f-09-04-01 | Zeitung zum Semesteranfang Sommersemester 2009 |
f-09-04-02 | „Das starke Ich“? Zweifelhafte Empfehlungen in der Krise |
f-09-04-03 | Kommerzielle Despotie oder solidarische Entfaltung? (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive) |
f-09-04-04 | Spießer, Spießer über alles! Altneue Suggestionen |
f-09-04-05 | Labil, stabil, indifferent oder Die Unruhe über die Ruhe |
f-09-05-01 | Uni bleibt! Der Unsinn wird abgelehnt Bericht von der öffentlichen Anhörung des Wissenschaftsausschusses (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive) |
f-09-05-02 | In Demut, aber Weiter So? oder Die Wahrheit der Banken |
f-09-05-03 | Glaube, Triebe, Hoffnung? oder Die Gedankenwindungen des Liberalismus |
f-09-05-04 | Trotz Westerwelle und alledem: Die Freiheit der Solidarität |
f-09-06-01 | Das kämpfende Management oder Ein schlechtes Beispiel |
f-09-06-02 | Von Oben herab? Von der Despotie zur Republik! (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive) |
f-09-06-03 | Erstarrtes Weltbild: Springer und 1968 |
f-09-06-04 | Frei von Despotie: Was ist gewollt? (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive) |
f-09-06-05 | Verstehen, Verständnis – Kehrtwende: Was weiß Frau Schavan? |
f-09-06-06 | Sie hat uns verziehen. Zum „Reue“-Brief der Präsidentin (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive) |
f-09-06-07 | „Weder links noch rechts“ ist wie weder Fisch noch Fleisch |
f-09-07-01 | Eine neue Etappe: Was ist zu tun? (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive) |
f-09-07-02 | Bachelor/Master und Studiengebühren: „Dann beantragt doch Stipendien!“ Eine Entgegnung |
f-09-07-03 | Die aktuelle Lage im Iran und die Rolle der Studierendenbewegung Aufklärungs- und Diskussionsveranstaltung mit Dr. Peyman Javaher-Haghighi (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive) |
f-09-07-04 | Die neueste Schnapsidee: Die Auflösung der Universität |
f-09-07-05 | „Der Forschung, der Lehre, der Bildung“ – für Alle! Die Universität muß sich neu positionieren (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive) |
f-09-07-06 | Richtig: Hamburg ist keine CDU-Hochburg |
f-09-07-07 | Die Ratlosigkeit der Regierenden nutzen (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive) |
f-09-07-08 | Herr Biedenkopf oder Die Bescheidenheitspropaganda |
Zeitung zum Semesteranfang Sommersemester 2009
„Sieg oder Niederlage? So lautete bei sportlichen Wettkämpfen die Alternative. Ähnlich verhält es sich beim Verkauf. Auch dort kann am Ende nur ein Verkäufer den begehrten Auftrag bekommen. Es gilt, die Parallelen zwischen Leistungssport und professionellem Verkaufen aufzuzeigen, um herauszufinden was Verkäufer von Spitzensportlern lernen können.“ (...) „Es gibt in der Regel nur einen Auftrag. Also gibt es auch nur einen Sieger.“
Ingo Vogel, „Verkauf ist Wettkampf“, „Hamburger Abendblatt“, 4./5.4.'09, S. 61.
Der Autor, ehemaliger Gewichtheber, ist Rhetorik- und Verkaufstrainer und verkauft sich als Experte für „emotionales Verkaufen“.
„Die Lohnarbeit beruht ausschließlich auf der Konkurrenz der Arbeiter unter sich.“
Karl Marx/Friedrich Engels, „Manifest der kommunistischen Partei“, 1848.
Die Welt im Trubel: Neben vielem nervösen Katzenjammer hört man immer noch bisweilen in den Börsen die Korken knallen.
So zum Beispiel, wenn die Aktien von Daimler auf die Ankündigung hin, es seien bei den Lohnkosten noch zwei Milliarden Euro zu „sparen“, glatte 13 Prozent im Wert steigen.
In dieser globalen Krise, die ja wesentlich durch ungezügelte Profitgier – nicht nur ohne Sinn und Verstand, sondern auch auf gewaltige Kosten der Mehrheit – verursacht worden ist, soll nun den Gebeutelten gepfiffen und getrommelt werden, daß die Fortsetzung des alten Blödsinns wieder alles besser mache.
So ist's denn auch mit dem quasi-natürlichen Konkurrenzprinzip. Unabhängig davon, wer da wem was zu welchem Zwecke verkauft, Hauptsache ist das – im mehrfachen Wortsinne – Gewinnen. Genau wie beim Gewichtheben oder beim Boxen. Einer und sonst keiner.
Dabei ist doch gerade jüngst deutlich geworden, wenn aus der Not von vielen Menschen riesige, luftige und unkontrollierte Geschäfte gemacht werden, gar die gesamte internationale Ökonomie erschreckend in Mitleidenschaft gezogen wird.
Auch liegt auf der Hand, daß ohne beherzte globale Kooperation kein Krisenphänomen sinnvoll überwunden werden kann.
Ebenso ist offenkundig für die Mehrheit der Bevölkerungen: Wer sich – und seinesgleichen – bekämpft, hat schon verloren. Das gilt im Kleinen wie im Großen – im direkten Alltag wie für die großen Fragen von Frieden, natürlicher Umwelt sowie Elend, Hunger und Bildungsnot.
Die Krise kann nur überwunden werden, wenn die Welt besser wird. Die Welt wird nur besser, wenn das Engagement dafür wächst.
Die Wissenschaften können dazu beitragen, wenn ihrem eigentlichen Aufklärungsauftrag wieder Geltung verschafft wird. (Gestufte Abschlüsse, Studiengebühren und die Schnapsidee der Uni-Verlagerung stehen diesem vernünftigen Anliegen im Wege.)
Kritisches gemeinsames Wirken ist daher ein perspektivreiches Gebot der Stunde.
„Wartet nur
Weil ich so ganz vorzüglich blitze,
Glaubt ihr, daß ich nicht donnern könnt!
Ihr irrt euch sehr, denn ich besitze
Gleichfalls fürs Donnern ein Talent.
Es wird sich grausenhaft bewähren,
Wenn einst erscheint der rechte Tag;
Dann sollt ihr meine Stimme hören,
Das Donnerwort, den Wetterschlag.
Gar manche Eiche wird zersplittern
An jenem Tag der wilde Sturm,
Gar mancher Palast wird erzittern
Und stürzen mancher Kirchenturm!“Heinrich Heine, 1844.
„Diese Chance – auch in der Krise – müssen wir nutzen! Gerade jetzt brauchen wir eine Investitions- und Qualitätsoffensive für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Dies gilt insbesondere für die Universität Hamburg. Nur eine gut aufgestellte Universität trägt dazu bei, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und den Wohlstand unserer Stadt nachhaltig zu sichern. Wissenschaft in Hamburg muss eine langfristige Zukunfts- und Wachstumsperspektive auf Weltniveau haben, sie muss ein tragendes Standbein der Metropole werden und eng mit der Wirtschaft verzahnt sein.“
Wissenschaftssenatorin Dr. Herlind Gundelach, Presseerklärung zur beabsichtigten Uni-Verlagerung, 31. März 2009
„Was wir nicht erkennen können, hat für uns keinen Wert, wenigstens keinen Wert auf dem sozialen Standpunkte, wo es gilt, das im Geiste Erkannte zur leiblichen Erscheinung zu bringen.“ Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion“/Zweites Buch, 1834.
Sieben Jahre hat Jörg Dräger als Amtsvorgänger der Wissenschaftssenatorin Gundelach organisiertes Unglück über Hamburgs Hochschulen gebracht: Einführung von Studiengebühren zur ökonomischen Disziplinierung der Studierenden, Hochschulrat und Fakultätenbildung als Kontra zur demokratischen Selbstverwaltung, restriktive Bachelor/Master-Studiengänge zur Durchsetzung eines marktkonformen Praxisbezugs, wie ihn sich die Handelskammer wünschte. Vernünftige Gedanken, perspektivreiche Erkenntnisse und ihre allseits nützliche materielle Verbreitung haben in diesem System nachrangige Bedeutung.
Diese Politik ist gescheitert. In dem Maße, in dem die Hochschulen nach Vorbild von Unternehmen umgemodelt und inhaltlich dem Verwertungsgebot angepaßt wurden, sind sie nun Teil der großen Krise.
Die Christdemokratin Dr. Herlind Gundelach jedoch bleibt tief verwurzelt in ihrem Marktglauben. Ihre Antwort auf das internationale Desaster ist die programmatische Unterwerfung der Hochschule unter die antizipierten Wünsche „der“ Wirtschaft, sprich der ortsansässigen Konzernleitungen.
Mit einer erneuten Änderung des Hochschulgesetzes sollen die Unternehmen demnach eingeladen werden, in den Ausschüssen zur Berufung von ProfessorInnen zukünftig voll stimmberechtigt am Tisch mit Platz zu nehmen. Diese Ausschüsse würden dann auch nicht mehr durch die Gremien der Selbstverwaltung gewählt – sie sollen von den Dekanen direkt eingesetzt werden. (Findungskommissionen für Dekane sollen mit der Gesetzesänderung im übrigen auch unterbunden werden, hier suchte fortan die Präsidentin ausnahmslos persönlich aus.)
In den Ziel- und Leistungsvereinbarungen für das Jahr 2009 – ein weiteres aus dem Management-Unwesen entliehenes Instrument zur ökonomischen Gängelung der Hochschulen – ist die Universität unter anderem zur Beteiligung an der „InnovationsAllianz Hamburg“ verpflichtet worden. Dort sollen die Unternehmer künftig ihre Ansprüche an einen profitablen „Ouput“ der Hochschulen direkt zur Geltung bringen können.
„Von einer neuen Allianz zwischen Wirtschaft und Wissenschaft erhoffen wir uns nicht nur die Verbesserung der Möglichkeiten für die Verwertung von Spitzen-Knowhow, sondern auch wichtige Impulse für Forschung und Lehre“ spricht dazu die dem konservativen Senat wie der Wirtschaft treu ergebene Unipräsidentin Auweter-Kurtz im pluralis majestatis.
Dem Kapital Tür und Tor in die Universität zu öffnen, entpuppt sich auch als zentrale Absicht bei den Überlegungen zur Uni-Verlagerung. Ein neuer, erheblich umfangreicherer Platzbedarf für die Hochschule, der sich in Eimsbüttel angeblich nicht realisieren ließe, ergäbe sich nämlich nicht nur aus der Absicht, die mit privaten Drittmitteln finanzierte Forschung erheblich zu steigern. (Wes' Brot ich ess', des' Lied ich sing'.) Um eine bessere Anbindung an „die Wirtschaft“ zu gewährleisten, sollen die Unternehmen künftig direkt auf dem Campus angesiedelt werden, erläuterte der von der Behörde beauftragte Unternehmensberater den Hochschulmitgliedern kürzlich bei der Präsentation der „Studie“ zum Uni-Bau.
Die Verwertungsinteressen des Kapitals und humaner Fortschritt sind ein gesellschaftlicher Grundwiderspruch. Die Hochschulen gehören dringend auf die Seite der Aufklärung und Humanität. Um dies zu gewährleisten, sind die Gebührenfreiheit des Studiums, eine staatlich bedarfsdeckende Finanzierung der Hochschulen, die Stärkung inneruniversitärer Demokratie und die Überwindung des Bachelor/Master-Unfugs zu Gunsten einer inhaltlichen Neuausrichtung des Studiums auf einen kritischen Gesellschaftsbezug notwendige Reformen.
