Sommersemester 2005

Flugblätter

Inhalt:

f-05-04-01 Semesteranfangszeitung der Liste LINKS
f-05-04-02 Nazis ehren? Joseph Fischer und das Außenamt
f-05-04-03 Milliardäre oder Die Obszönität privaten Reichtums
f-05-04-04 Der Rechtsaußeneinsammler oder der CDU-Minister vor den Rechtsextremen
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-04-05 Marktwirtschaft! oder Der fragwürdige Gebrauch der Freiheit
f-05-04-06 Kritische Praxis statt Duldung. Für eine starke Opposition in der Stadt
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-05-01 Die Systemfrage oder Die Grenzen der Ausbeutung
f-05-05-02 Demokratie statt Marktwildnis. Die Universität braucht eine souveräne Sebstverwaltung
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-05-03 „Wir Deutschen...“ oder „Die Begabung zur Freiheit“
f-05-05-04 Nur Einsicht schafft Aussicht. Oder: Die emanzipatorische Qualität bewußter Gegnerschaft
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-05-05 Sudan – Blut für Öl?
f-05-05-06 Resignation oder Emanzipation? Einige Anmerkungen zur gegenwärtigen Gesellschaftsdebatte
f-05-05-07 Was soll „basta“? oder Die Angelegenheit mit dem Gehirn
f-05-05-08 Zeit der Lügen? – Lügen der Zeit
f-05-06-01 Gegen den Trend. Oder: Für eine Republik der Aufklärung!
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-06-02 „Gemeinsame Führung“, „Heimatschutz“?
f-05-06-03 Warum CDU?
f-05-06-04 Camouflage oder Die Kreide im Schlund der Rechten
f-05-06-05 Für eine demokratische Studienreform. Oder: Ein Nein für ein Ja.
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-06-06 Viel Aufregung über die K-Frage. Woher kommt die Brisanz der Heuschreckenbilanz?
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-06-07 Es geht ums Ganze oder Das Drei-Keulen-Modell Drägers und sein Gegenteil
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-07-01 It's war, Mr. President!
f-05-07-02 „campus news #03“ oder Marketing ohne Theorie und politische Praxis
f-05-07-03 London und die Welt
f-05-07-04 Internationale Kooperation statt nationalistischer Konkurrenz
Wider den Geschichtsrevisionismus – für sozialen Fortschritt – gegen Nazismus
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-07-05 Mühevoll wachsende Einsichten oder Gewalt ist nicht durch die Verstärkung der Ursachen der Gewalt zu bekämpfen
f-05-07-06 Dienen oder Preußen global
f-05-08-01 Hiroshima und Nagasaki – auch hier gilt: Nie wieder!
f-05-08-02 Der Stoiber Edmund in Hamburg
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-08-03 Kniebeugung, rutschend. Das Kulturkonzept der CDU
f-05-08-04 Emotionen oder Der dunkel gefeuerte Dampf aus Bayern
f-05-08-05 Iran und: Die Lehren aus der Geschichte
f-05-08-06 Frieden bleibt das oberste politische Gebot
f-05-09-01 Was ist eine „Sinnstudie“? Lesung und Gespräch mit Hermann Kant („Kino“).
f-05-09-02 Im Fokus des Kapitalismus: New Orleans und Bagdad
f-05-09-03 Wie soll es weitergehen? Die Vernunft der Opposition
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-09-04 Kleine Linksverschiebung und großes plattes Patt. Nach der Wahl ist vor dem Erwachen
f-05-09-05 Wozu eine große Koalition? oder Wessen Land?

Semesteranfangszeitung der Liste LINKS

Lirum, larum – Studium

„Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten.
Wenn die Ware den Unternehmer durch Verkauf verlassen hat, so ist sie nichts mehr wert, sondern ein Pofel, dafür hat aber der Unternehmer das Geld, welches Mehrwert genannt wird, obgleich es immer weniger wert ist. Wenn ein Unternehmer sich langweilt, dann ruft er die andern und dann bilden sie einen Trust, das heißt, sie verpflichten sich, keinesfalls mehr zu produzieren, als sie produzieren können sowie ihre Waren nicht unter Selbstkostenverdienst abzugeben. Daß der Arbeiter für seine Arbeit auch einen Lohn haben muß, ist eine Theorie, die heute allgemein fallen gelassen worden ist.“

Kurt Tucholsky, „Kurzer Abriß der Nationalökonomie“, 1931.

Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren

Wahrlich, die Bedrängung hat Konjunktur.

Der sogenannte Wettbewerb gilt zunehmend als allgemein verbindliches Dogma. (Karol Wojtyla hat sich deshalb auch über den – einstweilen – besiegten Sozialismus gefreut. Nun ja.)

Die dreißig größten börsennotierten Unternehmen der BRD konnten ihre Gewinne in 2004 zusammen auf 35,7 Mrd. Euro verdoppeln und haben im Inland 35.000 Arbeitsplätze vernichtet. Business goes war.

In diesem Interesse und „Sinn“ agiert nicht nur der Bundespräsident mit dem Charme der frühen 60er Jahre, sondern auch der bemüht smarte Technokrat Wissenschaftssenator Dräger. Biederer Muff und neoliberaler Modernismus reichen sich hier die Hand. Das ist auch ein Bündnis verschiedener Kulturen.

Die Ideologie vom bloßen Kaufen und Verkaufen soll vor diesem Hintergrund umfassend den Uni-Alltag, d. h. Lehre, Studium und Selbstverwaltung bestimmen. Die bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung der Hochschulen, die soziale Absicherung der Studierenden, der kritische und problemlösungsorientierte Sinn und Zweck der Wissenschaften, kooperative sowie fächerübergreifende Lehr- und Lernformen, die demokratische Partizipation aller Mitglieder sowie die Kultur von Fächervielfalt und Zusammenhang der Universität gelten aus kapitalfrommer Sicht als „unmodern“ und „ineffizient“; Studierende, die nicht damit einverstanden sind, sollen als Outlaws denunziert werden.

Gegen diesen Unsinn helfen nur kritischer Verstand und solidarische Gemeinschaftlichkeit in jeglicher Form und Weise.

Studierende sind nicht per se einander Konkurrenten, Gegner oder gar Feinde. Auch imponierenwollende Lehrpersonen haben in den meisten Fällen Angst, von der „Moderne“ ausgelacht zu werden.

Reflektieren, kommunizieren und eine kollegiale Haltung sind die besten Gegenmittel wider das Gift der quälenden Isolierung. Der Abbau von unbewußtem Mißtrauen ist der erste Schritt für eine befreiende Handlungsweise. Politik ist kein spinnerter Luxus von wenigen. Aufmerksamkeit lohnt sich.

„Der Krieg ist gewonnen
– aber nicht der Friede“
60 Jahre nach der Befreiung

Albert Einstein

„Wir haben den Bau dieser neuen Bombe [Atombombe] gefördert, um die Feinde der Menschheit daran zu verhindern (sic), daß sie uns zuvorkämen; bedenkt man die Mentalität der Nazis, so kann man sich die unbeschreibliche Zerstörung und die Versklavung der Welt vorstellen, die die Folge ihrer Priorität im Bau der Bombe gewesen wäre. [...] Aber bisher ist weder der Frieden noch irgendeine der in der Atlantik-Charta versprochenen Freiheiten gesichert. Der Krieg ist gewonnen – aber nicht der Friede.“

Albert Einstein, Dezember 1945.

 

„Die Übernahme von mehr weltpolitischer Verantwortung schließt ein, dass der Bundeswehr, die längst weltweite Friedensmissionen betreibt, die finanziellen Mittel und die moderne Ausstattung für ihre Aufgaben zur Verfügung gestellt werden. ... Wer wehrhaft sein will und in der Außen- und Sicherheitspolitik aus gutem Grund mehr Verantwortung anstrebt und zu übernehmen bereit ist, darf sein Streitkräfte nicht so weit heruntersparen, dass sie eines Tages als technisches Hilfswerk in Flecktarnhosen endet.“

Karl-Joachim Dreyer, Präses der Handelskammer Hamburg, 31.12.2004.

Nach dem befreienden Sieg der Anti-Hitler-Koalition über die Nazi-Diktatur und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurden aus dem „Nie wieder!“ weitsichtige Schlußfolgerungen gezogen. Bereits im April 1945 wurden, „um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren“, die Vereinten Nationen gegründet, deren Charta ein unbedingtes Verbot von Angriffskriegen und die Förderung „des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts aller Völker“ vorsieht. Wenige Monate später legten die Siegermächte auf der Potsdamer Konferenz Bedingungen für das befreite Deutschland fest, die – verallgemeinert – Maßstab für die progressive Entwicklung zivil-kooperativer internationaler Beziehungen sein sollten: Demilitarisierung (vollständige Abrüstung jeglicher kriegstauglicher Industrie), Denazifizierung (kein Nazi in „Amt und Würde“), Dezentralisierung der Wirtschaft (Verbot von Kartellen und Trusts) sowie die Demokratisierung des politischen Lebens.

Da die Adenauersche Bundesrepublik in der Folgezeit von den Westmächten als „Bollwerk gegen den Kommunismus“ aufgerüstet wurde, sind diese Vorhaben nie umgesetzt worden. Erst im Zuge der 68er-Bewegung fand eine kritische öffentliche Auseinandersetzung mit den Ursachen und Nutznießern, mit den Verbrechen und Folgen des Faschismus statt. Durch starke außerparlamentarische Bewegung konnten so soziale und bildungspolitische Reformen wie Arbeitszeitverkürzung und die demokratische Massenuniversität durchgesetzt werden.

Heute wird unverhohlen – wenn auch nicht unwidersprochen – wieder Krieg für Wirtschaftsinteressen und politische Vorherrschaft geführt. Um im zunehmend krisenhaften Kapitalismus weiter die Profite zu steigern und gleichzeitig ein Aufbegehren des Volkes, des „großen Lümmels“, gegen die zugespitzten Folgen wie Massenarbeitslosigkeit und Armut zu verhindern, werden von interessierter Seite die Lehren aus dem Faschismus dreist umgedreht. Aufrüstung und sogenannte präventive Kriegführung werden schönrednerisch als „Sicherheitspolitik“ angepriesen (s. Handelskammer). Die errungene Freiheit von Diktatur und Krieg wird umgedeutet zur Freiheit der Großkonzerne, ihre Interessen auch mittels militärischer Mittel durchsetzen zu lassen. Demokratie sei, wenn das Völkerrecht ausgeschaltet wird und das „Recht des Stärkeren“ gilt, so wie im Irak. Selbst der Einsatz von Atomwaffen wird heute ungeachtet ihrer enormen Destruktivität angedroht. Die Folgen der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki – eine ungeheure, bis heute negativ wirkende Zerstörung gegen Menschen und Infrastruktur sowie eine Machtdemonstration gegenüber der Sowjetunion – werden seit Jahrzehnten versucht, vergessen zu machen.

Der Sieg über den Faschismus vor 60 Jahren war verbunden mit der Hoffnung auf eine neue Welt des Friedens und der sozialen Gleichheit. Die nicht realisierten Ansprüche und Schlußfolgerungen – Abrüstung, Dezentralisierung der Wirtschaft und Demokratisierung der Gesellschaft – hin auf ihre politische Realisierung zur Geltung zu bringen und das antifaschistische Erbe weiterzuführen, ist die vernünftige und verantwortungsbewußte Tätigkeit Aller.

Die Alternative zur Angst
Wir über uns

„Es ist ein bekannter Fluch des Kapitalismus, die Bedürfnisse der Welt nach den wirtschaftlichen Forderungen der Liefernden zu regeln. Nicht ob du Zahnbürsten brauchst, ist das wesentliche, sondern, daß es eine Fabrik gibt, die ihre Million Zahnbürsten im Jahr absetzen muß. Und bist du nicht willig, so braucht sie Gewalt, von der Reklame bis zum Zoll.“

Kurt Tucholsky, „Offiziere“, 1920.

Bücher
"Wenn der Mensch von den
Umständen gebildet wird, so
muß man die Umstände
menschlich bilden."

Karl Marx/Friedrich Engels,
„Die heilige Familie“
(1844/45), MEW 2, S.138.

Zu den Gewaltmitteln des unersättlichen Geschäftewesens gehören ferner die staatlich organisierten Kriegshandlungen sowie ebenso die Wissenschaftspolitik des Herrn Senators Dräger. Die Wissenschaften und ihre Subjekte sollen dem inhumanen Diktat der unendlichen Gewinnsteigerung unterworfen werden.

Im Gegensatz zur umfassenden Kommerzialisierung der Hochschulen bewegt sich der Kampf für die demokratische Qualifikation der Mehrheit der Menschen. Die gemeinschaftliche Einsicht in die ursächlich erkannte Veränderbarkeit der Welt, die humanistische Gestaltung der eigenen und gemeinsamen Lebensbedingungen, ist die wesentliche Substanz einer vernünftigen Lebensweise. Diese bildet die unversöhnliche Alternative zum alltäglichen Konkurrenzgebot.

Wider den massiven kulturellen mainstream haben wir uns 1993 als Liste LINKS aus Linker Liste, Offener AusländerInnenliste und Fachschaftsaktiven konstituiert. Wir engagieren uns seitdem für die solidarische menschliche Entfaltung auf der Grundlage des kritischen Wissens.

Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in der studentischen Interessenvertretung, in den Gremien der Akademischen Selbstverwaltung und in den außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat und seinen Ausschüssen, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen den Neo-Faschismus, in Aktivitäten gegen den Sozialabbau.

Die soziale und kulturelle Verantwortung für die Beseitigung umfassender Entwicklungsbeschränkungen ist eine weitreichende alltägliche Aufgabe.

Aufklärung und kritisches Engagement sind unersetzlich.

Von Allen für Alle.

Hinkelstein

Uni-Kneipen-Urgestein in der Bundesstraße 6

Happy Hour täglich bis 20 Uhr:
Kicker gratis, Bitburger 0,4: 2,- Euro, Softdrinks 0,2: 1,- Euro

Warme Küche täglich bis 1 Uhr – leckere Croques und frische Salate
geöffnet Mo - Do: 17 bis 3 Uhr, Fr und Sa: 18 Uhr - open end; So: 19 - 3 Uhr

Hinkelstein

„Geht man nach der gefühlten Zeit, dann gab es das ‚Hinkelstein‘ immer schon. Als sei der Name hier Programm – heißt doch so eine Kultur aus der Jungsteinzeit. Ganz so alt ist die Uni-Ur-Kneipe an der Bundesstraße zwar nicht, aber immerhin so alt, dass sich niemand mehr an das Gründungsjahr erinnert. ‚68 oder 69, da streiten sich die Geister‘, sagt Besitzer Jens Stegmann. Ihm gehört die Kneipe zusammen mit einem Kollegen (Ahmed Boudjemila) erst seit sechs Jahren, aber auch das wirkt anders. Vielleicht, weil der Wirt so gut ins Ambiente passt, mit Rauschebart und Rattenschwanz, schwarzer Weste überm Jeanshemd und selbst gedrehter Zigarette in der Hand.[...] Angst, dass das Hinkelstein ganz aus der Mode käme, hat er nicht. Schließlich wüssten es die Stammgäste gerade zu schätzen, dass der Laden jeder Mode widersteht. Hipper, eleganter, szeniger werden? ‚Nö‘, sagt Stegmann und fasst sich schützend in den Rauschebart, ‚dann müsste ich mich ja auch verändern.‘“ (taz-unispezial)

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Nazis ehren?
Joseph Fischer und das Außenamt

„Verurteilung der Ethiken
Bei gewissen Übelständen erhebt sich der Ruf nach gewissen Tugenden. Werden die Tugenden nicht an die Beseitigung der Übelstände geknüpft und bleiben sie allzu lange übrig, nachdem die Übelstände beseitigt sind, so werden sie oft die Quellen neuer Übelstände. Das hat man bei der Tapferkeit, Wahrheitsliebe und Opferbereitschaft oft erlebt.“

Bertolt Brecht, „Me-ti, Buch der Wendungen“.

Passend zu den rechten Wahlkämpfen, die in Richtung CDU-Staat gehen und der auch die Rede des Bundespräsidenten diente und entsprach, ist ein Streit im Auswärtigen Amt (AA) der BRD entzündet worden.

Gegenstand der gezielt veröffentlichten Auseinandersetzung ist die Frage, ob verstorbene Diplomaten, die Mitglieder der NSDAP waren, in einer Zeitung des AA geehrt werden sollen.

Außenminister J. Fischer hatte dies erst untersagt und dann, nach rechtem Druck aus dem Hause, angeordnet, daß nur noch rein sachliche Mitteilungen über die Verstorbenen veröffentlicht sein sollen.

Mittlerweile ist eine Unterschriftenaktion aus dem AA bekannt, nach der die Ehrung von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern verlangt wird. Daraufhin beginnen nun andere Mitarbeiter des Hauses Unterschriften für die Forderung zu sammeln, daß eine Distanzierung von Mitarbeitern erforderlich sei, die im Faschismus und der NSDAP eine führende Rolle gespielt haben. Divergierende Lager haben sich gebildet. Die Kontroverse liegt offen zutage.

Dieser Streit bildet eine Grundauseinandersetzung in der Gesellschaft darüber ab, wie Geschichte, Gegenwart und Zukunft der sozialen Entwicklung betrachtet und gestaltet werden sollten.

Die Konstituierung des Außenamtes geht auf die Bismarck'sche Reichsgründung von 1871 zurück. Seither war die Politik dieser zentralen Außenbehörde zumeist mit expansiver Politik und militaristischem Handeln verbunden. Der erste und der zweite Weltkrieg war „Außenpolitik“ des „Deutschen Reiches“. Trotz der Verurteilung des hitlerschen Außenministers v. Ribbentrop durch das Nürnberger Tribunal nach 1945, wurden viele Mitarbeiter des Amtes aus der faschistischen Zeit übernommen; was einer allgemeinen Praxis der Übernahme alter Eliten in die Institutionen der neuen Republik entsprach.

Nur bestimmte Phasen der Außenpolitik während der Weimarer Politik und der Entspannungspolitik der 1970er Jahre waren demokratisch akzeptable Phasen des Außenmtes. (Darauf müßte sich, wenn überhaupt irgendwie vernünftig, positiv bezogen werden.)

Wie gesagt: Man muß J. Fischer nicht mögen. Auch die miltärische Außenpolitik gegenüber Jugoslawien und Afghanistan ist rundweg abzulehnen.

Die rechten Aufwallungen, der unverhüllte konservative Wahlkampf und die ewiggestrige Ehrung von Nazis bedarf allerdings der entschiedeneren Ablehnung und Kritik als der grüne Opportunismus.

Frieden bleibt immer richtig.

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Milliardäre
oder
Die Obszönität privaten Reichtums

„Ludwig Erhard, als Vater der Sozialen Marktwirtschaft, hat nie gesagt, es sollen alle gleich leben – das wäre Kommunismus. Erhard wollte nur, daß niemand hungert, niemand friert, niemand ohne medizinische Versorgung bleibt. Er wollte nicht, daß Arbeitslose in Deutschland keinen Spargel stechen. Diese übertriebene Gleichmacherei auf allen Gebieten führt nur zu Mittelmaß. In den Vereinigten Staaten gibt es prozentual dreimal so viele Analphabeten wie bei uns, aber die Wirtschaft dort läuft mit fünf Prozent Wachstum.“

Milliardär Reinhold Würth (hauptsächlich Schraubenproduktion) im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ vom 17.4.'05.

 

„Als Kapitalist ist er nur personifiziertes Kapital. Seine Seele ist die Kapitalseele. Das Kapital hat aber einen einzigen Lebenstrieb, den Trieb, sich zu verwerten, Mehrwert zu schaffen, mit seinem konstanten Teil, den Produktionsmitteln, die größtmögliche Masse Mehrarbeit einzusaugen. Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und um so mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt.“

Karl Marx, „Das Kapital“, 1867, MEW 23, Bd. 1, S. 247.

Die SPD ist wegen ihrer anhaltend asozialen Politik zunehmend in Bedrängnis geraten. Eine große Schar ehemaliger Wähler und Wählerinnen mehrt die Gruppe der hartnäckigen Nichtwähler. Die CDU ist dadurch im Aufwind. Die rot-grüne Regierungsmehrheit in Nordrhein-Westfalen ist gefährdet. Der CDU-Staat dräut am Horizont.

Da ist's logisch, wenn SPD-Chef Müntefering im Zusammenhang mit der Programmdebatte seiner Partei in die Rhetorik-Kiste greift und problematische Symptome der Gesellschaft systemisch kritisiert.

Bemerkenswert ist dabei, daß der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Jürgen Thumann, die Äußerungen Münteferings als eine „Rolle rückwärts weg von Godesberg“ (SPD-Programm von 1959) interpretiert und meint, das habe „fatale Konsequenzen für unser Land“. Der Verbandsfunktionär ist nervös geworden.

2004 wurden mit Luxusyachten in der BRD 558 Millionen Euro umgesetzt. Für 2005 wird mindestens eine Steigerung auf 800 Millionen bis 900 Millionen Euro erwartet. Claus-Ehlert Meyer, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Yachten, hat dafür eine einfache, klare und realistische Erklärung: „Die Leute werden immer reicher, das Geld konzentriert sich.“

In Hamburg boomt der Absatz von Luxuswaren (darunter auch Uhren die z.B. 82.000 Euro teuer sind). „Die Anbieter von Luxuswaren sind der einzige Bereich in Hamburg, der kontinuierlich Kunden dazugewinnt“, so Bernd Reichardt von der Handelskammer.

Die soziale Kluft wird immer tiefer. Staatliche Einnahmen und Arbeitseinkommen sinken. Unternehmensgewinne und Spekulationseinnahmen steigen. Das Gesicht der Gesellschaft bekommt dekadente Züge. Die Ursachen der Übel werden immer offenkundiger.

Die bedarfsgerechte staatliche Finanzierung öffentlicher Einrichtungen mittels der entsprechenden Besteuerung von Gewinnen und höchsten Einkommen, der Kampf gegen die Massenerwerbslosigkeit sowie eine kritische Debatte über die Zukunft der Gesellschaft und über die Bedingungen eines menschenwürdigen Lebens sind notwendige Gebote der Vernunft.

Studiengebühren jeglicher Art sind in diesem Zusammenhang abzulehnen und abzuwehren.

