Sommersemester 2008

Flugblätter

Inhalt:

f-08-04-01 Semesteranfangszeitung der Liste LINKS
f-08-04-02 Schwarz-Grün: Ist Opportunismus eigentlich vermeidbar
f-08-04-03 „Pragmatisch“ oder ASTA für Schwiegermütterglück
f-08-04-04 Rechts bleibt rechts – da helfen keine Pillen
f-08-05-04 Schlaft doch unter Brücken! oder Der Zynismus des Reichtums
f-08-06-02 Eindeutiges Erinnern befreit!
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-08-06-03 Verlacht sei: GottEhreVaterland. Eine geistige Intervention.
f-08-06-04 Wodurch lernt der Mensch? Ein abschreckendes Beispiel
f-08-06-05 Das Weltbild der Frau Auweter-Kurtz
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-08-06-06 „Bildungsrepublik Deutschland“–: „Einstieg und Aufstieg“?
f-08-07-01 „Erfrischend konservativ“? Über den Unterschied zwischen Mief und frischer Brise
f-08-07-02 „Opa Hoppenstedt“ und die Funktion der Studiengebühren
oder Wer gewinnt: Realität oder Satire?
f-08-07-03 „Gefreut hat mich...“ oder Wie der Bürgermeister nun die Welt sieht
f-08-07-04 Entschuldigung! oder Die neue Daseinsform
f-08-07-05 Wollen Grüne nicht mit der CDU kuscheln? oder Die Wohlgerüche des Rathauses
f-08-08-01 Erinnern für die Zukunft: Hiroshima und Nagasaki
f-08-08-02 Was ist die Alternative zum organisierten Stumpfsinn? Mehr Markt oder eine neue Aufklärung?
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-08-08-03 Jahreszeiten oder Was ist eigentlich ein „Heißer Herbst“?
f-08-08-04 Einhundert Tage Schwarz-Grün oder Deutung und Bedeutung der Wirklichkeit
f-08-08-05 Zum wievielten Mal: Weltgeltung?!
(Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-08-08-06 Ständeordnung oder Die Zukunft ist nicht konservativ
f-08-09-01 Depressionen oder Mit IKEA aus der Krise?
f-08-09-02 Geld und Arbeit oder Die Wahrheiten des Herrn Freytag
f-08-09-04 Der notwendige erste Schritt zum Frieden: Sofortiger Truppenabzug!
f-08-09-05 Finanzkrise oder Die notwendige Überwindung der strukturellen Gier
f-08-09-06 Humba Humba Täterä oder Nichts ist unveränderlich

Semesteranfangszeitung der Liste LINKS

Welche Jugend hat je etwas getaugt?
1968 und heute und morgen

„Die Marzipanfiguren und das Gebäck waren den gierigen Enkeln zum Opfer gefallen. Auch diese Generation taugt nichts, und wenn je eine Generation etwas getaugt hat – ich zweifle daran –, so komme ich doch zu der Überzeugung, daß es die Generation unserer Väter war.“

Heinrich Böll, „Nicht nur zur Weihnachtszeit“, 1951; Satire auf die (bürgerliche) Verdrängung der ach so dunklen Jahre von 1933-1945 durch die dauernde Wiederholung des Weihnachtsfestes und die nachdrückliche Zerrüttung der beteiligten Familie.

 

„Als Kontrapunkt zu dieser neuen Form der Geschichtsergebenheit ist das Jahr 1968 ein Hoffnungsschimmer: Geschichte bleibt, so das Versprechen von 1968, weiterhin machbar – auch in Zeiten neuer Bürgerlichkeit. Angesichts der gewaltigen ökologischen, sozialen und politischen Herausforderungen der Gegenwart ist es längst wieder an der Zeit, der Republik mit demokratischem Engagement Beine zu machen.“

Albrecht von Lucke, „68 oder neues Biedermeier/Der Kampf um die Deutungsmacht“, 2008 Verlag Klaus Wagenbach, S. 82.

Wenn man den großen Herausforderungen der Gegenwart die friedenspolitischen Erfordernisse sowie das kritische Engagement gegen die organisierte Verdummung hinzufügt, ist Albrecht v. Lucke nur voll zuzustimmen.

In einer Zeit, wo in Hamburg sittsame Gespräche eine Koalition zwischen GAL und CDU anbahnen und wo die neue Bürgerschaftsperiode mit einem gemeinsam begangenen Gottesdienstbesuch (nur die Fraktion der LINKEN blieb dieser skurrilen Zelebrierung fern) eröffnet wird, dürfen sich die kritisch Gesonnenen schon einmal die Augen reiben und zu der begründeten Schlußfolgerung gelangen, daß emanzipatorische Maßstäbe nach wie vor an Bord bleiben müssen.

Zu diesen Maßstäben gehören das „Nie wieder!“ und das „Wehret den Anfängen!“ von faschistischer Diktatur und barbarischem Krieg – mithin die soziale Demokratisierung einer friedlich zu machenden Gesellschaft.

Dazu gehören auch das Credo einer gebildeten Menschheit („Bildung für Alle“) sowie das aufgeklärte Menschenbild mündiger Subjekte, die soziale und kulturelle, d.h. nicht zuletzt eben strukturelle Voraussetzungen haben müssen, um sich kooperativ in Übereinstimmung mit dem Allgemeinwohl bilden, qualifizieren und gesellschaftlich engagieren zu können.

In diesem Zusammenhang sind auch bestimmte Lehrund Lerninhalte mit den entsprechenden Formen und Methoden erforderlich, die kritisch zu den gesellschaftlichen Problemen entworfen und entwickelt werden. Die Aufklärung ist eine menschliche Errungenschaft.

Zu guter Letzt, nicht am unbedeutendsten, ist die private Form des gesellschaftlichen Daseins („neue Bürgerlichkeit“ für alle Gläubigen) als eine Entfernung von positiver Gestaltung der sozialen und kulturellen Lebensbedingungen zu begreifen. Solidarität gehört zu den menschlichen Bedürfnissen.

Das alles läßt sich aus der vielfältigen emanzipatorischen Bewegung von 1968 und der Folgezeit für die Kritik der Gegenwart bzw. für die zukünftige Entwikklung der Gesellschaft sowie der Bildung ableiten.

Die heiseren Unkenrufe, das sei alles „totalitär“, zeigen an, wie bedrohlich das historische Lernen für die Doktrin des Neoliberalismus ist. Unbeirrbar ist nicht unbelehrbar.

Emanzipation statt Technokratismus
Für eine inhaltliche Revision des Bachelor-/Master-Irrwegs

„Einigkeit besteht zwar über die Notwendigkeit einer Reform des veralteten Bildungssystems, Inhalte und Begründung dieser Reform sind jedoch äußerst umstritten: Auf der einen Seite steht der Versuch, das Bildungswesen allein den Anforderungen des wirtschaftlichen Wachstums und der Steigerung des technologischen Niveaus anzupassen (‘technokratische Bildungsreform’); auf der anderen Seite steht das Bestreben, darüber hinaus durch das Bildungswesen in der jeweils nachwachsenden Generation kritisches Potential zu erzeugen. Dieses kritische Potential befähigt die nachwachsende Generation überlieferte gesellschaftliche Ordnungen und soziale Diskrepanzen nicht passiv hinzunehmen, sondern durch Wahrnehmung ihrer Interessen sich an der Lösung sozialer Konflikte aktiv zu beteiligen (‘emanzipatorische Bildungsreform’).“

Gründungsausschuß für eine Universität in Oldenburg, „Zur Neuordnung der Lehrerausbildung“, April 1972.

Die neoliberale Hochschulreform ist eine durch und durch technokratische. Die staatlichen Protagonisten der „Standortpolitik“ betreiben das Eindampfen inneruniversitärer Demokratie mit der Perspektive „effizienter Managementstrukturen“, führen Studiengebühren mit der Absicht ein, die Studierenden ökonomisch zu gängeln, und haben sämtliche Studiengänge zur Einführung der gestuften Bachelor-/Master-Abschlüsse verdonnert, um die Kommerzialisierung der Wissenschaftsinhalte durchzudrücken.

Das Bachelor-/Master-System ist gekennzeichnet durch: verkürzte Regelstudienzeit für die Masse der Studierenden, damit nur noch gelernt werden kann, was zur Funktionstüchtigkeit auf dem Arbeitsmarkt unmittelbar erforderlich ist; strikte Zeitvorgaben und dauerhafter Prüfungsdruck, damit niemandem die Muße für den kritischen Blick über den Tellerrand der unmittelbaren Berufsqualifikation bleibt; formalisierte Bewertungsmaßstäbe, damit Kontrolle durch die Verwaltung und gegenseitige Überwachung in der Konkurrenz vereinfacht werden (STiNE dient dem nämlichen Zweck). Ein solches Studium zur technokratischen „Produktion“ williger akademischer Ware Arbeitskraft ist in jeder Hinsicht freudlos und erkenntnisfeindlich bzw. inhuman. Jeder Unmut über diese entwicklungsfeindliche Drangsal ist gerechtfertigt und gehört daher laut ausgesprochen.

Der klassische Kompromiß zwischen Ausbildung (Befähigung zur unmittelbaren Berufsausübung auch unter kapitalistischen Verwertungsbedingungen) und Bildung (Qualifizierung zur mündigen Teilhabe an der Entwicklung demokratischer, sozialer und für alle humaner gesellschaftlicher Verhältnisse) will von herrschender Seite aufgelöst werden für die bedingungslose Unterordnung von Bildung, Wissenschaft und ihrer Subjekte unter die angenommenen Anforderungen des Marktes.

Die emanzipatorische Aufhebung des Dualismus von Bildung und Wissenschaft hingegen ist notwendig: Angesichts des wachsenden Widerspruchs zwischen gesellschaftlichem Reichtum und sozialem Elend, erweiterter Möglichkeiten umfassender kultureller Entwicklung und Kommerzialisierung aller Lebensbereiche, der Notwendigkeit weltweiten Friedens und der fortgesetzten Militarisierung internationaler Beziehungen sollte jede Bildung die Befähigung zur kritischen Mündigkeit beinhalten.

Für eine sinnvolle aktuelle Studienreform lohnt daher der Blick in die Geschichte. Ende der sechziger und in den siebziger Jahren wurde der Bruch versucht mit inhumanen gesellschaftlichen Verhältnissen, die schon den Faschismus ermöglicht hatten und in der Biederkeit der „Wirtschaftswunderjahre“ überlebten. Maßstäbe der Neuordnung von Wissenschaftsinhalten waren der Anspruch sozialer Gleichheit der Menschen, das Recht eines jeden auf kulturelle Entfaltung, Demokratisierung und in diesem Sinne ein kritischer Gesellschaftsbezug. Niederschlag fand dies in Projektstudien (interdisziplinäre inhaltliche Vertiefung anhand einer gesellschaftskritischen Fragestellung statt nebeneinanderstehende Seminare), forschendem Lernen (Einbindung der Studierenden in die Forschung vom ersten Semester an), Auflösung bestehender Fächergrenzen sowie ständige gemeinsame Weiterentwicklung der Studienreform in Einheit von Wissenschaft und Selbstverwaltung.

Zur Aufhebung des Bachelor-/Master-Desasters für eine vernünftige Studienreform bedarf es daher einer Rückbesinnung auf eine kritische Bestimmung der Wissenschaft in der Gesellschaft sowie einer Neufundierung von sozialen Gerechtigkeitsansprüchen und egalitärem Menschenbild. Studentische Bewegung ist dafür unerläßlich.

„Ideologie und Geschäftemacherei“:
Der Krieg als Weltkrise

„Ideologie und Geschäftemacherei spielten ebenfalls eine Rolle dabei, die Kosten des Kriegs in die Höhe zu treiben. … Gewonnen haben bei diesem Krieg nur zwei: die Ölgesellschaften und private Anbieter von Militärdienstleistungen. Der Aktienkurs von Halliburton, dem früheren Unternehmen von Vizepräsident Dick Cheney, ist rapide gestiegen.“

Joseph Stiglitz, US-amerikanischer Professor für Ökonomie und Nobelpreisträger, am 14.03.08 in Financial Times Deutschland.

 

„Wodurch überwindet die Bourgeoisie die Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; anderseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung alter Märkte. Wodurch also? Dadurch, daß sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.“

Karl Marx und Friedrich Engels, Kommunistisches Manifest, 1848.

Der ehemalige Chefökonom der Weltbank hat eine „konservative Schätzung“ der Ausgaben für den Irak-Krieg vorgenommen und ist auf insgesamt 6.000.000.000.000 US-Dollar (sechs Billionen) bis jetzt gekommen. Ein Sechstel der Kriegskosten würde nach seinen Berechungen reichen, um das Sozialversicherungssystem der USA für mehr als ein halbes Jahrhundert gut zu finanzieren. (Wer „Sicko“ von Michael Moore gesehen hat, weiß, wie wohltuend das wäre; wer ihn nicht gesehen hat, dem sei er empfohlen). Bezahlt wird der Krieg durch eine hohe Staatsverschuldung und somit durch mehrere Generationen sowie durch die Menschen im Irak.

Schon 1990/91 war mit der Verkündung der „Neuen Weltordnung“ durch Bush senior zynischerweise ein goldenes Zeitalter für die Menschheit unter US-amerikanischer „Führung“ versprochen worden. Entgegen der Hoffnung vieler Menschen, daß nach der Beendigung des Kalten Krieges eine „Friedensdividende“ ausgeschüttet werde, wurde diese Mission immer häufiger mit militärischer Gewalt durchgesetzt. Eine besonders kriegerische Zeit wurde durch die US-Administration begonnen.