Ein politisch lebendiges Semester als engagierte Opposition gegen Handelskammer, Senat und inneruniversitäre Handlanger steigert die Wahrscheinlichkeit eines solchen Kurswechsels.
„Wenn die Oberen vom Frieden reden
Weiß das gemeine Volk
Daß es Krieg gibt.“Bertolt Brecht, Svenborger Gedichte, 1933-1938 im Exil.
Begleitetet von dem Protest zehntausender Demonstranten, bewacht durch martialisches Polizeiaufgebot, feierten die NATO-Staaten am Wochenenden mit viel Pomp und Pracht sich selbst. Die „North Atlantic Treaty Organization“ sei das erfolgreichste Militärbündnis der Welt, es habe 60 Jahre lang Frieden geschaffen und werde auch den Krieg in Afghanistan in den Griff bekommen. Künftig soll die NATO auch „präventiv“ militärisch eingreifen können – für den Weltfrieden versteht sich.
Entgegen dem Mythos vom „Verteidigungsbündnis“ war die NATO von Anfang an ein aggressives Instrument der USA, um ihre Vormachtstellung insbesondere gegenüber der damaligen Sowjetunion zu sichern. „Keep the USA in, keep the Sowjets out and keep the Germans down“ war die Devise des ersten Generalsekretärs der NATO, des britischen Lords Ismany. Atomares Wettrüsten, militärische Interventionen, Niederschlagung fortschrittlicher Bewegungen sowie Unterstützung und Durchsetzung von Diktaturen in aller Herren Ländern war Auftrag und Praxis seit der Gründung. Die jetzt angekündigte Truppenaufstockung in Afghanistan – wenngleich mit höherem „zivilen“ Anteil – und die Ausweitung des Krieges nach Pakistan werden die katastrophale Lage noch weiter verschlimmern. Daran ändern auch die Durchhalteparolen nichts, denn mit „Weiter so“ bzw. mit noch mehr von der falschen Medizin, kommt man dem Frieden keinen Schritt näher.
Gleichzeitig spricht US-Präsident Obama davon, eine Welt ohne Atomwaffen schaffen zu wollen und kündigt an, das Atomwaffenarsenal der USA zu reduzieren und mit Rußland verbindliche Abrüstungsschritte zu vereinbaren. Auch wenn weitere konkrete Aussagen über absehbare Maßnahmen ausbleiben, wird damit eine zentrale Forderung der Friedensbewegung ernsthaft aufgenommen. Das hat Perspektive: Die Welt von der furchtbaren Bedrohung des Atomkrieges zu befreien, die internationalen Beziehungen dadurch zu entspannen, enorme Kosten und Ressourcen für die Konversion in zivile und umweltgerechte Produktion einzusetzen. Es müssen folgen: Beendigung aller Kriege, Truppen raus und Wiedergutmachung der Kriegsschäden, allgemeine Abrüstung, Entmilitarisierung der Gesellschaften, soziale Entwikklung und der humane Ausbau von Kultur-, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Friedensforschung und -erziehung setzen sich mit der Beseitigung der Kriegsursachen und der Schaffung von Friedensursachen auseinander und wirken politisch für die Entwicklung einer demokratischen Gesellschaft.
Das alles wird uns nicht von den „Oberen“ geschenkt. Der Kampf für Frieden und Abrüstung als Engagement für ein besseres Leben Aller ist die Menschwerdung selbst. An diesem Werk mitzutun, ist praktizierte Hoffnung. Das ist immer lohnend.
Hamburger Ostermarsch 2009:
Ostermontag, 13. April,
Auftakt:12 Uhr, Friedenskirche (Otzenstraße, St. Pauli),
Abschlußkundgebung und Friedensfest: 14 Uhr, Großneumarkt
RednerInnen: Reiner Braun (IALANA) & Sieglinde Frieß (ver.di HH)
„Tui Hoo hatte keinen Respekt vor Denkmälern. Nicht etwa, weil sie feist waren und rotlackierte Fingernägel hatten – nein, Tui Hoo war kein Spießbürger, der sich über seinen Nachbarn aufregte, weil er einen komischen Hut trug. Er verkehrte häufig mit Damen, die Zigarren rauchten und heiser waren wie Gießkannen, oder mit Männern, die Ohrringe trugen und deren Hosenbeine weit waren wie Frauenkleider. Nein, kleinlich war Tui Hoo nicht.“
Wolfgang Borchert, „Tui Hoo“.
Frischer Wind ...
Das vernünftige Mißtrauen, das gegenüber einer bestimmten Politik, falschen und leeren Versprechungen sowie gegenüber den Banken bzw. dem Casinokapitalismus wächst, sollte auch auf die entsprechende Hochschulpolitik und die Personen, die sie zu verantworten haben, übertragen werden.
Alle politischen Deformen, die nach neoliberaler Doktrin an den Hochschulen verübt worden sind (Studiengebühren, gestufte Abschlüsse, Reduzierung der Mitbestimmungsstrukturen), haben sich als schädlich für die Wissenschaftsentwicklung respektive für die Lernenden und Lehrenden sowie für die Wirkung der Wissenschaften auf die Gesellschaft erwiesen.
Eine Neuschaffung von menschenwürdigen Bedingungen in Studium, Lehre, Forschung und Selbstverwaltung/Interessenvertretung ist deshalb eindeutig erforderlich.
Die Beseitigung der Studiengebühren sowie des Bachelor-/Master-Terrors gehört dazu. (Ein lascher AStA ist ebenso unerträglich.) Die Wissenschaften sind den Erfordernissen eines vernünftigen Lebens anzunähern. Kritisches Denken und Handeln sind dafür unerläßlich.
Ein solches Verständnis war konstitutiv für die Gründung der Liste LINKS 1993. Durch Solidarität ist eine bessere Welt.
Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, in den Ausschüssen des Akademischen Senats, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich niemand auf Dauer entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
„Warum schafft es der eine zum mächtigsten Mann der Welt, während der andere für immer ein verlorener Sohn bleibt? Wieso entwickelt der eine Mensch Mitgefühl und einen Lebensplan, während der andere keinen Weg herausfindet aus der Asozialität? Was hat der Starke, was dem Schwachen fehlt? Und was macht sie aus, diese Stärke? Und – lässt sie sich irgendwie fabrizieren? (...) ‚Resilienz‘ nennen Forscher (...): psychische Widerstandsfähigkeit – eine strapazierfähige Verfasstheit der Seele. Der Begriff, der Werkstoffphysik entlehnt, bezeichnete ursprünglich die Eigenschaft elastischen Materials wie Gummi, nach extremer Spannung unversehrt zurückzuschnellen.“
Katja Thimm, „Die Kraft der Widerständigen“, „SPIEGEL“-Titel („Das starke Ich“), „SPIEGEL“ 15/2009.
„Der Zweck ist immer, dem Volk etwas zu nehmen: hier seine geistigen Mittel, die Machtmittel sind; an anderer Stelle seine Waffen im Wirtschaftskampf; bis man allen endlich den letzten Rest der persönlichen Selbstbestimmung entzieht. Dann bleiben allenfalls die Guthaben bei den Sparkassen zu stehlen, und auch das wird nicht versäumt.“
Heinrich Mann, „Verfall einer geistigen Welt“, 1934.
Wie läßt sich zurechtkommen in einer schwer erträglichen Welt?
Was haben laut „SPIEGEL“ Nelson Mandela und Arnold Schwarzenegger gemeinsam?
Obwohl wie immer wortreich, recht schlicht: Sie haben es trotz widriger Umstände zu etwas gebracht.
Arnold Schwarzenegger – „Mr. Universum“ sowie „Terminator“ –, ein nachweislicher Rassist, war Body Builder und „Schauspieler“ und ist als überzeugtes Mitglied der US-amerikanischen Republikaner seit 2003 Gouverneur des Staates Kalifornien: Er befürwortet nachdrücklich die Todesstrafe.
Nelson Mandela – Friedensnobelpreisträger (1993) und Präsident der Republik Südafrika (1991-1999) –, ein internationale anerkannter Gegner der Apartheid, Friedensfreund, Demokrat und Aktivist für soziale Gerechtigkeit, gilt als respektables Beispiel des Kampfes für eine bessere Welt. Er war wegen seines humanistischen Engagements 29 Jahre lang (1961-1990) in Südafrika inhaftiert.
Unabhängig also von Sinn und Zweck, Inhalt und Richtung respektive Wirkung einer Person in der Gesellschaft, vermeintlich auch frei von den änderungswürdigen Bedingungen (nicht jeder kann Millionär, „Filmstar“ oder Präsident werden), gelte die Ichstärke des individuellen Ichs. Der Mensch als Gummi, das nach extremer Belastung einfach wieder zurückschnellt? Formbar, dehnbar, duldsam – elastisch und hart? Die Beliebigkeit des orientierungslosen Liberalismus (im Journalismus und in der Politik) in der Krise kennt so gut wie keine Grenzen des Blödsinns oder gar positive Maßstäbe einer verallgemeinerungswürdigen Entwicklung.
Dabei bestehen zwischen dem Bodybuilding als kommerzielles und politisches Prinzip und dem überzeugt gelebten Humanismus in praktizierter Solidarität doch erhebliche Unterschiede.
So läßt sich auch heiter und orientierungswirksam zwischen Nelson Mandela und Arnold Schwarzenegger unterscheiden.
Das ist auch eine profunde Antwort auf die gesellschaftliche Krise.
Zurück zum Anfang„General, der Mensch ist sehr brauchbar.
Er kann fliegen und er kann töten.
Aber er hat einen Fehler:
Er kann denken.“Bertolt Brecht, „General, dein Tank ist ein starker Wagen“, „Svendborger Gedichte“, 1939.
Gemeinsames Flugblatt von Fachschaftsbündnis,
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS
„Mit dem geplanten Wissenschaftscampus will die RWTH die Zusammenarbeit mit der Industrie bald ‚auf eine neue Ebene‘ heben, wie Sprecherin Sabine Busse sagte. Auf dem Campus Melaten und am Aachener Westbahnhof sollen auf einer Fläche von 2,5 Quadratkilometer 15 Forschungs-Cluster für mehr als 10.000 Mitarbeiter entstehen. Bis zu 200 Unternehmen können sich dort ansiedeln. Nicht nur die Forschung soll gemeinsam betrieben werden, die Firmen können sich auch an Lehre und Weiterbildung beteiligen. ‚Der Campus soll vor allem kleineren Herstellern Chancen bieten‘, sagt Busse: Kostenpunkt des Projekts: 2 Milliarden Euro.“
„Per Mausklick durch Aachen spazieren“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18./19.04.2009.
Das Aachener Beispiel steht für die (auch in Hamburg) geplante Umorientierung der Universität von einer republikanischen Einrichtung der Aufklärung zum folgsamen Dackel der Standortdoktrin. Der rabiat monotone Kommerz steht gegen Vernunft, Kritik, Demokratie und humane Nützlichkeit.