Herr Würth und andere seiner Spezies mögen sich gerne im Spargelstechen versuchen.

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Gemeinsames Flugblatt von
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS

Der Rechtsaußeneinsammler
oder
der CDU-Minister vor den Rechtsextremen

„Ohne Disziplin funktioniert unser Gemeinwesen nicht. Ohne den Willen zur Leistung können wir den wirtschaftlichen Erfolg gleich vergessen. Anstrengung und Leistung können auch Freude bereiten und Spaß machen – nicht nur im Sportbereich. [...] So war es in Berlin vor hundert Jahren, als es so richtig brummte: AEG, Schering, Borsig, Siemens & Halske, um nur einige zu nennen. Da war Aufbruch! Da war Dynamik! Wir haben den Takt des Fortschritts in der Welt vorgegeben. Wir waren Spitze.“

Jörg Schönbohm, Innenminister des Landes Brandenburg, „Freiheit wagen – Werte leben.“ anläßlich der Verleihung des Mittelstandspreises der Bundesvereinigung mittelständischer Unternehmer, 09.10.2003

 

„Ja, Diederich fühlte wohl, daß [...] die Behandlung, die geläufigen Ausdrücke, die ganze militärische Tätigkeit vor allem darauf hinzielte, die persönliche Würde auf ein Mindestmaß herabzusetzen. Und das imponierte ihm; es gab ihm, so elend er sich befand, [...] eine tiefe Achtung ein und etwas wie selbstmörderische Begeisterung.“

Heinrich Mann, „Der Untertan“

Das „Brummen“ der großen Konzerne steigerte sich alsbald schon im Donnergrollen der Granaten und Gewehre auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges. Die „Spitze“ waren die zwei von deutschem Boden ausgehenden Weltkriege mit über 100 Millionen Toten. Das war „der Takt des Fortschritts“, den das deutsche Großkapital und die reaktionären Eliten der Welt aufzwangen, um die Einflußsphären, Absatzgebiete und Märkte in der Welt neu aufzuteilen.

Ein patriotisches „Wir“ wie das des Bundeswehrgenerals a.D. J. Schönbohm stand noch vor jedem Krieg, mit dem die Herren Krupp und Co. ihre dreckigen Profite machten. Der gesteigerten sozialen Ungleichheit redet der brandenburgische CDU-Minister das Wort und beschwört dafür in der rechtsextremen Jungen Freiheit die „Schicksalsgemeinschaft“, die das „deutsche Volk“ bilde. Die Geschichte sei Schicksal und als solches zu ertragen. Zum subjektiven Wohlbefinden rät er deshalb, sich zu bescheiden: „Anstrengung und Leistung können auch Freude bereiten und Spaß machen“. 40, 50, 60 Stunden die Woche, gern auch mehr. Die Börse jubelt. Geht's um den „wirtschaftlichen Erfolg“ am „Standort Deutschland“, kennt der Erfinder der „deutschen Leitkultur“ weder Arm und Reich, noch Oben und Unten, nur den „Willen zur Leistung“, also „Disziplin“. Die Äußerungen liegen ganz auf der Linie des marktradikalen Kurses von Sozialstaatszerschlagung und Demokratieabbau, den die CDU – in Hamburg mit der „Wachsenden Stadt“ – verfolgt.

Der Rechtsaußeneinsammler der CDU hält am 22. April – zwei Tage nach „Führers Geburtstag“ – die Ansprache vor dem „Festkommers des Hamburger Waffenrings“. Die schlagenden Hamburger Verbindungen feiern mit der nicht minder revanchistischen „Preußischen Allgemeinen Zeitung/Ostpreußenblatt“ „750 Jahre Stadt Königsberg“. Zu den Veranstaltern zählen neben der neofaschistischen Burschenschaft Germania Hamburg auch die Verbindungen, bei denen der Spitzenkandidat des RCDS für das Studierendenparlament und einige seiner Mitstreiter untergekommen sind. Der Versammlungsort, die Mozartsäle, liegt nur wenige Meter von der Moorweide entfernt, auf der ab 1941 in aller Öffentlichkeit Hamburgs Juden zusammengetrieben und von dort in die Vernichtungslager deportiert wurden.

Die Helden der Verbindungsszene befürworten das sozialdarwinistische Jeder gegen Jeden, sie wähnen sich stark, weil sie meinen, im Einklang mit der Konkurrenz zu sein, weil sie 'gelernt' haben, jede Demütigung zu lieben, ob in martialischen Fechtritualen oder in regelmäßigen Saufgelagen. Die Disziplinierung dient dem Erhalt eines zugespitzt krisenhaften Profitsystems, in dem die politische Entmündigung, soziale Entwürdigung und kulturelle Verrohung der Mehrzahl die Entfaltung aller behindern.

Die engagierte Gegnerschaft zu faschistischer und militaristischer Politik und Praxis ist auch 60 Jahre nach der Befreiung notwendig. Demilitarisierung, Denazifizierung, Demonopolisierung und Demokratisierung, wie sie im Potsdamer Abkommen 1945 verabredet wurden, harren größtenteils ihrer Umsetzung. Die Konkurrenz der Marktgesellschaft bringt Hunger, Krieg und Armut, aber keinen gesellschaftlichen Fortschritt mehr; sie ist zur größten Fessel der Menschheit geworden. Für Demokratie, soziale Gleichheit, sinnvolle Arbeit, emanzipatorische Bildung, humanistische Gesundheit und aufklärerische Kultur bedarf es der Kooperation aller. Kooperation und Gleichheit sind die Siebenmeilenstiefel der Menschheitsgeschichte. Solidarisch schreitet der Mensch aufrecht.

Gegenkundgebung

Freitag, den 22. April 2005, 19 Uhr,
Platz der Jüdischen Deportierten (nb. ESA-W)

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Marktwirtschaft!
oder
Der fragwürdige Gebrauch der Freiheit

„Es mag in Deutschland schwer zu kommunizieren sein: Aber in einer freien Marktwirtschaft besteht die soziale Verantwortung eines Unternehmens darin, Profite (sic!) zu erwirtschaften, von denen ein Teil für Investitionen und neue Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt wird. (Danke.) Es ist die Verantwortung einer Regierung, ein wirtschaftliches Umfeld zu schaffen, das es Unternehmen ermöglicht, Profite zu erzielen und zu investieren. (Minister, bei Fuß!)“
(...)
„Lasst uns den Konsens aufkündigen, und lasst uns die Sozialisten mit derselben giftigen Feindseligkeit behandeln, mit der sie die freie Marktwirtschaft behandeln. (Beleidigte Leberwurst, grob.)
Auf zum Kampf, zur Freiheit!“

Wolfgang Münchau, „Brüder zur Freiheit!/SPD-Chef Franz Müntefering bläst zum Klassenkampf. Wir sollten den Kampf annehmen“, „Financial Times Deutschland“, 20.4.'05. Der kämpfende Lohnschreiber ist Kolumnist der genannten Zeitung.

Spätestens seit Tucholsky ist das Prekäre der Sozialdemokratie bekannt. Bemerkenswert ist dennoch, welche Sümpfe durch die kapitalkritische Rhetorik ihres gegenwärtigen Vorsitzenden blubbernd aufgerührt werden.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel schießt mal wieder ihren eigenen Vogel (CDU-Schnepfe; Stelzvogel mit langem dünnen Schnabel) ab, wenn sie im Interview mit der „Frankfurter Allgemeine(n) Sonntagszeitung“ vom 24. April sagt: „Die Versöhnung von Arbeit und Kapital war das Erfolgsrezept der Sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards“ und im übernächsten Atemzug meint: „Erstens leben wir nicht im Kapitalismus, sondern in der sozialen Marktwirtschaft.“

Was denn nun? Kapital und Arbeit = Arbeiterismus? „Wohlstand für alle“?

Da schreibt ihr Kollege von der Hau-in-die-Tasten-Zunft deutlichere Worte: Der Staat hat Strukturen für den Profit (die „Profite“) zu organisieren, das Kapital macht damit, was es will. Vielleicht werden auch „neue Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt“. Wie gesagt: Danke.

Über die bundesdeutsche „Exportweltmeisterschaft“, steigende Gewinne und gleichzeitige Entlassungen, (bei Miele sogar: Präventiventlassungen), vermehrte Aktiengewinne, Steuererleichterungen für hohe bis höchste Gewinne, Massenerwerbslosigkeit, steigenden Arbeitsdruck, reduzierte öffentliche Sozial-, Gesundheits-, Kultur- und Bildungsleistungen, protzige „Freiheits“agitation, gesellschaftliche Perspektivlosigkeit – und alles, was uns die „Marktwirtschaft“ sonst noch besonders in den letzten 15 Jahren gebracht hat – braucht nicht viel erzählt zu werden.

Da ist in der Tat der „Konsens“ mit dem methodischen Wahnsinn aufzukündigen.

Lohn, Arbeit, Mitbestimmung, Wohlfahrt für alle; aufklärerische Bildung, emanzipatorische Kultur, Gesundheitshäuser sind berechtigte menschenwürdige Ansprüche, für die Verstand und Engagement einzusetzen sind.

Übrigens: Das alles ist lebhaft im Rahmen des Grundgesetzes.

Übrigens, übrigens: Die Gebührenfreiheit des Studiums ist Ausdruck eines positiven Freiheitsverständnisses.

1. Mai - Demonstration

Sonntag, den 1. Mai 2005
Auftakt: 10 Uhr, Edmund-Siemers-Allee

Mit Studierendenblock: „Gegen Bildungs- und Sozialabbau! Studiengebühren stoppen“

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harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS

Kritische Praxis statt Duldung
Für eine starke Opposition in der Stadt

„‚Es ist doch sonderbar bestellt‘,
Sprach Hänschen Schlau zu Vettern Fritzen,
‚Daß nur die Reichen in der Welt
Das meiste Geld besitzen.‘“

G. E. Lessing, Sinngedichte 1753-1771, „Hänschen Schlau“

Die vollständige ökonomische Disziplinierung der Mehrheit der Hamburger Bevölkerung ist das politische Programm des regierenden Senats; die Handelskammer weist ihm den Weg. bieder-klebrige Harmoniesoße (alle lieben Ole) und die starke Hand des Obrigkeitsstaats (schärfstes Polizeigesetz der Republik) dienen der Durchsetzung privat-wirtschaftlicher Interessen.

Von besonderer Bedeutung für diese Zurichtung sind züchtig Bildung und Wissenschaft. Hier entsteht der Widerspruch, daß eine ‚erfolgreiche‘ Wirtschaft immer höhere Qualifikation vieler erfordert, diese Qualifikation aber nicht zu einer gesellschaftskritischen, emanzipatorischen und solidarischen Praxis führen darf.

Die Aneignung ökonomisch anwendbaren Wissens soll daher zunehmend an harte kulturelle und soziale Restriktionen (Auswahltests, Gebühren, Prüfungsterror, leistungsorientierte Bezahlung, Konkurrenz zwischen Fächern, Fakultäten und Hochschulen, ...) geknüpft sein, um die kooperative und befreiende Verallgemeinerung tradierter wie neu gewonnener Erkenntnisse auszuschließen.

Fortschrittliche studentische Interessenvertretung richtet sich dagegen auf den Erhalt und Ausbau der Einheit universeller Wissenschaft für die qualifizierte Humanisierung der sozialen Lebensverhältnisse aller. Gebührenfreiheit, soziale Grundsicherung aller, offener Bildungszugang, problemlösungsorientierte kritische Bildung und Wissenschaft und die Demokratisierung der Wissenschaftsinstitutionen sind dafür zu erstreiten. Die Verfaßte Studierendenschaft kann so initiierender Teil gesellschaftlicher Opposition für Frieden, soziale Gleichheit, sinnvolle Arbeit, allgemeine Demokratisierung, emanzipatorische Bildung und aufklärerische Wissenschaft als kulturelle Entfaltung aller Menschen sein.

Das Studierendenparlament wählt voraussichtlich am Donnerstag einen neuen AStA. Hier stehen sich zwei konträre Optionen gegenüber. Der gesellschaftskritischen Seite (GHG, Fachschaftsliste, Regenbogen, toleriert von Fachschaftsbündnis, linken Jusos und Liste LINKS) widersteht ein fragwürdiges Bündnis, das RCDS-Burschenschafter, Kommerz-Pferdestall, klientelistische Fachschaftenlisten (Jura, WiWi, Medi), SPD-Realos und rechte Liberale (Lust) umfaßt. Hier werden gesellschaftliche Ungleichheit, Konkurrenz, Karrierismus, Fakultätenbildung und Studiengebühren befürwortet; die Studierendenschaft soll sich gegebenenfalls geschmeidig in das neoliberale Konzept der „Wachsenden Stadt“ von Handelskammer und Senat einfügen.

Gebührenfreiheit, die Gegnerschaft zur asozialen Politik des Senats und die Absicht weitreichender Hochschulreformen für die Verbesserung der Lebensverhältnisse aller müssen als gemeinsame Orientierung der Politik der Verfaßten Studierendenschaft und insbesondere des AStAs dagegen solidarisch und vernünftig zur Geltung gebracht werden. Das engagierte Eingreifen im Studierendenparlament für die fortschrittliche Option stärkt die Studierenden gegenüber den Angriffen des Senats. Das Studierendparlment sei so wieder zentraler Ort der hochschul- und gesellschaftspolitischen Debatte in der Studierendenschaft.

Das Studierendenparlament tagt hochschulöffentlich am 12. Mai um 18 h in Hörsaal Phil A, Von-Melle-Park 6.

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Die Systemfrage
oder
Die Grenzen der Ausbeutung

„Wenn Unternehmenspersönlichkeiten öffentlich verurteilt werden, muß man sich nicht wundern, wenn irgendwelche Verrückten schließlich RAF spielen.“

Roland Berger, Unternehmensberatung.

 

„Das heißt: Auch nach dem Zusammenbruch des Kommunismus kommt die Wirtschaft nicht umhin, den Preis für die politische Zustimmung zu den Spielregeln einer freiheitlichen Ordnung in ihren Kostenkalkulationen zu berücksichtigen. Wo sie das nicht tut, läuft sie Gefahr, sich unversehens in einer revolutionären Situation wiederzufinden, die nach Verstaatlichung ruft.“

Stefan Dietrich, „Wirtschaft macht Politik“, Leitkommentar der FAZ vom 28.4.'05.

Die Lage ist erfreulich ernsthaft.

Eine dauerhafte Massenerwerbslosigkeit, Teilzeitarbeit, Minijobs, Lohneinkommen unter der Inflationsrate, 20 Prozent Erwerbstätigkeit im Niedriglohnsektor; das Sinken der Staatsbediensteten jährlich um ein Prozent, verkommene öffentliche Einrichtungen und Straßen, eingeschränkte Sozialleistungen – die Steuerquote ist von 25 Prozent (2000) auf 22 Prozent gesenkt worden. Trotz „Exportweltmeisterschaft“ ist ein nennenswertes Wirtschaftswachstum nicht in Sicht. Dagegen erzielt die Deutsche Bank eine Traumrendite (nach Steuern!) von 1,1 Milliarden Euro.

Da trifft die in Gang gebrachte Kapitalismusdebatte viele wunde Punkte.

In einer repräsentativen Umfrage der „Financial Times Deutschland“ votieren deshalb auch 74 Prozent der Befragten dafür, daß die Wirtschaft mehr Einfluß auf die Verhältnisse habe als die Politik. 69 Prozent davon meinten, dies sei eher schlecht.

73 Prozent sind der Auffassung, daß die Unternehmer mehr von der Gesellschaft nähmen als sie geben würden. 78 Prozent stimmen der Meinung zu, die Menschen seien für die Unternehmer nur Kostenfaktoren wie die Maschinen.

Der neoliberal entfesselte Kapitalismus hat alles andere als zu einer Mehrung der allgemeinen Wohlfahrt geführt. Der Steigerung des (weltweiten) Elends entsprechen die steigenden Gewinne und Aktienkurse, Sektkorken knallen bei abstrakten Erfolgen. (Allerdings werden die Profitergebnisse nicht durch höhere Gesamtabsätze (Kaufkraft), sondern wesentlich durch Lohn- und Steuersenkungen sowie durch Rationalisierungsentlassungen erreicht.)

Das System steckt in einer strukturellen Krise.

Die humane Überwindung der Krise macht einen fundamentalen Kurswechsel in der zivilen gesellschaftlichen Entwicklung notwendig.

Die merkliche Erhöhung der Steuerquote für das Kapital, der Ausbau öffentlicher Einrichtungen und Sozialleistungen; die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich; die Erweiterung der betrieblichen sowie der institutionellen Mitbestimmung; Abrüstung, Entmilitarisierung, Rüstungskonversion und zivile Konfliktregulierung stehen immer deutlicher auf einer Agenda der politischen Vernunft.

Hier haben auch die Wissenschaften viel Gutes zu tun. Analytisch begründete Aufklärung ist ein positiver Faktor für die Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen.

Deshalb gehört auch die Freiheit von Studiengebühren aller Art in die Liste der Vernunft.

Danach werden wir weiter sehen. Grenzen sind verschiebbar. Mit Terrorismus hat dies rein gar nichts zu tun.

Contra el bien general
Francisco Goya: „Gegen das Allgemeinwohl“,
aus den „Los Desastres de la Guerra“, 1810-1820

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Demokratie statt Marktwildnis
Die Universität braucht eine souveräne Sebstverwaltung

In Konsequenz der studentischen Bewegung 1968 erhielt Hamburg 1969 ein Universitätsgesetz, das die gleichberechtigte Mitbestimmung von Studierenden, technischem und Verwaltungspersonal, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Professoren auf allen Ebenen der akademischen Selbstverwaltung vorsah. Die kritischen Studierenden zielten mit ihrem Kampf für die Demokratisierung der Hochschulen auf die Überwindung der gesellschaftlichen Kontinuität von Einfluß- und Machtstrukturen aus faschistischer Zeit. Die erkämpften demokratischen Rechte wurden zwar 1973 mit einem Verfassungsgerichtsbeschluß zur Wahrung der professoralen Mehrheit eingeschränkt, blieben aber bis zum sogenannten Hochschulmodernisierungsgesetz von Senator Dräger (2003) in den Grundzügen erhalten.

Das Konzil (danach der Große Senat) war das zentrale Organ der Universität zur Diskussion der gesellschaftspolitischen Verantwortung in Forschung, Lehre und Studium, zur Beschlußfassung über die Grundzüge einer sozial verantwortlichen Universitätsentwicklung und zur demokratischen Wahl ihrer Leitung. Friedenspolitische Positionen der Universität, ihre antifaschistische Verantwortung, ihre demokratische Verfassung und die Realisierung weitgehender sozialer Offenheit wurden hier handlungsrelevant reflektiert. Das Konzil war Gedächtnis und Gewissen der Universität und ermöglichte eine geschichtsbewußte, gemeinsame Perspektivbildung. Dieses Forum war ein wichtiger Bestandteil der Hochschulkultur.

Das Zerstörungswerk Drägers begann daher auch mit der Abschaffung dieses ?Parlaments? und dessen Beseitigung zu Gunsten eines aufgesetzten neunköpfigen Hochschulrats, der den Einfluß privatwirtschaftlicher Interessen gegenüber der Universität durchsetzen soll. Nicht die allgemein nützliche Entwicklung der Universität, sondern die Unterwerfung ihrer Mitglieder und ihrer Einrichtungen unter die Normen der Marktgängigkeit, also der Kapitalkonformität, ist senatsgewollt das unverdauliche Programm. Strikte Hierarchisierung (Einsetzung der Leitungsgremien von oben, Abschaffung der Mitbestimmungsgremien, Beschneidung der Kompetenzen der letzten gewählten Organe...) und dauerhafte Unterfinanzierung fachen die Konkurrenz in der Universität an, zerstreuen bewährte Kooperationszusammenhänge und isolieren die Universitätsmitglieder. Die verbliebenen Gremien und die Verwaltungen sind weitgehend belastet mit der verordneten Umsetzung neoliberaler Deformen bei Besoldung, Hochschulstruktur, Studienordnungen und Mittelverteilung. Wer keine kritische Perspektive wählt, der geht. Hier kann der Marktdespotismus deformieren. Machtkämpfe nehmen zu.

Diese Tendenz der Entwicklung muß umgekehrt werden. Dafür sind zunächst die verbliebenen Gremien durch engagiert gesellschaftskritische Beteiligung aller zu stärken. Der Akademische Senat als höchstes teildemokratisches Gremium der Uni muß alle seine Rechte zur kooperativen Universitätsentwicklung verteidigen, nutzen und ausbauen. Die soziale Qualität seiner Beschlüsse kann relevant gesteigert werden.

Die erneute Erweiterung der demokratischen Partizipation und damit der gesellschaftlich nützlichen Richtungsbestimmung der Universität ist Aufgabe all ihrer Mitglieder.

Ein Konvent, in dem darüber hinaus alle Interessenvertretungen (Personalräte, AStA und Fachschaftsräte) und dezentralen und zentralen Gremien sich mit entwicklungsrelevanten Problemen der Universität kollegial auseinandersetzen, ist geboten. Es sollte der verantwortungsbewußten Perspektivbildung für die ganzen Universität, ihre Leitung und den Akademischen Senat befördern und in der Grundordnung der Universität verankert werden.

Eine demokratische Universität ist ein konsequenter Gegner merkantiler Anti-Vernunft.

DOKUMENTIERT

Golnar Sepehrnia
Olaf Walther

Zum Geleit X
Offener Brief an die Mitglieder des Akademischen Senats

„Keine Gesellschaft kann auf Dauer bestehen, wenn sie dem Reichtum einiger weniger den Vorrang gegenüber der Armut der Mehrheit gibt.“
Peter Ustinov, "Der Markt frißt seine Kinder", 1. November 1997.

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Polizei rückt immer öfter auf den Campus. Knatternde Hubschrauber kreisen bisweilen über dem Philosophenturm. Die Politik mit ihren anderen Mitteln geht der wissenschaftlichen Einrichtung zu Leibe. Wo liegt Kaliningrad?

Der Zerstückelung der vielfältigen Einheit in Fakultäten entspricht die entwissenschaftlichende (auch soziale) Teilung des Studiums in Bachelor und Master; die Jagd nach Creditpoints erbringt weder Erkenntnis-, noch Persönlichkeits-, noch Gesellschaftsgewinn; die Unterfinanzierung drückt fortgesetzt wie ein zu enger Schuh; Studiengebühren sollen soziale Selektion und die Devotion der Käuflichkeit erzwingen; der Bauschutt legt sich auf Akten, Bücher und Gemüt.