In der BRD hieß diese neue alte Weltordnung: Zur „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt im Rahmen einer gerechten Weltwirtschaftsordnung“ sei alles, auch Krieg, erlaubt (Verteidigungspolitische Richtlinien, 1992). Das wird „Normalität“ genannt. Zur Legitimation dieser plumpen imperialistischen Politik wurde 1999 die neue NATO-Strategie entwickelt, mit der ganz viele vielfältige Bedrohungen und Gefahren auch „out of area“ bekämpft werden sollten, und mit der Bombardierung Jugoslawiens durchgesetzt.

Nach den zerstörerischen Anschlägen auf das World-Trade-Center in New York am 11.9.2001 wurde diese kriegerische Politik der USA nach außen gesteigert (und nach innen repressiv gestützt). Dieser erneute Versuch des Bush jr., die Welt durch „Präventivschläge“ und „Demokratisierung des Nahen Ostens“ nach seinem simplen Bilde für die Geschäftemacherei zu schaffen, ist kläglich gescheitert.

Die Art und Weise, die Krisen zu überwinden, ist: Das Engagement für Abrüstung und Entmilitarisierung (Emanzipation), demokratische Kultur und Bildung, soziale Entwicklung, humane Arbeit und allgemeine Wohlfahrt. Nur Frieden schafft Frieden.

„Denn wir müssen in das Nichts hinein wieder ein Ja bauen.“

Wolfgang Borchert, „Das ist unser Manifest“, 1947.

Gegen Unsinn und Plage –
für Vernunft und Wohltat
Wir über uns

„Eine Partei, die neben dem Glauben an die Gesetze auch den Adel verwerfen würde, hätte sofort das ganze Volk hinter sich, aber eine solche Partei kann nicht entstehn, weil den Adel niemand zu verwerfen wagt.“

Franz Kafka, „Zur Frage der Gesetze“, 1920.

Bücher
„Wenn der Mensch
von den Umständen
gebildet wird, so muß
man die Umstände
menschlich bilden.“

Karl Marx/Friedrich Engels,
„Die heilige Familie“
(1844/45), MEW 2, S.138.

Die Duschgelwerbung, die Handelskammer, der liberale Leuchtturm – alle blinken permanent Freiheit. Die Hauptsache ist: blenden.

Die Kirche, die Konservativen und die sagenhafte Eva Herman – alle ereifern sich in der neu-alten Bürgerlichkeit. Da weht der Muff vergangener Jahrzehnte.

Sämtliche Unternehmungen dieser Art haben den Zweck, den Glauben an die Gesetze und den Adel zu verewigen. Wer sich umdreht oder lacht...

Der Glaube an die Obrigkeit und die entsprechenden Normen dient dem reibungslosen Ablauf der großen Geschäfte, für die, wenn es denn sein muß, auch Krieg geführt wird.

Gegen den Krieg gelte Frieden; gegen die Konkurrenz gelte Kooperation; gegen das Vergessen gelte das Bewußtsein der Entwicklung und der Alternative. Kritisches Engagement ist Gemeinsamkeit für bessere Bedingungen.

In diesem Verständnis haben wir uns 1993 als Liste LINKS konstituiert. Durch Solidarität ist eine bessere Welt.

Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in der studentischen Interessenvertretung, in den Gremien der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, in den Auschüssen des Akademischen Senats, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit organisiert im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS.

Das langfristige kritische Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Wissen bekommt so eine weitere Bedeutung.

„Der Gedanke geht der Tat voraus, wie der Blitz dem Donner.“

Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“, 1834.

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Schwarz-Grün:
Ist Opportunismus eigentlich vermeidbar

„Du bist kein Unsichtbarer
Nicht unendlich bist Du!
Sondern sieben Meter hoch.
In Dir ist kein Geheimnis
Sondern Öl.
Und Du verfährst mit uns
Nicht nach Gutdünken, noch unerforschlich
Sondern nach Berechnung.“

Bertolt Brecht, „700 Intellektuelle beten einen Öltank an“, Gedichte 1927-1930.

Ein neues politisches Bündnis zum Zwecke der Verhinderung von Besserem respektive tatsächlichen Besserungen zeichnet sich ab.

Die sogenannten Kompromisse zwischen der CDU und der GAL werden in Hamburg mit dem Maßband gemacht: hier – vielleicht- einen halben statt einen Meter Elbvertiefung, dort – wie fein ausgemessen – 375 Euro nachgelagerte Studiengebühren statt 500 Euro sofort zahlbar...

Die Grünen sind zwar schon lange angekommen, aber jetzt kommen sie noch einmal an – mitten im Gestrüpp asozialer Verhältnisse.

Nachdem sie schon mehrfach einstige eigene Grundsätze (Frieden, Demokratie, Ökologie) bis zur Unbedeutendheit relativiert haben, spielt die GAL nunmehr das Vehikel zum Machterhalt der CDU in Hamburg. Damit ist Grün eindeutig nicht mehr „anders“, sondern genauso. Das ist schlichter Opportunismus.

Damit werden vernünftige soziale, emanzipatorische, demokratische, friedenspolitische und auch ökologische Ansprüche, wie sie von außerparlamentarischen Bewegungen, den Gewerkschaften und zum Teil auch von anderen Parteien vertreten werden, in den laufenden Koalitionsverhandlungen relativiert. Ein realsatirischer Witz ist dabei, daß sich die GAL die erreichten Verschlimmbesserungen auf die grüne Fahne schreiben wird. Das ist eine Geschichtsklitterung im Kleinen. Dafür gibt es möglicherweise zwei Senatsposten.

Ist dieser Opportunismus eigentlich vermeidbar?

Wenn politisches Handeln sich an das Ankommen in verwerfliche Verhältnisse bindet, sind Kniefälle unvermeidlich. Wenn hingegen oppositionell Dampf gemacht wird, sind auch Opportunismus sowie schädliche Maßnahmen nachhaltig korrigierbar.

Studiengebühren sind nach wie vor rundum abzulehnen.

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„Pragmatisch“
oder
ASTA für Schwiegermütterglück

„Ihrer Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz attestierten sie indes ›gute Arbeit‹. Ihr Ehrgeiz und ihre Ungeduld würden der Uni gut tun.“

Florian Kain (ehedem RCDS), „Neuer AStA lobt Uni-Präsidentin Auweter-Kurtz“, „Hamburger Abendblatt“, 12./13. April '08.

 

„Gaus: Sie gehen davon aus, daß der Mensch absolut bildungsfähig ist, daß der Mensch besser werden kann.
Dutschke: Ich gehe davon aus, daß der Mensch nicht dazu verurteilt ist, dem blinden Spiel der Zufälle in der Geschichte unterworfen zu bleiben.“

Rudi Dutschke im Gespräch mit Günter Gaus, gesendet am 3. Dezember 1967.

Die konservative Raketenforscherin und Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz hat die schwarzgrünen Koalitionsverhandler angefleht, die Studiengebühren beizubehalten.

Sie befürwortet vorbehaltlos das katastrophale „Bachelor-/Maschter-Syschtäm“ und ist mittlerweile uniweit unbeliebt für ihr kommandierendes Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen.

Die knapp mit 9:6 Stimmen im Akademischen Senat(AS) bestätigte Präsidentin repräsentiert die marktfromme politische und kulturelle Revision aller erfreulichen hochschulpolitischen Reformen seit 1967.

Sie vertritt mit der Begabungsideologie ein konservatives Menschenbild in einer hierarchischen Ordnung. Dem entspricht auch ihr rudimentäres Demokratieverständnis. Ein Oberbuchhalter ist eben mehr wert als ein Buchhalter.

Der frisch gebackene AStA bezeichnet sich selbst als „pragmatisch“ und lobt genau diese Präsidentin. Seine neu gewählten Vorsitzenden lächeln brav und etwas verlegen in die Kamera, vertreten nach wie vor Service statt Politik und die Verwaltung der hinterlassenen Dräger-Übel. Bei den faktisch akzeptierten Studiengebühren ist ihnen lediglich die Verteilung relevant; Bachelor/Master (und „STiNE“) bedürften nur leichter Korrekturen; Wissenschaftskritik bzw. studentische Interessenvertretung in gesellschaftlicher Verantwortung sind ihnen relativ schnuppe.

Das (ungeschriebene) AStA-Programm folgt der Spießermaxime, daß man Verantwortung für die Gesellschaft hat, wie sie ist.

Soziale Ungleichheit, eingeschränkte Demokratie, Leistungsdruck, entfremdete Wissenschaftsinhalte, verschärfte Konkurrenz als politisches Diktat stellen für sie kaum ein hochschulpolitisches respektive gesellschaftliches Problem dar.

Ihr Hauptanliegen ist die bürokratische Mängelhandhabung und ein sicherer Platz auf dem Sofa, nahe dem Ofen (der Sozialdemokratie).

„Hochschulpolitik dürfe sich nicht länger ‚im Vorgeben von Kennzahlen‘ erschöpfen.“ („Abendblatt“, a.a.O.)

Wer so munter spricht, ist schon erschöpft, bevor er angefangen hat.

Dieser AStA vertritt keine studentischen Interessen.

Auch dagegen sind Studiengebühren weiterhin rundum abzulehnen.

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Rechts bleibt rechts –
da helfen keine Pillen

„So gesehen, ging es auch um die Zukunft der CDU. Praktische Vorarbeit war in Hamburg geleistet worden mit zwei erfolgreichen schwarz-grünen Bündnissen in den Bezirksversammlungen. Die Grünen mussten, was die Bürgerschaft anbelangte, nur noch aus ihrer linken Ecke geholt werden, aus ihrer Gefangenschaft in rot-grünem Denken und aus ihrer ökologischen Nische, wo größere wirtschaftliche Zusammenhänge ausgeblendet werden.“

Frank Pergande, „Komm aus deiner linken Ecke/An der Alster haben CDU und Grüne ihr Bündnis fertig – dank Ole von Beust“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, 20.4.`08, S. 8.

 

„Wer mit seinem Leben in einem nassen Loch zufrieden ist; von der Plackerei sich frühzeitig das Rückgrat biegen läßt; wenig zu wissen bereit ist – der verleiht dem Gemeinwesen ein barbarisches Aussehen wie jener, der ihm das nasse Loch zum Wohnen anweist, ihm das Rückgrat biegt, ihn vom Wissen fernhält.“

Bertolt Brecht, „Über den Egoismus“, „Me-ti/Buch der Wendungen“, entstanden in den 1930er Jahren des Exils.

Die CDU ist der Grundanlage nach eine sogenannte Volkspartei, die wesentlich Wirtschaftsinteressen (Kapital) vertritt und sie dem gemeinen Volk (Bedienstete) schmackhaft zu machen versucht. Das geschieht in der Hauptsache über die geistigen Konstrukte wie StandortNationVaterland oder – „moderner“ – „Wachsende Stadt“, die streng von der Polizei und den Geheimdiensten (online) bewacht werden. Die extrem elitäre und teure „Elbphilharmonie“ gilt neuerdings als elementarer Bestandteil der „Kreativen Stadt“.

Die Grünen sind eine etablierte liberale Mittelstandsvereinigung, die, nachdem sie ihre ethischen Grundsätze (Frieden, Demokratie, Ökologie, soziales Gewissen) weitgehend „realpolitisch“ relativiert hat, gerne die Akzeptanz der CDU entgegennimmt und sich deshalb für den politischen Machterhalt der CDU zur Verfügung stellt. So kann's kommen, wenn man nicht aufpaßt.

Der schwarz-grüne Koalitionsvertrag ist deshalb auch schwarz dominiert: die Elbe wird tiefer ausgebaggert; der gewaltige Kohleofen Moorburg steht kaum in Frage; die Studiengebühren werden nicht abgeschafft; der Vorrang einer Geminschaftsschule bleibt in der Ferne – dafür gibt es die Ausbesserung der Fahrradwege, partiell eine Stadtbahn und eine erweiterte Grundschule bis zur sechsten Klasse. Die Krankenhäuser bleiben in privater Hand. Klasse!

Dabei geben die in Wahlergebnissen sowie in Meinungsumfragen belegten Mehrheiten eindeutig Besseres her. Die vollständige Abschaffung der Studiengebühren ist nur ein Beispiel dafür. Die schwarz-grünen Vertragsergebnisse bleiben deutlich unter dem Erkämpften. Das ist der tiefere Sinn dieser neu angebahnten Koalition.

In diesem Zusammenhang gewinnen oppositionelle Aktivitäten (außerparlamentarisch wie parlamentarisch), die darauf gerichtet sind, über den Tag hinaus Verbesserungen zu erreichen, neue Bedeutung.

Aufklärung und Emanzipation sind das solidarische Contra zu gewissenloser Marktfreiheit und biederem Machthandel.

Die kritische Kooperation zu guten Zwecken bildet auch die Alternative zu technischen, menschenfernen „Lösungen“: „Die mathematischen Arbeiten und Lehrstunden kamen ihm vor wie das Wandern auf einer ebenen Landstraße; man kommt immer vorwärts, man versteht jeden Tag etwas, was man gestern noch nicht verstand, aber man kommt nie auf einen Berg, wo sich plötzlich weite Aussichten auftun.“

Hermann Hesse, „Unterm Rad“, entstanden 1903.

Internationale Solidarität statt ‚Volksgemeinschaft‘
1.Mai 2008: Kein Platz für Nazis!

Für den 1. Mai planen NPD und andere Neofaschisten einen Marsch unter völkischem Motto. Das Hamburger Bündnis gegen Rechts und die DGB-Jugend rufen zu einer Antifaschistischen Gegendemonstration für internationale Solidarität und sozialen Fortschriftt für Alle auf.
Heraus zum antifaschistischen 1. Mai!