In Frankfurt ist ein Campus aus Glas/Beton rund ums schon zuvor universitär genutzte IG Farben-Gebäude errichtet worden. Anstelle einer kritischen Auseinandersetzung mit dem zerschlagenen Weltkonzern, der maßgeblich von der faschistischen Ausbeutung der Verfolgten in den KZ profitierte, entstanden hier elitär abgeschottete Klötze, die nur mit Einlaßkarte zu betreten sind. Das „House of Finance“ bildet den neuen Block für die Staatswissenschaften, eine Einbindung in die städtische Öffentlichkeit ist nicht gegeben, die Verkehrsverbindung ist übel, der Campus abends wie leergefegt, die Mieten in den neuen Wohnheimen teuer und durch die Privat-Öffentliche-Finanzierung (PPP) ist den Universitätsmitgliedern die Verfügung über die Raumgestaltung entzogen worden. Längst sind die Hessischen Universitäten dank der rechtsdrehenden Koch-Regierung „stiften“ gegangen. Im Zusammenhang mit diesem „Aufbruch“ wurde an der Goethe-Universität auch ein Josef-Ackermann-Lehrstuhl eingerichtet. Kann der soziale Bankrott verantwortlicher Wissenschaft und humanistischer Bildung krasser sein?
Auch in Bremen hat die Zerschlagung sozialkritischer Anteile, einer wirklich demokratischen Selbstverwaltung und eines emanzipatorischen Bildungskonzepts (z.B. Projektarbeit statt Seminare/ Vorlesungen) zwar schon mit Unterfinanzierung, politischem Rollback 1982 und Berufsverboten begonnen, aber erst in den 1990ern wurde die umfassende Ökonomisierung und Kommerzialisierung der Universität mit dem „Wissenschaftspark“ forciert. Hier gingen ebenso bauliche und inhaltliche Verschlechterungen Hand in Hand. Der „Wissenschaftspark“ dient der Ansiedlung von großen Unternehmen (z.B. Daimler) in direkter Universitätsnähe. Für verhältnismäßig geringe Sponsoring-Gelder werden die Natur- und Ingenieurwissenschaften den Forderungen der privaten Wirtschaft angeglichen. Ebenso wie im Aachener Beispiel gelingt es dort den Unternehmen staatlich subventionierte Forschung unmittelbar in ihre Produktionsentwicklung einzubeziehen, die Mitglieder der Universität zu Versuchspersonen und billigen Arbeitskräften Profit versprechender Projekte zu degradieren und damit die Hochschule zu unterwerfen. In Bremen existieren die Hauptfachstudiengänge Philosophie und Linguistik nicht mehr; die Behinderten-Pädagogik und der Sport werden abgewickelt. Nur was sich rechnet, darf bleiben. Der „Wissenschaftspark“ gedeiht also eher als Freudenhaus für die Industrie.
Korrespondierend zu diesen absurden Entwicklungen zielen die ansonsten expansiven Pläne der hiesigen Senatorin darauf, daß die geisteswissenschaftliche Fakultät klein bleiben und die Erziehungswissenschaft sogar schrumpfen soll. Die Studierendenzahlen sollen insgesamt bis 2012 um 3.000 sinken – obwohl in den letzten zehn Jahren schon 10.000 Studienplätze verloren gingen.
Das öde konservative Programm steht also eindeutig im Gegensatz zu demokratischer und gesellschaftskritischer Bildung und Wissenschaft mit dem Inhalt des Allgemeinwohls sowie einer solidarischen Entwicklung der Gesellschaft. Das „Exzellente“ und das „Moderne“ sind von Gestern. Eine erfreuliche Zukunft bedarf der dynamischen Opposition:
„Und weil der Mensch ein Mensch ist
drum hat er Stiefel ins Gesicht nicht gern.
Er will unter sich keinen Sklaven sehn
und über sich keinen Herrn.“(Bertolt Brecht, Einheitsfrontlied, 1935.)
Quellen: AStA Universität Bremen (Hrsg.): Das Uni-Buch 2008, Bremen 2008. http://www.asta.uni-bremen.de/?page_id=185
- AStA Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt: AStA-Zeitung, Dez. 2008, F.a.M. 2008. http://www2.asta-frankfurt.de/uploads/04_2008.pdf
Der Wissenschaftsausschuß der Bürgerschaft lädt ein zur
Jeder hat Rederecht, die Abgeordneten müssen zuhören
am 28.04.2009, ab 17.00 Uhr
im Hauptgebäude der Universität Hamburg, ESA 1
Hörsaal A, Edmund-Siemers-Allee 1, 20146 Hamburg
„Angeln, Wandern, Jagen und Tanztees standen früher für Spießertum. Vorbei die Zeit. Der Schrebergarten bedeutet längst nicht mehr Vereinsmeierei und Maschendrahtzaun, sondern bietet Sonne und Erholung. Schonbezüge für Autobezüge sind zwar kein Muss, aber okay. Feinripp-Unterwäsche kann sogar ganz sexy aussehen. Selbst Plüschtiersammler dürfen zu ihrem Hobby stehen. Das einzig wahre Spießertum ist doch sowieso das Schubladendenken. Uncool sein ist cool. Sogar als Bausparer.“
Anne Dewitz, „Versteh' einer die Jugend von heute...“, „Hamburger Abendblatt/Journal“, 18. April 2009, S. 7.
„Sie stelzen noch immer so steif herum,
So kerzengerade geschniegelt,
Als hätten sie verschluckt den Stock,
Womit man sie einst geprügelt.“Heinrich Heine, „Deutschland – Ein Wintermärchen“, Caput III, 1844.
Wenn in Krisenzeiten die Neigung entsteht, sich im Kleinen und Überschaubaren sauber und ordentlich häuslich einzurichten; wenn suggeriert wird, die alten Zeiten – die 1950er und 1960er Jahre – seien gut und nur gut gewesen und die folgenden progressiven Ansprüche sowie Veränderungen reiner Spinnkram; wenn brave Lohnschreiber (und -schreiberinnen) dogmatisch behaupten, die Kritik an biederer Selbstbeschränkung sei illiberal; wenn gesäuselt wird, die Welt da draußen ginge uns nichts an; wenn also – wieder einmal – gefordert wird, den Verstand weitgehend auszuschalten und mit allem Mist zufrieden zu sein, dann wird es Zeit, sich über diesen geistigen Muff mit rationaler Konsequenz zu ärgern.
Denn wenn alle tun, was auf diese Weise von ihnen gefordert wird, werden unvermeidlich all die Übel zunehmen, vor denen man in die genügsame Idylle flüchten soll. Kein Krieg wird nicht geführt, wenn die Spitzendecke auf dem Wohnzimmertisch liegt oder die wohlfeile Latte-Macchiato-Maschine in der Küche röchelt.
Und die Kriege werden geführt. Allerdings werden sie nur so weit unternommen, wie die Bevölkerungen der Welt sie zulassen. Die Kriege auf geistiger Ebene gehören dazu. Hier wird von konservativer Seite (auch liberale Schönfärber stimmen mit ein) suggeriert, die Welt sei am besten, wenn man die da Oben ruhig machen lasse und sich nur um die engsten eigenen Angelegenheiten kümmere. Das ist eine alte Leier, die wieder neu gespielt wird. Ihr Ton kann schläfrig machen. (Auch wenn ihr Gejammer vom i-Pod kommt.)
Da dies aber erfahrungsgemäß nicht zwangsläufig ist, kann mit Vernunft darauf gebaut werden, daß ein kritisches Bewußtsein, ein aufgeklärtes Kulturverständnis und gesellschaftliches Engagement alle Spitzendeckchen und Prügelstöcke überflüssig machen.
„Wenn wir es dahin bringen, daß die große Menge die Gegenwart versteht, so lassen die Völker sich nicht mehr von den Lohnschreibern der Aristokratie zu Haß und Krieg verhetzen, das große Völkerbündnis, die Heilige Allianz der Nationen, kommt zustande, wir brauchen aus wechselseitigem Mißtrauen keine stehenden Heere von vielen hunderttausend Mördern mehr zu füttern, wir benutzen zum Pflug ihre Schwerter und Rosse, und wir erlangen Friede und Wohlstand und Freiheit.“
Heinrich Heine, „Französische Zustände/Vorrede“, 1832.
am Dienstag, dem 28. April 2009, 15-17 Uhr im Audimax
Im Anschluß findet im Hörsaal ESA A die öffentliche Anhörung des Wissenschaftsausschusses der Hamburger Bürgerschaft zu den Plänen der Univerlagerung statt.
- D O K U M E N T I E R T -
Beschluß der 3. Tagung des 1. Landesparteitages der LINKEN Hamburg, 18.4.2009
(Ursprüngliche Antragstellerin: AG Studierendenpolitik)
Die LINKE stellt sich gegen die geplante Verlagerung der Universität Hamburg auf den Kleinen Grasbrook und die damit verbundene stärkere Verquickung der Forschung und Lehre mit Wirtschafts-, d.h. Kapitalinteressen. Stattdessen setzt sie sich ein für eine bauliche Weiterentwicklung und bedarfsgerechte Finanzierung der Universität Hamburg in Eimsbüttel und die soziale Öffnung der Hochschule unter Beibehaltung der Öffentlichkeit von Forschung und Lehre. Damit muss die Demokratisierung der Bildung, die Weiterentwicklung der humanistischen und antifaschistischen Tradierung und die Stärkung der Friedensforschung einhergehen: Statt Milliarden für pompöse Bauvorhaben auszugeben, sollten diese für die Abschaffung von Studiengebühren verwendet werden.
Zudem setzt sich die LINKE dafür ein, daß für den Grasbrook eine neue stadtpolitische Konzeption mit dem Schwerpunkt der Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus entwickelt wird.
(Mehrheit, ohne Gegenstimmen und bei zwei Enthaltungen)
„Vielleicht aber schenken wir eher einem bekannten Kommunisten Glauben, um unsere angespannten Nerven zu beruhigen. ‚Wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte‘, soll Wladimir Iljitsch Lenin einmal gesagt haben. (...) Der deutsche Arbeitslose begibt sich traditionell nicht einmal auf die Suche nach einem Bahnfahrkartenautomaten. Er verlässt das Haus gar nicht mehr. Er interpretiert den Jobverlust als persönliche Schmach, er ist beschämt, versteckt sich, pflegt seine Depressionen daheim vor dem Fernseher. Mit derart verfassten Leuten ist nun einmal beim besten Willen keine Revolution zu machen. Auch nicht in diesem Herbst.“
Andreas Theyssen, „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 27.4.'09, S. 26.
Vor Unruhe wurde gewarnt. Bleibt die Lage labil, bleibt sie stabil? Manche Haltung dazu ist indifferent.
Wenn der deutsche Lohnschreiber das Jackett-Sausen kriegt, dann flackert ihm auch schon mal der Lenin durch den Kopf. (Der gute Wladimir bezog sich allerdings mit seiner Bahnhofsmetapher ironisch auf den Legalismus der deutschen Arbeiterbewegung.)
Womit Herr Theyssen dennoch etwas Richtiges beschreibt, ist die Tatsache, daß wenn der erbärmliche und hart abgeprüfte Hartz-IV-Regelsatz nicht auch noch ein Sozialticket für den öffentlichen Nahverkehr beinhaltet, dann ist das Aus-dem-Haus-Gehen in der Tat sehr eingeschränkt. Der Leiter des Politikressorts einer Finanzzeitung pflegt hingegen seine Depressionen vor der Tastatur „seines“ Computers und gönnt sich Zuhause einen Prosecco – weil's so schön moderat prickelt.
Wenn es denn Bedingungen gibt – und es gibt sie –, die viele Menschen auf das Sofa drücken – was nicht zwangsläufig, aber logisch ist –, dann sollten diejenigen, denen es nicht so ergeht, den Elan aufbringen, sich geistig mit praktischer Konsequenz zu erheben und andere überzeugen, dabei mitzutun, um wiederum ebenso andere davon zu überzeugen.