Die lächelnd geschönte Misere ist das aktualisierte Erbe des einstigen Schill-Senats: die programmatische Förderung des privaten Reichtums, die intensivierte Drangsalisierung der Armen, das Verunglimpfen wie Verprügeln der Opposition, die kalte Ökonomisierung der öffentlichen Einrichtungen – die Hochschulen stehen in einer Reihe mit Kindertagesstätten, Schulen, Krankenhäusern, Geschichtswerkstätten, Frauenhäusern, Museen und Kulturzentren. Die Schlaglöcher in den Straßen sind zum alltäglich merklichen Symbol der staatlichen Verwahrlosung geworden.

Diese Lage ist unerfreulich und entspricht immer weniger den Belangen der Bevölkerung sowie einer verantwortlichen Wissenschaft.

Hier ist die demokratische Sorgfalt des Akademischen Senats gefordert. Verschüttete Ansprüche müssen neu zur Geltung gebracht werden: Freudige Aufklärung, demokratische Partizipation, soziale Nützlichkeit, gemeinschaftliche Zivilcourage und Persönlichkeitsentwicklung seien das moderne Credo der Universität.

Die Geleite sind in diesem Sinn beabsichtigt. Sie entsprechen allen Tagesordnungspunkten.

Mit ermunternden Grüßen,

Golnar Sepehrnia und Olaf Walther

Sitzung des Akademischen Senats
Donnerstag, den 12.05.05, 14h, ESA 1

Auf der Tagesordnung u.a.:
die soziale Lage der Studierenden
sowie die studentischen Proteste
und die Urabstimmung

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„Wir Deutschen...“
oder
„Die Begabung zur Freiheit“

„Wir haben uns als Nation wiedergefunden.“
(...)
„Die Bundeswehr hilft weltweit, den Frieden zu sichern und die Menschenrechte durchzusetzen.“

Rede von Bundespräsident Köhler bei der Gedenkveranstaltung im Plenarsaal des Deutschen Bundestages zum 60. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg.

 

„Die falschen Staaten von Europa: England Frankreich, Spanien, Italien, Ungarn, Preußen, Estland, Lettland, Rumänien, Bayern. Die Grenzen stehen fest. Die richtigen Staaten von Europa: Arbeitslose, Arbeitsmänner, Arbeitgeber, und Nutznießer fremder Arbeit. Die Grenzen fließen.“

Kurt Tucholsky, „Nationales“, 1924.

Die menschliche gesellschaftliche – nationale wie internationale – Welt ist nicht: vorrangig zivil und friedlich geprägt; charakterisierbar als frei von Armut und Elend; dominiert durch Aufklärung und Erkenntnisfreude, die in produktive Kooperation münden; volle demokratische Partizipation der Mehrheit der Bevölkerungen; nützliche wie auskömmliche Erwerbsarbeit für alle, die wollen und können; die Existenz bedarfsgerechter öffentlicher Einrichtungen; der Vorrang eines positiven Völkerrechts; frei von Heuchelei.

Der Bundes-Köhler ist nicht ungeschickt, d. h. er greift Kritik und Opposition rhetorisch auf – er will keinen Schlußstrich ziehen unter die Verbrechen des Faschismus. Er nennt alle Opfer von Diktatur und Krieg, unterläßt aber, die Ursachen bzw. die Verursacher des Weltenbrandes (herrschende Eliten aus Junkern, Militär und Großindustrie) zu nennen.

Viel ist von „Deutschland“, „wir Deutschen“ und „uns“ die Rede. Es gibt kein Oben, kein Unten; keine Armen und keine Reichen; kein Links, kein Rechts; kein zivil, kein militärisch; kein sozial oder asozial – es gibt lediglich die neugewonnene „Normalität“, den Nationalstolz und die „Begabung zur Freiheit“, die eine quasi-genetische Legitimation des „Deutschen“ ist für die „Freiheit“ des privaten Eigentums am gesellschaftlich erarbeiteten Reichtum.

Die Köhler-Rede fällt hinter die Aussagen von Richard v. Weizsäcker zurück, die er als Bundespräsident 1985 erstaunlicherweise für ein klares Geschichtsbild getroffen hat. Weizsäcker sprach eindeutig bezüglich des 8. Mai 1945 von der Befreiung vom Faschismus, bei Würdigung auch des gesamten antifaschistischen Widerstands.

Das Köhler-Dogma setzt die „Normalität“ des Nationalen – welch eine wunderbare Welt –, einschließlich der befürwortenden Verharmlosung der Auslandseinsätze der Bundeswehr sowie die pauschale Verteufelung des Sozialismus als „Diktatur“.

„Freiheit“ und „Demokratie“ sind eher nur festlich ablenkendes Wortgeraune, wenn nicht substantieller Frieden, dauernde soziale Absicherung, erträgliche Erwerbsarbeit, aufklärerische Bildung, emanzipatorische Kultur, humane Gesundheitseinrichtungen, volle demokratische Mitwirkung und weltweite kooperative Entwicklung verwirklicht werden.

Das sind die Lehren aus der Geschichte und der Befreiung von Faschismus und Krieg.

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Nur Einsicht schafft Aussicht
Oder:
Die emanzipatorische Qualität bewußter Gegnerschaft

„Mit dem Wettbewerb verhält es sich bekanntlich ähnlich wie mit der Flucht vor einem Bären. Wer überleben will, muß zwar nicht unbedingt so schnell laufen können wie der Bär, aber bitte doch schneller als die Mitläufer.“

Josef Ackermann, Sprecher des Vorstandes der Deutsche Bank AG, auf ihrer Hauptversammlung am 18. Mai 2005.

 

„Das Geld ist das höchste Gut, also sein Besitzer gut, das Geld überhebt mich überdem der Mühe, unehrlich zu sein; ich werde also als ehrlich präsumiert (angenommen); ich bin geistlos, aber das Geld ist der wirkliche Geist aller Dinge, wie sollte sein Besitzer geistlos sein? Zudem kann er sich die geistreichen Leute kaufen, und wer die Macht über die Geistreichen hat, ist er nicht geistreicher als der Geistreiche?“

Karl Marx, „Ökonomisch-philosophische Manuskripte“ (1844), MEW Bd. 1, S. 564f.

Der Kapitalismus (auch „Marktwirtschaft“ oder „Wettbewerb“) hat weder ein menschliches Antlitz noch Wesen. Krieg, Arbeitslosigkeit, sinkende Löhne, Armut – auch kulturelle – und politisch geleerte öffentliche Kassen sind das direkte Abbild zum Profit-Beispiel der 1,1 Milliarden Euro Gewinn der Deutschen Bank nach Steuern im ersten Quartal 2005.

Wen verschont ein unersättliches Raubtier?

Der materielle wie geistige Reichtum unserer Zeit ist gefährlich deformiert: die kultur- wie wohlstandsbildende Arbeit der Vielen nützt der Allgemeinheit wenig, dafür aber Wenigen. Dieser Widerspruch beunruhigt auf beiden Seiten die Gemüter. Wird dort nach neuen, saftigen Gewinnen gelechzt, drängt hier die Notwendigkeit zu einer menschenwürdigen Alternative gesellschaftlicher Entwicklung.

Die Humanisierung der sozialen Lebensverhältnisse, dafür eine strikte Politik der Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von Oben nach Unten, höhere Erwerbseinkommen bei verkürzten Arbeitszeiten, der Erhalt und demokratische Ausbau öffentlicher Einrichtungen, die Förderung von sinnvoller Arbeit, Gesundheit, Bildung und Kultur, Abrüstung und die zivilisierte Beilegung internationaler Konflikte müssen als Schritte aus der allgemeinen Krise in Aussicht genommen werden.

Das Verständnis der historischen, materiellen und kulturellen Voraussetzungen dieser Entwicklung, ihre gesellschaftspolitische Reichweite und damit die Qualität anzustrebender sozialer Verhältnisse und gesellschaftlicher Zwischenmenschlichkeit ist geistreich, auch kontrovers, zu erarbeiten.

Eine neue (universitäre) Kultur der gesellschafts- wie selbst-kritischen Verständigung darüber bildet eine solide Basis vernunftgeleiteter und gemeinschaftlich progressiver Gesellschaftsveränderung. „Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung.“ (Aus dem Leitbild der Universität Hamburg)

Die Gebührenfreiheit ist eine Voraussetzung für die sozial verantwortliche Realisierung der Einheit von Lehre, Studium, Forschung und Selbstverwaltung als gemeinsame Aufgabe aller an den Hochschulen Tätigen. So kann die solidarische und erkenntnisgestützte Befreiung von der ‚Mühsal menschlicher Existenz‘ gelingen.

Eine bessere Welt verlangt kritische Einsichten und ihre kämpferische Verwirklichung.

So erhält Vernunft ihren alltäglichen Sinn.

DOKUMENTIERT

Beschluß des Akademischen Senats vom 12. Mai 2005:

„WÜRDE DES MENSCHEN
Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen,
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst.“

Friedrich Schiller, Gedichte, 1795 - 1802.

Wahrlich, wir leben in bewegenden Zeiten. Richtung, Gehalt und Sinn der gesellschaftlichen Entwicklung sind umstritten. Darin bewegen sich ebenso die Hochschulen. Der Akademische Senat orientiert sich deshalb an folgenden Anliegen für seine Arbeit und nimmt die Verantwortung für die Universitätsentwicklung wahr:

1.) Der Akademische Senat begrüßt das Ergebnis der studentischen Urabstimmung für die Gebührenfreiheit des Studiums - soziale Offenheit sei die Devise. Er bestätigt damit seine bisherigen Beschlüsse zur Ablehnung von Studiengebühren.

2.) Der Erhalt und die Bewahrung des universitären Zusammenhangs bei der Fakultätenbildung hat Vorrang für den weiteren Bestand der Universität.

3.) Die Struktur der Akademischen Selbstverwaltung soll so weit wie möglich erhalten und aktiv gestaltet werden. Danach richte sich auch die Erarbeitung der Grundordnung.
Die Einrichtung und Gestaltung eines Universitätskonvents wird so schnell wie möglich angestrebt.

4.) Der Akademische Senat bemüht sich, Diskussionen über die positive Entwicklung der Universität anzuregen respektive zu begleiten.

5.) In diesem Zusammenhang wird das Präsidium gebeten, in naher Zukunft eine gemeinsame Erörterung mit dem Hochschulrat über die Hochschulentwicklung verbindlich anzuregen.

DOKUMENTIERT

Resolution der Vollversammlung vom 10. Mai 2005

Für eine demokratische Gegenuniversität

An der Urabstimmung „Ja zur Gebührenfreiheit“ haben sich über ein Drittel aller Studierenden und damit beeindruckende 13.212 Personen beteiligt. Die überwältigende Mehrheit von über 94% votierte dabei für die Gebührenfreiheit des Studiums. Wir fordern den Hamburger Senat deshalb auf, sofort die Abschaffung der „Langzeit“- und „Verwaltungsgebühren“ einzuleiten, sowie öffentlich zu erklären, keine allgemeinen Studiengebühren einzuführen.

Dieses klare Votum ist mehr als der Ausdruck des Unwillens der Studierenden, für das Hochschulstudium zu zahlen.

Mit den Studiengebühren verbindet der Wissenschaftssenator Dräger die Pläne zu stärkerer Selektion im Hochschulzugang, zur Entdemokratisierung und Etablierung von Managementstrukturen in der Universität sowie zur Formalisierung und Kommerzialisierung der Wissenschaftsinhalte. Unser Urabstimmungs-Ja zur Gebührenfreiheit ist dagegen eine Manifestation für sozial offene, demokratische verfaßte und emanzipatorisch orientierte Hochschulen.

Das eindeutige Ergebnis der Urabstimmung und mehrfache Beschlüsse des Akademischen Senats sowie diverser Fachbereichsräte bringen klar zum Ausdruck: Diese Hochschule will keine Studiengebühren.

Für uns Studierende ist dies der Auftrag, die kritischen Proteste gegen die Politik des rechten Senats auszuweiten:

Wir werden deshalb in der Woche nach den Pfingstferien die Uni Hamburg umwandeln in eine demokratische Gegenuniversität. In umgewidmeten Seminaren und Vorlesungen, in eigenen zusätzlichen Veranstaltungen sowie in Aktionen der Protest-AGs werden wir uns kritisch mit der Hamburger Politik der Sozialstaatsabwicklung auseinandersetzen. Eine positive Entwicklung von Forschung, Lehre, Studium und Selbstverwaltung für eine fortschrittliche Gesellschaftsentwicklung ist unser Ziel.

  • Zu diesem Zweck werden Fachbereichskomitees gebildet, die in ihren Bereichen weitere Studierende, Lehrende und Mitglieder der Verwaltung gewinnen, um mit ihnen gemeinsam für die Herausbildung der Universität als institutionelle Opposition zur neoliberalen Politik des Hamburger Senats zu sorgen.
  • Desweiteren führen wir Studierenden am Mittwoch, den 1. Juni einen „Tag der demokratischen Gegenuniversität“ durch, an dem auf der Mönckebergstraße mit diversen Infoständen und Aktionen die Hamburger von der Notwendigkeit des gemeinsamen Eintretens für einen politischen Richtungswechsels in der Bildungs- und Sozialpolitik überzeugt werden sollen.
  • Darüber hinaus rufen wir alle auf, sich an der Sitzung des Akademischen Senats am 12. Mai, an der Norddemo am 2. Juni in Hannover sowie an der großen gemeinsamen Bildungsdemo von KiTas, Schulen und Hochschulen am 16. Juni in Hamburg zu beteiligen.
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Sudan – Blut für Öl?

„Solche Geschäfte brauchen stabile politische Rahmenbedingungen. ... Ausufernde Unruhen und eine Regierung, die ihren eigenen Staat nicht im Griff hat, sind Gift für profitablen Handel.“

(Der Spiegel)

 

„In dem Maße, wie die Exploitation des einen Individuums durch das andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die andere aufgehoben.“

Karl Marx und Friedrich Engels: Das kommunistische Manifest

In der ehemaligen britischen Kolonie Sudan herrscht seit ihrer formalen Unabhängigkeit 1956 nahezu ununterbrochen Bürgerkrieg. Die aktuelle Eskalation in der westlichen Region Darfur muß nun für eine Militärintervention interessierter westlicher Mächte herhalten. Ende April beschloß der Bundestag, im Rahmen des UNO-Einsatzes von 10 000 „robust“ bewaffneten Soldaten 75 Bundeswehrsoldaten zu schicken. Die Truppen haben zunächst einmal den Auftrag, einen Waffenstillstand zwischen der Regierung und der Volksbefreiungsbewegung im Süden des Landes zu überwachen, wofür dann auch Waffengewalt eingesetzt werden soll.

Die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen werden von den ehemaligen Kolonialmächten nach Kräften geschürt. „Divide et impera“, Teile und Herrsche, ist immer noch das beste Mittel, um sich die Reichtümer anderer Länder anzueignen.

Seitdem vor ein paar Jahren im geostrategisch relevant am Roten Meer gelegenen Sudan unerwartet viel Öl gefunden wurde, versuchen vor allem die USA, Frankreich und die BRD, das Geschäft gegenüber China, dem größten Abnehmer sudanesischen Öls, zu dominieren. Chevron Texaco und Exxon Mobil drängen darauf, das sudanesische Ölgeschäft erobern zu können, Siemens, Thyssen-Krupp & Co. sind heiß auf Aufträge zum „Wiederaufbau“ des bürgerkriegsgeplagten Landes.

Die jetzige islamisch-nationalistische Regierung in Khartum ist jedoch nicht willig genug, sich den „westlichen“ Profitinteressen unterzuordnen. Die USA unterstützen daher seit geraumer Zeit die separatistische Bewegung im Südsudan. So ist stets Erpressungspotential vorhanden. Da der über 20 Jahre andauernde Bürgerkrieg, bei dem schätzungsweise 2 Millionen Menschen ums Leben gekommen sind, in dem extrem unterentwickelten Land (durchschnittliche Lebenserwartung 58 Jahre, Analphabetenrate 40%) droht, außer Kontrolle zu geraten, muß der Konflikt jetzt „reguliert“ werden. Das Kapital ist bekanntermaßen ein sensibler Brutalo und braucht einigermaßen gesicherte Bedingungen.

Der vor der UNO als „humanitär“ verkaufte Militäreinsatz soll zunächst einmal gewährleisten, daß die Förderung von Öl aus dem Süden in die Häfen Nordsudans reibungslos verläuft. Langfristig wird eine Teilung des Landes angestrebt; in sechs Jahren ist ein Referendum darüber vorgesehen. Mit dem aktuellen „Friedensabkommen“ wird der südsudanesischen Volksbefreiungsbewegung jetzt schon mal die Regierungsgewalt im Süden übertragen, die künftigen Öleinnahmen sollen zwischen ihr und der Regierung in Khartum geteilt werden. Sich ihrer Sache gewiß, hat die deutsche Gleisbaufirma Thormählen bereits im September 2004 einen Vertrag mit der „zukünftigen Regierung des Südsudan“ für den Bau einer Eisenbahnstrecke und von Ölpipelines abgeschlossen. Der sogenannte Aufbau demokratischer Strukturen bekommt damit eine zynische Note.

Auf diese Weise wird Öl ins Feuer gegossen, die Ungleichheit verschärft und damit weiteren Konflikten Vorschub geleistet. Der Gründungszweck der Vereinten Nationen vor 60 Jahren war ein anderer: Nach den Erfahrungen zweier Weltkriege und der brutalen faschistischen Diktatur sollten nach Überzeugung der Anti-Hitler-Koalition Faschismus und Angriffskriege „nie wieder!“ sein. Um „künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren“ (UN-Charta) wurden umfangreiche Vereinbarungen getroffen, die „Bedrohungen des Friedens“ verhüten und beseitigen sowie internationale Streitigkeiten durch friedliche Mittel lösen sollten. Dafür haben sich alle Staaten der UNO u.a. verpflichtet, „die Verbesserung des Lebensstandards, die Vollbeschäftigung und die Voraussetzungen für wirtschaftlichen, sozialen Fortschritt und Aufstieg“ zu fördern. Daran muß die Friedensbewegung immer wieder mit Nachdruck erinnern.

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Resignation oder Emanzipation?
Einige Anmerkungen zur gegenwärtigen Gesellschaftsdebatte

„Ja, da ist natürlich guter Rat teuer. Denn eigentlich ist bisher nur eine einzige Methode bekannt, das neuentdeckte alte Erzübel mit der Wurzel auszureißen. Hoch die internationale Solidarität! Nieder mit der Bourgeoisie! Enteignung! Revolution! Leider ist dieses Rezept schon ein paarmal ausprobiert worden, und es gibt wenig Leute, die Lust daruf hätten, den Versuch zu wiederholen – am allerwenigsten Herr M. und sein Kanzler, der ganz im Ggegenteil größten Wert darauf legt, ›die Wirtschaft‹, wo er nur kann, zu hätscheln.
Unter diesen Umständen bietet sich ein anderes Verfahren an, um das plötzlich aufgetauchte Monster Mores zu lehren. Man wasche ihm den Pelz, achte aber penibel darauf, dass es nicht nass wird. Das dazu erforderliche Glas Wasser braucht man nicht wegzuschütten. Man kann es einer zweiten Nutzung zuführen, indem man einen Sturm darin entfesselt.“

Hans Magnus Enzensberger, „Der Klassenkampf als Märchenstunde“, „SPIEGEL“ 19/2005, S. 186 – ein Beitrag zur Kapitalismusdebatte und der Heuschrecken-Allegorie von Franz Müntefering.

Ja, die Welt hat trouble, da ist natürlich guter Rat „teuer“.

Mit einiger Alterseleganz jongliert H.M. Enzensberger a.a.O. allerlei Binsenweisheiten: gesellschaftlich weitreichende progressive Veränderungen sind zur Zeit des auf den Kopf gestellten Reformbegriffs nicht à la mode; der SPD-Vorsitzende ist im Wahlkampf; der Kanzler ist kein Revolutionär; von der Zentralregierung sind wahrlich keine Wunder zu erwarten.

Dennoch hat der SPD-Mann mit wenigstens dem roten Schal quasi in ein Wespennest getroffen. (Ein aufgeregter Wirtschafts-Kommentator unkte gar von „Bürgerkrieg“.) Warum?

In den letzten 15 Jahren wurde verstärkt das Dogma neu aufgelegt, verbreitet und praktiziert, wenn das Kapital möglichst große Freiheiten von Lohn, Steuern, gesetzlichen Auflagen für Arbeit, Umwelt und Mitbestimmung hätte, würde es allen besser gehen, da nur die konsequent durchgesetzte Profitlogik allgemeinen Wohlstand bringen würde. Außerdem entspreche dies der Natur des Menschen. Bei Mißerfolgen wurden die zu erwartenden positiven Effekte stets auf morgen vertagt und die neoliberale Dosis Schritt für Schritt erhöht. Nun haben wir den Salat.

Die Konjunktur lahmt. Das Volk, der Lümmel, greint und hat keine Lust zu kaufen. Rechtsextreme haben Aufwind. Kapitalseits wird zunehmend auf die Spekulation der Spekulation der Spekulation gesetzt. Dabei werden Betriebe, Know-how und Arbeitsplätze vernichtet. (Hier setzt das Heuschreckenbild an.)

In dieser unerfreulichen Lage ist eine gesellschaftspolitische Wende erforderlich, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Dagegen wehren sich selbstverständlich Ackermann & Co, da sie bornierte Interessen vertreten.

Echte Reformen wären hier schon allerhand. Wenn das Kapital mindestens entwicklungsgerechte Steuern und Löhne zahlte, wäre damit einiges zu gestalten.

Emanzipation ist die Erkenntnis der Zusammenhänge und der Möglichkeiten der Veränderung sowie solidarisches Handeln zur Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen.

Auf jeden Fall ist hierbei lohnend, an Zeiten zu erinnern, in denen durch kritisches Engagement viel Freundliches erreicht worden ist.