Kundgebung und Demonstration:
10 Uhr U/S-Bahn Barmbek (Wiesendamm)

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Schlaft doch unter Brücken!
oder
Der Zynismus des Reichtums

„Selbst wenn die Welt zugrunde ginge, würde ich noch Firmen kaufen.“

Warren Buffett, Investor und Multimilliardär, im „SPIEGEL“-Interview über die Bedeutung der Konjunktur für seine Spekulationspolitik, 26.05.2008.

 

„Was ist aber die große Aufgabe unserer Zeit?
Es ist die Emanzipation. Nicht bloß die der Irländer, Griechen, Frankfurter Juden, westindischen Schwarzen und dergleichen gedrückten Volkes, sondern es ist die Emanzipation der ganzen Welt, absonderlich Europas, das mündig geworden ist und sich jetzt losreißt von dem eisernen Gängelbande der Bevorrechteten der Aristokratie. Mögen immerhin einige philosophische Renegaten der Freiheit die feinsten Kettenschlüsse schmieden, um uns zu beweisen, daß Millionen Menschen geschaffen sind als Lasttiere einiger tausend privilegierter Ritter; sie werden uns dennoch nicht davon überzeugen können, solange sie uns, wie Voltaire sagt, nicht nachweisen, daß jene mit Sätteln auf den Rücken und diese mit Sporen an den Füßen zur Welt gekommen sind.“

Heinrich Heine, „Reisebilder“ / Dritter Teil, 1830.

Wie wird die (wachsende) Kluft zwischen Arm und Reich gedeutet? Welche Schlußfolgerungen sind daraus zu ziehen?

Während der späteren 1990er Jahre kursierte ein Aufkleber mit der aggressiven Aufschrift „Eure Armut kotzt mich an!“. Die besitzbürgerliche Borniertheit, die sozialen Besitz in Privathänden für natürliche Begabung und entsprechenden Fleiß hält bzw. soziale Armut und kulturelles Elend auf schändliche Faulheit und angeborene Dummheit zurückführt, war schon vor gut zehn Jahren als Deutungsmuster bei einer abstiegsgefährdeten Mittelschicht angekommen, die – wenn nicht aufgeklärter und kritischer orientiert – gewohnheitsmäßig nach oben buckelt und nach unten tritt.

Warren Buffett (s.o.) verkörpert den milliardenschweren Zynismus eines überreifen Shareholder Value, der nicht nur sehr schnell in die Jahre gekommen ist, sondern auch auf das gegenwärtige und weitere Wohl der (Menschen-)Welt einen großen Haufen läßt.

Diese Okkupation und Vernichtung humaner Werte und Ansprüche auf ein friedliches, ziviles, aufgeklärtes sowie sozial und kulturell würdiges Leben aller Menschen, mit denen die bürgerliche Revolution und Aufklärung vor fast 220 Jahren (und mehr) einmal gestartet ist, soll, ginge es nach den großen Spekulanten und ihren Funktionären in Medien und Politik, ein für alle Mal die emanzipatorische Sinnhaftigkeit des menschlichen Lebens niederdrücken – koste es auch den Untergang der Welt.

An diesem Punkt angekommen, ist einzig ein umfassendes Contra erforderlich und hilfreich. Reichtum und Armut sind unvereinbar.

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Gemeinsames Flugblatt von
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS

Eindeutiges Erinnern befreit!

„Tun sich mit dem teutschen Land dick,
grunzen wie das liebe Vieh.
Allerbilligste Romantik –
hinten zahlt die Industrie.
Hinten zahlt die Landwirtschaft.
Toben sie auch fieberhaft:
Sind doch schlechte deutsche Barden,
bunte Unternehmergarden!
Bleiben gestern, morgen, heute
kleine Leute! kleine Leute!“

Kurt Tucholsky, „Die Mäuler auf!“, 1930.

 

„Erbarmen wir uns der Kultur, aber erbarmen wir uns zuerst der Menschen! Die Kultur ist gerettet, wenn die Menschen gerettet sind. Lassen wir uns nicht zu der Behauptung fortreißen, die Menschen seien für die Kultur da, nicht die Kultur für die Menschen!“

Bertolt Brecht, Rede auf dem I. Internationalen Schriftstellerkongreß zur Verteidigung der Kultur, Juni 1935.

Im heftigen Widerspruch zwischen Zivilisation und Barbarei war das 20. Jahrhundert das „Zeitalter der Extreme“. Es hat auch in der Universität tiefe Spuren hinterlassen. Zwei haben sich hier besonders für das gesellschaftliche Lernen aus diesen Erfahrungen eingesetzt:
Eckart Krause und Rainer Nicolaysen haben mit ihrem „ehrenamtlichen“ Wirken als „Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte“ die von 1933-1945 aus rassistischen und politischen Gründen verfolgten ehemaligen Mitglieder der Universität engagiert vor dem Vergessen bewahrt.

Geschichte in persönlichen Geschichten zu entdecken, anschaulich zu erzählen, zu analysieren und eingreifend zu überliefern ist ihnen unübersehbar eine Freude. Das aufklärende Engagement überzeugter Demokraten, das humanistische Erbe der Universität lebendig zu machen, ist ein wirkungsvolles Contra zu der geschichtsvergessenen Ignoranz der sozialdarwinistischen Doktrin. So werden Biographien, wissenschaftliche Arbeiten, soziale Erfahrungen und Kämpfe, progressive Ansprüche und schwer vorstellbare Leidenswege durch ihr Wirken für Alle lehrreich überliefert. Zeitgeschichtliche Dokumente der Universitätsgeschichte, eine anregende Sammlung studentischer Publikationen und analytische Werke zur Wissenschaftsgeschichte ergänzen diese Arbeit und bilden den Rahmen künftiger Forschungs- und Lehrtätigkeit.
Jeder teilnahmsvolle Mensch kann das Erbe der Universität hier – kenntnisreich angeleitet – für die Gestaltung erfreulicher Lebensumstände produktiv machen. (Man munkelt, dabei werde zuweilen auch gelacht.) Hier wird ein unverzichtbarer Beitrag zur Selbstverwirklichung der Mehrheit geleistet.

Für diesen persönlichen Einsatz sind die Genannten am 2. Juni mit dem Max-Brauer-Preis der Alfred Toepfer Stiftung geehrt worden. Festredner und Auditorium haben die „Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte“ als weit ausstrahlende Bereicherung für die Universität und die Stadt gewürdigt.

Lieber Eckart Krause, lieber Rainer Nicolaysen, wir wünschen uns allen, daß dieses Schaffen nun hindernisarm, tatenreich und freudig auf lange Zeit fortgesetzt werden kann und sagen:
Chapeau!

Sitzung des Akademischen Senats:
Donnerstag, 12. Juni 2008, 14 Uhr
in Raum 308, ESA 1.

Verlacht sei: GottEhreVaterland.
Eine geistige Intervention.

„Vor einigen Monaten habe ich einen Kranz auf das Grab von drei mutigen Amerikanern gelegt, die im Dienst für unser Land ihr Leben ließen. Die Namen der so Geehrten kennt nur der Schöpfer, der sie aus den Qualen des Krieges erlöste - aber ihren Heldenmut kennen wir alle. (...)
In einer Welt, in der die Freiheit ständig angegriffen und unsere Sicherheit bedroht wird, werden die Freuden der Freiheit oft durch die Opfer derer erworben, die einer Sache dienen, die größer ist als sie selbst.“

George W. Bush, Scheidender, zum Memorial Day auf dem Arlington National Cemetary (Friedhof), 26.5.`08.

 

„Die stupide Anschauung Ernst Jüngers, Kampf sei das Primäre, das Eigentliche, wofür allein zu leben sich verlohne, steht auf ähnlichem Niveau wie die eines falschen Friedensfreundes, der jeden Kampf verabscheut und für Kamillentee optiert. Weder ewiger Kampf ist erstrebenswert noch ewige Friedfertigkeit. Nur Krieg...das ist eine der dümmsten Formen des Kampfes, weil er von einer recht unvollkommenen Institution und für sie geführt wird.“

Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1930.

Zur Erinnerung: ExxonMobil, der US-amerikanische Öl-Multi und der weltgrößte Ölkonzern sowie das größte Privatunternehmen überhaupt, hat 2007 einen Reingewinn von gut 40 Milliarden Dollar gemacht.

Für US-Präsident George W. Bush (s.o.) scheint es am besten, wenn Soldaten sterben, denn dann sind sie nicht nur von „den Qualen des Krieges erlöst“, sondern sie starben auch für die „Freiheit“ (siehe ExxonMobil) und geben den zynisch-morbiden Anlaß für eine schwanftelige Inszenierung von fanatisch-religiösem Nationalismus. Freiheit?

Nur ein toter Soldat ist somit ein guter Soldat –, das ist ähnlich wie mit den Indianern (oder Bolschewisten oder Islamisten).

Wenn auf diese finstere Weise die Kriegstoten glorifiziert werden, sind die Fortführung begonnener Kriege und neue räuberische Überfälle mit berechtigter Furcht anzunehmen.

(Nach der bald endenden Amtszeit von George W, Bush ist aber sehr wahrscheinlich, daß die Kriegspolitik der USA stark modifiziert werden wird. Diese notwendige Korrektur ist nicht zuletzt auf das weltweite Engagement – auch in den USA – der internationalen Friedensbewegung zurückzuführen. Der Kampf für den Frieden kommt teilweise auch aus der Wissenschaft.)

Auch mittels der betriebswirtschaftlichen Dressur der Wissenschaften soll hingegen suggeriert werden, die produktive Verbindung von wissenschaftlicher Arbeit und dem humanen Einsatz für eine zivile (friedliche) Welt einer demokratischen, sozialen und aufgeklärten sowie freudigen Menschengemeinschaft sei unpraktisch, irrelevant, gar verzärtelt oder sektiererisch.

Dieser tumben Propaganda ist in keiner Variante zu trauen.

Kritische Vernunft ist das Einzige, was zählt. Sie ist größer als jeglicher Zynismus.

Dem Frieden eine Chance –
Truppen raus aus Afghanistan!
Internationaler Afghanistan-Kongress,

Samstag, 7. Juni bis Sonntag 8. Juni 2008,
Hannover, Raschplatzpavillon, Lister Meile 4
(gegenüber Hbf. Hannover)

Programm und weitere Informationen unter
www.afghanistan-kongress.de

Teilnehmendenbeitrag: 5,- / 15,- Euro

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Wodurch lernt der Mensch?
Ein abschreckendes Beispiel

„Die Männer und Frauen stehen hier auf der großen Aussichtskanzel des Parks in Neuschönau, um etwas zu lernen. Über Wölfe. Über das Leben. Und vor allem über das Führen von Mitarbeitern. Sie wollen herausfinden, wie die Jäger sich im Rudel organisieren, ihre Konflikte lösen und welche Methoden der Tiere auf das Arbeitsleben übertragbar sind. Die Lektion heute: Wer aus seiner Rolle fällt, riskiert sein Fell.“

Mauritius Much, „Tierisch lehrreich“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 6.6.`08, S. 36.

 

Trux an den Sabin
Ich hasse dich, Sabin; doch weiß ich nicht weswegen:
Genug, ich hasse dich. Am Grund ist nichts gelegen.
Antwort des Sabin
Haß mich, soviel du willst! doch wüßt ich gern weswegen;
Denn nicht an deinem Haß, am Grund ist mir gelegen.“

Gotthold Ephraim Lessing, Sinngedichte 1753-1771.

Wenn Unternehmen nicht mehr weiter wissen, schicken sie – wie im Beispiel eine Wohnwagenfirma – ihre Mitarbeiter auch schon einmal in den Wald. Nicht zur Urschreitherapie oder zum Survivaltraining mit Würmerspeise, sondern zum Beobachten der Wölfe, die durch Knurren und Beißen stets ihre natürliche Rangordnung wiederherstellen. Das soll lehrreich sein.

Spätestens seit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts – der Zeit Kants und Lessings also – ist eigentlich bekannt, daß der Mensch sich bemühen kann und soll, aus der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ herauszutreten. Zu den späteren, darauf aufbauenden Erkenntnissen gehört auch, daß der Mensch ein kulturelles und soziales Wesen ist, daß seine Geschichte, d.h. seine Lebensbedingungen und damit sich selbst, macht und schafft. Das ist der tiefere Sinn und Zweck der auch individuellen Selbsterkenntnis.

Dagegen treten nicht nur größere Erdscharen der Kirche, des Konservativismus und der Werbeindustrie an, nicht nur große Mengen von Wellness-Beschwörungen und Begabungsideologien werden dagegen ins geistige Feld gebracht, sondern auch allerlei Selbsterfahrungsgehampel wie die Beobachtung der Wölfe mit anschließender Übertragung des Tierreichs auf das menschliche Leben. Hauptzweck: Die Rekonstruktion einer brüchig gewordenen, vermeintlich natürlichen Hierachie, die „Marktwirtschaft“, „betriebliche Ordnung“ oder „unsere Interessen am Hindukusch“ genannt wird.

Gegen diese Vernunftdimmer hilft nur zu fragen: Wem nützt es? Wer verdient daran? Wie werden wir wahrhaft mündig?

Voran geht es nur mit einem Zurück zur Aufklärung.