Denn nur das Verlassen der Apathie zur Verbesserung der Lage respektive der allgemeinen Lebensbedingen (Frieden, Demokratie, soziale und kulturelle Entfaltung im Interesse und Sinn der Mehrheit auf dem Globus) sind Inhalt, Mittel, Weg und Konkretion zur Lösung der enormen Krise, in der wir alle stecken.
Der entscheidende Ausgangspunkt dafür ist allerdings, daß diese Aufrichtung und Ausrichtung als allgemeine, gemeinsame und gleiche Angelegenheit – nicht geheim, sondern öffentlich – begriffen wird und der frustrierte Redakteur nicht süffisant auf den Hartz-IV-Empfänger herabschreibt.
Zurück zum Anfang„Es gibt etwas auch außerhalb der Berufe und der sozialen Positionen, das uns alle gleich macht, soweit Menschen gleich sein können. Und sie können gleich sein.“
Kurt Tucholsky, „Macht und Mensch“, 1920.
Gemeinsames Flugblatt von Fachschaftsbündnis,
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS
„Anstatt sich dezidiert an den wirklichen gesellschaftlichen, ja staatsbürgerlichen Bedürfnissen zu orientieren, – die primär in über Bildung vermittelter Partizipation bestehen – und gezielt in deren Befriedigung zu investieren, sorgt sich das ganze Land um den Absatz deutscher Luxuslimousinen.“
Albrecht von Lucke, „Die gefährdete Republik, Von Bonn nach Berlin 1949 –1989 – 2009“, Berlin 2009, S. 92.
Das Absurde ist nicht zwangsläufig die einzige Antwort auf die Krise. Man kann dagegen die Potentiale des Humanen als angewandtes Wissen auch in einer restriktiven Gegenwart entfalten. Das ist Wissenschaft. Sie ist Teil sozialer und geistig-kultureller Konflikte in der Gesellschaft.
Dieser Impetus wurde am 28. April in der öffentlichen Anhörung des Wissenschaftsausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft über die Pläne zur Univerlagerung vielfältig zur Geltung gebracht. Aus dem Kreise der etwa 400 Anwesenden wurde den Abgeordneten des Landesparlaments und der sprachlosen Uni-Präsidentin die unbedingte Ablehnung der Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook angriffslustig vorgetragen:
Eindeutig Nein! gilt den sozial ignoranten und kasernierenden Bauplänen. Mit überdimensionierten Maßen sind unverhohlene partikulare Geschäftsinteressen sowie auch phantastische Kosten verbunden. Attackiert wurden die Propaganda-Lügen, durch welche der fortschrittliche Gehalt der Uni Hamburg delegitimiert werden soll.
Das Vorhaben der Senatorin, an das sich die Uni-Präsidentin bindet, berücksichtigt weder kritische Lehren aus den monolithischen Erziehungsblöcken der Nazizeit, noch die negativen Erfahrungen mit deren gemilderten modernistischen Variationen, die andernorts entstehen.
Verwehrt wurde sich gegen die Doktrin einer Universität als Lernfabrik einer „wissensbasierten“ Standortgemeinschaft im internationalen Wirtschaftskrieg. Abgelehnt wird das hohle Pathos gläserner Visionen (mit oder ohne „Sprung über die Elbe“), deren Verwirklichung nur Mißmut schaffen kann.
Dagegen wurde die Universität als zukunftsbildender Gedächtnis- und Kritik-Ort, als Stätte demokratischer Auseinandersetzung und Architektur, als Spiegel sozialer Widersprüche und des Kampfes für gesellschaftliche Verbesserungen gewürdigt. Das Erfordernis und die Möglichkeit einer bedarfsgerechten Sanierung und sozialen Erweiterung in der entwickelten Verbindung mit dem Stadtteil wurden befürwortet und belegt. Universität, Wahrheit und Humanität sollten Leitlinien des weiteren Prozesses sein. Verlesen wurde die Resolution der studentischen Vollversammlung für eine sofortige Beendigung der teuren Inszenierung zugunsten von Gebührenfreiheit, Demokratisierung, bedarfsgerechter öffentlicher Finanzierung, zügiger baulicher Verbesserung und einer sinnreichen Studienreform „von unten“. Erinnert wurde an kritische Voten bereits zweier Fakultätsräte und des Studierendenparlaments.
Der Idiotismus des „Rucks“, der durch die Universität gehen soll, ist kenntlich gemacht worden. Die weitere Diskussion sollte sich vor allem darum drehen, wie die Universität geschichtsbewußt und vorausschauend in Eimsbüttel entwickelt werden kann.
(Dafür muß auch das weltanschaulich motivierte, personalpolitische Moorhuhn-Schießen gegen aufrichtig artikulierte Ansprüche der Mehrheit der Universitätsmitglieder durch die oberste Universitätsleitung unterlassen werden. Wir sind nicht im Wald!)
Kritik ist die geistige Prämisse aller Problemlösung.
Luscht oder Fruscht – das ist hier die Frage.
Arbeitskreis „Bücherverbrennung – nie wieder!“
am Mittwoch, 13. Mai 2009, von 11-19 Uhr auf dem Gedenkplatz der Bücherverbrennung am Isebek-Kanal, Kaiser-Friedrich-Ufer/Ecke Heymannstraße (Buslinie 4)
9. Marathon-Lesung aus den verbrannten Büchern: Hamburg liest gegen das Vergessen
Lesen Sie mit! Ein Gedicht, einen Text aus einem der verbrannten Bücher. Für Kurzentschlossene liegen ausgewählte Lesetexte bereit. Einfach nur zuhören kann man selbstverständlich auch.
„SPIEGEL: Manche Kulturkritiker menetekeln das Ende des Kapitalismus an die Wand.
Dibelius: Ein typischer Reflex. So war es schon bei der Internet-Blase, auf die totale Hysterie folgte tiefe Depression. Und? Gute Geschäftsmodelle wie Ebay oder Google haben all das überlebt und tragen positiv zur wirtschaftlichen Entwicklung bei. So hoffe ich, dass auch die aktuelle Krise letztlich hilft, unser System zu verbessern, ein marktwirtschaftliches natürlich, denn alles andere hat sich in der Geschichte schon selbst ad absurdum geführt. Richtschnur müssen Freiheit und Verantwortung sein.“Alexander Dibelius, Chef der Investmentbank Goldman und Sachs für die BRD im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 19/2009.
„Jede Seite ein Sieg.
Wer kochte den Siegesschmaus?Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen?So viele Berichte.
So viele Fragen.“Bertolt Brecht, „Fragen eines lesenden Arbeiters“, „Svendborger Gedichte“, 1939.
Depression folgt Hysterie: Marktwirtschaft, natürlich...
Der als aufgeklärt geltende Banker Dibelius – erst als Chirurg, dann bei der Unternehmensberatung MC Kinsey, nun leitend im Investmentbanking tätig – empfiehlt seiner Branche „kollektive Demut“, findet dauerhafte Renditen von 25 Prozent (nach Steuer!) passé ud empfiehlt recht unverbindlich, daß Verluste nicht sozialisiert und Gewinne nicht privatisiert werden dürften.
Dessen ungeachtet soll an dem Geschäftsmodell von Goldman Sachs (gestützt von der US-Regierung mit 10 Milliarden Dollar) strategisch nichts geändert werden. Auch soll, wer will es einem Banker verübeln?, am Kapitalismus, der in der Regel bedeutet, die Gewinne zu privatisieren und die Verluste zu sozialisieren, nicht gerüttelt werden. Das ist der Kern von „Freiheit und Verantwortung“.
Dabei hat sich doch gerade gezeigt, daß „die Freiheit“, zumal dereguliert und allerorten hofiert, prinzipiell verantwortungslos ist.
Verantwortungslos gegenüber Hunger und Elend, strukturell neigend zu Krieg und Rücksichtslosigkeit; verantwortungslos gegenüber dem Allgemeinwohl und der Freiheit der Vielen, spekulativ bis über den Anschlag und taumelnd bis zur Zerstörung von Vernunft, Fairneß, Demokratie und natürlichen Lebensgrundlagen auf der ganzen Welt.
Aus diesem gesellschaftlichen Desaster führen keine moralischen Appelle an diejenigen, die diese Katastrophe verursacht haben. Denn die Mahnungen haben wesentlich den Zweck, daß alles beim Alten bleibt.
Der einzige – nachhaltige Weg – aus der Krise führt über die Sozialisierung der Gewinne – die ohnehin von der großen Mehrzahl geschaffen werden – zu allgemein nützlichen Zwecken.
Die Erhöhung der Kapitalsteuern und der Löhne, die Schaffung von vernünftiger Arbeit, die bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung von Bildung, Kultur, Gesundheitsversorgung und allgemeinen Verkehrsverbindungen ist ökonomisch vernünftig, sozial gerecht, kulturbildend und demokratisch angemessen.
Die Beendigung der Kriege ist in diese Vernunft mit inbegriffen.
Jedes Engagement dafür ist lohnend. Jenseits von Hysterie und Depression.
Samstag, den 9. Mai 2009 ab 11 Uhr, Heinrich-Wolgast-Schule (Greifswalder Str. 40)
Themen: Studiengebühren, Bachelor/Master im Bolognaprozess, Rüstungsforschung, Hochschulfinanzierung, Hochschulzugang.
Alle Studierenden sind herzlich zur Teilnahme und Diskussion eingeladen.
Nähere Infos unter: www.linksfraktion.de
„Den Kapitalismuskritikern fehlen die Adressaten und die Alternative. Zudem haben sie mit etwas zu kämpfen, was auch Steinbrück, Schäuble, Sinn und Westerwelle im Dialog mit dem Volk zu schaffen macht: Demokratie lebt von Meinungsbildung; was aber, wenn sich viele keine Meinung mehr bilden, weil die Welt des Geldes zu kompliziert geworden ist, um sie zu begreifen?“
Cord Schnibben, „Lob der Gier“, „SPIEGEL“ Nr. 20/2009.
„Und die Leute werden uns schon verstehen, wenn wir ihnen sagen, daß sie in der Folge alle Tage Rindfleisch statt Kartoffeln essen sollen und weniger arbeiten und mehr tanzen werden. – Verlassen Sie sich darauf, die Menschen sind keine Esel.“
Heinrich Heine an Heinrich Laube, Paris, den 10. Juli 1833.
Übertriebene Gier und Ungleichheit sind nicht gut; aber ohne Gier und Ungleichheit geht's auch nicht. Das sind schlicht Sinn und Fazit eines gut elfseitigen „SPIEGEL“-Titelthemas („Die Gier nach Profit – warum der Kapitalismus nicht reformierbar ist“).
Zwar wird zugegeben – was auch kaum anders möglich ist –, daß enorme Renditen und waghalsige Spekulationen (die ja stets auf Kosten der Bevölkerungen sowie der öffentlichen Haushalte gingen und gehen) zum Crash auf den internationalen Finanzmärkten bzw. zu Schäden der Weltwirtschaft führten und daß die staatliche Regulierung der globalen Krise das Schlimmste verhindern muß, aber der liberale Lohnschreiber ist sich mit den etablierten Politikern und den sogenannten Ökonomen einig, daß zum regulierten Desaster keine Alternative bestehe. (Ein regulierter Zusammenbruch ist logischerweise aber immer noch kein haltbarer Zustand.)
