus dem antifaschistischen Exil an die "Deutschen Hörer" richtete, als uneingelöste Maxime gegen die braune Barbarei:
Antrag an das
Studierendenparlament
Resolution des Studierendenparlaments der Universität Hamburg zum 70. Jahrestag der Bücherverbrennung
"Das war ein Vorspiel nur;
dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen."
(Heinrich Heine, Almasor)
Gemeinsam verbrannten studentische Verbindungen und Nationalsozialistischer
Deutscher Studentenbund (NSDStB) am 15. Mai 1933 am Kaiser-Friedrich-Ufer
die Werke jüdischer, humanistischer, sozialistischer und kommunistischer
Autoren. Gemeinsam wurde eliminatorisch gegen fortschrittliche Studierende
und Wissenschaftler sowie Hochschulmitglieder aus dem jüdischen Kulturkreis
vorgegangen, die Zurichtung der Hochschulen nach dem Führerprinzip betrieben
und die Militarisierung der Hochschulen forciert - hin auf totalen Krieg
und industrielle Massenvernichtung.
Dabei konnten die Gleichschalter der deutschen Universitäten auf externe Expertise zurückgreifen: Seit Mitte April 1933 publizierten Funktionäre des Verbandes Deutscher Volksbibliothekare Zusammenstellungen "verbrennungswürdiger" Titel, der in Aufklärung, bürgerlicher Revolution und Arbeiterbewegung gesammelten und kultivierten Erkenntnis der Menschheit.
Das frühzeitige Wirken der faschistischen Kräfte an der Hamburger Universität hatte zur Folge, dass aus den rund elftausend Bände umfassenden Bestand der Bibliothek des Literaturwissenschaftlichen Instituts schon Anfang 1933 fast alle Werke der verfemten Autoren beseitigt waren. Maßgeblichen Anteil an dieser vorauseilenden Säuberung hatte die Verbreitung elitärer und völkisch-nationaler Positionen - nicht nur - an der Hamburger Universität durch die hiesigen Verbindungen in den Jahren zuvor. So wurde der Aufstieg des NSDStB zur stärksten politischen Kraft an der Universität Hamburg zu Beginn der 1930er Jahre von jenen ideologisch vorbereitet und mitgetragen. In den für die deutsche Geschichte entscheidenden Punkten bestand Einverständnis (völkischer Rassismus, Antisemitismus, Führerkult).
Nach der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 1945 zogen Antifaschistinnen und Antifaschisten unterschiedlicher politischer Überzeugung in diesem Sinne weitreichende Konsequenzen und brachten die Entmachtung von Großkonzernen und Großbanken, Entmilitarisierung und zivile Konfliktregulierung (UNO), Arbeit und soziale Absicherung, Demokratisierung der Gesellschaft und Verhinderung politischer Machtkonzentration auf die Tagesordnung. Folgerichtig verboten die Mächte der Anti-Hitler-Koalition auch Verbindungen, bis im Zuge der Westintegration und Remilitarisierung der Bundesrepublik die Entnazifizierung frühzeitig beendet wurde.
Die "verbrannten Literaten" sind heute wieder an der Universität präsent. Sie sind Teil des humanistischen Erbes der Menschheit und Gegenstand wissenschaftlicher Weltaneignung an den Hochschulen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es dauerte nach der Befreiung vom Faschismus 20 Jahre, bis die Studentenbewegung der sechziger Jahre gegen die restaurativen Kräfte der Adenauer-Ära die Neuaneignung der verfemten Literatur auf die Tagesordnung setzte. Dies ist Teil der wissenschaftlichen Errungenschaften der von der gesellschaftlichen Linken erstrittenen Hochschuldemokratisierung. Der kritische Geschichts- und Gesellschaftsbezug der Wissenschaften muss als Bestandteil kultureller Aktivitäten gemäß der Maxime "Wehret den Anfängen!" gegen die Pläne des Rechtssenats ihn einzuschränken auch in Verfasster Studierendenschaft und Akademischer Selbstverwaltung aufrechterhalten und weiterentwickelt werden. Auch und gerade in Rückgriff auf die kritischen Klassiker.