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Gemeinsames Flugblatt von
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS

Das Weltbild der Frau Auweter-Kurtz

„Die Anstalt dient einem Zweck: Menschen sollen in ihr aufbewahrt, gebessert, gedrillt, erzogen, zur Arbeit angeleitet werden ... aber in allen regiert über Menschen und Sachen der soziale Geltungsdrang einer herrschenden Klasse.“

Kurt Tucholsky, „Die Anstalt“, 1929.

Auch Behinderte, Eltern oder Ausländer könnten ja reich werden. Diese weltanschauliche Bemerkung — frei von Ironie — legitimiere die Abschaffung aller „Befreiungstatbestände“ in einem künftigen Studiengebührengesetz, wenn es nach Uni-Präsidentin Auweter-Kurtz ginge.

Im neuen Gesetzentwurf ist bisher vorgesehen, daß alle Studierenden pro Semester 375 Euro zahlen sollen, die ggf. bis zum 14 Semester, in Sonderfällen auch länger gestundet würden. Wer sozial besonders benachteiligt ist, soll sich also besonders verschulden dürfen. — Darauf ein Gläschen schwäbische Spätlese!

Frau Auweter, von Profession eine deutsche (Raketen-)Ingenieurin, befürwortet — ohne des Zweifels Blässe — Studiengebühren rundum. Die „Autonomie“ der Universität will sie gegen senatliche Gängelung für den „Wettbewerb“, nicht für mehr Demokratie hergestellt sehen. Derweil die neue Wissenschaftssenatorin für die Universität einen Restaurierungs- und Neubaubedarf mit einem Volumen von 500 Mio. Euro feststellt und die Kanzlerin einen „Masterplan“ zur Campusneugestaltung stylen läßt, hält die Präsidentin den artikulierten Bedarf an universitärer Mitbestimmung (Bauplanungsausschuß) in diesen Angelegenheiten für einen Affront.

Ansonsten werden Haushalte überrollt, werden Sponsorenfelder geöffnet, wird Personal bewirtschaftet, wird Bezahlung leistungsorientiert und die Mittelverteilung neu geordnet.

Wirken so vernünftige Menschen? Ist auf diese Weise eine Universität verantwortlich gestaltet?

Keines dieser widersprüchlichen Themenfelder wurde im Akademischen Senat (AS) vertiefend behandelt und kritisch erörtert. Der berechtigte Unmut bleibt verhalten und wird in Artigkeiten weggeklemmt. Das ist nicht ohne Alternative. Sie besteht in der offenen Artikulation von Kritik.

Durch Wirklichkeit fundierte Erkenntnisse haben eine erfreulichere Gestalt: Hier soll gelernt, gelehrt und geforscht werden, um mündiges Eingreifen für eine gerechte, demokratische und friedliche Welt zu ermöglichen. Demokratische Mitbestimmung, kollegiale Zusammenarbeit über Fächergrenzen hinweg, das tätige Lernen aus der Geschichte, eine hohe Bedeutung von Internationalität und wissenschaftlichem Friedensengagement sind einzig zeitgemäß, menschenwürdig und deshalb wegweisend. (Die im AS erfolgte Bekräftigung der Notwendigkeit eines universitären „Rats für Fragen der Wissenschaftsethik“ ist ganz in diesem Sinne.) Auch Gebührenfreiheit und eine bedarfsorientierte Finanzierung des Lernens und der Bildungseinrichtungen gehören zu diesem humanen Programm.

Nur wer seine Möglichkeiten couragiert wahrnimmt, hat einen weiten Horizont und übersieht nicht die naheliegende Solidarität.

Das technokratische Regiment scheitert, wenn vermehrt Kleines klein und Großes groß genannt wird.

Heiterkeit bleibt dann nicht aus. Im Ernst.

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„Bildungsrepublik Deutschland“–:
„Einstieg und Aufstieg“?

„Das hat unser Land nach 1948 stark gemacht. Das brauchen wir genauso für die Zukunft.“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU), anläßlich der Feierstunde des Wirtschaftsminsteriums zum 60. Jahrestag der Währungsreform in den damaligen Westzonen.

 

„Gute Einheitsschulen mögen ihre Verdienste haben, den Kindern aus bildungsfernen Familien den Aufstieg zu erleichtern. Das ist ein großes Problem in Deutschland. Doch werden wir damit auch reicher?“

Winand von Petersdorff, „Schulen für die Elite“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 15.6.`08, S. 36.

 

„Wir verbringen unser Leben in einer gefährlichen Welt. Der Stand unserer Zivilisation ist ein solcher, daß die Menschheit schon alle Mittel besäße, überaus reich zu sein, aber in der Gänze noch immer mit Armut geschlagen ist.“

Bertolt Brecht, „Anrede an den US-Kongreßausschuß für unamerikanische Betätigungen“, 1947.

Unser Land, Angela Merkel, die CDU und das weite, weite Meer der Versprechungen...

Die konservativen C-Parteien stehen als politische Organisationen programmatisch nicht nur für den (verfassungswidrigen) Einsatz der Bundeswehr im Inneren, sondern auch für Studiengebühren, die Abschaffung der Lehrmittelfreiheit, das hemmungslose Rauchen der Schornsteine, ein hierarchisches Menschenbild inklusive der Trennung in „Masse“ und „Elite“–, also nicht nur für bedingungs- und besinnungslose Marktgläubigkeit (sogenannte soziale Marktwirtschaft), sondern auch für eine mehrheitswirksame Propaganda, die die Leute hinters Licht führen soll.

So ist denn auch Angela Merkels Rede vor dem großen Vorbild Ludwig Erhards und ihre geplante Reise durch die Bundesrepublik (in der sie erst seit 1990 Staatsbürgerin ist) zu Kindergärten, Schulen und gar Seniorenheimen zu verstehen, die die Kanzlerin in den kommenden Monaten unternehmen will.

Zwei Tatsachen treiben sie dabei um: Erstens „wenden sich die Menschen von der sozialen Marktwirtschaft ab“. Zweitens müsse Deutschland der „große Gewinner der Globalisierung“ bleiben. Erstens ist für Konservative, leitende Funktionäre und Kapital wirklich problematisch; Zweitens funktioniert wirklich nur, wenn Erstens gewährleistet ist. Deshalb muß schnell Kitt her, eine „Bildungsreise“ und das Versprechen, daß Bildung „Einstieg und Aufstieg“ bedeute – fernab von strukturellen sozialen (auch kulturellen) Ungleichheiten, die durch konservativ-neoliberale Politik – mit williger Assistenz durch Sozialdemokraten und Grüne – auf die Spitze getrieben wurden, fernab von der Deformation des Bildungssystems, die ebenso von diesen Kräften maßgeblich zu verantworten ist. Die Leute werden für sehr vergeßlich gehalten.

Gegen das Vergessen sei gesagt, daß Bildung, Arbeit und Kultur für Alle etwas ganz anderes ist und beispielsweise – nicht zuletzt – bedeutet, Studiengebühren gänzlich abzuschaffen, Friedensforschung zu betreiben und süßlicher Propaganda keinen Glauben zu schenken.

Der Wahrheit die Ehre. Der Tat die Erinnerung. Der Mehrheit die Zukunft.

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„Erfrischend konservativ“?
Über den Unterschied zwischen Mief und frischer Brise

„Noch etwas zeigte sich bei diesem Parteitag, der unter dem Motto: ‘Erfrischend konservativ’ stand. Die Debatten- und Diskussionskultur der CDU ist auf einem Nullpunkt angekommen. Nach einer kritiklosen und einhundertprozentigen Zustimmung der Partei zum Koalitionsvertrag im April meldete sich auch beim Parteitag in der öffentlichen Aussprache niemand zu Wort. Kritik übten die Delegierten ausschließlich in der Wahlkabine.“

Rebecca Kresse, „Wahl-Schock für Michael Freytag“, „Hamburger Abendblatt“, 30.6.'08, S. 12. Ein Bericht zum CDU-Parteitag.

 

„In der Stickluft dieser ungelüfteten Treibhäuser gedeihen die Mikroben der Religion, des Berufskostüms und des Vaterlandes.“

Kurt Tucholsky, „Traktat über den Hund, sowie über Lerm und Geräusch“, 1927.

In der CDU wird traditionsgemäß nicht diskutiert (Demokratie), sondern schlicht nach Gutsherrenart (Frauen dürfen das bisweilen auch) gehandelt. Im Geiste klarer Hierarchien war dies schon immer so. Die biedere Praxis dieser Partei hat den kulturellen Nullpunkt noch nie überschritten.

In einer solchen Atmosphäre gedeiht üppig die Politik nach den drängenden Wünschen der großen Mitglieder der Handelskammer – geheißen „Wachsende Stadt“. Nach den entsprechenden Maximen werden beispielsweise die öffentlichen Krankenhäuser an „Asklepios“ mit Aufschlag verschenkt, Studiengebühren durchzuzocken versucht und ein maritimes Kriegsmuseum installiert. Schornsteine müssen eben rauchen. In diesem Sinne werden auch Atomkraftwerke zu „Öko“ erklärt. Deshalb hat die hamburgische CDU bzw. Ole v. Beust oder Karin v. Welck keinerlei Probleme mit der „Kreativen Stadt“.

Da der Lümmel Bevölkerung aber nicht mehr ungebrochen mit diesem Blödsinn einverstanden war und die CDU nicht weiter allein die Stadt regieren konnte, wurden die Grünen als munteres Hündchen auf den Schoß genommen.

Das hat nicht alle Konservativen begeistert, obwohl das Primat der staatlichen Machtsicherung heimlich murrend anerkannt wurde. Aus diesem Widerspruch heraus hat Michael Freytag für seine Wahl zum Parteivorsitzenden „nur“ etwas über 70 Prozent der Delegiertenstimmen auf dem Parteitag der CDU zur Wahl des Vorsitzenden erhalten.

Das sollte weniger bekümmern als die Tatsache, daß durch die erweiterte Domestizierung der Grünen die Konservativen fortgesetzt die Stadtpolitik dominieren.

Rechte Politik ist nach wie vor die Politik der privaten Gewinnmaximierung, mit einer kräftigen Portion verbrauchter Luft (in diesem Milieu entsteht auch der Sterbe-Automat eines Roger Kusch!) – bewacht von Polizei.

Deshalb hat das unbedingte Nein zu den Studiengebühren auch seine erfrischende Bedeutung.

Hamburg ist für eine frische Brise bekannt.

Wissenschaftsausschuß der Hamburgischen Bürgerschaft
Sitzung zur Auswertung der öffentlichen Anhörung zu Studiengebühren

Dienstag, den 8. Juli 2008, 17 Uhr, im Rathaus

Die Sitzung ist öffentlich, die Öffentlichkeit hat jedoch kein Rederecht. Großzahlige kritische studentische Anwesendheit wird dazu beitragen, daß die Ausschußmitglieder sich Mühe geben müssen.

Redebeitrag zur Öffentlichen Anhörung zu Studiengebühren vor dem Wissenschaftsausschuß der Hamburgischen Bürgerschaft am 1. Juli 2008 im „Kaisersaal“ des Rathauses.

Zu den Studiengebühren – hier im „Kaisersaal“.

Liebe Engagierte, aufmerksam Teilnehmende; sehr geehrte Entscheider und Entscheiderinnen - Welchen Maßstab zur wohl folgenreichen Entscheidungsfindung legen wir zugrunde?

Ich schlage nachdrücklich ein klassisches und allgemeingültiges Motiv vor: Die Würde des Menschen!

Friedrich Schiller dichtete 1796 - also lange Zeit vor dem ersten Artikel des Grundgesetzes für die BRD - kurz und bündig dazu:

„Würde des Menschen
Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen;
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst.“

Vorausgesetzt, die nunmehr in einem neuen Anlauf gewollten Studiengebühren seien tatsächlich „nachgelagert“, es entstünden dabei keine zusätzlichen sozialen Härten, die erwarteten Einnahmen flössen realiter vollends und zusätzlich an die Hochschulen und dienten wirklich der Verbesserung der Lehre im engeren Sinne; angenommen, die strukturelle Unterfinanzierung der Hochschulen würde nicht fortgesetzt, sondern behoben und die gestuften Abschlüsse mit ihrer „STINe“-Gouvernanz seien wissenschaftsfreundlich, studierbar und dem demokratischen Engagement der Studierenden rundum förderlich (was alles freilich nicht ist), so blieben die Studiengebühren allenfalls Studiengebühren.

Sind sie also mit der Würde des Menschen vereinbar?

Ist es menschenwürdig, reines „Humankapital“ für eine abstrakte und ethikfreie Verwertung zu sein?

Stellt die Konkurrenz aller gegen alle den Hochpunkt zivilisatorischer Entwicklung dar?

Ist das menschliche Leben nur etwas wert, wenn die Börsenkurse dabei steigen? (Fragen wir Herrn Dr. Seltsam - Pardon - Kusch!

Kann Wissenschaft am besten über den Trichter (wie bei Stopfgänsen) angeeignet werden?

Trägt das Hamsterrad zur allgemeinen wie besonderen Kultivierung der Gesellschaft bei?

Hat das betriebswirtschaftliche Diktat zukunftsgebende Bedeutung für verantwortliche Wissenschaften in einer humanen Gesellschaft?

Läßt sich das Wirken der Hochschulen für den Frieden mit munteren „Credit-Points vereinbaren?

Ist die Schwarz-grüne Koalition ehrlich, wenn sie den Großteil dieser Fragen mit JA beantwortet?

Sie sehen, Politik, Gesellschaft und Hochschulen stehen vor grundlegenden Fragen, die nicht zuletzt auch in individueller Seriosität beantwortet werden müssen.