Dabei hülfe schon ein wenig, auf die Arbeitsergebnisse der Kolleginnen und Kollegen von der Demoskopie zu schauen. Dort wird nämlich deutlich, daß die Kriegseinsätze im Ausland, exorbitant hohe Mangergehälter, Studiengebühren (auch die Uni-Verlagerung auf den Kleinen Grasbrook) und weitere Einschnitte in das Sozialsystem eindeutig mehrheitlich abgelehnt werden.
Befürwortet werden hingegen in unzweideutigen Voten Mindestlöhne, öffentliche Aufgaben (Bahn, Post, Krankenhäuser, Energie- und Wasserversorgung) in öffentlicher Hand sowie der gesellschaftliche Wert der sozialen Gerechtigkeit.
Der Genosse Trend weist dabei offenkundig in die richtige Richtung.
Entscheidend aber für die positive Bewältigung der Krise – was gleichbedeutend mit der Überwindung jeglichen Elends ist – ist das praktische Engagement für die Verwirklichung dieser zutreffenden Auffassungen. Außerhalb der Parlamente. Außerhalb des normierten Alltags. Dann werden Meinungen Tatsachen.
Am besten ist wohl alles zusammen: Rindfleisch, Gemüse, Arbeit und Tanz. Die Religion des Marktes ist am Ende. Das Erfreuliche ist zu schaffen.
Zurück zum Anfang„Wer aufsteht und zur Arbeit geht, der muss auch mehr haben als derjenige, der liegen bleibt.
Ein junger Mensch, der einsteigen will, der muss auch spüren, dass er mehr davon hat, als ein Gleichaltriger, der aussteigt. (...) Wer seinen eigenen Weg gehen will, riskiert oft den Vorwurf, eigenwillig zu sein. Eigenwilligkeit gilt den Gleichförmigen als Makel. Für uns Liberale ist es ein schönes Kompliment. Wenn jemand eigenwillig ist, hat er einen eigenen Willen. (...) Wer raus will aus der Großen Koalition und wer eine Linksregierung verhindern will, der hat nur eine Wahl: Diesmal FDP.“Guido Westerwelle, FDP-Vorsitzender, auf dem Bundesparteitag der nämlichen Partei am 15.5.'09 in Hannover.
&ndquo;Was ist für Sie der Unterschied zwischen Wahrheit und Wahrhaftigkeit?
Wahrheit ist, wenn man ein Gerät auf einen Tisch legt, und man kommt zurück, und es war keiner im Raum, und das Gerät ist immer noch da. Wahrhaftigkeit ist: Das Gerät liegt auf dem Tisch, man ist überhaupt nicht da, man kommt nicht zurück, und das Gerät liegt da. Aber nicht immer noch, sonder schon wieder.“Helge Schneider im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“), 17.5.'09.
Die FDP zieht in die Schlacht. Lachen ist erlaubt.
Der Laut-Sprecher Guido Westerwelle läßt sich auch absurd betrachten:
Wenn die Einnahmen des Staates – krisenbedingt – sinken werden, sollen die Steuern (der Großen) gesenkt werden.
Wenn die Marktfreiheit in die Krise geführt hat, muß sie – gegen jede Regulierung – erbittert verteidigt werden.
Wenn die Energiegewinnung aus Kohle und Kernspaltung ökologisch eindeutig fragwürdig ist, muß sie – entgegen anderen Möglichkeiten – dogmatisch beibehalten werden.
Wenn die sozialen Sicherungen und Lohntarife dringend gestärkt und ausgebaut werden müssen, wird wider die einsichtigen politischen Bekundungen von Zehntausenden ein charakterlicher Mix aus „Eigenwilligkeit“ und „Nächstenliebe“ empfohlen.
Mit diesen marktreligiösen Absurditäten bewegt sich die Westerwelle-FDP nicht nur außerhalb der Vernunft, nicht nur abseits jeglicher sozialer Verantwortung, sondern auch am rechten Rand des bürgerlichen Parteienspektrums.
Freiheit ist demnach, neben ein wenig Toleranzgesäusel, die vollständige Freiheit der absoluten Konkurrenz aller gegen alle.
Freiheit ist demnach auf der einen Seite die höchstmögliche Rendite, auf der anderen Seite die sauber, ordentlich und brav getane Arbeit für einen zweifelhaften Lohn (außer bei „Unternehmern“, Ärzten, Rechtsanwälten, Architekten usw.) – der Rest ist ein bißchen Konsum und FDP wählen.
Freiheit ist also der Verzicht auf Allgemeinwohl bzw. die Abwesenheit von kritischen und aufgeklärten Ansprüchen.
Die Freiheit zur Solidarität ist die Alternative zum anything goes einer gewinnbesoffenen Gesellschaft. Sie allein führt aus der Krise.
Die Solidarität beinhaltet die allgemein nützliche Kooperation aller Art für bessere Lebensbedingungen, was gleichbedeutend ist mit der erfreulichen Entwicklung der Einzelnen.
Wer aufsteht, muß nicht brav und folgsam sein.
Laßt Guido schrein – und ihn damit allein.
Zurück zum Anfang„Abendblatt: Wie vermitteln Sie diese Botschaft [„in kritischen Momenten Leistung bringen können“] in Ihren Seminaren?
Gehlen: Im Kampfsport gibt es viele Parallelen zum Arbeitsleben. Zum Beispiel erlebt man auf der Matte ganz unmittelbar, wie wichtig die genaue Analyse ist. Denke ich bei einem Angriff zum Beispiel, dass mir jemand gegen das Bein tritt, aber er haut mir auf den Kopf, dann hat das äußerst unangenehme Folgen. Wir fragen uns beim Kampfsport daher immer: Welcher Angriff liegt vor? Welche Lösungsmöglichkeiten haben wir, um in eine bessere Situation zu kommen? Dann kommt der Entschluss, die gewählte Taktik auch konsequent umzusetzen. Das erfordert sehr viel Mut und Konzentration.“Alfred Gehlen, Großmeister in Taekwondo, Leiter von Managementseminaren (z.B. für Bosch, Daimler, Philips, TUI und VW) im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“, Pfingstausgabe vom 30./31.5.-1.6.'09, S. 63.
„Ein guter Spaziergänger war ich zwar immer, aber ich bin niemals mit Brille und bloßen Knien, die Gitarre auf dem Rücken, in schicksalsmäßiger Gemeinschaftshaltung durch die Lande gezogen.“
Thomas Mann, „Die Wiedergeburt der Anständigkeit“, 1931.
Es gibt Präsidentinnen, die wollen mit dem Kopf durch die Wand. Das nennt sich dann unbeirrt. Aber das ist möglicherweise ein anderes Thema...
Das sich modern wähnende Management begibt sich in Sport-Psycho-Seminaren dorthin, wo es sich schon seit längerem befindet: auf die Matte.
Dort soll bekräftigt werden, was weltweit und unausweichlich in ein zivilisatorisches Desaster geführt hat: die unmittelbare Vorteilsnahme zu jedem Preis und auf Kosten Aller. (Bei VW ist's zum Ärger von Herrn Wiedeking stark und damit vernünftig reguliert.)
Der Kampfsport besteht im einzelnen aus hohen Spitzengehältern, niedrigen Unternehmenssteuern und sparsamen Löhnen, möglichst großen Gewinnen und Dividenden, abenteuerlichen Zusatzspekulationen sowie einer Prise der Arroganz der Macht und last but not least einem chronischen Mangel an Lernbereitschaft.
Damit kann man gewaltig vor die Wand fahren, um dann vor Arbeitern zu weinen (Frau Schaeffler) oder den Staat anzubetteln (über 1.000 Anträge auf Staatshilfe liegen der Staatsbank KfW vor; sie vergibt auch Studienkredite).
Ein Schelm, der Keckes dabei denkt – wie beispielsweise Michael Moore im Falle der großen US-Autokonzerne –, kommt auf den naheliegenden Gedanken, daß man die Konzerne eigentlich dann gleich verstaatlichen und die Arbeitenden über die Produktion bestimmen lassen könne.
Daran wird aber meist nicht gedacht. Beibehalten werden soll vielmehr die Doktrin, daß die ausschaltende Konkurrenz vorrangiges Prinzip sei und daß alle gesellschaftlichen Lebenstätigkeiten der uneingeschränkten Kommerzialität zu unterwerfen seien.
Politisch ist das das konservative Ordnungsprinzip oder die neoliberale Verantwortungslosigkeit.
In den Wissenschaften erfüllen beispielsweise Studiengebühren und der Bachelor-Master-Terror diese Funktion. Darüber wacht ein strenges Regiment. Gehorsam wird diskursfrei gefordert.
Womit wir wieder bei der Präsidentin wären.
Zurück zum AnfangGemeinsames Flugblatt von Fachschaftsbündnis,
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS
„Die Uni-Präsidentin hat selbstverständlich meine Unterstützung. Sie setzt das um, was die Hochschulnovelle strukturell vorgibt und so von Senat und Bürgerschaft beschlossen wurde. (...) Auch Hochschullehrer haben sich an die Gesetzgebung zu halten.
(...) Der Trott der letzten 30 Jahre muss abgeschüttelt werden. Dies führt zwangsläufig auch zu Reibungen, die jetzt Uni-intern gelöst werden müssen.
(...) Ich werde die weitere Entwicklung mit großer Sorgfalt beobachten. Wenn ich feststelle, dass ein Eingreifen seitens der Behörde notwendig wird, werde ich eingreifen.“Senatorin Herlind Gundelach, CDU, Interview mit dem Hamburger Abendblatt, 28.05.2009.
Die Universität Hamburg hat eine Grundordnung. In deren Präambel heißt es, die Universität trage „zur Verwirklichung wissenschaftlicher Freiheit, zur Mitgestaltung eines sozialen und demokratischen Rechtsstaates und einer friedlichen und menschenwürdigen Welt sowie zur Verwirklichung des Rechtes auf Bildung und der Gleichstellung der Geschlechter“ bei. Dieser universelle Anspruch wurde 2005 von delegierten Uni-Mitgliedern (im damaligen Großen Senat der Uni) als Kontrapunkt zur neoliberalen Konkurrenzdoktrin entwickelt und beschlossen. Er wird zudem aktuell vielfach vertreten.
Der rüde Dirigismus aus der Wissenschaftsbehörde dient der Zerstörung dieser sinnvollen Orientierung. Eine solche Politik wird strukturell von der Handelskammer vorgegeben. „Unternehmerisches Handeln“ sei ein zwingendes Vorbild.
Betriebswirtschaftliches Handeln ist aber in der Regel volkswirtschaftlich irrational. Der Unsinn besteht darin, daß den Gewinnen einer besitzenden Minderheit alles und alle dienlich sein soll und sollen. Konkret: Auf die kapitalmächtigen „Wirtschafts-Cluster“ – Luftfahrt, Logistik, Welthandel/China, Ostseeraum, Nanotechnologie, Lifescience, Medien: sämtlich Industriezweige, die militärisch deformiert sind – sei das gesamte (wissenschaftliche) Leben auszurichten. Das ergibt eine hohe Entfremdung von humanen Zwecken. Solange das so ist, bleibt ein autoritäres Kommando im eigentlich zivilen Alltag nicht aus. Die spröde Senatorin und ihre präsidiale Gefolgsfrau kennen es anscheinend nicht anders. Die geschäftstüchtigen weiblichen Wahlverwandten erklären deshalb Gesetze zu Handelnden, halten humanistische Vernunft und demokratischen Meinungsstreit für „Trott“, Abrieb (bei Menschen) für einen natürlichen Vorgang und, bei folglich ihnen unerklärlicher Widerständigkeit, Drohungen für angemessen. Sie selbst führten die Befehle nur aus. – Strammstehen!.
