borchert-platz | Wolfgang-Bochert-Platz Plädoyer für eine triftige und richtungsweisende Namensgebung |
Liebe Interessierte –
Der Platz an der Kümmelstraße in Eppendorf, gelegen vor dem ehemaligen „Karstadt“-Gebäude, soll einen Namen bekommen.
Dies ist eine Rede für die Benennung nach Wolfgang Borchert. Er wirkte als ein engagierter Pazifist und bewegender Schriftsteller.
Wolfgang Borchert war eindeutig ein Kind dieser Stadt. Er nannte Hamburg :„Das ist unser Wille, zu sein“.
Aus einer temperamentvollen Lust am Leben, die ihm leider nur sehr kurze Zeit vergönnt war, und der Freude an Hafen, Welt, Literatur und – nicht zuletzt – den Mitmenschen erwuchs ihm eine sehr persönliche Ablehnung gegen Krieg, Tod, Kommando und Gewalt, welche er am eigenen Leibe blau, kalt und bleiern erfahren hatte.
„Denn wir sind Neinsager. Aber wir sagen nicht nein aus Verzweiflung. Unser Nein ist Protest. Und wir haben keine Ruhe beim Küssen, wir Nihilisten. Denn wir müssen in das Nichts hinein wieder ein Ja bauen.“
So heißt es kritisch und perspektivreich in „Das ist unser Manifest“.
Die widerständige Überwindung von Elend und Krieg – stark auch das Nicht-Vergessen, das Nicht-Verdrängen – waren sein lyrisch, dramatisch und prosaisch sehr engagiert gestaltetes Credo für eine zivile, humane und demokratische, ja, eine letztlich lachende Welt anteilnehmender Mitmenschlichkeit. (Wer mag sich nicht ohne Freude und ein wenig Rührung an die verdrückte Träne des Onkels am Ende der „Schischyphusch“-Geschichte erinnern!?) Das nicht zu leugnende Elend sei nicht unüberwindlich.
Lassen wir den Autor noch einmal zu Wort kommen:
„Und alle Lokomotiven fahren nach der neuen Stadt. Und die neue Stadt, das ist die Stadt, in der die weisen Männer, die Lehrer und die Minister, nicht lügen, in der die Dichter sich von nichts anderem verführen lassen, als von der Vernunft ihres Herzens, das ist die Stadt, in der die Mütter nicht sterben und die Mädchen keine Syphilis haben, die Stadt, in der es keine Werkstätten für Prothesen und keine Rollstühle gibt, das ist die Stadt, in der der Regen Regen genannt wird und die Sonne Sonne, die Stadt, in der es keine Keller gibt, in denen blaßgesichtige Kinder nachts von Ratten angefressen werden, und in der es keine Dachböden gibt, in denen sich die Väter erhängen, weil die Frauen kein Brot auf den Tisch stellen können, das ist die Stadt, in der die Jünglinge nicht blind und nicht einarmig sind und in der es keine Generäle gibt, das ist die neue, die großartige Stadt, in der sich alle hören und sehn und in der alle verstehn: mon coeur, the night, your heart, the day, der Tag, die Nacht, das Herz.“
Diesem Auftrag möge man folgen. Der zu benennde Platz soll Wolfgang-Borchert-Platz heißen.