Zu diesem Zwecke schließe ich meine mentalen Anregungen mit einem weiteren Schiller-Zitat von 1779 ab:

„Auch gut! Philosophie hat eure Gefühle geläutert;
Und vor dem heitern Humor fliehet der schwarze Affekt.“

Ein Tor, wer Schlechtes dabei denkt und nicht vernünftig handelt. Gründlich währt am längsten.

Das ist nur kompromißlos möglich.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Olaf Walther)

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„Opa Hoppenstedt“ und die Funktion der Studiengebühren
oder
Wer gewinnt: Realität oder Satire?

„Meister Hegel sagte: Dinge sind Vorkommnissse. Zustände sind Prozesse. Vorgänge sind Übergänge.“

Bertolt Brecht, „Von der großen Methode“, in: „Me-ti/Buch der Wenndungen“, entstanden in den 1930er Jahren des Exils.

Die Satire gleicht dem echten Leben.

„Opa Hoppenstedt“ (Loriot) betritt, mit seinem Regenschirm fuchtelnd und rhythmisch vor sich hintrompetend, da er stets ein Marschlied in sich trägt, in der Vor-Weihnachtszeit ein Spielzeugwarenfachgeschäft, um ein Weihnachtsgeschenk für seinen Enkel „Dickie“ zu erwerben.

Die Spielzeugwarenfachverkäuferin (Evelyn Hamann) bekommt lange auf ihre diversen Fragen, ob das Enkelkind denn ein Junge oder ein Mädchen sei, keine Antwort.

Als sie sich endlich zu der Frage durchringt, ob das Kleine möglicherweise „ein Zipfelchen“ habe, antwortet der empörte Großvater, daß das Kind alles habe, was es brauche: „Schläge, strenge Eltern,...“

Bei dem nun doch erfolgreich gekauften Geschenk handelt es sich um ein Modell eines Atomkraftwerks, mit dem ein Größter Anzunehender Unfall (GAU) simuliert werden kann („...die Kühe fallen um...“).

So weit diese kleine Geschichte.

Springen wir zurück in die traurige Realität: Am Schluß der öffentlichen Anhörung vor dem Wissenschaftsausschuß der Bürgerschaft am 1. Juli im „Kaisersaal“ (wirklich unter anderem mit einer Kaiser-Wilhelm-Büste) des Rathauses trat ein RCDS-Mitglied und Student der Bundeswehr-(Helmut-Schmidt-)Universität an das Mikrophon, um vehement für Studiengebühren zu plädieren – er selbst muß keine zahlen! – und zu der Pointe aufzusteigen, daß die Disziplinierung durch die Studiengebühren manchen im Saale nicht schaden würde. (Gemeint waren die lachenden Gegner der finanziellen Knute.)

Hiermit war ausgesprochen, was Jörg Dräger die „Lenkungsfunktion“ des Bezahlstudiums genannt hat, die CDU sich nicht offen auszusprechen traut und was die regierungstrunkene GAL nicht wahrhaben will.

Wer aber offener Sinne geblieben ist, konnte sich an den Loriot-Sketch mit „Opa Hoppenstedt“ und dem Atomkraftwerk für „Dickie“ erinnert sehen. (Schläge und Miltärdienst haben ja schließlich auch noch niemandem geschadet.)

Der Bogen zum Wirtschaftsleben und der entsprechenden CDU-Politik ist damit hergestellt, daß der CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla – nur übertroffen durch die Karikatur von Mathias Richling – die Kernenergie flotterdings zur „Öko-Energie der CDU“ erklärt hat.

Also: Wir brauchen keine Marschmusik und keine Schläge; an Atomkraftwerken ist uns auch wenig gelegen.

Dasselbe gilt für Studiengebühren und Untertanengeist.

Meister Hoffnung sagt: Alle Übel sind endlich.

Wissenschaftsausschuß der Hamburgischen Bürgerschaft
Sitzung zur Auswertung der öffentlichen Anhörung zu Studiengebühren

Dienstag, den 8. Juli 2008, 17 Uhr, im Rathaus

Die Sitzung ist öffentlich, die Öffentlichkeit hat jedoch kein Rederecht. Großzahlige kritische studentische Anwesendheit wird dazu beitragen, daß die Ausschußmitglieder sich Mühe geben müssen.

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„Gefreut hat mich...“
oder
Wie der Bürgermeister nun die Welt sieht

„Es gibt große Schnittmengen zwischen den Grünen und der CDU auf der Bundesebene. Die Energiepolitik ist vermutlich das mit Abstand schwierigste Thema. Auch bei Fragen der inneren Sicherheit gibt es viel Trennendes. In der Außenpolitik sehe ich weniger Schwierigkeiten. Die Grünen tragen die Auslandseinsätze der Bundeswehr mit und stehen hinter dem europäischen Gedanken. Auch in der Wirtschaftspolitik sind viele Grüne vernünftig, jedenfalls aus meiner Sicht.“

Ole v. Beust im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 13.7.'08.

 

„Der Staat, so, wie er heute ist, soll sich überhaupt nicht um uns kümmern. Er soll uns zufrieden lassen, seine Straßen beleuchten, die Gefängnisse reformieren und, wenn er ein übriges tun will, die Aborte der Deutschen Reichsbahn in einen menschlichen Zustand versetzen. Das sind seine Kulturaufgaben. Um den Rest kümmere er sich nicht. Es geht ja doch schief.“

Kurt Tucholsky, „Ausgezeichnete Leute“, 1926.

Ole v. Beust habe sich darüber gefreut, daß die Grünen so schnell die Möglichkeit dieser Koalition gesehen hätten. Auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat ihm nicht reingefunkt. Fein, fein; brav, brav.

Die „Milieus“ und „Entwürfe“ seien in Großstädten inzwischen so verwoben, daß das Zusammengehen möglich geworden sei. Soziologische Nebelschwaden werden hier sanft über Senatsposten und realpolitische Marktkonformität gelegt.

Da die Grünen mittlerweile gelernt hätten, daß es ohne Wirtschaftswachstum (Profite) nicht ginge und die CDU begriffen habe, daß ungehemmtes Wachstum die Ressourcen zerstöre (deshalb: Atomkraft?), sei man aus den ideologischen Schützengräben herausgekommen. Die Grünen seien nicht mehr wirtschaftsfeindlich und realitätsfern und er, der das bisher angenommen habe, nicht mehr überheblich. Darauf einen Cognac. Stehen sie jetzt gemeinsam an einer Front?

Die Kampflinie ist auf jeden Fall klar – Betriebswirtschaft für die ganze Gesellschaft: Kriegführung, Lohndumping, Verscherbeln öffentlichen Eigentums, Studiengebühren, und das ganze geschnürt mit „Innerer Sicherheit“.

Deshalb wird die „Linkspartei“ auch als möglicherweise „temporäre Erscheinung“ abgetan und über den „Protest“ mit der „Schill-Partei“ gleichgesetzt – auch, wenn Krieg und Frieden zwei verschiedene Welten sind.

Nun hat der Herr Bürgermeister uns genug erzählt.

Opposition bleibt erforderlich und lohnend. Die „Wachsende Stadt“ ist eine Zumutung.

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Entschuldigung!
oder
Die neue Daseinsform

„Kluge Köpfe verdienen, was sie verdienen.
Frankfurter Allgemeine Stellenmarkt
Samstags. Sonntags. Immer.“

 

„5
Die Unternehmer dort: nur jeden dritten
Können sie brauchen und verwerten sie.
Ich sagte den Nichtunternommenen: Die müßt ihr bitten
Ich selbst versteh nichts von Ökonomie.“

Bertolt Brecht, „Ballade von der Billigung der Welt“, 1934.

Frau Herlind Gundelach (CDU), neue Wissenschaftssenatorin alten Schlages, rechtfertigte den im Wissenschafts- und Haushaltsausschuß der Bürgerschaft zur Beratung vorgelegten Entwurf zur Erhebung von Studiengebühren nicht nur „klassisch“ mit dem Kundenverhältnis der Studierenden zur Hochschule, sondern legitimierte den (geplanten) Wegfall der Befreiung für Eltern mit Kindern sowie Behinderten und chronisch Kranken mit der phantastischen Vision, auch diese Gruppen könnten ja nach dem Studium viel Geld verdienen.

Ebenso könnten fürsorgliche Eltern zur Vermeidung von Schuldenanhäufung ihrer Kinder die Studiengebühren sofort zahlen. Sie würde das ja schließlich auch tun. (Mit einer staatlichen Besoldung von 13.000 Euro im Monat mag dies nicht schwerfallen.) Liebe geht, so ist anzunehmen, nicht nur durch den Magen, sondern auch durch das Portemonnaie.

Sicher ist auf jeden Fall, daß das neue Modell, so es denn politisch bis zum September diesen Jahres durchgesetzt werden kann, den städtischen Haushalt jährlich bis zu 20 Millionen Euro für Zinsen und Verwaltungsaufwand kosten kann. Im Jahr 2023 können so für die Stadt Hamburg bis zu 215 Millionen Euro summiert sein.

Die Mittel, die zusätzlich durch die Gebühren fließen sollen, werden durch die städtische Wohnungsbaukreditanstalt vorgestreckt, die wiederum dafür einen Kredit aufnehmen muß. Da die Gebühren „nachgelagert“ sind (was in vielen tausend Fällen wegen Alters- und Semesterbeschränkungen nicht gilt!), entstehen hohe Zins- und Verwaltungskosten, die die Steuerzahler wieder tragen müssen.

Hieraus wird wiederum – hinter allen feuchten Nebelschwaden – deutlich, wie wichtig der CDU (mit der GAL am Händchen) die ordnungspolitische „Lenkungsfunktion“ dieser Lernstrafgebühr ist.

Der Kunde zahlt für eine Leistung, beeilt sich brav, damit es nicht teuer wird und macht sich wohlfeil, um sich reibungsloser verkaufen zu können. Das läßt uns der Senat einiges kosten. Die erzwungene Devotion ist den Konservativen und ihren Assistentinnen und Assistenten lieb und teuer. Wer mehr und anderes will, fühle sich schuldig.

Mit Wissenschaft hat dies wenig zu tun; demokratisch, sozial und kultivierend ist's auch nicht. Produktives und kooperatives Lernen geriete auf diese Weise ins dunkle Abseits. Sinnvoll geht auch anders.

Somit bleiben Studiengebühren nach wie vor nur vollständig abzuschaffen.

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Wollen Grüne nicht mit der CDU kuscheln?
oder
Die Wohlgerüche des Rathauses

„Das Geheimnis des neuen Miteinanders erklärte sie so: ‚Das ist kein Kuschelkurs – aber wir tappen nicht so leicht in die Falle, dass wir uns unsere Erfolge gegenseitig nicht gönnen und madig machen.‘ Das sei der große Unterschied zur Großen Koalition in Berlin. Erste Duftmarken hätten die Grünen gesetzt, sagte Hajduk, etwa mit den nachgelagerten Studiengebühren und in der Schulpolitik, wo die CDU quasi eine Abschaffung der Hauptschule akzeptiert habe.“

Anja Hajduk, Hamburger Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt im Interview mit der „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 28.7.‘08, S. 10.

 

„‚Jeder Abiturient sollte schon wissen, was er studieren möchte. Und jeder studentische Examenskandidat sollte unbedingt wissen, welche Karriererichtung und welche Karriereziele er anstrebt‘, sagt Berater Heiko Mell.“

Tim Farin und Christian Parth, „Aufstieg nach Plan“, „ Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 26./27. 7.‘08, S. C1.

 

„Kein Bier, keine Süßigkeiten, turnen, früh aufstehn, Karlsbader Salz, durch den Tiergarten gehn, Spanisch lernen, eine ordentliche Bibliothek, Museum, Vorträge, Vaseline auf dem Waschtisch, keine Schulden mehr, Rasieren lernen. Radio basteln – Energie! Hopla! Das wird ein Leben!“

Kurt Tucholsky, „Neues Leben“, 1926.

Mancher Weg geht immer nach oben, bis er abbricht.

Also: Eine erste Duftmarke ist die Fortsetzung der rundum unsinnigen und schädlichen Studiengebühren. Gegen die eindeutig selbst proklamierte Absicht, für die die GAL ja schließlich auch gewählt wurde, Studiengebühren gänzlich abschaffen zu wollen, werden nunmehr Gerüche erzeugt. Da aber die Grünen sich von der CDU mit Senatsposten und feuchtem Händeschütteln fair behandelt fühlen, fällt ihnen der Gestank gar nicht auf. So erzieht man Nasen.

Trotz der Umriechung aller Rieche bleibt Frau Hajduk immerhin sachlich und meint, daß die Hamburger Koalition kein Modell für andere Länder noch gar für den Bund sei. Außerdem lasse sich nach hundert Tagen dieses Bündnisses nicht mehr sagen, als daß die Anfangsphase gut sei. Der Beweis, daß diese Koalition belastbar sei, müsse noch angetreten werden.

Das ist richtig, den Beweis, daß die Stadtpolitik mittels des Einkaufs der Grünen durch die CDU zu Verbesserungen geführt hat, ist noch nicht erbracht worden.

Die GAL hat sich nämlich aus Gründen mangelnder Gedankenschärfe bzw. schwacher Standhaftigkeit (das Liberale mag zwar naturfreundlich sein, hat aber wenig soziales Bewußtsein) ganz banal zur simplen Mehrheitsbeschafferin degradieren lassen, damit begründete politische Forderungen, die mehrheitlich in der Bürgerschaftswahl zum Ausdruck gekommen sind (beispielsweise wie die Abschaffung der Studiengebühren und die Ablehnung der Privatisierungen öffentlichen Eigentums), relativiert bis unterlaufen werden können.