Zynismus (auch: technokratische Depression) ist keine legitime Begründung politischer Praxis.
Das unzerstörbar Gute ist, daß der Mensch ein kollektives kulturelles Wesen ist, das erkennen, sich artikulieren, begründet hoffen und kooperativ eingreifen kann: in Überwindung oktroyierter Konkurrenz und gegen jede Form von Anmaßung bzw. Obrigkeit. Studiengebühren sind also abzuschaffen, das Konkurrenz-System in Studium (BA/MA) sowie Forschung und Lehre („leistungsorientierte Mittelvergabe“) ist zu überwinden, die wirtschaftsfromme Novelle des Hochschulgesetzes kann verhindert werden und die Machtmechaniker-Innen dürfen gerne gehen. Vitale Demokratie heißt nicht zuletzt eigenständig, kritisch und öffentlich zu argumentieren.
Die (Re-)Konstruktion des Vernünftigen beginnt mit einem Nein! zu jeder Zerstörung. Für all das sind zunehmend Gelegenheiten zu schaffen. Die Renaissance der Republik beginnt mit einer neuen Gedankenrichtung.
Der Akademische Senat hat in seiner Sitzung am 28. Mai 2009 folgende Beschlüsse gefaßt:
„Sind Sie mit diesen Werten, die die 68er implementiert haben, einverstanden?
Ein ganz wichtiger Wert, der mir zutiefst sympathisch ist, ist der antiautoritäre Grundimpuls. Den brauchte es in Deutschland, der wirkt bis heute positiv. Und sonst: 68 steht für eine ganz stark antikapitalistische Grundhaltung – die halte ich für fahrlässig und falsch. 68 steht für eine antiamerikanische und antiisraelische Grundausrichtung – die halte ich außenpolitisch für hochgradig problematisch. 68 steht für Technologieskepsis – die kommt uns seit Jahrzehnten in Forschung, Entwicklung und Anwendung teuer zu stehen. Und 68 propagierte ein leistungsskeptisches und elitefeindliches Ressentiment – bis heute mit fatalen Folgen, insbesondere in der Bildung.“Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Axel-Springer-Verlags, im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“), 7.6.'09, S. 29.
„Gaus: Sie gehen davon aus, daß der Mensch absolut bildungsfähig ist, daß der Mensch besser werden kann.
Dutschke: Ich gehe davon aus, daß der Mensch nicht dazu verurteilt ist, dem blinden Spiel der Zufälle in der Geschichte unterworfen zu bleiben.“„Zur Person“: Rudi Dutschke im Gespräch mit Günter Gaus, 3. Dezember 1967.
Wenn der Herr Döpfner das Anti-Autoritäre der „'68er“ lobt, dann meint er gewiß nicht die kritische und phantasiereiche Haltung gegenüber Polizei, Militär, strengen Autoritäten bzw. engen kulturellen Konventionen und staatlichem Handeln, wie sie in dem kulturell-politischen Handeln der damaligen Zeit zum Ausdruck kam, sondern er versteht darunter die „Freiheit unternehmerischen Handelns“ und eine bunte Konsumwelt, die ihm Macht und Reichtum sowie auch das Haargel, das er reichlich benutzt, beschert.
Wenn der Springer-Chef, der auch einen komfortablen Aktienanteil am Medienkonzern besitzt, meint, die „'68er“ seien anti-amerikanisch gewesen, verkennt er wesentlich die begründeten internationalen Proteste (auch in den USA) gegen den Vietnamkrieg. (Auch war die damalige Begeisterung für beispielsweise die Musik von Jimi Hendrix oder den Doors ganz sicher nicht „anti-amerikanisch“.)
In einem Punkt hat Herr Döpfner dennoch wohl recht: Neben ihrem antifaschistischen Impetus (nicht anti-israelisch, sondern für eine Zwei-Staaten-Lösung Israel/Palästina) war die Bewegung der damaligen Zeit auch anti-elitär. Schließlich ging aus ihr ebenso die Öffnung bzw. Reformierung des schulischen und hochschulischen Bildungssystems sowie des Ausbildungssektors hervor. Neben der Prügelstrafe für Lehrlinge (die dann irgendwann „Auszubildende“ hießen) wurden linkerhand die Studiengebühren abgeschafft. Mit diesen und anderen positiven Veränderungen – die dringend erforderlich waren aus dem Muff der 1950er und 1960er Jahre hinaus – stand mit einem Mal der mündige Bürger im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Bildungsverständnisses.
Das alles soll mit den Deformen der letzten Jahre (Hochschulräte, Fakultäten, Dekane, Studiengebühren, Bachelor/ Master, Auflösung der Einheit von Forschung und Lehre) in einer historischen Rolle rückwärts dummdreist revidiert werden. (Die CDU vertrat ohnehin immer „den Mut zur Erziehung“.) Auch dafür stehen und schreiben und flimmern hauptsächlich die Medien des Springerkonzerns. Und „Bild“ sprach stets mit der Leiche. Ein Exklusivbericht.
Dagegen ist eine Renaissance von Aufklärung, Gesang, Tanz und internationaler Solidarität erforderlich, möglich und machbar.
Raketenforschung ist kein Leitbild für eine verantwortliche Universität in einer erfreulichen Gesellschaft.
Zurück zum AnfangGemeinsames Flugblatt von Fachschaftsbündnis,
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS
„Möglichkeit bedeutet »Freiheit«. Das Maß der Freiheit geht in den Begriff des Menschen ein. Daß es objektive Möglichkeiten gibt, nicht Hungers zu sterben, und daß dabei Hungers gestorben wird, hat anscheinend seine Bedeutung. Aber die Existenz der objektiven Bedingungen oder Möglichkeiten oder Freiheiten reicht noch nicht aus: es gilt, sie zu »erkennen« und sich ihrer bedienen zu können.“
Antonio Gramsci: Gefängnishefte [Mensch als Ensemble seiner Verhältnisse], Heft 10, Teil II, § (48).
„Schade, daß das Wort Fleisch
Allein noch nicht sättigt, schade
Daß das Wort Anzug so wenig warm hält.“Bertolt Brecht: „Notwendigkeit der Propaganda“, Gedichte 1934-1939.
Die Präsidentin rudert und rudert in „Demut“. Mit „Geduld“ wolle sie nun fortgesetzten hochschulpolitischen Unfug walten lassen. Derweil rumort der Bildungsstreik an Kitas, Schulen und Hochschulen der Republik. Es wird mehr Raum geschaffen für orientierende Erörterungen. Gut dem Dinge.
Woher rührt der Widerstand an den Bildungseinrichtungen? Hier kommen Menschen mit Hoffnung auf die Zukunft zusammen. Hier soll eine bessere Gesellschaft vorgedacht und herausgebildet werden. Der privat-ökonomische Druck zu barer Verwertung widerspricht der durchaus notwendigen Möglichkeit menschlicher Emanzipation: Erkenntnis, Befreiung und kategoriale Kritik sind nahe Verwandte. Die gesellschaftspolitische Opposition ist reich an humanistischen Vorläufern, sozialen Vorbildern und engagierten (Vor-)Kämpfern. Die Bewegung der Aufklärung kann tief in die sozialen Strukturen und Mentalitäten der Gesellschaft eingreifen:
1) Es geht um mehr als um besseres Benehmen (auch der Präsidentin). Demokratie ist Herrschaft der Argumente und gleiche Partizipation auf allen Ebenen, nicht bloß huldvolles Zuhören. Dafür ist sogleich der gewählte Dekan der Geisteswissenschaften ins Amt zu setzen, muß die (teil-) demokratische Uni-Grundordnung (inklusive eines repräsentativen Uni-Konvents) überall angewendet und für die gründliche Überarbeitung des Hochschulgesetzes gestritten werden.
2) Bildung und Wissenschaft gedeihen durch bewußte, entwicklungsfähige und zivile Sinngebung. Human, demokratisch und gerecht sei die Welt, für die gelernt und gearbeitet werden soll, so heißt es im Leitbild der Universität (s. umseitig). Das ist ein Programm, das aktuell orientiert.
3) Angst – vor Pressionen und Seitenbissen im Studium und bei der Arbeit – ist ein schlechter Antrieb und muß ursächlich bekämpft werden. Das heißt, daß jede Form der strukturellen Konkurrenzverschärfung beseitig werden muß. Der enge Hochschulzugang, der Prüfungsmarathon „BA/MA“, die wertend vergleichende Willkür der Noten, die selektiven „Übergangsquoten“, die (STiNE-)Überwachung, die leistungsbezogene Mittelvergabe, das kleinteilige Kostenstellen-System sowie die unausgesetzte Drittmitteljagd sind die bildungspolitischen Barrikaden zur Schaffung einer selbstsüchtigen „Elite“, die die Emanzipation der Mehrheit hindern soll. Dagegen kommt es auf Solidarität an. Deren praktischer Sinn ist:
4) Eine bedarfsgerecht öffentliche und demokratisch realisierte Finanzierung aller Bildungseinrichtungen. Sie wäre nahezu ein Zivilisationssprung, jedenfalls eine Neuheit seit 1977. Der Mangel bei den Einen ist die Quelle des Überflusses der Anderen. Das läßt sich ändern.
5) Knüppel in den Sack! heißt: Gebührenfreiheit!
6) Die Uni sollte sich in Eimsbüttel würdig entfalten können. Das kann noch vor der Sommerpause besiegelt werden.
Kritisches Lernen ist engagierte Lebensfreude.
Leitbild der Universität Hamburg
Zurück zum Anfang„Bundesbildungsministerin Anette Schavan zeigte wenig Verständnis für die Proteste. Im Deutschlandfunk nannte die CDU-Politikerin die Forderung der Studierenden ‘zum Teil gestrig’. Sie sei ‘sehr einverstanden’, wenn sich Schüler und Studenten mit dem Bildungssystem beschäftigen. ‘Aber wer streikt, muss auch Fakten zur Kenntnis nehmen. Wer sagt, wir müssen Bachelor- und Masterstudiengänge wieder abschaffen, der nimmt nicht zur Kenntnis, dass Deutschland Teil des europäischen Bildungsraums ist.’“
„tagesschau.de“, 18.6.'09.
„Ja, mich dünkt zuweilen, der Teufel, der Adel und die Jesuiten existieren nur so lange, als man an sie glaubt. Vom Teufel können wir es wohl ganz bestimmt behaupten, denn nur die Gläubigen haben ihn bisher gesehen.“
Heinrich Heine, „Reise von München nach Genua“, Kapitel IX, 1828.
Der RCDS, die CDU-Jugend an den Hochschulen, warnt davor, das „Bildungsthema dem Mob (zu) überlassen“.
Nimmt man diese menschenfreundliche Äußerung – und Haltung – zusammen mit der Aussage der Bundesbildungsministerin, die Forderungen der Studierenden seien „zum Teil gestrig“, dann mag der Eindruck entstehen, die soziale Offenheit des Bildungssystems, sein aufklärerischer Auftrag zur Kultivierung mündiger Menschen, die demokratische Partizipation in den entsprechenden Institutionen, die gesellschaftliche Verantwortung der Lernenden sowie ihre politische Artikulation im öffentlichen Raum seien gewissermaßen gestrig wie das Grundgesetz, das bekanntermaßen seit 60 Jahren existiert.