Lesen wir dazu noch einmal Herrn Enzensberger: „Der deutsche Kapitalismus fühlt sich, hoffentlich zu recht, von den Massen bedroht, die er ausbeutet und um ihre historischen Möglichkeiten betrügt; von denselben Massen ließe er sich gern verteidigen. Als Volksgemeinschaft sollen sie sich um die Wagenburg des Kapitals scharen, zur extremen Mitte sich formieren. Im Prinzip ist das ein alter Hut: Die gerechte Wut der abhängigen Massen, ihre ungeheuren, im Alltag der Ausbeutung aufgestauten Aggressionen müssen von ihrem wahren Ziel, der herrschenden Klasse abgelenkt werden. Dazu wird ein Feind benötigt. In der Rekonstruktionsphase nach dem Kriege hat diesen Dienst der Kommunismus versehen.“
Derselbe, „Berliner Gemeinplätze II“, Kursbuch 13, Juni 1968, „Die Studenten und die Macht“, S. 193.

Wer jetzt (wenigstens) rote Ohren bekommt, möge über lang gepflegte Ablenkungsmanöver nachsinnen.

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Was soll „basta“?
oder
Die Angelegenheit mit dem Gehirn

„Wir müssen das Thema so aufbereiten, dass selbst auch die Wähler des CDU-Senats es begreifen und unsere Positionen nachvollziehen können.“

Robert Annewandter, MIN (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften)-Liste, in „campus news #02“.

 

„Schönster aller Zweifel aber / Wenn die verzagten Geschwächten den Kopf heben und
An die Stärke ihrer Unterdrücker / Nicht mehr glauben!“

Bertolt Brecht, „Lob des Zweifels“, Gedichte 1934-1939.

Herr, wirf Verstand vom Himmel!

Über 33 Prozent der Uni-Studierenden haben mit gut 94 Prozent für die Gebührenfreiheit des Studiums votiert, d.h., sich dezidiert gegen Studiengebühren aller Art ausgesprochen. Diese aussagekräftige Aktion ist maßgeblich von der Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) und Teilen des AStA und des StuPa-Präsidiums initiiert und organisiert worden.

Mit der „Norddemo“ am 1.6. und der großen Bildungsdemo am 16.6., dem inhaltlichen Aktionstag in der Innenstadt, alternativen Diskussions- und Lehrveranstaltungen etc. pp. sind weitere Aktivitäten für die Opposition zum Rechtssenat, für Gebührenfreiheit, andere Lehr- und Lerninhalte sowie einen alltäglichen kritischen Gesellschaftsbezug tätig anvisiert.

Da kommt nun „basta“ auf den Plan. Hier versammeln sich: das ewig kleingeschäftliche „Kulturkombinat“, die Hartz-IV-Realos der Sozialdemokratie (fälschlich genannt: „juso-Hochschulgruppe“), die fakultätenfrommen Fachbereichelisten (MIN, Jura, WiWi, Erziehungs­wis­senschaften) – alle ohne nennenswerte Verankerung in ihrem Bereich bzw. in den relevanten hochschulpolitischen Aktivitäten) und die nun gar nicht mehr sozialliberale LUST. In ihren Reihen finden sich zum Teil auch sehr rechte Auffassungen, die hie und da Berührungen zu Burschenschaften haben. Hier werden Studienkontenmodelle, Bachelor-/Master-Abschlüsse, Credit-Points und ein braves gesellschaftliches Dasein befürwortet. Streiks und die hochschulpolitische Opposition zum politischen Senat werden deshalb rundum abgelehnt.

Dazu gehört auch die Tutti-Frutti-Bum-Bum-Fête im Audimax („Law Business Health Party“ „für Juristen, WiWis und Mediziner“).

Der Gipfel menschenunfreundlicher Geschmacklosigkeit ist allerdings der blau-weiße, schmale Karton-Flyer mit der Abbildung eines puren Humangehirns. (Dieses Spiel erinnert an die Kampagne der „Initiative Soziale Marktwirtschaft“, ein konservativ-neoliberales Bündnis aus rheinischer Großindustrie und zum Beispiel Roman Herzog und Angela Merkel, das mit einem durchsichtig eingeschweißten Gehirn vor der „Abwanderung“ von AkademikerInnen warnen möchte.) Hier – eine Initiative der „JuraListe“ – wird der AStA diskreditiert und sattdessen ein zynisches Gewinnspiel angeboten: Wer die beste „Idee“ gegen die Verwaltungsgebühr des nächsten Semesters (50 Euro) anzubieten hat, bekommt die Gebühr erstattet. Form, Inhalt und Methode bilden auf diese Weise eine verstandesarme und unterwürfige Einheit.

Das „basta“ ist ein populistisches Betrugsmanöver. Wer stattdessen mehr will vom Leben, sollte es mit Heinrich Heine halten:

„Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.“

Heinrich Heine, „Deutschland – Ein Wintermärchen“, 1844.

Hinkelstein

Uni-Kneipe: gegründet 1968

Bundesstraße 6

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Zeit der Lügen? –
Lügen der Zeit

„Merk: Wer sich so mit dem Nebel des Mysteriums umgibt, wie alle diese, die es mehr oder minder begabt der katholischen Kirche nachmachen, der zeigt, daß seine Position bei voller Klarheit viel zu fürchten hat.“

Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1931.

Der Versöhnungskurs der Sozialdemokratie zwischen den gesellschaftlichen Systemen Kapitalismus und Sozialismus – auch genannt: „Der dritte Weg“ – hat den Sozialstaat gebracht. Die Öffnung der Hochschulen. Die betriebliche Mitbestimmung. Mehr als Hungerlöhne. Die öffentlichen Bücherhallen. Die Entspannungspolitik gen Osten. Den sozial und demokratisch regulierten Kapitalismus also. Das ist nicht lange her. Die Geschichte ist nicht vergessen.

Die Schröder-Blair-Linie, der unkluge Versuch, den Neoliberalismus und den Sozialstaat miteinander zu versöhnen, hat den relativ moderaten und dennoch empfindlichen Abbau all dieser Errungenschaften erbracht. – Die aktive Deregulierung. Die glitzernde Dekultivierung. Dieser Weg ist ein Holzweg. Die Akteure sind gescheitert. Das hat nicht lange gedauert.

Nun bekommen die Konservativen und die spaßigen Neoliberalen feuchte Hände. Sie wittern zitternd die Macht und die Pfründe. Sie hocken ungeduldig in den Startlöchern.

Und damit die Sache nicht schiefgeht, muß so getan werden, als habe man nichts Böses vor. Das Schlechtmachen der politischen Kontrahenten, das Aufpeppen der eigenen Personen und das Kaschieren der originären Absichten wird damit zur Hauptsache. Fällt der Betrug dann doch möglicherweise auf, wird er flugs Medizin (bitter) genannt.

Die Hauptlüge ist: Profite bringen Arbeitsplätze und allgemeinen Wohlstand. Die Nebenlügen sind: als Nation sind alle gleich; Polizei und Militär bringen Sicherheit; die Familie ist die Familie; Verzicht ist Freiheit; Konkurrenz ist die Natur des Menschen; schwarz ist die Hoffnung. Fauler Wein in halbwegs neuen Schläuchen.

Frau Merkel ist frisch geschminkt und nervt auf allen Kanälen die Fernsehzuschauer und Fernsehzuschauerinnen. (Frau Schwarzer, die eine Kanzlerin ganz toll findet, weiß wieder nicht, wo vorne und hinten ist.)

„Eine Katze, die eine Maus tötet, ist grausam. Ein Wilder, der seinen Feind auffrißt, ist grausam. Aber das grausamste von allen Lebewesen ist eine patriotische Frau.“

Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.

Die einzige Alternative zu dieser dumpfen Verschlimmbesserung ist das Wiedererstarken der Vernunft.

Die Einsicht in die wahren Ursachen der Probleme ist der Beginn der wirksamen Gegenwehr zur erweiterten Zerstörung. Die Politik der puren Gewinnsteigerung ist für die Mehrheit alles andere als ein Gewinn. Wer sehen will, der sehe. Wer widerstehen kann, der werde schlauer und gebe nicht auf. Die Zeit der Lügen ist kein Muß. Die Hoffnung ist das eigene einsichtige Handeln.

Hinkelstein

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Gegen den Trend
Oder:
Für eine Republik der Aufklärung!

„‹26› Was nutzt
Schädliche Wahrheit, wie zieh ich sie vor dem nützlichen Irrtum
Wahrheit heilet den Schmerz, den sie vielleicht uns erregt.“

Friedrich Schiller

Es reizt die deutliche Nähe einer prinzipiellen Kontroverse. Allen stellt sich drängend und dringend die Frage: Gesteigerte Ökonomisierung oder beginnende Humanisierung? Das eigene Handeln ist Teil der Antwort.

Kultur, Arbeit, Leben – wie soll die Entwicklung gestaltet werden?

Bedarfsorientierte Ökonomie, vernünftige Arbeit, künstlerische Entfaltung und wissenschaftliches Begreifen, sozialer Fortschritt und echte Demokratie bilden die konturierte Aussicht für den menschlichen Globus.

Mit seinem Beschluß (s.u.) vom 12. Mai hat sich der Akademische Senat dieser allgemeinen Entwicklungskontroverse gestellt; die Richtung der Universität sei: sozial offen („gegen Studiengebühren“), weit-blickend („Einheit“), kollegial und streitbar selbstorganisiert („Demokratie“), humanistisch wertorientiert (die Würde des Menschen als Maß der Entwicklung) und herausfordernd 'für Freund wie auch Feind' dieser Orientierung („Handelskammer“).

Diese Ansprüche bestimmt anzustreben und zu verwirklichen schafft allgemein nützliche Veränderung:

Die Menschheit hat sich aus der Unmittelbarkeit der Naturanbindung zu geistigen und materiellen Reichtümern emporgearbeitet, die die ursprünglichen Ansprüche einer friedlichen, freien und sozial gleichen Gemeinschaftlichkeit sozial wie kulturell fundieren und gesellschaftlich realisierbar machen. Zivilisatorischer Fortschritt wurde stets so errungen.

Die letzte, lähmende Fessel der not-wendigen Befreiung aller ist die brutalisierte Dominanz der privaten Rendite Weniger, der Kapitalismus. Die globale Ausbeutung gefährdet die Gattung mehr, als ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Sie muß die Bühne der Weltgeschichte verlassen.

Ist die Menschheit gewillt, ihre gemeinsamen Geschicke – ihre gesellschaftliche Bedürfnisbefriedigung, ihre solidarische Organisation, ihre stete Entwicklung – selbst in die Hand zu nehmen?

Befreiung heißt handelnd lernen: sie ist die (Weiter-)Entwicklung kritischen Bewußtseins der widersprüchlichen sozialen Interessen in einer konkreten historischen Situation für gemeinsames, verallgemeinerbares Handeln. So erweitern alle ihre Verfügung individuell und kollektiv. Dieser Prozeß kennt kein Ende, aber entscheidende Durchbrüche:

„Schönster aller Zweifel aber Wenn die Verzagten, Geschwächten den Kopf heben und An die Stärke ihrer Unterdrücker Nicht mehr glauben!“

Bertolt Brecht, "Lob des Zweifels", 1938

Gegen Lüge, Jammer, Schönfärberei und Drohungen aller Art: Aufklärung und solidarisches Handeln wir­ken wider Beschränkungen in jeder Form.

DOKUMENTIERT

Beschluß des Akademischen Senats vom 12. Mai 2005:

„WÜRDE DES MENSCHEN
Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen,
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst.“

Friedrich Schiller, Gedichte, 1795 - 1802.

Wahrlich, wir leben in bewegenden Zeiten. Richtung, Gehalt und Sinn der gesellschaftlichen Entwicklung sind umstritten. Darin bewegen sich ebenso die Hochschulen. Der Akademische Senat orientiert sich deshalb an folgenden Anliegen für seine Arbeit und nimmt die Verantwortung für die Universitätsentwicklung wahr:

1.) Der Akademische Senat begrüßt das Ergebnis der studentischen Urabstimmung für die Gebührenfreiheit des Studiums - soziale Offenheit sei die Devise. Er bestätigt damit seine bisherigen Beschlüsse zur Ablehnung von Studiengebühren.

2.) Der Erhalt und die Bewahrung des universitären Zusammenhangs bei der Fakultätenbildung hat Vorrang für den weiteren Bestand der Universität.

3.) Die Struktur der Akademischen Selbstverwaltung soll so weit wie möglich erhalten und aktiv gestaltet werden. Danach richte sich auch die Erarbeitung der Grundordnung.

Die Einrichtung und Gestaltung eines Universitätskonvents wird so schnell wie möglich angestrebt.

4.) Der Akademische Senat bemüht sich, Diskussionen über die positive Entwicklung der Universität anzuregen respektive zu begleiten.

5.) In diesem Zusammenhang wird das Präsidium gebeten, in naher Zukunft eine gemeinsame Erörterung mit dem Hochschulrat über die Hochschulentwicklung verbindlich anzuregen.

DOKUMENTIERT

Golnar Sepehrnia, Olaf Walther

Zum Geleit XI

Wie soll das alles nur weitergehen?

0) Vermaledeite Zustände

„Die Ideen darüber, wie man die neuen Produktionsmöglichkeiten nutzen könnte, sind nicht sehr entwickelt worden seit den Tagen, als das Pferd tun mußte, was der Mensch nicht konnte. Denken Sie nicht, daß in so mißlicher Lage jede neue Idee sorgfältig und frei untersucht werden sollte? Die Kunst kann solche Ideen klarer und sogar edler machen.“

Bertolt Brecht, „Anrede an den Kongreßausschuß zur Untersuchung unamerikanischer Betätigungen“, 1947.

Die Höhe der Zivilisation ist fragil. Auf der einen Seite: Moderne Produktionsanlagen, Bach-Konzerte, erkleckliche Reste von Sozialversicherungen, glitzernde Fassaden und die Möglichkeit allgemeiner Wohlfahrt. Auf der anderen Seite: Stummes Elend, laute Verzweiflung, tiefe Gräben – in den Schluchten der Großstädte und zwischen den Kontinenten.

Was muß untersucht werden?

1) Zukunft: Die umfassende Verneinung des Krieges

„Alle Leute haben eine Nähmaschine, ein Radio, einen Eisschrank und ein Telefon. Was machen wir nun? fragte der Fabrikbesitzer.
Bomben, sagte der Erfinder.
Krieg, sagte der General.
Wenn es denn gar nicht anders geht, sagte der Fabrikbesitzer.“

Wolfgang Borchert, „Lesebuchgeschichten“.

Es geht anders, sagen die Menschen.

Wir geben Gründe, erklären die Wissenden.

Wir liefern, Bilder, Figuren, Geschichten und Tonfolgen, pflichten die Kunstschaffenden bei.

Wenn es so ist, muß ich mich der Masse an Vernunft fügen, gesteht der Fabrikbesitzer.

Was ist zu tun?

2) Nach wie vor: Aufklärung!

„Daß ich etwas, ehe ich es glaube, erst durch meine Vernunft laufen lasse, ist mir nicht ein Haar wunderbarer, als daß ich erst etwas im Vorhof meiner Kehle kaue, ehe ich es hinunterschlucke.
Es ist sonderbar, so etwas zu sagen, und für unsere Zeiten zu hell, aber ich fürchte, es ist für zweihundert Jahr, von hier ab gerechnet, zu dunkel.“

Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft J, 1776-1779.

Wissenschaft braucht einen weiten Blick, der nahe Gegenstände nicht scheut, Bodenhaftung, Werte-Courage und Bewegungsfreude; öffentliche Geltung durch angemessene Finanzierung, soziale Offenheit der Studien, eine verläßliche Struktur für den demokratischen Disput und ein positives Credo für die menschliche Entwicklung.

Die Wirklichkeit erhält durch Wandlung Würde.

Wer beginnt?

Sitzung des Akademischen Senats

9. Juni 2005, 14 Uhr c.t., Raum 308 im Hauptgebäude?(ESA 1)

Vorgesehen oder beantragt sind u.a. TOPs zur

- Umsetzung des Beschlusses vom 12. Mai (s. Dokumentation)
- Einführung von Bachelor-Studiengängen
- Verfahren zur Hochschulzulassung
- Bericht zur sozialen Lage der Studierenden

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„Gemeinsame Führung“, „Heimatschutz“?

„Aber der Ministerpräsident kann dann, wenn er sie braucht – wie etwa in Amerika der Gouverneur auf die Nationalgarde – auf die Heimatschutzkomponente der Bundeswehr zurückgreifen.“

Wolfgang Schäuble, Geldbeschaffer und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, FAZ-Interview vom 6.6.'05.

 

„Wir sagen also, der Krieg gehört nicht in das Gebiet der Künste und Wissenschaften, sondern in das Gebiet des gesellschaftlichen Lebens.(!) Er ist ein Konflikt großer Interessen, der sich blutig löst, und nur darin ist er von den anderen verschieden. Besser als mit irgendeiner Kunst ließe er sich mit dem Handel vergleichen, der auch ein Konflikt menschlicher Interessen und Tätigkeiten ist, und viel näher steht ihm die Politik, die ihrerseits wieder als eine Art Handel in größerem Maßstabe angesehen werden kann. Außerdem ist sie der Schoß, in welchem sich der Krieg entwickelt; in ihr liegen die Lineamente (Linien) desselben schon verborgen angedeutet wie die Eigenschaften der lebenden Geschöpfe in ihren Keimen...“

Carl von Clausewitz, „Vom Kriege“, veröffentlicht 1832.

Goya-Gemälde: Erschiessung der Aufständischen

Die zur politischen Macht jibbernde CDU will, damit bislang verfassungswidrige Kriegs-Einsätze der Bundeswehr im Ausland (Grundgesetz der BRD, Artikel 26, Absatz 1) auch noch rechtskonform sind, die Verfassung deformierend ändern. Damit fände eine weitere Entsorgung der manifesten Lehren aus der Geschichte statt. Zu der dafür erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Bundestag sagt W. Schäuble: „Aber wenn wir auf die Vernunft setzen, die Kraft der Argumente, und gehörigen Druck ausüben, ist vieles möglich.“ Vernunft und Argumente sind eigentlich Schnick-Schnack – die kleine Vokabel „Druck“ ist hier das entscheidende Stichwort. Das ist der gesteigerte Krieg nach Außen.

Dem entspricht auf klassische Weise der intensivierte Krieg nach Innen: Kündigungsschutz schleifen, Unternehmenssteuern senken, Mehrwertsteuer erhöhen; „Heimatschutz“. Die nunmehr „gut“ frisierte Frau Merkel nennt das – auf einer sogenannten sicherheitspolitischen Tagung der CDU vergangener Woche – „nationale Sicherheitsbehörde“, die „alle relevanten Dienste“ wie Polizei, Bundeswehr, Katastrophenschutz, Technisches Hilfswerk und Feuerwehr „zusammenführen“ soll. Die Semantik des „Führens“ hat einen bizarren Klang. Das sei der rechte programmatische Grundsatz des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren, der schon im Wahlprogramm der CDU von 1998 zu finden war. Diese Linie gleicht der Politik der Bush-Administration (CDU: „unsere amerikanischen Freunde“; unsere amerikanischen Freunde finden sich weit, weit eher in der US-amerikanischen Friedensbewegung), die die UNO und die Menschenrechte mit Füßen tritt.

(„Gehört der Krieg der Politik an, so wird er ihren Charakter annehmen. Sobald sie großartiger und mächtiger wird, so wird es auch der Krieg, und das kann bis zu der Höhe steigen, wo der Krieg zu seiner absoluten Gestalt gelangt.“ Carl von Clausewitz, a.a.O.)

Ergo: Alle, die ihre fünf Sinne beieinander haben, sollten sich ernsthaft und mit ziviler Angriffsfreude konzentriert sowie gemeinsam darum bemühen, daß die Politik einen anderen Charakter bekommt.

Wehret den Anfängen. Für Frieden, Humanität und bekömmliche soziale Entwicklung. Die Angst darf nicht regieren.

„In dem Maße, wie die Exploitation (Ausbeutung) des einen Individuums durch das andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die andere aufgehoben.“

Karl Marx/Friedrich Engels, „Manifest der Kommunistischen Partei“, 1848.

Hinkelstein

Uni-Kneipe: gegründet 1968

Bundesstraße 6

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Warum CDU?

„Wahrlich, wahrlich, ich sage Ihnen, es ist, im ganzen genommen, niemand ein Sklav, als der es sein will, oder der da glaubt, er müsse es sein. Kein Despotenfuß vermag festen und sichern Trittes auf einen Nacken zu treten, als nur auf denjenigen, der sich selbst unter ihn in den Staub auf eine menschenunwürdige Weise hinabdrückt. Siegreich und triumphierend wird meistens derjenige seine geistigen und leiblichen Sklavenfesseln zersprengen, der sich fest und unerschütterlich vornimmt: Ich will sie zersprengen.“

Gottfried August Bürger, „Ermunterung zur Freiheit“, 1790.

Nach dem selbst eingeleiteten Abgang von Gerhard Schröder steht die CDU in den Umfragen fett und schwarz und wunderlich bei etwa 47 Prozent.

Das ist ein wenig paradox, weil gleichzeitig nur 29 Prozent der Bevölkerung davon ausgehen, daß eine unionsgeführte Bundesregierung mehr Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hätte als die bisherige Zentralverwaltung.

Umso erstaunlicher ist die momentane Größe des schwarzen Blockes, wenn man die Ergebnisse einer anderen Umfrage hinzunimmt, nach der 49 Prozent der repräsentativ Befragten der Auffassung sind, daß die „Marktwirtschaft“ automatisch zu sozialer Ungerechtigkeit führe und die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer mache, weshalb diese Wirtschaftsordnung auch negativ beurteilt wird. Das Mißtrauen sitzt tief.

Allerdings gehen – heiliger Bimbam! – im Widerspruch zur eigenen Skepsis gegenüber den wirtschaftlichen Machtverhältnissen 54 Prozent der Wahlbefragten davon aus, daß ein Regierungswechsel die Wirtschaft beflügeln werde. (Dabei hält sich wohl der hartnäckige Aberglaube, daß „die“ Wirtschaft es wohl richten werde.)

Trotz also der nachhaltigen Zweifel gegenüber den Konservativen und der sozialen Gerechtigkeit im Kapitalismus wird unter dem Strich dennoch Kapital und Konservativismus vertraut, die allgemeine wie die individuelle Lage irgendwie, irgendwann, irgendwo zu verbessern.