Insofern ist der Beweis erbracht, daß manche Wahlprogramme wenig belastbar sind und daß auch und gerade diese Regierungskoalition ein kräftiges Maß an parlamentarischer wie außerparlamentarischer Opposition verdient.

Krieg ist nicht Frieden, Moorburg ist kaum ökologisch, die Elbphilharmonie ist keine Volksbühne, opportunistisch ist nicht opportun, Duldung nicht die erste Bürgerpflicht und: Studiengebühren gehören immer noch abgeschafft.

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Erinnern für die Zukunft:
Hiroshima und Nagasaki

„Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer. Die Beschreibungen, die der New Yorker von den Greueln der Atombombe erhielt, schreckten ihn anscheinend nur wenig. Der Hamburger ist noch umringt von Ruinen, und doch zögert er, die Hand gegen einen neuen Krieg zu erheben. Die weltweiten Schrecken der vierziger Jahre scheinen vergessen. Der Regen von gestern macht uns nicht naß, sagen viele.
Diese Abgestumpftheit ist es, die wir zu bekämpfen haben. Ihr äußerster Grad ist der Tod.“

Bertolt Brecht, Zum Völkerkongreß für den Frieden, Wien 1952.

Das historische Gedächtnis bildet eine wesentliche Quelle für das "Nie wieder!" Die engagierte Verneinung der Zerstörung ist der Ausgangspunkt für eine produktive Entwicklung.

Die japanische Hafenstadt Hiroshima wurde am 6.8.1945 nach dem skrupellosen Abwurf einer US-amerikanischen Atombombe prompt zu 60 Prozent zerstört; 86.000 Tote und 61.000 Verwundete waren die unmittelbare katastrophale Folge.

Drei Tage später, am 9.8.1945, wurde die japanische Küstenstadt Nagasaki fast vollständig durch eine US-amerikanische Atombombe dem Erdboden gleich gemacht; auch hier waren zigtausend Menschen getötet und verwundet worden.

Die mahnende Erinnerung daran wird in beiden Städten bis heute wach gehalten. Der Appell, der von dort erklärtermaßen ausgeht, ist die vollständige weltweite atomare Abrüstung. Der Besitz, die Herstellung und die Stationierung von Atomwaffen auf japanischem Boden sind offiziell verboten.

Die Rede von Barack Obama, des demokratischen Kandidaten für die Präsidentschaft der USA, ist viel beachtet, über sie ist viel berichtet worden.

Was aber in der Öffentlichkeit so gut wie keine Rolle spielte, war sein Appell zur nuklearen Abrüstung. Die Welt müsse die Atomwaffenarsenale zurückfahren und ohne Atomwaffen auskommen.

So eine klare positive Aussage zur Weltpolitik war bislang noch nie von einem Anwärter auf das mächtigste politische Amt der USA zu hören.

Eine solche Willensbekundung des Kandidaten Obama ist mit grüßter Wahrscheinlichkeit auf die durch die Bush-Politik entstandenen politischen und sozialen Krisen sowie das internationale Engagement der Friedensbewegung und auch die kritische Unzufriedenheit in den Bevülkerungen vieler Länder, auch den USA, zurückzuführen.

Deshalb ist es lohnend, dem gerichteten Unmut neue Nahrung zu geben und den wachsenden Erkenntnissen entsprechende Taten folgen zu lassen.

Wache Erinnerung schafft eine friedliche Zukunft.

Kundgebung zum Hirohimatag 2008
„Hiroshima und Nagasaki mahnen –
unsere Welt atomwaffenfrei!“

Samstag, den 9. August, 11 bis 14 Uhr,
Ort: Ida-Ehre-Platz (Mönckebergstraße)

Veranstalter: Hamburger Forum e.V.

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Was ist die Alternative zum organisierten Stumpfsinn?
Mehr Markt oder eine neue Aufklärung?

„Die Stadt Hamburg ist eine gute Stadt; lauter solide Häuser. Hier herrscht nicht der schändliche Macbeth, sondern hier herrscht Banko. Der Geist Bankos herrscht überall in diesem Freistaate, dessen sichtbares Oberhaupt ein hoch- und wohlweiser Senat.“

Heinrich Heine, „Memoiren des Herren von Schnabelewopski“, 1833.

„Was sich nicht rechnet, darf nicht bleiben“ textete der Künstler Michael Batz im „Hamburger Jedermann“. (Er hat seine ironische Weisheit inhaliert und verkauft sich nun im Hafen als Szeneausleuchter – „blau“ – der Wachsenden Stadt.)

„Was sich nicht rechnet, darf nicht bleiben“ ist auch die Ideologie, der die Wissenschaftssenatorin Gundelach und die Uni-Präsidentin Auweter anhängen. Aus diesem zweifelhaften Motiv erwägen sie, die Universität einzustampfen und den Campus auf den Kleinen Graasbrook in die eckig-öde Hafen-City zu verlegen. Dabei geht es um „Renomée“ und um die Zerstörung kritisch-aufklärerischen Erbes, keinesfalls um Vernunft. Die Degradierung von Bildung, Wissenschaft und Mensch zum Standortfaktor soll auch insbesondere baulich verordnet werden.

Es wäre ein Irrtum, daß diese tumbe Phantasie der Verbesserung der Lehr-, Lern- und Forschungsbedingungen diene und in diesem Zusammenhang kostengünstig sei. Tatsächlich sind in die vollendeten Sanierungen am Campus (Rechtshaus, PI, Philturm-Fassade, ESA, Audimax, Pferdestall-Foyer sowie riesige Neu- und Umbauten in der Bundesstraße) schon viele kluge Gedanken, Arbeitsstunden und etliche Millionen Euro investiert worden. Außerdem wäre selbst ein substanzerhaltender, aber gestalterisch großzügiger Umbau der promblematischen Gebäude „Wiwi-Bunker“ und Geomatikum mindestens um das 15-fache günstiger als ein Abriß und Neubau. Zu berücksichtigen ist zudem, daß die Verwertung der alten, hochwertigen Bausubstanz eine höhere Qualität verspricht als alle Universitäts-Gebäude, die unter den Vorzeichen neoliberaler Hochschulmodernisierung gebaut sind. Auch könnte selbst die von der Präsidentin angemeldete Erweiterung der Universitätsfläche um ein Drittel vor Ort realisiert werden. (Es fragt sich allerdings, wofür? Denn die Uni – inkl. HWP – hat etwa 8.000 Studierende weniger als zu ihren Hochzeiten. Daran würde erst eine weitgehende demokratische Bildungsreform etwas ändern.)

Die Androhung der brachialen Umgestaltung hat also auf keinen Fall zur Folge, das humanistisch-universell Nützliche als das wahrhaft Schöne bzw. Praktische zur Geltung zu bringen. Sie dient vielmehr ebenso der Ablenkung von den schon jetzt überdimensionierten Problemen der Hochschule nach einer langen Phase betriebswirtschaftlicher Deformationen und der Verhinderung von kritischer Kooperation zur Verbesserung der Lage. Auch soll wohl der Weg für die Durchsetzung wissenschaftlich, politisch und funktional zweifelhafter Private- Public-Partnership-Verträge (z.B. für das Geomatikum) freigeräumt werden. Derweil kumulieren die Probleme – inhaltlich, strukturell und baulich.

Schlicht bedenklich ist schon pure Eitelkeit. Wie bedenklich ist erst, diese auf eine konzeptionelle Grobheit zu gründen?

Der Bogen ist somit zum Reißen gespannt.

Die Verbesserung der architektonischen Gestaltung der Universität setzt stattdessen eine Renaissance kritischer Verantwortung der Wissenschaften für die Gesellschaft, eine Neubelebung demokratischer Partizipation und sozialer Öffnung voraus. Dafür lohnt es sich kooperativ zu streiten:

Wider die entwürdigende Versetzung der Universität!

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Jahreszeiten
oder
Was ist eigentlich ein „Heißer Herbst“?

„Der zweite Bürgermeister tut sich etwas darauf zugute, nur Beamter im Dienst zu sein und nichts als das – das ‚Menschliche‘ holt er in Mußestunden hervor und zu ganz besonders schönen Anlässen – dann heißt dergleichen ‚human‘. Es ist die ehemals preußische Furcht darin, alles Menschliche sei von vornherein verdächtig, unangemessen, ungehörig – und es wird darum verjagt wie Singvögel von einem Kasernenhof.“

Kurt Tucholsky, „Das ‚Menschliche‘“, 1927.

Frank Horch, Präses der Handelskammer Hamburg, tadelt den amtierenden Senat und droht ihm, falls nicht hinreichend Folgsamkeit gegenüber der Privatwirtschaft eintrete, mit (neoliberaler) außerparlamentarischer Opposition.

Unzweideutig erwartet wird seitens „der“ Wirtschaft die reibungslose Genehmigung des Kohlekraftwerkes Moorburg, das durch den Kundenpeiniger Vattenfall errichtet, betrieben und verwertet werden soll, der Hafenausbau, die ausreichende Bereitstellung von Gewerbeflächen, keine Steuererhöhungen für das Kapital sowie die Konsolidierung des Haushaltes – also die eierlegende Wollmilchsau für eine kleine gesellschaftliche Minderheit, genährt durch den schwarz-grünen Senat.

Die Zeit der Flitterwochen (der Koalitionspartner) sei vorbei. Die Handelskammer sei mittlerweile unzufrieden, es deute vieles auf einen „heißen Herbst“ hin. Der „Heiße Herbst“ ist eigentlich und ursprünglich eine Metapher für nachdrückliche Handlungen der linken Seite des politischen Spektrums zur Abwendung von Bedrohungen und Verschlechterungen bzw. zur Verbesserung der allgemeinen Lage durch außerparlamentarische Bewegung und entsprechende Aktivitäten.

1983 ging die Friedensbewegung in vehemente Opposition zur geplanten Stationierung von Mittelstreckenraketen (Pershing II) und Marschflugkörpern (Cruise Missile), die zur „Führbarkeit“ und „Gewinnbarkeit“ eines scheinbar begrenzten (Atom-)Krieges gegen die damalige Sowjetunion auf dem Boden der BRD dienen sollten. Die gerade in den Bundestag gewählten Grünen votierten gegen diese Stationierung, die allerdings eine Mehrheit (Kohl-Regierung: CDU/CSU, FDP) fand. Der bildhafte Ausdruck „Heißer Herbst“ wurde zum Wort des Jahres 1983 gewählt.

Wenn Herr Horch von der Handelskammer diesen Begriff vollmundig verwendet, dreht er nicht nur Sinn, Zweck und Ursprung der Bedeutung um, sondern macht auch deutlich, daß die Geltung des Wortes mit ihrem ursprünglichen Inhalt aktuell und kritisch gegenüber den Übeln neu lebendig gemacht werden muß.

Reformen sind nur dann authentisch, wenn wirklich Menschenwürdiges dabei herauskommt. Mühsal und Ärgernisse gibt es genug. Menschliches – ohne Anführungszeichen – bedarf des entsprechenden Engagements.

Moorburg ist Schiet, Studiengebühren gehören immer noch abgeschafft – und die Uni gehört in die Nähe der Alster und nicht an die Elbe.

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Einhundert Tage Schwarz-Grün
oder
Deutung und Bedeutung der Wirklichkeit

„Die Rahmenbedingungen der Industrie sind nicht besser geworden. Auf Zeit zu spielen wie bei Moorburg schadet den Unternehmen und dem internationalen Ansehen unseres Standorts. Gewollter Stillstand in der Wirtschaftspolitik ist für uns gleichbedeutend mit der Aufgabe des Ziels einer wachsenden Stadt. Wir fordern die Genehmigung des Kraftwerks zügig zu erteilen und nicht weiter zu verzögern. Die Reduzierung der Flächenausweisung für die Industrie ist ein gefährlicher Rückschritt.“

Hans-Theodor Kutsch, stellvertretender Vorsitzender des Industrieverbandes Hamburg. Er gibt nach 100 Tagen Regierungszeit des amtierenden Senats der Regierung die Note 3- bis 4+. („Hamburger Abendblatt“, 15.8.'08.)

 

„Da lesen wir nun so viel über Bankenkrachs, zerplatzte Versicherungsgesellschaften, Geschäfte, die ihre Zahlungen eingestellt haben... viel Geld ist da verloren gegangen, viel Geld der andern – ja. Und was glauben sie, wird uns da beschrieben? Die letzte Verzweiflung der kleinen Leute, die ihre Spargroschen nicht mehr wiedersehen? zerstörtes Alter? zerstörtes Leben? Ach nein, das nicht. Es werden uns die Bankiers beschrieben. Was tun die Bankiers-? Sie brechen zusammen.“

Kurt Tucholsky, „Handelsteil“, 1929.

Es ist bemerkenswert, wie trotz aller Krisen, Probleme, Schwierigkeiten respektive gescheiterter Konzeptionen und politischer Ratlosigkeit an alten und brüchigen (maroden) Dogmen festgehalten wird.

Als unrealistisch gilt: Kriege beenden, Truppen abziehen, Schäden beseitigen, Konflikte vernünftig regulieren, die Armeen abbauen, Rüstungsexporte unterbinden, die Kriegsproduktion zivil umwandeln, das Vertrauen in tatsächliche Demokratie, Befehl und Gehorsam durch durch gleichberechtigte Umgangsformen zu ersetzen, internationale Kooperation.