Der gönnerische Gestus von Frau Schavan, die ja immerhin im Juli sogar mit den Studierenden (welchen?) zu sprechen gedenkt, gewinnt feudale Züge, wenn man – von wegen Tatsachen! – bedenkt, wie sehr mit den sogenannten Reformen (Entdemokratisierung, Studiengebühren, Ba-Ma-Drangsal, chronische Unterfinanzierung, Kommerzialisierung des Sinns von Bildung) bildungs- und wissenschaftspolitisch gegen den Baum gefahren worden ist. Schulen und Hochschulen befinden sich seitdem im kulturellen Desaster.
Wer außerdem die durch die authentischen Bildungsreformen der 1970er Jahre aus guten Gründen abgeschafften „Fakultäten“, „Dekanate“/„Dekane“ und Studiengebühren wieder eingeführt hat oder einführen will, sollte sich fragen lassen, was sein (oder ihr) Verständnis von gestern, heute und morgen ist.
In Wahrheit soll hier eine bildungspolitische Regression verteidigt werden, die sich eindeutig gegenüber Menschen und Gesellschaft als schädlich erwiesen hat.
Allein nur die Rücknahme der aufreibenden Deformen der jüngsten Vergangenheit wäre ein Fortschritt für Bildung und Wissenschaft, da in diesem Falle und in dieser Weise die Reflexion über eine sinnvolle Aufgabenerfüllung halbwegs demokratisch und kooperativ viel eher möglich ist als in dem gegenwärtigen Chaos, das gerade von Personen wie Anette Schavan, Herlind Gundelach sowie Monika Auweter-Kurtz geschaffen worden ist.
Die Problemlage ist so offenkundig, daß selbst von konservativer Seite für Abhilfe plädiert wird:
„Hat man im Reformestablishment noch eine Anschauung von der Universität? Nein, hat man nicht. Niemand kann behaupten, die Universität sei vor der Reform ein Ort der selbstbestimmten Bildung gewesen. Und genauso illusorisch wäre der Glaube, alle Studenten seien ihrer Natur nach Studierende. Aber die Wucht, mit der sich inzwischen vielerorts eine Kontroll- und Effizienz-Phantasie auf das Studium geworfen hat, kann nicht länger damit erklärt werden, früher sei auch nicht alles Gold gewesen. Denn was interessiert die Studenten die Vorvergangenheit der Reform? Sie leben jetzt, und viele von ihnen finden schon lange keinen Sinn mehr in dem, was ihnen Studienordnungen an bulimischem Lernen, Verzweckung des Engagements und Mentalität des Sichdurchschlagens durch unverstandene Studienparcours nahelegen.“
Jürgen Kaube, „Bildungsstreik“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 18.6.'09.
Allerdings interessiert, was gestern wirksam war und niemals gestrig sein wird: Freiheit, Gleichheit und Solidarität!
Zurück zum AnfangGemeinsames Flugblatt von Fachschaftsbündnis,
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS
„Mir und dem ganzen Präsidium ist inzwischen klar geworden, dass wir durch die Fülle der laufenden Veränderungsprozesse und deren Tempo weiten Teilen des wissenschaftlichen Personals und des technischen und Verwaltungspersonals sowie vielen Kolleginnen und Kollegen zu viel zugemutet haben. Wir bedauern dies sehr.“
Uni-Präsidentin Auweter-Kurtz: Offener Brief an die Mitarbeiter, 23. Juni 2009.
„Die Anstalt dient einem Zweck: Menschen sollen in ihr aufbewahrt, gebessert, gedrillt, erzogen, zur Arbeit angeleitet werden ... aber in allen regiert über Menschen und Sachen der soziale Geltungsdrang einer herrschenden Klasse.“
Kurt Tucholsky, „Die Anstalt“, 1929.
Wir sind tief mit Dank erfüllt. Quälend hat uns und die anderen Mitglieder der Universität belastet, daß unsere norddeutsche Schludrigkeit der zügigen Durchsetzung von Buchhalterei und Studiengebühren, der STiNE-Kontrolle, den leistungsfördernden BA/MA-Hierarchien, dem schwäbischen Dialekt als Präsidialsprechen sowie eindeutigen Befehlsstrukturen im Wege stand. Wir bedauern sehr, daß dieser Reformprozeß durch uns verzögert wurde und wollen uns nun, da wir mit Demutungen von Oben zu rechnen haben, um eine saubere und geräuschlose Abwicklung der Universität bemühen.
Besonders froh sind wir, daß die Präsidentin kein Wort über den leidlichen Streit zur Uni-Verlagerung äußert. Wir konnten das Thema auch nicht mehr hören; die Diskussion hat den Kräften der Beharrung und der geschichtsverliebten Schwadroniererei über Demokratie, soziale Offenheit, sogenannte gesellschaftliche Verantwortung und bauliche Ästhetik zu viel Raum gegeben.
Wir freuen uns, daß wir der Präsidentin blind, taub und gefühllos vertrauen können. Sie hat nahezu alle ehemals kontroversen Themen offen und diskutierenswert angesprochen: BA/MA, STiNE, die Exzellenzinitiative, die Kennzahlen/das Rechnugswesen, die Verwaltungshierarchisierung sowie ihren zweifellosen Führungsstil und damit deutlich gemacht, daß sie die Themen kennt und sicher konkrete Problemlösungsvorschläge hat. Wir müssen einfach folgen.
Besonders wichtig ist die tiefe Einsicht der Präsidentin, daß Wahlen zu Dekanatsämtern nicht zu beachten sind, sondern der Fakultätsrat sich im Konsens mit ihr auf eine würdige Vertretung des Präsidiums in der Fakultät einigen darf.
Sehr erfrischend ist die klare Ordnung. Die feinsäuberliche Unterscheidung zwischen professoralen Kollegen, niederen Mitarbeitern und dem unerwähnten Nichts (Studierende) verdeutlicht uns – Halt gebend! – wo unser Platz ist.
Unsererseits bedauern müssen wir besonders, daß wir der Präsidentin „unterstellt“ haben, sie arbeite nicht konsensorientiert, sie sei nicht gesprächsbereit bzw. an der Meinung der Universitätsmitglieder nicht interessiert, es herrsche gar ein Klima der Angst. Daß es sich hierbei lediglich um Mistverständnisse handelte, ist uns nun klar geworden.
Wir schlagen deshalb vor, dass wir ein großes Versöhnungs-Fescht auf dem Campus veranstalten, auf dem wir das Leitbild der Universität verbrennen.
Geißel, Rosenkränze, Säcke und Asche teilt Herr Luckow dann persönlich aus.
„Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung.“
Leitbild der Universität Hamburg.
Der Brief der Präsidentin kann auf der Site des Hamburg Abendblattes eingesehen werden: http://www.abendblatt.de/hamburg/article1064425/Der-Brief-der-Uni-Praesidentin-im-Wortlaut.html
am Donnerstag, den 9. Juli 2009, um 14 Uhr
im AS-Sitzungssaal, Uni-Hauptgebäude, R. 308, ESA1
Themen auf der Sitzung:
Dekanwahl in den Geisteswissenschaften,
Amtsausübung der Präsidentin,
Stellungnahme des Akademischen Senats zum Struktur-
und Entwicklungsplan der Universität (STEP),
Hamburgisches Hochschulgesetz
und die Univerlagerung.
„‚Mit der destruktiven Haltung der Studentenbewegung vor 40 Jahren können wir nichts anfangen. Wir gehen den Weg des Dialogs‘, beschreibt der 23-jährige Jurastudent Pabsch den Politikstil des neuen Astas. Konstruktive Mitarbeit in den Gremien wie dem akademischen Senat oder dem Fakultätsrat seien wirksamer als Blockaden, Proteste und Boykotts. ‚Dialogbereitschaft heißt ja nicht, dass wir immer nur Kopfnicken. Wir versuchen, in der Diskussion mit guten Argumenten unsere Position durchzusetzen. Verweigerung bringt nichts, man wird nicht ernst genommen – weder universitätsintern noch von der Öffentlichkeit‘“
„Weder links noch rechts/Die pragmatische Generation“, „FAZ-hochschulanzeiger/karriere studieren“, Juni 2009, S. 13.
„Denn die Zeiten fließen, und flössen sie nicht, stünde es schlimm für die, die nicht an goldenen Tischen sitzen:“
Bertolt Brecht, „Volkstümlichkeit und Realismus“ (Schriften zu Literatur und Kunst), 1938.
Der sogenannte Pragmatismus steckt tief in der Sackgasse.
Severin Pabsch („Juso“-Realo), der auch nicht an einem goldenen Tisch sitzt und ebenso nicht in der Lage ist, einem Kellner 4.000 Dollar Trinkgeld zu geben, hat sein Engagement als Klassensprecher und beim Roten Kreuz gelernt. Danach hat der gegenwärtig amtierende AStA-Vorsitzende den Weg zur SPD gefunden.
Seine Kollegin Aleksandra Szymanski von der WiWi-Liste sagt, sie seien weder links noch rechts. Wegen dieser „Neutralität“ befürwortet sie auch das Ba-/Ma-System und will lediglich, daß es besser umgesetzt wird. Hier liegt also ein abgrundtiefer Fall von Bravheit vor.
Mit solchen Leuten, die sich ganz dialogbereit – mit guten Argumenten? – von Frau Auweter-Kurtz beizeiten an den Katzentisch setzen lassen und nichts wie Angst in der Hose haben, steht es fürwahr schlecht um die (zentrale) studentische Interessenvertretung.
Wer beispielsweise nicht zur Kenntnis nehmen will, daß selbst seitens des konservativen Deutschen Hochschulverbandes das anti-wissenschaftliche Ba-/Ma-System in Frage gestellt wird und daß die Ur-Abstimmung an der Uni gegen Studiengebühren (hauptsächlich von der Fachschaftsrätekonferenz initiiert und durchgeführt) zu einem Beschluß des Akademischen Senats gegen Studiengebühren geführt hat; wer zudem die Studierendenbewegung der 1960er und 1970er Jahre quasi für null und nichtig erklärt, hat jeglichen Sinn für eine aufgeklärte Universität in einer menschenwürdigen Gesellschaft – und damit auch für eine angemessene studentische Politik – verloren. „Weder links noch rechts“ ist wie das Kaninchen vor der Schlange. Und Schlangen sind in der Regel nicht vegetarisch.
Frau Auweter-Kurtz, Frau Gundelach, der AStA, die vermeintlichen Reformen sowie die weitere Entwicklung von Universität und Gesellschaft sind zunehmend auf dem Prüfstand.
Rationaler Widerspruch hat immer Konsequenzen.
Zurück zum AnfangGemeinsames Flugblatt von Fachschaftsbündnis,
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS
„müde menschen werden
früher alt
wach auf, genosse!“Ernst Jandl, „Letzte Gedichte“, Sammlung Luchterhand 2001.
Die Präsidentin geht. Sie hat sich für eine gesellschaftlich verantwortliche Hochschule als unqualifiziert erwiesen. Deshalb muß sie gehen. Eine vernünftige Mehrheit in allen Mitgliedergruppen der Universität begrüßt diese Entwicklung. Der externe Hochschulrat, der sie auswählte und hätte abberufen können, zauderte. Er muß einen Fehler eingestehen und fürchtet zurecht Konsequenzen. Schließlich ist er als aufgekorktes, undemokratisches Hindernis ein struktureller Fehler. Die Senatorin (und der Bürgermeister) wollen von ihren politischen Schädigungen ablenken. Das gelingt nicht und wäre auch nicht förderlich für die Universität. Der AStA beschallt derweil den Campus.