Diesem Mythos ist nachdrücklich kritisch in Geist und Tat zu begegnen. Weder dem Kapital, wo die Champagnerkorken knallen, wenn aufgrund von Entlassungen die Aktienkurse und die Gewinne steigen, noch dem schwarzen Nationalismus (oder dem gelblichen Neoliberalismus), der auch die Bundeswehr im Inneren anstrebt, ist zu vertrauen, sondern an erster Stelle dem eigenen kritischen Verstand sowie dem gemeinschaftlichen Engagement für Frieden, vernünftige Arbeit, aufklärerische Bildung, humane Gesundheitseinrichtungen, emanzipatorische Kultur, kultivierende soziale Sicherungssysteme und eine repräsentative Politik im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung respektive für die Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen.

Es kommt also immer mehr darauf an, die eigenen Interessen nicht zu delegieren, denn dann sind sie futsch.

Hinkelstein

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Camouflage
oder
Die Kreide im Schlund der Rechten

„Die Vollbärte zittern. Fette Hände senken sich wohlwollend auf junge Schultern, Beruhigung klopfend, alles im Leben endet mit einem Arrangement. Und ich sehe die andern, die jungen, sportgebräunten Schieber mit den schwarzen Lacktollen und den französischen Stiefelchen. Laßt sie Schlachten liefern –: wir liefern Brotbeutel. Und essen Kuchen.“

Kurt Tucholsky, „Die Verteidigung des Vaterlandes“, 1921.

Angela Merkel

Es existieren tropische Pflanzen, schwül gedeihend, die suggerieren inmitten ihres Blütenkelches einen Tautropfen. Angelockte Insekten kommen darin um.

Smiling Angie: Sie wolle „auf gar keinen Fall und in irgendeiner Weise“ – welch eine Sprache! – die soziale Sicherheit in Frage stellen. Silbern glänzt der Tau...

Dabei ist Jürgen Rüttgers in Nordrhein-Westfalen das aktuelle warnende Beispiel für die zuschnappende Falle: Halbierung der Steinkohle-Subventionen, die Einführung von Studiengebühren (53 Prozent der BRD-Bevölkerung lehnen diese ab!), Behördenschließungen, Abschaffung der Ladenschlußzeiten, Verkauf von Landesbeteiligungen – das heißt dann: „Freiheit vor Gleichheit, Arbeit vor Verteilen, Privat vor Staat, Verläßlichkeit statt Beliebigkeit“ – vulgo: Kapital vor Arbeit, Profit statt Sozial, volle Konkurrenz vor vernünftiger Regulierung, Not statt Wohlfahrt, die harte Hand. Schnapp, schnapp, schnapp...

Wer sich auf die CDU verläßt, ist flugs verlassen. Wer aus voll berechtigtem Ärger über Rot-Grün die Segel streicht, kommt zusätzlich in die Flaute. Dann heißt es Rudern!

Bald 60 Jahre bundesdeutsche Geschichte nach der Befreiung vom Faschismus und der alliierten Beendigung des Zweiten Weltkrieges halten mehr und bessere Erfahrungen sowie gesellschaftliche Errungenschaften bereit als den besonders ungehemmten Gewinnwahnsinn.

Flächentarife, betriebliche und institutionelle Mitbestimmung, soziale Sicherungssysteme, beschäftigungsfördernde Arbeitsmarktpolitik, allgemeine demokratische Rechte, die Eindämmung militärischen Handelns, öffentliche Institutionen weitgehend im Allgemeininteresse sind wertvolle Ergebnisse des Engagements von Gewerkschaften, außerparlamentarischen Bewegungen, Partei-Aktivitäten sowie dem Einsatz in der Interessenvertretung. Der Einsatz hat sich gelohnt und wird sich weiter und wieder lohnen.

Wer auf die Täuschungen nicht hereinfällt, kann außerordentlich Sinnvolles tun.

Man beachte: Beim hastigen Verzehr von Kreide gehen plötzlich die Stimme und die Mundwinkel nach oben.

Nach dem (voraussichtlichen) Wahltag ist erst einmal die Kreidezeit vorbei.

Das läßt sich schon jetzt berücksichtigen.

Hinkelstein

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Für eine demokratische Studienreform
Oder: Ein Nein für ein Ja.

„Die Universität überführt ihre Studiengänge bis 2009 entsprechend den Vorgaben der KMK in die neue Bachelor-Master-Struktur. [...] Die Universität strebt an, die Umstellung auf das neue Bachelor-Master-Studiensystem in folgenden Schritten zu vollziehen: 1. Wintersemester 2004/05 ->10 - 30 % der Studiengänge, 2. Wintersemester 2006/07 -> 50 - 70 % der Studiengänge, 3. Wintersemester 2009/10 -> alle Studiengänge mit akademischer Abschlussprüfung.“

Ziel und Leistungs-„Vereinbarung“ der Universität mit der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit, 2005.

 

„Würde man die Intelligenz der Werktätigen jetzt allzu sehr herabschrauben, dann könnte die Industrie nicht aufrechterhalten werden.“

Bertolt Brecht, „Über die Widerstandskraft der Vernunft“, 1937.

Wird die allgemeine Intelligenz durch gemeinsames Streben nach Erkenntnis für eine allgemein förderliche Gesellschaftsentwicklung emporgeschraubt, dann kann die Ausbeutung der Mehrheit durch die Minderheit nicht aufrechterhalten werden.

Der Mensch gilt der heutigen „Industrie“ als zur Verwertung zu veredelnder Rohstoff: qualifiziert, aber bitte nicht kritisch; eigentätig, aber bitte nicht selbstbewußt; teamfähig, aber bitte nicht solidarisch. Be your own profit center!

Das Schmalspur-Exerzierstudium „Bachelor“ trainiert für die Selbstausbeutung: Sechs Semester, durchgängig Prüfungen, höchstens ein Nebenfach, Besuchsverbot für andere Fächer, bei ‚Zeitverzug‘ individuelle Leistungsvereinbarungen, Dauerkontrolle, Exmatrikulation. Das sind nur einige der Dressurmittel, die die „Akademiker von morgen“ durch die Universität jagen sollen. 7 Millionen Arbeitslose, mehr oder weniger, tun ein Übriges.

Diese real-geplanten Studienabschlüsse sind nicht einmal universitätsintern kompatibel, die verlangten Semesterwochenstunden überschreiten locker die 40, ein Teilzeitstudium gibt es nicht, Studienpläne und Prüfungsordnungen auch nicht, dafür aber garantiert mehr Betreuungsbedarf, weniger Studienbewerber, mehr Abbrecher und weniger Lehrende für noch nicht einmal entwickelte weiterführende „Master“-Studiengänge.

Und wer lehrt dann noch ‚klassisch‘ für Diplom und Magister, wie lange soll das noch studiert werden dürfen?

26 der BA/MA-Studiengänge sollen gemäß der Ziel- und Leistungsvereinbarung der Universität mit der Dräger-Behörde zum Wintersemester die bisherigen Diplom/Magister-Studiengänge ersetzen. Wenn nicht: Geld weg, Stellen weg, kleine Fächer weg, droht die Behörde. Das zu erwartende Chaos wäre die Zerstörung der Universität. Mal wieder erweist sich der neoliberale Unterwerfungsplan als nicht realitätstauglich; nicht zuletzt, weil der Mensch ein Mensch ist – kein „Faktor“.

Deshalb hat der Akademische Senat am 9. Juni nicht zugunsten der Einführung dieser Studiengänge Stellung genommen. Damit sind Voraussetzungen geschaffen, daß sich die Universität insgesamt für die politische Zurückweisung dieser Erpressung und für eine echte Studienreform einsetzen kann. Aus der eigenen Geschichte ist dafür Positives aufzugreifen.

Die Studentenbewegung der 60er und 70er Jahre hat auf Grundlage des erhöhten gesellschaftlichen Bedarfs wissenschaftlicher Qualifizierung und entgegen quasi-feudalem akademischen Brauch- und Braun-tum („Der Muff von tausend Jahren“) die soziale Öffnung der Hochschulen, die Demokratisierung ihrer Selbstverwaltung und problemkritische Forschung und Lehre erstritten. Studienreform gilt seitdem (selbst-)kritischen Geistern als ständige Aufgabe der Hochschulen: „Die Universität verpflichtet sich, Lehre und Studium im Hinblick auf Entwicklungen in Gesellschaft, Wissenschaft und Kultur, Veränderungen in der Berufswelt sowie Folgen von Wissenschaft und Technik zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Freiheit und Kooperation in der Erarbeitung und Aneignung von Wissen sollen Grundlage der Studienreform sein. Die Durchlässigkeit, Sozialverträglichkeit, Transparenz und gesellschaftliche Verantwortung sind Grundsätze der Gestaltung von Studiengängen“, lautet der konsensuale Anspruch, den der Große Senat der Universität noch im Januar 2003 einmütig für ihre Grundordnung zusammenfaßte.

Unter dem Druck von zunächst Unterfinanzierung und später neoliberaler Marktgeilheit konnte dieser Kurs nie voll realisiert werden. Die Ursachen und Verursacher des Drucks liegen offen und erfordern bewußte Gegnerschaft.

Es ist an der Zeit. Die weltweit sozial wie kulturell destruktive Krise der Gesellschaft zu überwinden, erfordert die nutzbringende Tradierung, Vertiefung, Erweiterung und Aneignung des geistigen und kulturellen Erbes der Menschheit – von allen und für alle.

„Universitas“ hat eine Welt-erschließende, -verbindende und -verändernde Bedeutung.

„Intellektuelle als Handelnde werden umso stärker sein, je mehr sie gelernt haben. Sie werden auch umso einiger sein. Streitsucht und Absonderung sind die Gebrechen unzuverlässiger Intellekte. Solche sind vor der Gewalt der Machthaber noch immer zusammengebrochen: jede Eigenart war vergessen, sobald sie gefährlich wurde. Gefestigte Köpfe rollen nicht so leicht.“

Heinrich Mann, „Führung“, in: „Die neue Weltbühne“. Prag-Zürich-Paris, Nr. 7 vom 14. Februar 1935.

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Viel Aufregung über die K-Frage
Woher kommt die Brisanz der Heuschreckenbilanz?

„Sie bleiben anonym, haben kein Gesicht, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter. Gegen diese Form von Kapitalismus kämpfen wir.“

SPD-Chef Franz Müntefering in einem Interview der „Bild am Sonntag“, 18.4.'05.

 

„Wir wissen, dass es ein Spannungsverhältnis zwischen staatlicher und gesellschaftlicher Politik einerseits und den ungehemmten Regeln des Marktes andererseits gibt. Diese Spannung gilt es auszuhalten und produktiv zu nutzen.“ (...)
„Unsere Kritik gilt der international wachsenden Macht des Kapitals und der totalen Ökonomisierung eines kurzatmigen Profit-Handelns. Denn dadurch geraten einzelne Menschen und die Zukunftsfähigkeit ganzer Unternehmen und Regionen aus dem Blick.“

Derselbe auf dem 3. Programmforum der SPD zum Thema „Demokratie, Zukunftschancen, Gerechtigkeit“ am 13.4.'05 in Berlin.
Karl Marx

Der Krakeel der neoliberal angefixten Journaille war groß, als Franz Müntefering ein zunehmendes alltägliches Phänomen der spekulativen Ökonomie kritisch kennzeichnete. In einem aufgebrachten Kommentar war gar von „Bürgerkrieg“ die Rede. Die Unruhe ist noch nicht abgeklungen. Zumindest wird seitdem selbstverständlicher von Kapitalismus gesprochen.

Warum die Aufregung?

Abgesehen von richtigen Vermutungen der aufgescheuchten Lohnschreiber ( und -schreiberinnen) über wahltaktische Erwägungen des SPD-Vorsitzenden vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, der nicht ganz unwahrscheinlichen Vorbereitung der SPD auf die parlamentarische Oppositionsrolle im Bund sowie die emotionale Bedienung der Partei, hat Franz Müntefering einen wunden Punkt getroffen, bei dem der Patient extrem schmerzempfindlich ist: die zerstörerische Kraft des sich pur verwertenden Wertes bzw. der schwachen Legitimationsbasis für Dekadenzen aller Art.

Realinvestitionen finden immer weniger statt, große Unternehmen bilden zunehmend Rücklagen, die sie nicht wieder investieren, geschweige denn nehmen sie Kredite für Investitionen auf. Gleichzeitig ist das Phänomen von Investitionsfonds zu beobachten, wie von dem SPD-Chef beschrieben.

Die sozialen und kulturellen Bedingungen der Mehrheit der Bevölkerung werden politisch und ökonomisch verschlechtert, die Gewinne und die Aktienkurse steigen. Dazwischen besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Die Ursachen der Malaise werden deutlicher sichtbar. Der Profit als Motor der allgemeinen positiven Entwicklung ist damit stärker in Frage gestellt. Die Skepsis gegenüber den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen wächst merklich. Prinzipielle Veränderungen sind nötig.

Warum hat also die Heuchreckenmetapher für so viel Unruhe gesorgt?

Wo greift die Kritik zu kurz?

Wie sind Blick, Mut und Handlungsmöglichkeiten zu weiten?

Diese und andere Fragen wollen wir mit Prof. Dr. Herbert Schui diskutieren.

Diskussionsveranstaltung:
Viel Aufregung über die K-Frage
Woher kommt die Brisanz der Heuschreckenbilanz?

Mit Prof. Dr. Herbert Schui, em. HWP

Dienstag, 5. Juli 2005, 18 Uhr, Philturm, im Hörsaal A

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Es geht ums Ganze
oder
Das Drei-Keulen-Modell Drägers und sein Gegenteil

„Der Mensch ist im wörtlichsten Sinne ein zoon politikon (gesellschaftliches Lebewesen), nicht nur ein geselliges Tier, sondern ein Tier, das nur in der Gesellschaft sich vereinzeln kann. Die Produktion der Einzelnen außerhalb der Gesellschaft – eine Rarität, die einem durch Zufall in die Wildnis verschlagnen Zivilisierten wohl vorkommen kann, der in sich schon die Gesellschaftskräfte besitzt – ist ein ebensolches Unding als Sprachentwicklung ohne zusammen lebende und zusammen sprechende Individuen.“

Karl Marx, Einleitung zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, S. 616.

Drei grobe Zwangsmittel benutzt Senator Dräger für seine handelskammergelenkte Hochschulpolitik: Studiengebühren, restriktive Bachelor-Studiengänge und die betriebswirtschaftliche Fakultätenbildung.
Die Einführung von Gebühren macht kulturell und sozial Druck auf die Studierenden, sich in kürzester Zeit einzig auf die lohnversprechende Ausbildung ihrer Arbeitskraft zu reduzieren. Zur Durchsetzung markttauglicher Lehrinhalte auf Kosten kritischer und vertiefter Wissenschaft dienen hart durchgestylte und privatwirtschaftlich akkreditierte Bachelor-/Master-Studiengänge. Dieses neue Hechel-System spaltet die Absolventen in eine „just-in-time“ abgespeiste Masse von möglichen Facharbeitern und einer sogenannten Elite, der eine „wissenschaftliche“ Bildung zugedacht ist. Die Fakultätenbildung zielt auf die Zerlegung der Universität in konkurrierende wirtschaftliche Teileinheiten des Verkaufs von Menschen und Wissen. Mit ihrer Errichtung soll die Marktwildnis Einzug in den akademischen Alltag erhalten. Kooperative Zusammenhänge, Kollegialität und demokratische Aufgabenbestimmung und Selbstverwaltung der Universität durch ihre Mitglieder sollen restlos weichen.

Vor dem Hintergrund „leistungs“orientierter Besoldung, dauerhafter Unterfinanzierung der Hochschulen und allgemeiner Massenerwerbslosigkeit sollen alle Universitätsmitglieder durch die Angst vor gesellschaftlicher Ausgrenzung dazu gebracht werden, „freiwillig“ dem „Standort“ zu dienen. Nicht die ‚Erleichterung der Mühsal der menschlichen Existenz‘ durch Bildung und Wissenschaft, sondern ihre privatwirtschaftliche Verwertbarkeit gelten als Qualitätsmerkmal. So sollen sich dann alle Zwecken unterwerfen, die nicht die eigenen sind, ihre möglichen Mitstreiter als gefährliche Konkurrenten im Kampf um ‚Anreize‘ und Arbeitsplätze ängstlich beäugen und dabei jedes eigene, verallgemeinerbare Anliegen durch das Kapitalinteresse verdrängen und vergessen.

Da die Dominanz des Dogmas der privaten Profitwirtschaft die Ursache für die eigene Hast und das soziale und kulturelle Elend dieser Welt ist, ist dagegen grundsätzlich kritisch zu opponieren. Die Hochschulen als Orte möglicher und notwendiger gemeinsamer kritischer Weltaneignung, als Orte der Tradierung und Weiterentwicklung der Erfahrungen und Erkenntnisse der Menschheit müssen sich in diesem Sinne konsequent für die Entwicklung einer friedlichen, humanen, sozial gerechten und demokratischen Weltgesellschaft engagieren. Historisch bewußte Gesellschaftskritik, Problemlösungsorientierung und die perspektivreiche Verbindlichkeit in der Kooperation kennzeichnen eine humanistische Universität mit intellektuellem Eros. Die auf diese Weise persönlich realisierte Einheit von kritischer Forschung, engagierter Lehre, erkenntnis- und kooperationsfreudigem Studium und demokratischer Selbstverwaltung als gemeinsamer gesellschaftsverändernden Tätigkeit ihrer Mitglieder ist die Basis des Schaffens.
So steht das Mensch-Sein im Mittelpunkt der erkennenden Praxis.

Dokumentiert: Geleit XII. (Zur Einordnung der BA/MA-Debatte)
Die Geleite sind ein regelmäßiges Anschreiben der linken studentischen VertreterInnen im Akademischen Senat an die MitsenatorInnen zu aktuellen Themen und Tagesordnungspunkten.

Das Lob der Torheit ist die Grundtorheit der Epoche
1) Der kalkulierte Betrug

„Mephistopheles (in Fausts langem Kleide):
Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen allerhöchste Kraft,
Laß nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem Lügengeist bestärken,
So hab' ich dich schon unbedingt –
Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben,
Der ungebändigt immer vorwärts dringt
Und dessen übereiltes Streben
Der Erde Freuden überspringt.
Den schlepp' ich durch das wilde Leben,
Durch flache Unbedeutenheit,
Er soll mir zappeln, starren, kleben,
Und seiner Unersättlichkeit
Soll Speis' und Trank vor gier'gen Lippen schweben;
Und hätt' er sich auch nicht dem Teufel übergeben,
Er müßte doch zugrunde gehn!
(Ein Schüler tritt auf)“

Johann Wolfgang v. Goethe, „Faust 1“, 1808.

Was ist geschehen?

Der Teufel schlüpft diabolisch in die Rolle des Gelehrten, um dem Schüler jegliche Lust an der Wissenschaft auszutreiben. Die kategoriale Erforschung der Welt sei Last, Leid und Qual – und führe zu nichts. So nimmt der Schüler Abstand davon zu lernen. Luzifer hat bravourös gewonnen und triumphiert.

Des Lebens Genuß und der Menschengesellschaft Erkenntnis wurden gegensätzlich getrennt. Der nihilistische Sieg besteht in der gelungenen Täuschung.

2) Käuflich oder wissend

„Kein gerechterer Beurteiler fremden Verdiensts als der philosophische Kopf. Scharfsichtig und erfinderisch genug, um jede Tätigkeit zu nutzen, ist er auch billig genug, den Urheber auch der kleinsten zu ehren. Für ihn arbeiten alle Köpfe – alle Köpfe arbeiten gegen den Brotgelehrten. Jener weiß alles, was um ihn geschiehet und gedacht wird, in sein Eigentum zu verwandeln – zwischen den denkenden Köpfen gilt eine innige Gemeinschaft aller Güter des Geistes; was einer im Reiche der Wahrheit erwirbt, hat er allen erworben. – Der Brotgelehrte verzäunet sich gegen alle seine Nachbarn, denen er neidisch Licht und Sonne mißgönnt, und bewacht mit Sorge die baufällige Schranke, die ihn nur schwach gegen die siegende Vernunft verteidigt.“

Friedrich Schiller, „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“, 1789.

Was ist abzulehnen?

Brot ist Lohn, Lohn ist Anerkennung, Anerkennung ist Käuflichkeit, Käuflichkeit ist Oberfläche, Oberfläche ist Kälte, Kälte ist Angst, Angst ist Neid, Neid ist dumm. Also: Brot ist dumm.

Und: Knien macht häßlich.

3) Der gute Ton

„Die Esel und die Nachtigallen
Es gibt der Esel, welche wollen,
Daß Nachtigallen hin und her
Des Müllers Säcke tragen sollen.
Ob recht? fällt mir zu sagen schwer.
Das weiß ich: Nachtigallen wollen
Nicht, daß die Esel singen sollen.“

Gottfried August Bürger, 1789.

Wer macht die Musik?

Esel sind von ihrer Natur her heiser.

Der Mensch trifft den Ton nach gereifter Überlegung. Die Nachtigallen können dann die Säcke tragen.

Zum guten Ton gehören: die Ablehnung militärischer Handlungen, die nützliche Arbeit für alle, die Freiheit von Elend als Würde des Menschen, die bestimmende Teilhabe von informierten Mehrheiten, die nahe gelegte Freude an der Kunst, die Aufklärung als gemeinschaftliche Angelegenheit, die in Gesundheitshäuser umbenannten Krankenanstalten, der lachende Hinweis auf den nackten Kaiser.

Ein Tor, wer Schlechtes dabei denkt.

Golnar Sepehrnia, Olaf Walther
Hamburg, den 21.6.'05

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It's war, Mr. President!

„Das Aufstellen eines künstlichen Zeitplans wäre das falsche Signal an die Iraker, die wissen müssen, dass die Amerikaner nicht abziehen werden, bevor sie ihre Arbeit getan haben. Es wäre das falsche Signal an unsere Truppen, die wissen müssen, dass wir ernsthaft vorhaben, die Mission, für deren Erfolg sie ihr Leben riskieren, zu Ende zu bringen. Außerdem wäre es das falsche Signal an den Feind, der dann wüsste, dass er nur auf unseren Abzug warten muss.“

George W. Bush, 28.6.'05, Fort Bragg (North Carolina).

George W. Bush erstaunt

„Wir bringen den Kampf zum Feind.“ (ders. a.a.O.)