Für populistisch wird erklärt: Vollbeschäftigung, sinnvolle Arbeit, ernst zu nehmende Mitbestimmung, ausreichende Lohnzahlungen, bedarfsgerechte soziale Sicherungssysteme, Kultur für Alle (jenseits von Halli-Galli oder Elite-Tempeln), Bildung für Alle (gebührenfrei), Gesundheits- statt (kommerzielle) Krankenhäuser, Lebensfreude.

Sachzwang soll zweifelsohne sein: Rauchende Schornsteine, steigende Börsenkurse, fallende Unternehmenssteuern, die natürliche Hierarchie zwischen Arm und Reich, der Ellenbogen als permanente Allzweckwaffe (genetisch festgelegter Egoismus), willige Regierungen bzw. Koalitionspartner, billige Untertanen, profitable Devotion.

Als unweigerlich sollen gelten: die schamlos teure Elbphilharmonie, eine notorisch häßliche Hafencity, ein schwarz schlotendes Kraftwerk sowie die widersinnigen Studiengebühren – der Regen falle von unten nach oben...

Der schwarz-grüne Senat ist gut einhundert Tage im Amt. Er verdient eine glatte Fünf. (Versetzung gefährdet.)

Schlechter geht's kaum. Besser ist dringend erforderlich.

Veränderung gelingt durch vehemente Nachhilfe. Sie sollte zügig begonnen werden.

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Gemeinsames Flugblatt von
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS

Zum wievielten Mal:
Weltgeltung?!

„Gundelach: [...] Aber in den letzten 20 Jahren hat sich die Gesellschaft stark gewandelt. Wir haben erhebliche Migrationsbewegungen und sind wirtschaftlich viel stärker vernetzt. Wir sind auch technologisch in Gefahr, von außen überrollt zu werden. Das kommt jetzt in den Köpfen an. Viele haben erkannt, dass eine Stadt, die zukunftsfähig sein will, eine optimale Universität braucht. Durch die Globalisierung stehen wir vor neuen Fragen. Zum Beispiel: Wie können neue Kulturen integriert werden und wie können wir in anderen Ländern Fuß fassen? Deshalb brauchen wir nicht nur die Naturwissenschaften und die Technik, sondern auch die Geisteswissenschaften.“

Die Welt (Online), „Gundelach wirbt für Beteiligung der Wirtschaft“, 26. Juli 2008.

Dividende ohne Ende? – Dieser schlichten Doktrin folgt auch die neue Wissenschaftssenatorin. CDU verpflichtet. Die „Schicksalsgemeinschafts“-Rhetorik, derzufolge „wir“ („Deutschland“oder „Du“) im internationalen Kampf der Standorte höchst gefährdet seien, macht das kriegerische Wesen dieser Anschauung deutlich. Konservatismus ist im Kern nichts anderes.

Kultur, Gesellschaft, Menschen, Wissenschaft und Leben bleiben so gründlich unverstanden: Denn „Wirtschaft“ gibt es auch, wenn nicht der Profit und damit ein selbstsüchtiges Minderheitsregime rücksichtslos dominiert. Das (internationale) Zusammenleben ist nicht natürlicherweise – sondern wesentlich bedingt durch die systematische soziale Ungleichheit – von Konkurrenz getrieben. Menschen werden nicht egoistisch geboren. Wissenschaftlicher Fortschritt entsteht nicht aus Opportunismus, sondern seit Menschengedenken aus der Kritik am Gängigen (Wagnis), und das individuelle Leben ist von gesellschaftlichem Lernen nicht zu trennen. Die Universität wäre deshalb – ginge es vernünftig zu – eine kooperative Lehr- und Lerngemeinschaft für eine friedliche, demokratische und soziale Welt.

Frau Gundelach hingegen sieht in Bildung und Wissenschaft nicht einen wesentlichen Modus emanzipatorischer Weltaneignung, sondern ein Instrument der imperialen Standortsicherung.

Deshalb soll sich die Universität in den Bereichen „Nano-Technologie“, Logistik“, „Lifescienes“ etc. marktmäßig profilieren (sonst überollten uns die südostasiatischen Horden). Außerdem sollen „Kulturen integriert werden“, um global für Deutschlands Platz an der Sonne zu werben. Alle Wissenschaften vom Menschen (und für ihn), von seiner Geschichte, Kultur und sozialen Entwicklung hätten letztlich dienende Funktion für die private Ökonomie („soft skills“) anstatt eine konsequenzenreiche Bedeutung für Aufklärung, humanistische Kritik, kooperative Verständigung und daraus resultierend: für eine wahrhaft allgemein produktive Entwicklung der Zivilisation.

Deshalb sollen auch alle vernünftigen Errungenschaften vorangegangener sozialer Kämpfe zwischen die Mühlräder einer scheinbar endlosen Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft geschoben werden: Chancengleichheit, die soziale Ermöglichung lebenslangen Lernens, demokratische Selbstverwaltung, eine bedarfsgerechte öffentliche Bildungsfinanzierung, ein aufgeklärter Impetus und ein kritischer Gesellschaftsbezug gelten genauso als Pofel wie eine geschichtsbewußte Kultur der Universität.

Ihre scheinbare Legitimation für die destruktiven Umsiedlungs- und Abrißpläne gegen die Uni und für die Fortsetzung der sozial abschreckenden und kulturell drangsalierenden Studiengebühren bezieht diese Senatorin also aus einem gescheiterten und anachronistischen Programm, das in deutlichem Gegensatz zum Gehalt und Zweck von Bildung und Wissenschaft sowie zu einer vernünftigen internationalen Entwicklung steht.

So kann es nicht weitergehen. Dem konservativen Programm von Gestern (marode) sollten sich alle entschieden fortgeführt widersetzen. Die Universität ist so eine verbindende und nützliche Aufgabe und das engagierte Leben hat einen reellen Sinn.

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Ständeordnung
oder
Die Zukunft ist nicht konservativ

„(...) Was werden Ihre Themen sein?
Die zentrale Botschaft muß lauten: Raus aus der Großen Koalition, rein in die Stabilität. Zudem setzen wir auf die Bildung. Die Kanzlerin ist derzeit auf Bildungstour. In einer sozialen Marktwirtschaft muss jeder die Chance haben, von ganz unten nach ganz oben zu kommen. Die meisten Deutschen glauben aber nicht mehr daran. Das muss sich ändern.“

Volker Kauder, Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, im Interview mit der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 24.8.'08, S. 5.

 

„Alkohol: Trotz wachsender Konkurrenz findet die Substanz vor allem in konservativen Kreisen noch immer ihre Freunde. Die sedierende Wirkung erleichtert die Ausübung monotoner Aufgaben und versöhnt mit unerfreulichen Arbeitsbedingungen. Verbreitet ist das A.-Doping vor allem zur Überwindung mentaler und sozialer Barrieren.“

Georg Dahm, „High sein ist alles“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 22.8.'08, S. 32.

“Du, der Du nicht kannst”, F. Goya, 1797-98

„Die meisten Deutschen glauben aber nicht mehr daran.“

Ist die Erschütterung dieses Glaubens berechtigt oder soll er wieder befestigt werden?

Frau Gundelach (CDU), Wissenschaftssenatorin in Hamburg, hat im Laufe der Beratungen zum neuen Studienfinanzierungsgesetz (Strafgebühren gegen das Lernen) zum Besten gebracht, daß wer sich durch die Gebühren vom Studium abhalten lasse, ja auch eine Lehre beginnen und etwas Praktisches lernen könne. So finde jeder seinen Platz im Leben. (Je nach „Begabung“: die Schlauen und die Doofen.)

Damit hat die gute Frau nicht nur ungewollt zugegeben, daß Studiengebühren tatsächlich vor dem Studium abschrecken können, sondern auch einer quasi natürlichen Ordnung das Wort gesprochen sowie gewollt in Kauf genommen, daß die Konkurrenz um Ausbildungs- und Arbeitsplätze weiter gesteigert wird.

Dieses führt auch ihr Kollege Kauder im Sinn, wenn er „von ganz unten nach ganz oben zu kommen“ – was als sozial-hierarchisches Gefälle keinesfalls angetastet werden soll – spricht. Prost!

Das hat mit „Bildung für Alle“ oder sozialer Chancengleichheit in einer demokratischen Gesellschaft herzlich wenig zu tun.

Desgleichen sind diese Leute nicht angekränkelt vom Aufklärungsgedanken, der mündige Menschen in einer auch durch Bildung kultivierten Zivilisation beinhaltet.

Diese bedeutet wesentlich und vernünftigerweise Frieden statt Krieg, Kooperation statt Konkurrenz, den gleichen Wert aller Menschen statt ständischer Rangordnung, freie Bewegung statt Hamsterrad und wahrhafte Freude statt maskenhafter Verstellung.

Hier kann der Mensch mit sich einverstanden sein.

Humanismus?

„Und Sozialismus ist nichts anderes als der pflichtmäßige Entschluß, den Kopf nicht vor den dringendsten Anforderungen der Materie, des gesellschaftlichen, kollektiven Lebens in den Sand der metaphysischen Dinge zu stecken, sondern sich auf die Seite derer zu schlagen, die der Erde einen Sinn geben wollen, einen Menschensinn.“

Thomas Mann, „Maß und Wert“/Vorwort zum ersten Jahrgang, Zürich 1937.

Wie man die Chose auch immer nennen mag: Es lohnt sich allemal, den Kopf zu heben. Die Zukunft ist nicht konservativ.

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Depressionen
oder
Mit IKEA aus der Krise?

„Depression [lat.] w; -, -en: 1) Niedergeschlagenheit, traurige Verstimmung.“

Duden.

 

"Hej, wer wünscht sich das nicht: jeden Tag leben, wie du willst. In einem Zuhause, das du liebst. Umgeben von schönen Dingen, die all das widerspiegeln, was dir wichtig ist. Wie du dir diese Wünsche erfüllst? Schau mal in den neuen IKEA-Katalog. Hier findest du (...)
Aber jetzt mach es dir erst mal gemütlich und lass dich inspirieren.
Viel Spaß im neuen IKEA-Jahr!"

Petra Kessel, IKEA Deutschland, Vorwort zum aktuellen Katalog.

 

„Seit aber, durch die Fortschritte in der Industrie und der Ökonomie, es möglich geworden, die Menschen aus ihrem materiellen Elend herauszuziehen und auf Erden zu beseligen, seitdem – Sie verstehen mich. Und die Leute werden uns schon verstehen, wenn wir ihnen sagen, daß sie in der Folge alle Tage Rindfleisch statt Kartoffeln essen sollen und weniger arbeiten und mehr tanzen werden. – Verlassen Sie sich darauf, denn die Menschen sind keine Esel.“

Heinrich Heine, Brief an Heinrich Laube, Paris, den 10. Juli 1833.

Forschungsminsterin Anette Schavan (CDU) macht sich Sorgen. Die hohe Zahl der Betroffenen von Depressionen sowie die hohe Zahl der Suizidversuche „zeigen, dass diese Krankheit ein gesellschaftliches Problem ist, an dem wir auf breiter Front arbeiten müssen.“ Diese Krankheit könne jeden treffen.

In der Tat: depressive Störungen sind in den letzten Jahren merklich angestiegen. Die Techniker Krankenkasse vermerkt einen gestiegenen Anteil von Krankschreibungen sowie vermehrt Frühverrentungen aus diesem unerfreulichen psychischen Grunde.

Rein statistisch betrachtet habe jeder Beschäftigte in der BRD im vergangenen Jahre für eine Woche Antidepressiva verordnet bekommen.

(Die Pharmaindustrie vergoldet sich damit weiterhin ihre Nase.)

Die Stimmung ist zunehmend niedergedrückt. Das ist ein ernst zu nehmendes Problem. Aufgeklärte Abhilfe ist notwendig. Die sozialen und kulturellen Bedingungen müssen nachhaltig verbessert werden.

Wenn aber Frau Schavan davon spricht, daß diese Krankheit ein gesellschaftliches Problem sei, an dem wir auf breiter Front arbeiten müßten, unterschlägt sie erstens, daß sie dabei – wie aus ihrer Hochschulpolitik bekannt – vorrangig ökonomische Kennziffern im Kopf hat und daß sie – neben anderen ihrer Art – maßgeblich Verantwortung dafür trägt, wie eingeschränkt (auch niederdrückend) die Lebensverhältnisse in diesem Lande für die meisten Menschen sind.

So ist beispielsweise nicht unbekannt, wie die gestuften Abschlüsse (Bachelor/Master) und die Studiengebühren (nebst einer forcierten Ökonomisierung aller Lebensbereiche) bzw. die Steigerung der Konkurrenz und des Leistungsdruckes sowie die Sinnentleerung von Wissenschaften und Berufsausbildung und -ausübung mit einem scheinbar endlosen „Schneller, höher, weiter!“ auch das geistige und psychische Wohlbefinden erheblich herabmindern.

Deshalb ist der geäußerten Sorge von Frau Schavan nicht über den Weg zu trauen.

Die Depressionen sollten an die zurückgegeben werden, die sie verursachen.

Die ökonomische Verdinglichung des Menschen ist ein überwindenswertes Übel.

Studiengebühren sind Schiet. Die Einrichtung durch IKEA hilft da nicht weiter.

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Geld und Arbeit
oder
Die Wahrheiten des Herrn Freytag

„Überschüsse zu bunkern halte ich in einer Zeit, in der wir etwas für Kinder und Jugendliche, für die Bildung tun wollen, nicht für den richtigen Weg. Wir lassen das Geld für die Menschen in unserer Stadt arbeiten – und das bei einem ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden.“

Finanzsenator Michael Freytag (CDU) im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“, 5.9.`08, S. 13.

 

„Diejenigen, welche Gewinne aus dem Boden ziehen, sind nicht jene, die aus ihm Getreide ziehen, und der Schollengeruch des Bodens ist den Börsen unbekannt. Sie riechen nach anderem.“

Bertolt Brecht, „Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit“, 1935.

Das Rathaus ist in Hamburg an die Börse gebaut und der Finanzsenator verabreicht verbale Beruhigungspillen: er kalkuliert mit einer urteilsgeschwächten Bevölkerung.

Einmal abgesehen davon, daß der knochentrockene Steuerzahlerbund sowie einige Oppositionspolitiker und sogar Wilfried Maier von der GAL im Nu der begründeten Auffassung sind, daß der hamburgische Haushalt weder ausgeglichen noch krisenfest ist, läßt sich bemerken, daß erhöhte Steuern (nicht von Millionären) eingenommen und die Ausgaben der Stadtregierung um 90 Millionen Euro reduziert werden sollen.

Ferner läßt Herr Freytag, der so gerne etwas für die Bildung in dieser unserer Stadt tun möchte, beispielsweise unter den Tisch fallen, daß die Lernmittelfreiheit an den Schulen wegen der CDU-Regierung seit längerem nicht mehr gilt und an den Hochschulen seit einigen Jahren Studiengebühren gezahlt werden müssen. (Die Tatsache, daß man sich auf Hamburger Wegen wahlweise die Haxen, die Radgabel oder die Stoßdämpfer ruiniert, sei hier nur am Rande erwähnt.)

Des weiteren ist nicht von der Hand zu weisen, daß seit Regierungsantritt der Konservativen (mit Hilfe von „Richter Gnadenlos“ Schill) die soziale Schere zwischen Arm und Reich politisch weiter geöffnet worden ist.

Auch ist offenkundig, daß die Studienbedingungen respektive die Qualität der Hochschulen seit der Einführung der gestuften Abschlüsse (Bachelor/Master), der Entfernung (teil-)demokratischer Mitbestimmungsstrukturen und der faktischen Fortsetzung der prinzipiellen Unterfinanzierung gelitten haben.

Zuguterletzt sei zur Ehre der Wahrheit willen erwähnt, daß in der Regel die Menschen für das meist zu wenige Geld – und für die, die es in großen Mengen haben – arbeiten – nicht umgekehrt, wie uns der Haushaltsmacher weismachen will.

Insofern ist der eindeutigen Schönrederei des Finanzsenators kein Vertrauen zu schenken.

Stattdessen setze man in guter Aufklärungsmanier auf das eigene kritische Urteilsvermögen. Ein klarer Verstand ist eine angenehme Tatsache.

Studiengebühren sind sind wieder zu beseitigen.

Demonstration:
Befreiung statt Beschwichtigung –
für eine bildungspolitische Wende

Mittwoch, den 17. 09. 2008, 13 Uhr,
ab Campus zum Rathaus,

anläßlich der 2. Lesung des neuen Studiengebührengesetzes
in der Bürgerschaft am 17. 09. 2008 um 15 Uhr.

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Der notwendige erste Schritt zum Frieden:
Sofortiger Truppenabzug!

„Wenn es im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet heute noch irgendwelche Lager für globale Terroristen gäbe, würden sie von der amerikanischen Luftaufklärung sofort identifiziert und zerstört. Der globale Terrorismus braucht keine Trainingscamps mehr. Al Qaida ist eine Ideologie, die kann man nicht wegbomben. Den globalen Terroristen reichen heute eine sichere Wohnung und das Internet. Wir bekämpfen in Afghanistan nicht den globalen Terrorismus, wir züchten ihn.“

Jürgen Todenhöfer (CDU) im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagsszeitung“ („FAS“), 14.9.'08, S. 61.

 

„Sich im Kriege zu drücken, wo immer man nur kann – wie ich es getan habe und Hunderte meiner Freunde – ist das Recht des einzelnen. Jubel über militärische Schauspiele ist eine Reklame für den nächsten Krieg; man drehe diesem Kram den Rücken oder bekämpfe ihn aktiv. Auch wohlwollende Zuschauer sind Bestärkung.“

Kurt Tucholsky, „Über wirkungsvollen Pazifismus“, 1927.

Jürgen Todenhöfer ist eigentlich ein durch und durch politisch Konservativer. Erst machte er Karriere in der CDU – nicht unbedingt bekannt als Friedenspartei–, dann kletterte er die Leiter bei Burda – meist nicht bekannt durch niveauvollen und aufgeklärten Journalismus – nach oben und wurde stellvertretender Vorsitzender des Medienkonzerns.

Wenn so eine Person, durch die schlichte Realität auf diese vernünftige Sichtweise (s.o.) gebracht, darauf kommt, daß der Terrorismus (gemeint ist nicht die Bush-Politik) durch die Kriegführung der USA und der NATO nicht minimiert, sondern gar „gezüchtet“ wird, dann muß diese Tatsache sehr deutlich sein. Auch Jürgen Todenhöfer fordert den (sukzessiven) Abzug der Invasionstruppen aus Afghanistan.

Über Kurt Tucholsky, den engagierten Autor der „Weltbühne“, ist bekannt, daß er ein konsequenter Pazifist gewesen ist. Für ihn war jede sogenannte Heldenfeier pure Propaganda für das nächste große Sterben im Interesse der ökonomischen Trusts und der Steigerung der Aktienkurse, für die immenses massenhaftes Leid auf den „Feldern der Ehre“ in Kauf genommen wurde.

Das ist auch gegenwärtig wieder so. Bei den Feldzügen gegen Afghanistan und den Irak geht es nicht um die Bekämpfung des Terrorismus oder die Schaffung von Demokratie oder gar die Emanzipation der Frauen. Treibende Kräfte dieses humanitären Desasters sind hingegen ExxonMobil, Halliburton (Dick Cheney, Vizepräsident), überpatriotische Generale und ein stramm konservatives politisches Establishment, das den Hals nicht voll genug kriegen kann von lauter „Ruhm und Ehre“. Dies alles wird mit bundesdeutscher Beteiligung unternommen.

Wer auf diese Glorie pfeift und stattdessen zivile humane Entwicklung auf der ganzen Welt und im Alltag strikt befürwortet, sollte dies auch aktiv kundtun.

Weg mit den Waffen und eine neue Kleider- und Gedankenordnung!

Demonstration in Berlin:
Dem Frieden eine Chance –
Truppen raus aus Afghanistan

Samstag, den 20. 09. 2008,
12 Uhr: Auftakt Brandenburger Tor,
14 Uhr: Abschluß Gendarmenmarkt.

www.afghanistandemo.de

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Finanzkrise
oder
Die notwendige Überwindung der strukturellen Gier

„Es gab auch unfassbar viel Gier, aber die gibt es immer. Meiner Meinung nach lag es insgesamt an einem Mangel an Regulierung. Außerdem ist das Bonussystem der Banker zu kurzfristig angelegt. Es hat sie dazu ermuntert, viel zu große Risiken einzugehen. Dazu kommen die Steuersenkungen der vergangenen Jahre und die Kosten für den Krieg im Irak und in Afghanistan - das alles hat die Wirtschaft geschwächt und die Notenbank Fed ermuntert, eine Politik des billigen Geldes zu betreiben.“

Joseph Stiglitz im Interview mit der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 21.9.'08, S. 45. Der Befragte – und zur Zeit viel Gefragte – lehrt an der New Yorker Columbia Universität Ökonomie und ist für sein Fach Nobelpreisträger.

 

„Der Imperialismus, ein Vampir
Das Vieh ist tot und bleibts und hört, allein
Weil es noch Blut säuft, nicht auf, tot zu sein.“

Peter Hacks, „Diesem Vaterland nicht meine Knochen“, Gedichtesammlung, Eulenspiegel Verlag 2008.

Die Wahrheit steht offen da: Militärischer Krieg führt geradewegs in die Krise.

Auch aus diesem Grunde demonstrierten am vergangenen Sonnabend insgesamt gut 12.000 Menschen in Berlin und Stuttgart unter dem Motto „Dem Frieden eine Chance – Truppen raus aus Afghanistan“ gegen den Krieg und für bessere soziale, kulturelle und demokratische Bedingungen auf einer menschlicheren Welt.

Neben dem militärischen Krieg ist das gegenwärtige alltägliche Wirtschaftsgeschehen, inklusive des entsprechenden staatlichen Handelns, ein Hauen und Stechen.

Joseph Stiglitz (s.o.) moniert beispielsweise „wütend“, daß George Bush nicht bereit ist, für kranke Kinder, die keine Sozialversicherung haben, Geld bereitzustellen, aber 85 Milliarden Dollar zur Stützung der privaten Versicherungsfirma AIG zur Verfügung stellt.

Der US-amerikanische Finanzminister Henry Paulson hat nun bekanntgegeben, daß die US-Regierung 700 Milliarden Dollar einsetzen will, um Problemhypotheken und Wert(nun ja)-Papiere aufzukaufen, um die Finanzkrise einzudämmen. Er forderte auch andere Industriestaaten auf, dasselbe zu tun. Reservierte bis ablehnende Reaktionen waren die Folge.

Hier sollen also Probleme, die durch die – staatlich ermunterte – Überspekulation der Privatwirtschaft entstanden sind, durch öffentliche Stützungsaktionen riesigen Ausmaßes der ohnehin sozial leidenden Allgemeinheit aufgebürdet werden.

Dabei ist die Spekulation auf die Spekulation, auf die Spekulation... selbst das Problem.

Statt dieses Verbrennens von Geld (eigentlich: Arbeit) sollten eher Steuern in die öffentliche Hand und Löhne an die Arbeitenden gezahlt sowie Investitionen in die Entwicklung der Produktion, des Handels, der internationalen Entwicklungshilfe und der Infrastruktur (Bildung, Gesundheit, Kultur, Verkehr) vorgenommen werden.

Vernunft steht somit gegen Gier. Dieser Gegensatz ist eine gesellschaftliche Charakterfrage.

Frieden führt die Menschheit aus der Krise.

Die Abschaffung der Studiengebühren und Bildung für Alle gehören unweigerlich dazu.

„Es ist sehr nützlich, die als hemmend empfundenen Grenzen der Erkenntnis auf den verschiedenen Gebieten festzustellen, um sie zu erweitern.“

Bertolt Brecht, „Forschen nach den Grenzen der Erkenntnis“, „Me-ti/Buch der Wendungen“, entstanden in den 1930er Jahren des Exils.

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Humba Humba Täterä
oder
Nichts ist unveränderlich

„Wir kämpfen für die Freiheit gegen den Sozialismus, für die Person und das Individuum, gegen das Kollektiv, für ein geeinigtes Europa. Da muß man die anderen immer identifizieren damit, daß sie den Sozialismus und die Unfreiheit repräsentieren und daß ihre Politik auf die Hegemonie der Sowjetunion über Westeuropa hinausläuft. Daß es bei den anderen eine ganze Menge von Leuten gibt, die das nicht wollen, soll uns nicht daran hindern, unter einem Übermaß an Objektivität zu leiden und das hier zu sagen.“

Franz Josph Strauß, Rede auf der CSU-Klausur in Sonthofen im November 1974.

 

„Man muß etwas Neues machen, um etwas Neues zu sehen.“ (1310)

Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft J, 1789-1793.

FJS präsentiert Bild-Schlagzeile: Juso beißt wehrloses Kind

Auch umgekehrt zu dem „Einfall“ des Aufklärers Lichtenberg gilt: Man muß etwas Neues sehen, um etwas Neues zu machen.

Die deutliche Erosion der bayerischen (bislang faktischen) Staatspartei CSU ist etwas erfreulich Neues.

Unter der Regentschaft Edmund Stoibers stand das bajuwarische CSU-Modell noch für den politisch-ökonomischen Erfolg mit der sprichwörtlichen Mischung von „Laptop und Lederhose“.

Aber die sozial-ökonomische Krise, die auch vor einem sogenannten Freistaat nicht Halt macht, brachte selbst den kapitalfreundlichen Trachtenverein ins Trudeln.

Da reichte es dann doch nicht hin, auf einmal für die wieder volle Pendlerpauschale zu trommeln und gleichzeitig gegen Personen von SPD und der LINKEN mit alten Vorurteilen herumzuholzen – die CSU sackte um über 17 Prozent im Verhältnis zur vorherigen Landtagswahl ab.

Dabei war die CSU seit nunmehr 46 Jahren eine paternalistisch-konservative Staatspartei, die schon in fast feudaler Manier stets allein regieren konnte.

Daraus ist ein kulturelles politisches Gebilde entstanden, das in der BRD schon eine gewisse Einmaligkeit gewonnen hatte. Diese – auch unter Anzügen – hemdsärmelige Mischung aus Bierzeltpopulismus, Ämterpatronage, engster Verbindung zu Rüstungsindustrie und Bankenwesen, katholischer Ländlichkeit und technischer Innovation sowie einer permanenten Denunziation von Aufklärung, Frieden, Demokratie und sozialem Fortschritt (also linker Opposition und ihren Repräsentanten), angereichert mit einer Prise Rassismus, gestützt durch rigide Ordnungspolitik –, diese hemdsärmelige Mischung politischer Macht hat nun einen gehörigen Dämpfer erfahren müssen.

Das konservative Lager wird jetzt heftig zu rudern haben, um dem Wahlvolk vormachen zu können, militärische, unsoziale, undemokratische, aufklärungsfeindliche und ausbeutungsfreundliche Politik (einschließlich Studiengebühren) sei nützlich und förderlich für das Allgemeinwohl.

Opposition hingegen ist sinnvoll und wirksam.

Nichts ist unveränderlich.

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Jakobinersperling