Hohe Dauerkosten von mehreren Milliarden Dollar, immer mehr tote Soldaten der USA, gar und gar keine Befriedung im besetzten Land, die internationale Kritik der Friedensbewegung und die Skepsis der US-amerikanischen Bevölkerung zwingen den Präsidenten zu neuer Legitimation der Truppen im Irak. Im Kern: Wir machen weiter, und der wichtigste weil stärkste Arm der Politik ist das Militär. Für die gewalttätige Besatzung des Irak wird erneut der 11. September 2001 bemüht.

Auch widersprüchliche Aussagen von Vizepräsident Cheney (der Aufstand sei in den letzten Zügen), der beschwichtigen will und „Verteidigungsminister“ Rumsfeld (die Besatzung könne bis zu 12 Jahre dauern), der gewohnt ungeschminkt realistisch daherpoltert, haben Bush zu der Äußerung – inmitten von Soldaten und stolz wehenden Fahnen – veranlaßt, die Besatzung dauere eben so lange, bis die Aufgabe erfüllt sei.

Versprochen werden „Demokratie, Wohlstand und Hoffnung“; Realität sind (Militär-)Despotie, Armut und Verzweiflung – das alles, um Erdölquellen und eine Vasallenregierung im Griff zu haben.

Was wahre Freiheit ist, zeigt die CIA (Central Intelligence Agency), wenn sie in europäischen Ländern und in Kanada mutmaßliche Terroristen kidnappt, um ihnen in Ländern, wo die Folter nicht verboten ist, unter menschenunwürdigen Bedingungen „Geständnisse“ abzuzwingen.

Unter „Freiheit“ versteht George W. Bush ebenso, ein Dekret zu erlassen. nach dem ausländische Personen oder Firmen mit finanziellen Restriktionen rechnen müssen, die an der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen in Iran, Nord-Korea, oder Syrien beteiligt sein könnten. Die Kriterien sind sehr weit gefaßt und bieten für politische Willkür allerlei Raum. Der Verdacht, daß die iranische Atomenergiebehörde AEOI (Atomic Energy Organisation of Iran) unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms – was hier keinesfalls befürwortet sein soll! – auch Nuklearwaffen entwickelt, konnte bislang nicht bewiesen werden.

Wie dem auch sei: Der Krieg um Märkte, Rohstoffe und strategisch relevante Gebiete hat die Welt nicht demokratischer, humaner und gerechter gemacht.

Der Rückzug der Besatzungstruppen aus dem Irak wäre der erste Schritt zur Befreiung der irakischen Bevölkerung.

(Das entzöge auch dem gewalttätigen Aktionismus den Boden.)

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„campus news #03“
oder
Marketing ohne Theorie und politische Praxis

Mittel gegen den Hochmut der Großen
Viel Klagen hör ich oft erheben
Vom Hochmut, den der Große übt.
Der Großen Hochmut wird sich geben,
Wenn unsre Kriecherei sich gibt.“

Gottfried August Bürger, 1787.

Es werden wieder blau bedruckte Vierseiter verteilt. Der konservative, liberale und der reale Schrödernachwuchs ist bemüht, sich gut zu präsentieren.

„Die Entscheidung über Studiengebühren wird von Politikern getroffen. Das sind keine Ideologen. Sie orientieren sich an Mehrheiten. Mit Ideologie und Systemkritik erreicht man aber keine Mehrheiten.“

Philipp Schliffke (wiwi-Liste) im Selbst-Gespräch in „campus news #03“.

ABC: Studiengebühren werden aus einem speziellen Interesse an der Ökonomisierung des Studiums respektive der Studierenden heraus durchzusetzen versucht. Sie dienen ebenso der haushaltspolitischen Erpressung der Hochschulen. Politiker, die diese Zwangsmaßnahme als im Interesse der Studierenden und der Wissenschaft darzustellen versuchen, sind pure Ideologen. Sie sind somit aus auf das Nasführen von Mehrheiten. Das wird auch Realpolitik genannt. Das Vertrauen darin läßt merklich nach.

Mit sogenannter Systemkritik ist hingegen meist das klare Benennen der Probleme und ihrer Ursachen zum Ausdruck gebracht. Es werden also Roß und Reiter benannt, z.B. die Handelskammer und der rechte Senat. Die begründete Aufklärung über vermeid- oder überwindbare Übel und Einschränkungen umfaßt häufig die dazu alternative Perspektive der menschlichen Emanzipation (beispielsweise: Gebührenfreiheit, soziale Offenheit des Studiums, kooperative Lehr- und Lernprozesse, kritische Problemlösungsorientierung, ausreichende öffentliche Finanzierung der Bildung, demokratische Partizipation an der Gestaltung der Institutionen) im lernenden Prozeß der kulturellen Aneignung.

(Apropos Mehrheiten: 53 Prozent der Bevölkerung lehnen die Einführung von Studiengebühren ab.)

A&O: Die eindeutige und vielfältige Opposition gegen die Ökonomisierung (auch) der Hochschulen steht auf der Tagesordnung rationalen Handelns.

Wer meint, z.B. gegen die Einführung von Studiengebühren oder von Bachelor-/Masterstudiengängen nicht prinzipiell kämpfen dürfen zu sollen, ist schlicht brav. Muntere Selbstdarstellungen sind bei weitem keine studentische Interessenvertretung.

Wer brav ist, sollte kritische Vernunft lernen.

Das ist menschlich sehr lohnend – fernab aller „ideologischen Verbortheiten“.

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London und die Welt

„Die unzähligen in London vertretenen Kulturen bereicherten die kreativen Branchen mit ihren Ideen. Sie gaben London den Antrieb, der die Stadt zu einem der großartigsten globalen Zentren für Unterhaltung, Architektur, Medien, Musik, und Werbung machte. Mit dem Wachsen dieser Bereiche kamen die Menschen.“

Ken Livingstone, Bürgermeister von London; „Die Welt in einer Metropole/Wer jetzt eine Abschottung Londons fordert, hat diese Stadt nicht verstanden. London lebt von seiner Internationalität, seiner Offenheit, seinen vielen Kulturen.“, „Financial Times Deutschland“, 14.7.'05, S. 26.

 

„Wir bekämpfen den Feind im Irak, in Afghanistan und auf der ganzen Welt, damit wir ihm nicht hier zu Hause entgegentreten müssen.“ (...) „Das FBI hat Mitarbeiter in die ganze Welt entsandt, in den Irak und nach Afghanistan sowie an andere Fronten im Krieg gegen den Terror. FBI-Agenten befragen inhaftierte Terroristen und decken Informationen auf, die zur Verhinderung neuer Anschläge in unserem Land beitragen werden.“

George W. Bush, Rede vor der FBI Academy in Quantico (Virginia) am 11.7.'05 („Vereinigte Staaten erklären sich solidarisch mit Großbritannien“).

Die Gegensätze sind offenkundig und beredt:

Während der Bürgermeister Londons nach den Terroranschlägen in der britischen Metropole – trotz der Gewalt und gegen sie – für Offenheit, Multikulturalismus und Internationalität in diesem Sinne plädiert, nimmt US-Präsident Bush diese brutalen aber vereinzelten Gewalttaten zum Anlaß – mit Gott und wer weiß wem –, der Welt mit Nachdruck erneut den Krieg (im doppelten Wortsinn) zu erklären.

Aufgeklärte Menschen (z.B. der Friedensbewegungen in vielen Ländern), das durchschauend, wissen, daß es bei der militärischen Außenpolitik (auch und besonders) der USA um die Eroberung und Beherrschung von Märkten, Rohstoffen und geostrategisch relevanten Gebieten geht. Zu diesem Zwecke werden auch diverse Vasallenregimes installiert. Zu diesem Zwecke wohnt das FBI auch Folterungen (Guantanamo auf Kuba und Abu Ghraib im Irak) konzeptionell überwachend bei. Das ist die gegenwärtige Wahrheit von „freedom and democracy“. Stramm konservative Politik, globale Machtstrategie und ökonomische Interessen bilden hier eine mächtige Einheit. Freiheit ist somit die „Freiheit“ der höchsten Rendite.

Im Innern der USA bedeutet dies gesteigerter Nationalismus, die fanatische Berufung auf „den christlichen Glauben“, Todesstrafe, restriktive Gesetze, die rechtliche Sanktionierung der Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste und die Ausweitung der Militärausgaben, die die Mehrzahl der Steuerzahler zu tragen hat. (Die CDU geht in ihrem aktuellen Wahlprogramm übrigens in dieselbe Richtung mit dem Einsatz der Bundeswehr im Innern sowie dem restriktiven Zusammenwirken von Polizei und „Sicherheitsdiensten“; „Deutschlands Chancen nutzen. Wachstum. Arbeit. Sicherheit.“, „5.2 Konsequenter Kampf gegen Terror, Kriminalität und Vandalismus“, S. 31f.)

Dagegen hilft nur konsequentes gutmenschliches Weicheiertum: Abzug der Truppen, Heilung der Kriegschäden durch die Verursacher, Abrüstung des mehrfachen overkills, Entmilitarisierung von Gesellschaften und internationalen Beziehungen, zivile Konfliktlösung bzw. -prävention, Umwandlung der Rüstungsindustrie in zivile Produktion, Schuldenerlaß für die skandalös armen Länder usw. usw.

Wie gesagt: Das entzöge auch dem gewalttätigen Aktionismus den Boden. Auf jedem Terrain.

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Internationale Kooperation
statt nationalistischer Konkurrenz
Wider den Geschichtsrevisionismus – für sozialen Fortschritt – gegen Nazismus

„Präsident Truman, Generalissimus Stalin und Premierminister Attlee verlassen diese Konferenz, welche das Band zwischen den drei Regierungen fester geknüpft und den Rahmen ihrer Zusammenarbeit und Verständigung erweitert hat, mit der verstärkten Überzeugung, daß ihre Regierungen und Völker, zusammen mit anderen Vereinten Nationen, die Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens sichern werden.
[...]
Der deutsche Militarismus und Nazismus werden ausgerottet, und die Alliierten treffen nach gegenseitiger Vereinbarung in der Gegenwart und in der Zukunft auch andere Maßnahmen, die notwendig sind, damit Deutschland niemals mehr seine Nachbarn oder die Erhaltung des Friedens in der ganzen Welt bedrohen kann.
Es ist nicht die Absicht der Alliierten, das deutsche Volk zu vernichten oder zu versklaven. Die Alliierten wollen dem deutschen Volk die Möglichkeit geben, sich darauf vorzubereiten, sein Leben auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage von neuem wiederaufzubauen. Wenn die eigene Anstrengungen des deutschen Volkes unablässig auf die Erreichung dieses Zieles gerichtet sein werden, wird es ihm möglich sein, zu gegebener Zeit seinen Platz unter den freien und friedlichen Völkern der Welt einzunehmen.“

Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin („Potsdamer Abkommen“) vom 2. August 1945

Am 30. Juli wollen die Neonazis in Hamburg marschieren, um demagogisch die Bombardierung Hamburgs im Zweiten Weltkrieg als „Bombenterror“ zu skandalisieren und so die Schuld an den Verheerungen des von den deutschen Faschisten entfachten Krieges den Verbündeten der Anti-Hitler-Koalition zuzuschieben.

Die deutschen Machteliten hatten den Hitlerfaschisten am 30. Januar 1933 die Macht übertragen, um so die Aufrechterhaltung des Kapitalismus durch Terror und Zuspitzung der Konkurrenz zum rassistischen Sozialdarwinismus zu sichern. Insbesondere lag die Rüstungs- und Kriegspolitik der Nazis im Expansionsinteresse des Großkapitals. So wurde mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 der brutalste Krieg der menschlichen Geschichte entfesselt, begleitet von rassistisch motiviertem industriellen Massenmord.

Die bürgerlich-demokratischen Großmächte und die Sowjetunion fanden sich schließlich in der Anti-Hitler-Koalition zusammen. Zur Abwehr und Niederringung der faschistischen Aggression, die gegen die zivilisierte Menschheit in toto gerichtet war, entwickelten sie eine tiefgreifende Kooperation trotz der Systemgegensätze. Am 8. Mai 1945 wurde schließlich durch den Sieg der Koalition Europa vom Hitlerfaschismus befreit. Die gemeinsamen Erklärungen der Alliierten, insbesondere der Konferenzen in Jalta und Potsdam, waren auch positioneller Ausdruck dieser entwickelten Kooperation.

Die Potsdamer Konferenz vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 erarbeitete und beschloß die Regelung der Nachkriegsordnung Europas. Für die Zukunft Deutschlands orientierte man sich in Potsdam an den vier „großen Ds“: Denazifizierung, Demilitarisierung, Demokratisierung und Dezentralisierung. Insbesondere wurde für die Wirtschaftsordnung vereinbart, daß die Monopole zerschlagen würden und Deutschland nie wieder in der Lage sein solle, für einen Krieg zu rüsten.

Doch im Westen wurde die kapitalistische Wirtschaftsordnung im Grunde wieder restauriert.

Insbesondere nach dem Zerfall der sozialistischen Staaten (auch als soziales Korrektiv des Kapitalismus) sollen nun die Ausgebeuteten das Ende der Geschichte als ihr Schicksal anerkennen. Damit die Mehrheit der Menschen nicht solidarisch kooperativ ihre Geschicke in die eigenen Hände nimmt, soll die vermeintliche Natürlichkeit der Konkurrenz aller gegen aller als Treibstoff der Ausbeutung allumfassend akzeptiert werden. Von herrschender Seite wird hierzu die neoliberale Ideologie der totalen Unterwerfung unter den Markt propagiert.

Die Neonazis vertreten die allumfassende Konkurrenz in ihrer brutalen Variante der rassistischen und nationalistischen Demagogie. Durch ihre Hetze gegen die Alliierten unterstützen sie die Angriffe von herrschender Seite auf die Schlußfolgerungen von 1945. Die Bundeswehr soll sich an Kriegen in aller Welt beteiligen und die dem faschistischen Sozialdarwinismus entgegengesetzten sozialen Errungenschaften sollen beseitigt werden.

Dagegen ist deshalb entschiedene Kooperation zu entwickeln. Diese solidarische Handlungsweise der Beherrschten zur eigenen und allgemeinen Emanzipation der Menschen ist ihre Waffe gegen die Konkurrenz im Interesse der Herrschenden. Hierdurch sind Frieden, vernünftige Arbeit, aufklärerische Bildung, humane Gesundheitseinrichtungen, emanzipatorische Kultur, kultivierende soziale Sicherungssysteme – und schließlich die Überschreitung der Ausbeutungsverhältnisse – zu erreichen.

Demo: Kein Nazi-Aufmarsch in Hamburg

Auftaktkundgebung: Samstag, 30. Juli, 11.00 Uhr, Hachmannplatz

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Mühevoll wachsende Einsichten
oder
Gewalt ist nicht durch die Verstärkung der Ursachen der Gewalt zu bekämpfen

„Denn solange die Menschheit mit aller Gewalt, durch Kapitalismus und Familienglück hindurch, über Eingespunnte und Fliehende hinweg, mit Stacheldraht und Gefangenentransport der imaginären Vorstellung zur Realität verhelfen will, als gäbe es noch Schlagbäume, souveräne Staaten, alte Burgen des Mittelalters, die so tun könnten, als seien sie allein auf der Welt, die nach innen eine Wirtschaftsform nur mit Hilfe von schnappenden Wachhunden aufrechterhalten können, deren gute Laune durch Straflosigkeit legitimer Roheitsdelikte wachgehalten und deren Dienst mit wenig Geld und viel Überschätzung bezahlt wird – solange die Staaten so tun, als stehe nach außen immer noch ein Volk geschlossen hinter ihnen, während jedes doch ökonomisch längst zerfallen ist, aufgeteilt in Nehmende und Gebende, mühelos Arbeitende und mühevoll Arbeitende: so lange haben sie diese Polizei.“

Kurt Tucholsky, „Polizei“, 1924.

Starke Worte von leitenden Politikern, hektische Krisensitzungen, verschärfte Gesetze, erhöhte polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen sowie das Beharren auf der Politik der starken Hand konnten nicht verhindern, daß die nihilistischen Gewalttaten fortgesetzt werden.

Das im Internet von den sogenannten Assam-Brigaden veröffentlichte Bekennerschreiben zu den Anschlägen im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich spricht davon, die Gewalttaten hätten sich gegen „Kreuzzügler, Zionisten und das abtrünnige ägyptische Regime“ gewandt. Hier wurde die ägyptische Regierung attackiert, die zu den relevantesten Verbündeten der USA in der Region gehört. Damit wird sich mit unerträglichen Mitteln gegen eine Globalpolitik gewandt, die unerträgliche Bedingungen schafft.

Die terroristischen Handlungen sind offenkundig ein ungebrochenes internationales Phänomen und Problem. Auch wenn die destruktiven Akteure sich mehrheitlich auf die ideologische Linie des Agierens von Osama Bin Laden stützen, ist aber eine engere organisatorische oder politische Koordinierung zwischen den Gruppen nicht erkennbar.

Der Nahostkonflikt, der Irak-Krieg, die Okkupation Afghanistans, die Mißhandlung von Gefangenen in Abu Ghraib (Irak) und Guantánamo (Folterlager der USA auf Cuba) sind allerdings der Grund, auf dem der Terror gedeiht, der aus zynischem Kalkül – einschließlich der Selbstvernichtung – auch und gerade Unschuldige trifft. Viele Experten und Kommentatoren sind mittlerweile dieser klaren Auffassung.

Selbst die FAZ, ein Blatt zur vehementen Verteidigung der rauhen kapitalistischen Ordnung, gibt mittlerweile zu, daß der Irak-Krieg eher zur Vermehrung des Terrors geführt habe, „der Westen“ nach dem 11. September 2001 (und vorher?) im Kampf gegen den Terror Fehler gemacht habe und daß es mit dem Ansehen des Imperiums USA in der Welt nicht zum Besten bestellt sei. (Am 12. September 2001 ff. haben ähnliche und schärfere Erkenntnisse noch einen heulenden Sturm der Empörung hervorgerufen.)

Richtig ist wohl, daß Eroberungskrieg, skrupellose Rüstungsgeschäfte, steiles internationales Entwicklungsgefälle, globale Machtpolitik und heuchlerische Worte kriegsführender Regierungschefs wenig zum allgemeinen Wohlbefinden auf der (ganzen) Welt beitragen und sogar unablässig wirre Ideen und brutale Taten befördern.

Eine waffenbleckende Überwachungsgesellschaft wäre darauf die genau falsche Antwort.

Strukturelle Entwaffnung, sozialer und kultureller Fortschritt, echte demokratische Partizipation, die Überwindung von Entwürdigungen und Erniedrigungen aller Art ist die einzig richtige Antwort, auch wenn's ein bißchen damit dauert.

Nur Frieden schafft Frieden.

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Dienen
oder
Preußen global

„Ich traute nicht diesem Preußen, diesem langen, frömmelnden Kamaschenheld mit dem weiten Magen und mit dem großen Maule und mit dem Korporalstock, den er erst in Weihwasser taucht, ehe er damit zuschlägt. Mir mißfiel dieses philosophisch christliche Soldatentum, dieses Gemengsel von Weißbier, Lüge und Sand. Widerwärtig, tief widerwärtig war mir dieses Preußen, dieses steife, heuchlerische, scheinheilige Preußen, dieser Tartüff (Komödie von Molière) unter den Staaten.“

Heinrich Heine, „Französische Zustände/Vorrede“, Paris 1832.

 

FAZ: „Frau Merkel, Sie haben schon vor Wochen den Wahlkampf mit einer überraschend opernhaften Erklärung eröffnet. Sie sagten, daß Sie Deutschland ›dienen‹ wollen. Richard Wagner hat diese Vokabel an zentraler Stelle benutzt. Und zwar im Wortsinne einer bedingungslosen Kapitulation. Kundry singt im dritten Akt keinen einzigen Ton mehr, sie spricht nur zwei Worte aus: ›Dienen...dienen!‹ Danach wird sie quasi ausgelöscht. Wie kamen Sie ausgerechnet auf diesen Begriff? Warum ist das Wort ›dienen‹ heutzutage eine Provokation?“

Merkel: „Ich habe nicht an Wagner und den dritten Akt ›Parsifal‹ gedacht, sondern eher an die preußischen Traditionen und an Friedrich den Großen.“

Angela Merkel (CDU) im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, 25.7.'05, S. 33.

Paul Klee: Ein Mann versinkt vor der Krone (1904)

Frau Merkel hat ein Faible für den preußischen Obrigkeitsstaat und Richard Wagner – eine pikante Mischung. Strenger Befehl und Gehorsam und opulente Romantik eben. Daraus lassen sich ganze Staaten gefährlich zimmern.

Das kulturelle Leitbild für die Individuen, von der CDU-Vorsitzenden selbst beherzigt, lautet so: „Um Höchstleistungen akzeptieren zu können, muß ich mich selbst einer Herausforderung gestellt haben, bei der ich meine Grenzen erreiche.“ (FAZ, ebenda)

Oder so: „Der Mechanismus der Wiederholung und des Sich-beschränken-Könnens kommt (in der Erziehung der Kinder) zu kurz.“ (a.a.O.)

Hier sind also Anstrengung für die Norm, Bescheidenheit und Anerkenntnis einer Elite gefragt. Die Grenze von 5 Millionen Erwerbslosen ist zum Beispiel Herr Ackermann. Wozu das Ganze? Nun, Frau Merkel hat festgestellt, daß wir in einer Globalisierung leben. Was soll man da machen? Da müssen wir uns alle ganz mächtig anstrengen: „Deutschland kann viel mehr schaffen, wenn wir jetzt eine gemeinsame Kraftanstrengung wagen.“ („SPIEGEL-Interview“, 30/2005)

Hier spürt man ganz unweigerlich den „Ruck“ von Herzog, Köhler & Co.

Dann kommen „Sparen“, „Wachstum“ und „Terrorismusbekämpfung“.

Die gesamte soziale Realität ist, rein preußisch betrachtet, der übliche Nationalbrei: „Aber der inhaltliche Zusammenhang von Arbeit und Wirtschaft liegt natürlich auf der Hand. Wer da unterschiedliche Interessen konstruiert, hat von sozialer Marktwirtschaft nichts verstanden.“ („SPIEGEL“, ebenda)

Wer den Kapitalismus, also Ungleichheit und Krieg, für „natürlich“ hält, hat vom Menschen und seiner Geschichte recht herzlich wenig verstanden. Ehrlich.

In diesen Zusammenhang lassen sich auch die von der CDU geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer und der gewollte Einsatz der Bundeswehr im Inneren einordnen.

Auch mit einem neuen Outfit ist der Konservativismus der alte geblieben. Er ist rundum abzulehnen.

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Hiroshima und Nagasaki – auch hier gilt:
Nie wieder!

„Wir werden weltweit weiterhin eine Führungsrolle einnehmen und unsere Feinde ihrer gerechten Strafe zuführen.“ (...) „Die Geschichte hat gezeigt, dass Demokratien friedliche Länder sind.“ (...) „Wir verteidigen unser Land im Ausland.“

George W. Bush, Rede im Seehafen Dundalk in Baltimore am 20.7.'05.

 

„Welcher Idiot hat eigentlich das Angebot der Russen vor 15 Jahren abgelehnt, als sie alle Atomwaffen abschaffen wollten? Haben eigentlich alle vergessen, daß wir einseitig abrüsten wollten, als sich die alte Sowjetunion aufgelöst hatte? Damals, im Jahr 1986, bei dem Gipfeltreffen in Island (und noch vor dem Auseinanderbrechen der UdSSR) legte Michail Gorbatschow das Ziel einer ›endgültigen Abschaffung der Atomwaffen bis zum Jahr 2000‹ auf den Tisch. (Er wurde mit Reagan nicht handelseinig, weil dieser sich weigerte, die Entwicklung von – ratet mal was – ›Star Wars‹ aufzugeben.)“

Michael Moore, „Stupid White Men/Eine Abrechnung mit dem Amerika unter George W. Bush“, 2001, S. 206f

Die Erde – die menschliche Zivilisation – ließe sich 49fach durch Atomwaffen vernichten. Overkill. Milliardenschwer.

Vor 60 Jahren, am 6. und am 9. August 1945, nach der Kapitulation des Hitler-Faschismus und der Beendigung des Weltkrieges in Europa, zerstörten US-Militärs durch den erstmaligen skrupellosen Abwurf zweier Atombomben vollständig die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki.

Über 200.000 Menschen wurden auf der Stelle getötet oder starben kurze Zeit danach. Noch heute sterben jährlich tausende Menschen an den genetischen Spätfolgen der tödlichen Strahlung (z.B. infolge von Leukämie oder Nervenleiden).

Die brutale Eröffnung des militärisch-nuklearen Zeitalters war auf diese Weise getan. Die Existenz der Menschheit ist damit fragil geworden.

Die offizielle Erklärung, der Einsatz dieser verwüstenden Waffen sei deshalb geschehen, um die japanische Regierung und ihre Militärs zu einer früheren Kapitulation zu zwingen und so Menschenopfer zu vermeiden, erscheint – undramatisch gesagt – wenig plausibel.

Die japanische Flotte war zerschlagen; bei einem Angriff auf Tokio waren schon 100.000 Menschen gestorben; die japanische Luftabwehr war bereits zerrieben; die Rüstungsindustrie lag am Boden; Lebensmittelknappheit und Seuchen setzten der Bevölkerung schwer zu.

Trotzdem gab der US-amerikanische Präsident Truman am Rande der Potsdamer Konferenz (17. Juli - 2. August 1945), auf der die Alliierten (USA, UDSSR, Großbritannien) die Nachkriegsordnung vereinbarten, am 31. Juli 1945 die Order, daß der Einsatz der Megawaffe erfolgen solle, wenn dieses möglich sei.

Damit war der Beginn des „Kalten Krieges“, die militarisierte Systemkonkurrenz, das atomare Wettrüsten zwischen hauptsächlich den USA und der UDSSR gesetzt.

Auch nach dem Wegfall dieser großen internationalen Kontroverse ist ein Großteil der destruktiven atomaren Waffenarsenale nach wie vor existent.

Deshalb ist dringend notwendig, dem methodischen Wahnsinn ein Ende zu setzen, indem die Menschheit mit einer nachdrücklichen unumkehrbaren Abrüstung zuallererst in dem Bereich der Atomwaffen beginnt. Die Offerten und Pläne von 1986 sind dringlich wieder aufzugreifen.

Aus der Geschichte läßt sich lernen. Negativ wie positiv. Vermeidend wie human gestaltend.

Kundgebung:

Hiroshima und Nagasaki mahnen!
Atomwaffen abschaffen! Bei uns anfangen!

Freitag, 5. August 2005, 18 Uhr
Antikriegsmahnmal von Alfred Hrdlicka
Dammtordamm, U-Bahnhof Stephansplatz

HHer Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung

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Der Stoiber Edmund in Hamburg

„‚35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich, weniger arbeiten, Mehr Gehalt‘ hießen die linken Parolen. Das hat Deutschland ins Abseits geführt. Wir brauchen wieder mehr Leistungsbereitschaft, wieder mehr Fleiß und Disziplin, wenn wir im globalen Wettbewerb erfolgreich sein wollen. [...] Wir müssen uns wieder mehr anstrengen.“

Edmund Stoiber, zum Wahlkampfauftakt der CSU am 30. Juli 05 in München.

 

„-7-
Während wir mit Stimmzetteln liefen,
sperrten sie die Fabriken zu.
Wenn wir vor Stempelstellen schliefen,
hatten sie vor uns Ruh.
Wir hörten Sprüche wie diese:
Immer ruhig! Wartet doch nur!
Nach einer größeren Krise
kommt eine größere Konjunktur!

Und ich sagte meinen Kollegen:
So spricht der Klassenfeind!
Wenn der von guter Zeit spricht,
ist seine Zeit gemeint.
Der Regen kann nicht nach aufwärts,
weil er's plötzlich gut mit uns meint.
Was er kann, das ist: er kann aufhör'n,
nämlich dann, wenn die Sonne scheint.“

Bertolt Brecht, Das Lied vom Klassenfeind, 1933.

Hamburg im Regen?

Der ehemalige Kanzlerkandidat und Strauß-Ziehsohn Stoiber wettert nun als Sekundant für die neugestylte Merkel gegen die „Ideologie der linken 68er“ und deren sogenannte Diskreditierung von Werten, die „Deutschland in den 50er und 60er Jahren stark gemacht haben“. Nun soll ein neues „Wirtschaftwunder“ herbeigeredet und die Frechheiten von Chancengleichheit und Solidarität bei dieser Gelegenheit endlich ausgetrieben werden. Statt dessen: Heimat, Patriotismus, Nation. Jawoll! und Stillgestanden!

Im modernen neoliberalen Gewand kommt die Steigerung der Konkurrenz daher: „Eigeninitiative“; „unternehmerische Freiheit“ und „Chancengerechtigkeit“ sollen Geschenke an die Arbeitgeber (Lohnsenkung), ein Bildungssystem für „Leistungseliten“ und eine höhere Mehrwertssteuer durch Beschönigung akzeptabel machen. Eine erneute Einschränkung des Asylrechts, die erweiterte Militarisierung der Außenpolitik und den Einsatz der Bundeswehr im Inneren gibt's zusätzlich obendrauf.

Die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen sollen durch die Erhöhung des allumfassenden Konkurrenzdrucks weiter verroht werden – die Liga der Industrie- und Wirtschaftsverbände, Manager und Unternehmer spendet ihr Wohlwollen.

Die gesteigerte Dekadenz eines gescheiterten gesellschaftlichen Systems (nichts anderes ist der entfesselte Kapitalismus) kleidet sich im mottigen Gewand der Rechten und steht der Notwendigkeit der Realisierung von Aufklärung, Demokratie, sozialer Gleichheit in Bildung, Kultur und Gesundheit, von Frieden und sozialem Fortschritt entgegen.

Dies kann ohne Einschüchterung erkannt und solidarisch erkämpft werden. Zum vernünftigen oppositionellen Handeln gibt es keine akzeptable Alternative.

Heißen wir Stoiber un-willkommen!

„Eine Aussage oder Darstellung ist dann eine Wahrheit, wenn sie eine Voraussage gestattet
Bei dieser Voraussage muß aber der Aussagende als Handelnder auftreten. Er muß auftreten als einer, der für das Zustandekommen des Vorausgesagten nötig ist.“

Bertolt Brecht, Über Wahrheit.

Anti-Stoiber-Kundgebung

Gegen rechte Demagogie!
Für Frieden, Gleichheit und Solidarität!

Dienstag, den 9. August 2005 ab 18 Uhr
Spitaler Straße / Lilienstraße (vor dem Tabakgeschäft)

Die CDU-Wahlkundgebung mit Edmund Stoiber beginnt um 19 Uhr vor der Petri-Kirche.

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Kniebeugung, rutschend.
Das Kulturkonzept der CDU

„Wir wollen ein Deutschland, in dem die Menschen füreinander einstehen und jeder sich darauf verlassen kann, dass eine starke Gemeinschaft Schutz und Sicherheit vor großen Lebensrisiken und vor inneren und äußeren Gefahren bietet. Wir wollen, dass die Menschen wieder stolz auf ihr Vaterland sein können.“

„Deutschlands Chancen nutzen. Wachstum. Arbeit. Sicherheit.“ „Regierungsprogramm 2005-2009“ der CDU/CSU, „A. Richtungsentscheidung für Deutschland“, S. 8.

 

„Es ist die Aufgabe der Erziehung in Familie und Schule, jungen Menschen eine klare Wertorientierung zu vermitteln. Die Schule muss einen Beitrag dazu leisten, dass die Schülerinnen und Schüler auf die Frage nach Gott und nach verbindlichen ethischen Maßstäben Antworten finden können.“

A.a.O., „2. Zukunft für Familien – Bildung und Erziehung“, S. 24.

 

„schlankheitskur

ich hab nichts zu essen bekommen!
ja warum nicht?
ich hab mir vorgenommen
nichts mehr zu essen
und es laut gesagt.
da hat mich keiner mehr
nach meinem hunger gefragt.“

Ernst Jandl, „Letzte Gedichte“, Sammlung Luchterhand 2001, S. 52.

Die spezieller explizierte Programmatik der CDUCSU zur Kultur besteht darin, daß „Deutschland“ eine „Kulturnation“ sei, Künste, Schulen und Hochschulen Ländersache seien und daß die Rahmenbedingungen für die „deutsche Filmwirtschaft“ zu verbessern seien. Ansonsten schaffe der Staat sowieso die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur. Das ist alles. (Achtung: die rechterseits gewollte bundesweite Einführung von Studiengebühren soll über die konservative Koordinierung der Länder realisiert werden!)

Die eigentliche Kulturkonzeption geht nun so: An erster Stelle steht jenes höhere Wesen, welches zu verehren sei – Gott; an zweiter Stelle ist der große mythische Organismus aufgebaut, dem alle zu dienen haben – „Vaterland“; an dritter Stelle rangiert die biedere „Keimzelle“, in der alle folgsamen Kinder mit sauberen Fingern am Tisch zu erscheinen haben – die Familie; die Schule führt wieder zu Gott und Vaterland – so schließt sich dieser Zauberkreis; die Hochschulen seien Standortfaktoren, die Lehr- und Lernsubjekte Zuchtmeister bzw. „Humankapital“; ansonsten wird gebaut auf „Nächstenliebe“, „Nachbarschaftshilfe“, die Bundeswehr nach außen und innen, die engere Koordinierung von Polizei und Geheimdiensten sowie Kunst und Kultur – für die Aufklärung folgenlos – zum Zwecke schwiemeliger Mußestunden. Das seien die entsprechenden Rahmenbedingungen des Staates, damit „die“ Wirtschaft brumme. Das schaffe Arbeit. Daß die Arbeit gesellschaftlich nützlich sein soll, Mitbestimmung verlangt und einen ausreichenden Lohn braucht, ist eine Theorie, die als verbrecherisch gilt und inzwischen fallengelassen worden ist. Freiheit ist einerseits Renditesteigerung, andererseits den eigenen Leib verkaufen, die Wahl einer Brotsorte, eines Ehepartners/Ehepartnerin, die Wahl einer Partei. Auch verbindlich sei, daß die Kälber ihre Schlächter selber wählen sollen.

Kultur ist demnach numerische Wirtschaftsbilanz, GottFamilieVaterland, Wagnerschwulst für Oben und Musikantenstadl für Unten, Bescheidenheit und Biedersinn als erste Bevölkerungstugenden, der durch private Erholung gedämpfte Kampf aller gegen alle sowie eine Kanzlerin, die stets ein Päckchen Kreide bei sich hat, um dauerhaft die Stimme sanfter als wirklich klingen zu lassen.

Das ist alles durchschaubar.

Also: Hunger sollte in keinem Fall geleugnet werden. Und: Die angstfreie Sättigung befördert die Moral.

Hinkelstein

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Emotionen
oder
Der dunkel gefeuerte Dampf aus Bayern

„Ja, seid ihr denn verrückt geworden? Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.“

Edmund Stoiber in einer Rede am 5. August im niederbayerischen Deggendorf über die (potentiellen) Wähler von Oskar Lafontaine(und anderen!).

 

„Dieser Wahlkampf sollte jedoch die Chance bieten, mit der Bevölkerung über die wahre Lage des Landes zu reden und jene Wohlstandsillusion abzubauen, die uns den Blick auf die Wirklichkeit verstellt.“

Kurt Biedenkopf (CDU) im „SPIEGEL-Interview“, Nr. 33/2005.

 

„Sozialstaat und Demokratie gehören zusammen, sie bilden eine Einheit. Wer den Sozialstaat beerdigen will, der muß also ein Doppelgrab bestellen.“

Heribert Prantl, „Kein schöner Land/Die Zerstörung der sozialen Gerechtigkeit“, 2005, S. 32.

Wer möchte schon gerne zur Schlachtbank?

Kinder und Betrunkene, so heißt es sprichwörtlich, sagen die Wahrheit. Edmund Stoiber ist die dritte Kategorie schwach gehemmter Menschen, die – allerdings demagogisch – offen redet. Der sicher geglaubte Wahlsieg von Schwarz-Gelb wird zunehmend unsicher. Da muß denn wohl energisch auf die Pauke gehauen werden, zumal eine tradierte Konkurrenz im bürgerlichen Lager zwischen CSU und FDP (nicht zuletzt um Pfründe) besteht.

Die soziale Wirklichkeit, um die herumgetrommelt wird, ist allerorten bekannt: bei generell steigenden Gewinnen, Aktienkursen und Managergehältern (was viele leitende Wirtschaftsfunktionäre nicht hindert, in Grauzonen zusätzlich bequem zu raffen) und erhöhter Produktivität in der Industrie werden Sozialleistungen beschnitten, Mitarbeiter entlassen und weiterhin Verzicht gepredigt (siehe Biedenkopf). CDUCSU, auch FDP, wollen es damit noch schlimmer treiben und treiben lassen als die gegenwärtige Bundesregierung.

Das böse ungläubige Volk, das greint, der große Lümmel, will deshalb immer weniger die rechte Seite des Parteienspektrums wählen.

Deshalb wird die linke Wählerschaft bzw. die Bevölkerung des Ostens der Republik beschimpft, weil dort die Ansprüche an Frieden, soziale Gerechtigkeit, Antifaschismus und soziale Demokratie ausgeprägter sind als im Durchschnitt der gesamten Bevölkerung der BRD. Das könnte um sich greifen. Aus diesen Gründen sollen linke Regungen durch Gepöbel verunsichert und die rechte Klientel mobilisiert werden. (Ein bißchen ist das auch schrillbayerisches Pfeifen im Walde.) Vornehmer heißt dies bei Kurt Biedenkopf „Wohlstandsillusion“.

Eigentlich ist, wie fast immer, das Gegenteil, d.h. die berechtigten Ansprüche nach der Verbesserung der gesellschaftlichen Lebensbedingungen richtig. Denn geschürt werden soll aktuell wie klassischerweise von rechter Seite die Notstandsillusion (siehe auch Bundespräsident Köhler), gemäß der alle den Gürtel enger schnallen, in die Hände spucken und dem Aberglauben an die betriebswirtschaftliche Doktrin anhängen sollen, nach der die Mehrung des privaten Reichtums Wohlstand für alle bedeute – Millionen von Erwerbslosen und der Verwahrlosung der öffentlichen Institutionen zum Trotz. (Mit dieser Doktrin werden auch Studiengebühren zu installieren versucht.)

Dagegen ist Links-Sein richtig, das Greinen, das Lachen, die Aufklärung und das Soziale als wichtiges Moment der gesellschaftlichen Partizipation. Vor, während und nach der Wahl. In der kritischen Einheit von Herz und Verstand.

Hinkelstein

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Iran
und:
Die Lehren aus der Geschichte

„Dabei steht vor allem die Staatskunst des Westens auf dem Prüfstand, ein weltweites System zu formen, das seinen Bedürfnissen gerecht wird.“

Henry A. Kissinger, „Lehren aus Vietnam“/„Im Irak steht heute mehr auf dem Spiel als seinerzeit im verlustreichen Krieg entgegen Hanoi. Die einzig sinnvolle Rückzugsstrategie für die USA ist ein vollständiger Sieg über die Aufständischen“, „Financial Times Deutschland“, 18.8.'05. Kissinger war Präsidentenberater und Außenminister der USA.

 

„Es scheint, dass die USA keine Lehren aus der Vergangenheit gezogen haben. Die großflächige Entlaubung des Dschungels von Vietnam geschah mit Hilfe des Giftes Agent Orange. Und zwar in der Hoffnung, so die gefürchtete nordvietnamesische Armee auszulöschen, weil sie dann bei Angriffen verwundbarer würde. Ein Versuch, der zwar fehlgeschlagen ist, aber tiefe Narben, die bis heute nicht ausgeheilt sind, hinterlassen hat. Oder Kuba. Die Pläne, Fidel Castro zu stürzen, haben sich ebenso nicht erfüllt.“

Peter Ustinov, „Die Guten und die Bösen“, 15.5.'99.

Die Unbedingtheit des – militärischen – Sieges als politische Doktrin ist ein weltweites Problem.

Was, neben anderen „Bösen“, für den Irak galt und gilt, gilt ähnlich auch für den Iran: Laut streng konservativen Bush-Phantasien und -Globalpropaganda gehört das Land Iran zu den „Schurkenstaaten“ oder der „Achse des Bösen“. Diese Länder sind Zielpunkte der enthemmten militärischen Außenpolitik der gegenwärtigen US-Administration.

Der Iran gehört neben Saudi-Arabien und Rußland zu den größten Erdölförderern mit enormen Vorkommen dieses Rohstoffes. Die USA sind nicht nur die größte Wirtschafts- und Militärmacht der Erde, sondern sie haben auch den größten Erdölverbrauch aller Staaten. Daran hängen nicht nur die Erdöl-, Automobil- und Rüstungskonzerne, sondern auch der Vizepräsident Dick Cheney, der Chef der Ausrüstungsfirma für Erdölförderung, Halliburton, war. Diese Firma macht millionenschwere Geschäfte im Irak.

In diesem Zusammenhang ist Henry Kissinger am besten zu verstehen, wenn er von den „Bedürfnissen“ des Westens schreibt.

Mr. Bush droht dem Iran, der seine Atomfabrik in Isfahan wiedereröffnet hat, mit dem Äußersten eines Militärschlages – die Pläne dafür liegen schon in der Schublade –, weil mit dem dort angereicherten Uran nicht nur Brennstäbe für Atomkraftwerke, sondern auch Atomwaffen hergestellt werden können.

Bislang hat die Regierung in Teheran mit der Wiederaufnahme der Uranumwandlung nicht gegen internationales Recht verstoßen. (Von der Sinnhaftigkeit der allgemein gefährlichen, teuren, ineffizienten Energieherstellung durch Atomkraftwerke soll hier nicht die Rede sein.) Iran, Mitglied des Atomwaffensperrvertrages, ist verpflichtet, die Anlage durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) kontrollieren zu lassen. Die UNO-Behörde hat seit Ende 2003 in den entsprechenden Anlagen Überwachungskameras installiert. Die Verwendung des strahlenden Stoffes zur Waffenherstellung würde wahrscheinlich bemerkt und kontrolliert werden. Außerdem führen Drohungen zur unproduktiven Eskalation der politischen Auseinandersetzung. Let it be, Mr. Bush.

Vernünftige Menschen müssen keine Anhänger der Atomenergie oder konservativ-religiöser Regierungen sein, um militärischen Interventionismus zu allzu durchsichtigen (Weltmacht-) Zwecken strikt abzulehnen. Frieden, Demokratie, sozialer Fortschritt, vernünftige Energiepolitik und geistige Produktivität haben (optional) positive internationale wie unteilbare Geltung.

Hinkelstein

Uni-Kneipe: gegründet 1968

Bundesstraße 6

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Frieden bleibt das oberste politische Gebot

„Der Status einer Hypermacht und das aggressive Verhalten eines Top-Dogs. Unter der Oberfläche aber ein nagendes Gefühl der Angst, die eigene weltweite Überlegenheit könnte weit weniger gesichert sein, als einem lieb ist.“

Timothy Garton Ash, „Müder Titan/Die Vereinigten Staaten wanken“, „Süddeutsche Zeitung“, 30.8.'05, S. 11. Der Autor ist Dozent für Zeitgeschichte in Stanford und Oxford.

Wankt der Titan?

Laut Umfragen ist eine Mehrheit der US-amerikanischen Bevölkerung der Auffassung, daß der Krieg gegen den Irak ein Fehler gewesen sei und daß die USA durch diesen Krieg weniger sicher vor Terroranschlägen seien. Auch halten weniger als die Hälfte der repräsentativ Befragten den Präsidenten für „ehrlich“.

Die „Peace Mom“ Cindy Sheehan, die in der Nähe der Ferienresidenz des Kriegspräsidenten campiert, hat breite öffentliche Resonanz gefunden und für einen leichten Neu-Aufschwung der US-amerikanischen Friedensbewegung gewirkt.

All das scheint Mr. Bush nicht zu beirren. Trotz Krisis und alledem macht er in auffällig kleinkarierten Hemden Urlaub auf seiner Ranch, hält patriotische Durchhaltereden und zeigt den Kameras seine „War Mom“ Tammy Pruett, deren vier Söhne und eine Tochter Dienst für das Vaterland im Irak tun oder tun wollen.

Die Demokraten, die nicht als „Weicheier“ oder „vaterlandslose Gesellen“ gelten wollen, halten sich bislang in diesem Konflikt scheu zurück.

Dabei hätten sie mehr als offenkundige Gründe genug, den Irak-Feldzug und die damit verbundene Präventivschlagstrategie für gescheitert zu erklären, um daraus auch politischen Gewinn zu ziehen. (In dieser Beziehung sind sie wahrscheinlich wirklich zu soft oder zu bürgerlich oder beides.)

Das muß die Friedensbewegung hingegen nicht entmutigen.

Der Irak ist nicht auf dem Wege der Demokratie. Die USA üben dort eine Militärdiktatur aus, welche kaum zu friedlichen, demokratischen, sozial gerechten und humanen Lebensbedingungen führen kann. Die Kosten der kriegerischen Besatzung des Irak sind enorm, die Zahl der im Irak gestorbenen US-Soldaten wird mit offiziell 1875 Personen beziffert. Das ist eine internationale Angelegenheit: Krieg oder Frieden und zivile Entwicklung, weltweit. Deshalb bleibt die Forderung nach dem sofortigen Abzug aller Besatzungstruppen nach wie vor richtig und notwendig. Angemessen und hilfreich sind ebenso die Beseitigung der Kriegsschäden durch die Okkupanten, der Wiederaufbau der Infrastruktur, die verfassungsrechtliche und politisch praktische Sicherung des Eigentums der Ölquellen für die gesamte irakische Bevölkerung, die Rückgabe der geraubten Kulturschätze usw.

Eigentlich ist, wie gesagt, die Präventivschlagstrategie der gegenwärtigen US-Administration gescheitert. Frieden ist das Gegenteil von Krieg – und ein bißchen mehr...

„Alles kann folglich nicht auf einmal geschehen. Doch was man nicht wachsen sieht, findet man nach einiger Zeit gewachsen. Der Langsamste, der sein Ziel nur nicht aus den Augen verlieret, geht noch immer geschwinder, als der ohne Ziel herumirret.“

Gotthold Ephraim Lessing, „Ankündigung“ zur „Hamburgischen Dramaturgie“; Hamburg, den 22. April 1767.

Geduldig ernährt sich das Eichhörnchen.

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Was ist eine „Sinnstudie“?
Lesung und Gespräch mit Hermann Kant („Kino“).

„An einem unwirtlichen Oktobertag legte ich die Wildlife-Matte meines Neffen in der Spitalerstraße aus, bestieg sie auf eine umsichtig eingeübte Weise, zog ihren großgliedrigen Reißverschluß, der von der zweifachen Aufschrift Sinnstudie – Nicht stören und nichts spenden! eingefaßt war, weitgehend zu, paßte meinen Kopf in die eingesteppte Polsterung der Kapuze und mußte nur noch entscheiden, ob es sich besser bei offenen oder geschlossenen Augen mache, ein Fels in der Brandung vor Daniel Wischers Fischbratküche zu sein.“

Hermann Kant, „Kino“, 2005.

Hermann Kant

Hermann Kant, geboren 1926 und aufgewachsen in Hamburg, wurde noch 1945 in den Krieg gezogen, wo er bis 1949 in sowjetische und polnische Kriegsgefangenschaft geriet. Hier machte er Erfahrungen, die er grundlegend antifaschistisch beantwortete.

1949 kehrte Hermann Kant nach Deutschland zurück, wurde Bürger der DDR und Mitglied der SED.

1962 debütierte er als Schriftsteller mit „Ein bißchen Südsee“, einem Band mit Erzählungen.

1987 bis 1989 war der Autor Präsident des Schriftstellerverbandes der DDR.

Seine Romane, Erzählungen und „Begebenheiten“ reflektieren stets – häufig ironisch und humorvoll – zeitgeschichtliche Ereignisse und Zusammenhänge, die eng verbunden sind mit Hermann Kants eigenem Erleben sowie den historischen Zeitläuften.

Im jüngsten Roman „Kino“ ist das Hamburg dieser Tage, aus dem Blickwinkel eines kleinen Ausschnittes in der Innenstadt, das Thema. Ein „betagter Herr“ läßt sich in eher ungewöhnlicher Weise auf dem Pflaster nieder und macht seine Beobachtungen bzw. Hörerlebnisse mit dem Wandel auf der Einkaufsmeile, der Heilsarmee sowie dem Bundesgrenzschutz und stellt Überlegungen an, die auch die Insolvenz von dem Höker „Brinkmann“ betreffen.

Wir möchten aus dem Roman von dem Autor selbst hören und mit ihm über das Thema der Zeitgenossenschaft diskutieren:

Was ist eine Sinnstudie?
Lesung und Gespräch mit Hermann Kant.

Do., 15. September, 18 Uhr,
Pädagogisches Institut, Von-Melle-Park 8,
Raum 05 (im Erdgeschoß).

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Im Fokus des Kapitalismus:
New Orleans und Bagdad

„Alle sind so überwältigt von der Gastfreundschaft. Und so viele Leute in der Sporthalle hier waren sowieso unterprivilegiert, also fügt sich das gut für sie.“

Barbara Bush (Mutter des amtierenden US-Präsidenten), die befürchtet, daß die aus New Orleans geflüchteten Flutopfer alle in Texas bleiben wollen.

 

„Keine Gesellschaft kann auf Dauer bestehen, wenn sie dem Reichtum einiger weniger Vorrang gegenüber der Armut der Mehrheit gibt.“

Peter Ustinov, „Der Markt frißt seine Kinder“, 1997.

Innen- wie Außenpolitik der USA liegen regierungsamtlich gegenwärtig auf einer Linie: Konvervativismus, Neoliberalismus, Militarismus. Das bedeutet Elend und Krieg. Nationalismus und Religiosität geben den Kitt dazu.

Von den ehemals 480.000 Einwohnern von New Orleans leben 27 Prozent unter der Armutsgrenze. 84 Prozent dieser Menschen sind schwarzer Hautfarbe. Die Gebiete der Armen sind am stärksten überflutet, weil sie am tiefsten in der Stadt liegen. Die Häuser waren nicht versichert. Die Bewohner dort besitzen meist kein Auto, was die rechtzeitige Flucht vor den Fluten verhindert hat.

Die Zahl der Toten wird mit 100.000 Menschen beziffert.

Die adäquate Sicherung der Dämme wurde vor der Katastrophe aus Kostengründen – die militärische Außenpolitik und die teure Bewachung im Inneren, „Homeland Security“, hatten Vorrang – sträflich vernachlässigt. Der Katastrophenschutz ist beeinträchtigt durch den Kriegseinsatz im Irak. Das Militärische tötet nicht nur die Wahrheit, sondern auch das Zivile und die Humanität im Alltag. Das soziale Elend in dem reichsten Land der Erde ist damit jäh und konzentriert deutlich geworden. Die politischen und sozialen Ursachen (harte rechte Administration plus Rüstungsindustrie, Ölkonzerne und Kriegsführung) liegen sehr deutlich auf der Hand. Zudem wird der internationale Klimaschutz von der US-Regierung in den Wind geschrieben.

„Am Tag 3 nach dem Hurrikan, als Sie schließlich Ihr Hauptquartier verließen, muss ich schon sagen, war ich beeindruckt, wie schnell der Pilot Ihrer Air-Force-One-Präsidentenmaschine über New Orleans durch die Wolken gestoßen ist, sodass Sie einen schnellen Blick auf die Katastrophe werfen konnten. Hey, ich weiß doch, dass Sie nicht anhalten und einfach ein Megafon schnappen und sich auf irgendwelche Trümmer stellen und wie ein Oberbefehlshaber handeln konnten.“

(Michael Moore, „Der Urlaub ist vorbei“, Offener Brief an George W. Bush.)

Die Friedensbewegung ist mitlerweile unterwegs in einem Sternmarsch auf Washington, um am 21. September (Beginn des Krieges gegen Afghanistan im Jahr 2001) gegen Krieg und für soziale Gerechtigkeit zu demonstrieren.

Darin ist die Alternative zu Katastrophen aller Art beinhaltet.

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Wie soll es weitergehen?
Die Vernunft der Opposition

„Die Kopfarbeiter müssen ihre logischen Fähigkeiten ständig ausbilden, um ihre Einzelgebiete bearbeiten zu können, aber sie müssen fähig sein, diese logischen Fähigkeiten nicht an Hauptgebiete heranzubringen. Sie haben zu sorgen, daß der Krieg schrecklich wird, aber die Entscheidung Krieg oder Frieden haben sie Leuten von offensichtlich geringer Intelligenz zu überlassen. Auf diesen Hauptgebieten sehen sie Methoden und Theorien am Werk, die, angewendet auf ihre Wissensgebiete wie die Physik oder die Medizin, mittelalterlich wären.“

Bertolt Brecht, Rede über die Widerstandskraft der Vernunft,1937.

Im vergangenen Semester haben in einer Ur-Abstimmung der Studierenden 95 Prozent für die Gebührenfreiheit des Studiums gestimmt. Der Akademische Senat hat dieses Votum begrüßt und sich seinerseits für die soziale Offenheit, eine entwicklungsorientierte demokratische Einheit der Universität sowie ein selbstbewußtes Verhältnis der Universität zum gesetzlich aufgepfropften Hochschulrat ausgesprochen. Das Uni-Präsidium will derzeit und unter den obwaltenden Bedingungen von der Einführung allgemeiner Studiengebühren absehen.

Dagegen der politische Senat: Die Zergliederung, Hierarchisierung und Entsolidarisierung der Lehrenden und Lernenden soll handelskammergelenkt mit Fakultätenbildung, Unterfinanzierung und Gebührenpflicht sowie der Verschulung des Studiums (BA/MA) vertieft werden. Die Entwertung oder Abschaffung zentraler teildemokratischer Gremien der Universität (Konzil, Großer Senat und Akademischer Senat) soll die notwendig humane Geltung von Frieden, sozialem Fortschritt und kultureller Entfaltung als verallgemeinerbare Ziele des verantwortlichen Wissen-Schaffens relativieren. Die Vernunft solidarischer Subjekte soll der ökonomischen Zweckrationalität isolierter Wissensarbeiter weichen. Diese Roheit des kapitalistischen Alltags würde verhindern, daß menschliche Bedürfnisse im Gegensatz zum wirtschaftlichen Gewinn entwickelt werden – als ließe sich aus dem Krieg im Irak, der Armuts-Katastrophe von New Orleans oder den positiven Wendungen menschlicher Geschichte und Kultur nichts wesentliches lernen.

Was nützt da Gleichmut?

Die oppositionelle Haltung weiter Teile der Universität ist manifester Ausdruck des verwertungskritischen Engagements der Studierenden wider den kriselnden CDU-Senat. Die Befreiung vom Zwang des Koof-mich für die Entfaltung des materiellen, geistigen und kulturellen Potentials des Lernens und Forschens emanzipierter Menschen für eine bessere Zukunft aller wird in Angriff genommen.

„Ein Quäntchen Neugier ist jedem eigen. Ohne sie wären wir nicht, könnten wir nicht sein.“

Hermann Kant, Kino, Berlin 2005.

Für wen oder was lernen? Wie sind Einsichten und Kenntnisse sozialer und natürlicher Zusammenhänge vernünftig nutzbar? Welche Gründe lassen für die Zukunft hoffen?

Wer beginnt? Wer macht mit?

Humanität ist kritisches Engagement wider die Ursachen, Verursacher und Verteidiger einer menschenfeindlichen Wirklichkeit.

Vernunft ist eine alltägliche Herausforderung.

Dokumentiert: Zum Geleit XIV
Die Geleite sind ein regelmäßiges Anschreiben der linken studentischen VertreterInnen im Akademischen Senat an die MitsenatorInnen zu aktuellen Themen und Tagesordnungspunkten.
Schön ist, was Einsichten schafft
0) Ausschluß?

Im Akademischen Senat tauchte der Zweifel auf, ob Thema und Fragen der Ästhetik etwas in diesem Gremium zu suchen hätten, also richtig platziert seien. Abgesehen davon, daß dem Senat, dem akademischen, in jedem Fall mehr Schönheit gut zu Gesichte stünde, gilt das Maß des Schönen auch dann, wenn es einseitig grimmig negiert wird.

1) Abwehrhaltung

„Der Widerstand
Aristokratisch gesinnt ist mancher Glehrte; denn gleich ist's,
Ob man auf Helm und Schild oder auf Meinungen ruht.“

Johann W. v. Goethe, Lyrische Dichtungen, Weimar 1794-1797.

Sicherheit scheint der mainstream zu schaffen. Man fließt mit großen trägen Massen mächtig und gelassen – stets unterkühlt – dahin. Von den kommenden Stromschnellen ist keine Ahnung. Der stürzende Fall der Massen ist nicht im Sinn. Warnende, entgegenschwimmend und rufend am Ufer, sind den Mit-Strömenden lästig.

Kommt Korrektur vor dem Fall?

2) Widerspruch der Zeit

„Von Natur neige ich mich zu einem gewissen Dolce far niente, und ich lagere mich gern auf blumigen Rasen und betrachte dann die ruhigen Züge der Wolken und ergötze mich an ihrer Beleuchtung; doch der Zufall wollte, daß ich aus dieser gemächlichen Träumerei sehr oft durch harte Rippenstöße des Schicksals geweckt wurde, ich mußte gezwungenerweise teilnehmen an den Schmerzen und Kämpfen der Zeit, und ehrlich war dann meine Teilnahme, und ich schlug mich trotz den Tapfersten...“

Heinrich Heine, „Über die französische Bühne. Vertraute Briefe an August Lewald“, Neunter Brief, 1838.

Nicht ohne hohen materiellen sowie psychischen Aufwand, nicht ohne die dynamischen Gefahren des normalen Lebens läßt es sich allzu lange auf dem Zauberberg verweilen. Die Kämpfe der Zeit finden immer statt. Krieg oder Frieden ist eine unausweichliche Alternative, die sich nicht im Liegestuhl entscheiden läßt. Je mehr den Balkon verlassen, desto günstiger für die bessere Seite; desto heiterer ihre Verwirklichung.

3) Sinn des Gedankens und der Kunst

„Nein: weder die Künstler noch ihre Historiker können von der Schuld an unseren Zuständen freigesprochen werden, noch entbunden von der Verpflichtung, an der Änderung der Zustände zu arbeiten.“

Bertolt Brecht, „Über die Notwendigkeit von Kunst in unserer Zeit“, Dezember 1930.

Die barbarischen Extreme menschlicher Erfahrung lehren (potentiell) die strikte Ablehnung des Unmenschlichen, die frühe Vermeidung des Schlimmsten, die Wendung zum Besseren, die Verantwortung Aller, die Möglichkeiten der notwendigen Zwistüberschreitung – das Schöne gemeinsamer humaner Wirksamkeit.

Hier sollte nichts velwechsert welden.

4) Wahrheit als Schönheit

„Ich kenne keinen blendenden Stil, der seinen Glanz nicht von der Wahrheit mehr oder weniger entlehnet. Wahrheit allein gibt echten Glanz und muß auch bei Spötterei und Posse, wenigstens als Folie, unterliegen.“

Gotthold Ephraim Lessing, „Anti-Goeze/Zweiter“, 1778.

Der Lüge Lack überdauert nur einen Regenschauer, Kollege Rost nagt genüßlich auch bei Sonnenschein.

Guter Lack hingegen hat ebenso eine sichere Grundierung. Gefahren perlen schnell zu Boden. Auch wenn sie Schatten hinterlassen, lassen sie sich leicht abwischen.

Glänzender Spott hat immer ein Ziel – die bewegende Erkenntnis.

Golnar Sepehrnia, Olaf Walther
Hamburg, den 13.9.'05

Sitzung des Akademischen Senats

Tagesordnungspunkte sind u.a.
Auswertung der Sozialerhebung des Studentenwerks
Struktur- und Entwicklungsplan der Universität Hamburg
Realisierung des Beschlusses des Akademischen Senats (s.o.)

Am Donnerstag, den 22. September 2005, 14 Uhr c.t.
Im Raum 308, Edmund-Siemers-Allee 1.

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Kleine Linksverschiebung und
großes plattes Patt
Nach der Wahl ist vor dem Erwachen

„An die Stelle der Seele (mit Ausbeutung) ist die Sozialversicherung (mit Ausbeutung) getreten. Der Fabrikant siezt den Arbeiter und sagt zu ihm: ‚Ich setze Ihnen den Lohn herunter!‘ Und das ist auch ein Fortschritt.“

Kurt Tucholsky, „Du!“, 1924.

Angela Merkel

Alle sind Sieger – nur keiner hat gewonnen.

Guido grinst groß (warum eigentlich?), der Kanzler macht die Winner-Pose (auch hier: warum?), die Grünen freuen sich über ihre acht Prozent (nach einem krähenden Wahlkampf), Frau Merkel kann gar nicht lachen (ein strukturelles Problem), die Repräsentanten der Linkspartei.PDS sind dankbar für den Einzug in den Bundestag (nun denn).

Die zentrale Regierungsvariante Rot-Grün (neoliberal soft) ist abgewählt; die bebend Witternden von Schwarz-Gelb (neoliberal tough) haben zu früh und zu gierig geschnuppert; die Linkspartei.PDS ist für ihr Werben für Frieden und Soziales stimmlich belohnt worden.

Ein politischer Rechtsruck konnte nicht gelingen, eine gelinde Linksverschiebung in der Gesamtkonstellation ist das Ergebnis eines kurzen und nicht wilden Wahlkampfes, die sogenannten Volksparteien liegen müde und ratlos im Patt nebeneinander. Marketing ist eine Strategie von kürzester Reichweite. Die politische Entwicklungstendenz der Gesellschaft ist nicht entschieden. Daran muß im Ganzen der Gemeinschaft noch ein wenig geschraubt und gedreht werden.

Hier sind somit eigentlich Alle gefragt und gefordert. Die Delegation von Interessen hat ihre engen Grenzen. Der Alltag verlangt besserndes Mitwirken.

Eine – am ehesten wahrscheinliche – große Koalition wird die asoziale Modernisierung im Inneren und die militarisierte Außenpolitik, wenn nicht durch außerparlamentarische Bewegungen empfindlich korrigiert, ungemindert fortsetzen.

Die zentrale Verwaltung des „Krieges aller gegen alle“ ist variantenreich – ob nun mit harter Hand (am schlechtesten) oder mit langem Zügel (um einiges besser).

Deshalb gewinnt das mehrheitliche Engagement für Frieden, sozialen Fortschritt sowie die Erweiterung der demokratischen Partizipation zur Zivilisierung der Gesellschaft eine höhere Bedeutung. Die Orte sind: Parteien, Gewerkschaften, außerparlamentarische Bewegungen und die Gremien der humanisierenden Interessenvertretung.

Am besten ist's, die Orte miteinander zu verbinden.

Eine mündige Existenz baut sich auf kritisches Erkennen und solidarisches Handeln. Zunehmende Wachheit ist sehr nützlich.

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Wozu eine große Koalition?
oder
Wessen Land?

„Unser Land steht vor gewaltigen Aufgaben. Unsere Zukunft und die unserer Kinder stehen auf dem Spiel. Millionen von Menschen sind arbeitslos, viele seit Jahren. Die Haushalte des Bundes und der Länder sind in einer nie da gewesenen, kritischen Lage. Die bestehende föderale Ordnung ist überholt. Wir haben zu wenig Kinder, und wir werden immer älter. Und wir müssen uns im weltweiten, scharfen Wettbewerb behaupten.“

Ansprache von Horst Köhler (Bundespräsident/CDU) zur Bundestagsauflösung vom 21. Juli '05 in Berlin.

 

„Schon hier auf Erden möchte ich durch die Segnungen freier politischer und industrieller Institutionen jene Seligkeit etablieren, die nach der Meinung der Frommen erst am jüngsten Tage, im Himmel, stattfinden soll.“

Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie“, 1834.

Die CDU hat durch ihre charmante Kanzlerkandidatin den „Führungsanspruch“ – welch ein beziehungsreiches Wort! – in einer (großen) Koalition mit der SPD angemeldet. Das bedeutet die gewollte kulturelle Katastrophe eines Revivals der 1950er und 1960er Jahre, wo die Republik nach den dunklen braunen Jahren wirtschaftswunderlich wieder sauber geputzt wurde, mit Heimatfilm und Familie, mit Wiederaufrüstung und so. Die Dehnbarkeit eines solchen Regimes zeigt sich darin, daß eine Frau aus dem eroberten Osten – wenn auch mit Grollen im Hintergrund – Kanzlerin werden darf.

Die SPD hingegen schämt sich für ihre (relativ) beste Zeit nach 1945, für die 1970er Jahre, schämt sich wegen der Entspannungspolitik, der sozialen Reformen, wegen „mehr Demokratie wagen“ und der Jusos, die damals (mehrheitlich) noch Biß hatten. Herr Benneter ist ein signifikantes Beispiel für diese denkwürdige Wandlung.

Beides – Revival und Schämen – ist nötig, damit eine große Koalition zustande kommen kann.

Rot-grün ist nicht wieder gewählt; Schwarz-Gelb ist nicht neu gewählt; Rot-Grün-Rot hat eine numerische Mehrheit, die von linker Seite her aus guten Gründen (siehe z.B. Afghanistankrieg) nicht gebildet werden kann und will.

Und dennoch: Das Wahlergebnis zeigt insgesamt an, daß eine Fortsetzung oder gar Zuspitzung der neoliberalen und Kriegspolitik vom Wahllümmel nicht gewünscht wird. Mit der Alternative hapert es allerdings noch ein wenig. Das Positive einer progressiven Entwicklung zur Verbesserung der Lebensbedingung der Mehrheit ist noch nicht genügend herausgebildet, gewollt und gefordert. Deshalb wird der Poker zwischen SPD und CDU, wie schlimm es denn werden darf, noch eine Weile bis zur Regierungsbildung andauern und auch während der Regierungszeit Fortsetzung finden.

Hier hilft Abwarten, Tee Trinken und Zuschauen wenig. Die genannte Konstellation bedarf der verstärkten Opposition – außerparlamentarisch, parlamentarisch und da, wo man sich aufhält und in Bewegung geraten sollte. Gegen Krieg, Sozialabbau und überhaupt den neoliberalen Ga-Gaismus. Für Frieden, Menschenwürde und ein aufgeklärtes Dasein.

„Wir haben zu wenig Kinder und werden immer älter.“ Nun denn.

Die paternalistischen Sorgen des Bundespräsidenten sind weder vernünftig noch zeitgemäß. Sie verdienen Durchatmen und Heiterkeit.

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Jakobinersperling