Der konservative Standesverein für Professoren, der Deutsche Hochschullehrerverband, entdeckte angesichts der Bestrebungen der Senatorin, die übertriebene Präsidentin loszuwerden, jäh sein Herz für die Hochschulautonomie und verwahrt sich gegen Einmischungen aus der Wissenschaftsbehörde. Das ist kurios. Man kann nicht verteidigen, was man nicht im Interesse der Universität erringen will. Wir sind am Kern der Malaise:
Eine Autonomie der Bildung und der Wissenschaft, zumal eine aufgeklärt demokratische, ist nicht, was der Hochschulrat, die scheidende Präsidentin und der politische Senat vertreten. Die Universität ist zur Erhebung von Gebühren (mit nutzbaren Spielräumen) gesetzlich veranlaßt, die rigide Einführung von Bachelor und Master wurde erpreßt, die Mitbestimmung ist stark eingeschränkt worden, die Kürzungsorgien gegen alle Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sollen kein Ende nehmen, das betriebswirtschaftliche Management gilt als verordnet. – Autonomie, Demokratie, kritische Souveränität? – Die Handelskammer dirigiert eine andere Melodie. Kaum jemand will sie noch singen.
In dieser Lage tagt am 9. Juli der Akademische Senat (AS). Bei ihm liegt als gruppen- und bereichsübergreifendem Organ der Universität die politische Verantwortung für die weitere positive Perspektive. Dazu gehört zuerst die Forderung, daß aller menschliche Schaden, den die oberste Uni-Leitung in den letzen Jahren angerichtet hat, geheilt werden muß.
Das verbleibende kollegiale Präsidium muß gefordert werden, den demokratisch gewählten Dekan der Geisteswissenschaften endlich zu bestätigen.
Der AS sollte kritisch zum Struktur- und Entwicklungsplan Stellung nehmen: Das Stopfen von Haushaltslöchern durch Studiengebühren ist falsch; die Verkarstung durch die Streichung von sogenannten Orchideenfächern oder von Teilen der Erziehungswissenschaft muß gestoppt werden.
Notwendige Forderungen in diesem Zusammenhang sind die bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung der gesamten Universität und Wiederherstellung der seit 1993 bzw. 2001 systematisch abgebauten Breite in Lehre und Forschung, die Erhöhung der Studienplatzzahlen und die Abschaffung der Studiengebühren. Auch der konkurrenzverschärfenden Drittmittelhetze ist mit diesem Kurs Einhalt zu bieten.
Rasch zu erwirken ist eine umfassende Demokratisierung des Hochschulgesetzes, besonders die Abschaffung des Hochschulrats, die Wiedereinführung eines großen „Uni-Parlaments“, die Wahl der Leitungsorgane durch demokratische Gremien sowie deren Aufwertung und die Wiedereinführung von Mitbestimmungsmöglichkeiten auf der Instituts- oder Fachbereichsebene.
Die Universität muß in Eimsbüttel bleiben; diese Entscheidung ist zu beschleunigen.
Eine wahrhafte Studienreform für solidarisches, wissenschaftliches und human eingreifendes Lernen sollte zügig angestrebt werden.
Das kluge Gedeihen der Universität ist eine gemeinsame Angelegenheit.
Zurück zum Anfang„Die Angebote der bereits existierenden großen Studienstiftungen müssen außerdem bekannter gemacht werden. Denn wer pfiffig ist, kann dort mit Glück auch heute schon ein Stipendium ergattern. Wer sich darum aber erst gar nicht bemüht, dem ist wirklich nicht zu helfen.“
Florian Kain, „Viel zu wenig Stipendien/Finanzielle Sorgen der Studenten“, „Hamburger Abendblatt“, 30.6.'09, S. 2.
„Was doch eigentlich den Armen den Himmel so angenehm macht, ist der Gedanke an die dortige größere Gleichheit der Stände.“ (1177)
Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft J, 1789-1793.
Was ist pfiffig? Wer hat Glück?
Das Bachelor-/Master-System (in memoriam: „Batschelor-/Maschter-Syschtäm“) erschwert mit großer Last ein sinnvolles sowie kooperatives – freudvolles – Studium; es ist nicht einmal „studierbar“.
Studiengebühren selektieren sozial vor dem und während des Studiums und tragen nicht unerheblich zur Vermarktung von Studium und Studierenden bei.
Vor diesen unerfreulichen Tatsachen wurde schon lange vor der Einführung entsprechender Maßnahmen gewarnt.
Wie jetzt jüngst eine Studie des (konservativen) Allensbach-Institutes im Auftrag des Reemtsma-Begabtenförderungswerkes unzweideutig zutage gefördert hat, bewirken Gebühren plus Bachelor-/Master, daß weniger Abiturienten ein Studium aufnehmen und mehr Studierende ihr Studium abbrechen wegen der hohen finanziellen Belastungen bzw. der Angst vor hohen Schulden. (Der organisierte Ba-Ma-Terror macht ja nicht nur weniger hochschulpolitisches Engagement möglich, sondern erschwert auch das Lohnarbeiten „neben“ dem Studium.)
Konform mit dem Auftraggeber („Begabtenförderung“) der Befragung tuten daraufhin konservativer Kommentator (s.o.) und Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) in dasselbe blecherne Horn. Der Teufel soll nunmehr mit dem Belzebub ausgetrieben werden. Wenn sich mehr Leute um die wenigen Stipendien rangeln, können die alten Schandtaten beibehalten werden. (Wie „begabt“ sind eigentlich der Journalismus der Springer-Presse und die Hochschulpolitik der CDU?)
Ein (gedanklich) sehr einfacher, zugleich kluger und hilfreicher Weg wäre hingegen, die Studiengebühren und das Bachelor-/Master-System wieder abzuschaffen. Zudem ist sinnvoll, ein bedarfsgerechtes, elternunabhängiges BaFöG als Vollzuschuß einzuführen. Den „Begabten“ bliebe dann der Rest.
Auch Frau Gundelach muß lernen.
Zurück zum AnfangGemeinsames Flugblatt von Fachschaftsbündnis,
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS
Zur Zeit tobt im Iran die Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Fraktionen der herrschenden Elite sowie sozialen und ernsthaft oppositionellen Kräften. Der amtierende Präsident Mahmud Ahmadinedschad stützt sich auf militärische und paramilitärische Kräfte, unterdrückt jegliche Opposition, geriert sich religiös-national als Anwalt der „kleinen Leute“ und hat seine Wiederwahl durch massive Korruption durchgesetzt. Sein Widersacher Mir Hussein Mussawi vertritt das Establishment aus traditionell reaktionärem Klerus und „westlich“ orientierter Mittelschicht. (In seiner Zeit als Ministerpräsident 1981-89 wurden Tausende von Menschen gefoltert und umgebracht.) Diese Fraktionen streiten um die politisch-ökonomische Vorherrschaft und insbesondere den Zugriff auf die gewaltigen Öl- und Gasprofite.
Die offenkundig gewordene Manipulation bei der Präsidentschaftswahl im Juni war Auslöser der größten Massenproteste seit vielen Jahren. Darin kommen die Wut über die elenden sozialen Bedingungen und die jahrelange politische Repression sowie die Hoffnung auf bessere Zeiten heftig zum Ausdruck. Fortschrittliche Kräfte aus Studierenden- und Frauenbewegung sowie der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung kämpfen für Demokratisierung, Säkularisierung und sozialen Fortschritt.
Durch welche ökonomischen Interessen ist diese Auseinandersetzung im Iran bestimmt?
Welchen Interessen verfolgen die USA und die europäischen Staaten gegenüber dem Iran?
Wer sind die politischen Kräfte der Protestbewegung und was sind ihre Ziele?
Welche Rolle spielt insbesondere die Studierendenbewegung, welche Kämpfe führt sie?
Welche Bedeutung kommt der internationalen Solidarität zu?
Diese Fragen wollen wir mit Dr. Peyman Javaher-Haghighi diskutieren. Der Referent ist Lehrbeauftragter im Fachbereich Politische Wissenschaft der Leibniz Universität in Hannover und Autor u.a. des Buches „Iran, Mythos und Realität. Staat und Gesellschaft jenseits von westlichen Sensationsberichten.“
am Montag, den 13. Juli 2009 um 18 Uhr
in Gebäude der Erziehungswissenschaft in Raum 05, Von-Melle-Park 8 (PI).
„Die Massenuniversitäten sind die Folgen der ‚Bildung für alle‘. Heute wirken sie wie Dinosaurier. Zu groß für eine Zeit der standortgebundenen, global und funktional organisierten Forschungsnetzwerke – wie sie dank Internet in der Praxis die Regel geworden sind. Zu massig in einem Zeitalter der verkürzten und verschulten Bachelorprogramme für die Massen, die wenig bis nichts mehr zu tun haben mit dem Anspruch der humboldtschen Gelehrtenuniversität.“
Thomas Straubhaar, „Die Universität benötigt eher neue Strukturen als einen neuen Präsidenten“, „Hamburger Abendblatt“, 10.7.'09, S. 12.
„Diese ganze Lehre taugt zu nichts, als darüber zu disputieren.“ (361)
Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft J, 1789-1793.
Herr Straubhaar unterrichtet und publiziert den wirtschaftspolitischen Neoliberalismus und ist ein radikaler Anhänger der Marktideologie. Damit vertritt er vehement die Doktrin, die in die heftige Krise geführt hat, in der wir uns mittenmang befinden.
Deshalb begrüßt er auch die gestuften Abschlüsse (Ba-Ma-Terror), die wilde Profitorientierung der Wissenschaften und lehnt die Einheit der Universität, die Einheit von Forschung, Lehre und Selbstverwaltung sowie humanistische Bildungsziele (beispielsweise Aufklärung und die Entwicklung von mündigen Menschen) ab. Insofern reduziert er Bildung auf Karrierechancen bzw. auf die internationale Konkurrenz der Forschungseinrichtungen.
Demzufolge plädiert er für die Auflösung der Universität in Fakultäten. (Womit er die Absicht des ehemaligen Wissenschaftssenators Jörg Dräger – von 2001 bis März 2008 –, die Universität in Fakultäten zu zerschlagen, geistig vollendet. Dräger ist auch verantwortlich für die Einführung von Studiengebühren und die Aufsetzung des Hochschulrates. Er leitet nunmehr die Abteilung Bildung bei der Bertelsmannstiftung.)
Zurück zu Herrn Straubhaar, dem Medizinmann des Neoliberalismus: Um der Auflösung der Universität das Wort zu reden (zu schreiben), nutzt er die Krise der Universität, die durch die Figuren Dräger, Auweter-Kurtz und Herlind Gundelach (CDU) zu verantworten ist. Das entspricht seiner menschenfeindlichen Wirtschaftsreligion.
Wir sollten hingegen die Universität aufwerten: Durch die Opposition gegen Ba-Ma, Studiengebühren sowie die Struktur des Hochschulrates; für die interdisziplinäre Einheit der Studienfächer an einem Campus (in Eimsbüttel), für die Einheit von Forschung und Lehre, den Zusammenhang von Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung und entsprechendem Engagement in akademischer Selbstverwaltung und studentischer Interessenvertretung.
Herr Straubhaar und der „Markt“ mögen sich dann wundern.
Es möge nützen.
Zurück zum AnfangGemeinsames Flugblatt von Fachschaftsbündnis,
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS
„Die leitenden Staatsmänner und Generale übernehmen ›die Verantwortung‹ für das Schicksal, das sie den Völkern auferlegen. [...]
Und in der Tat haben jederzeit die Verantwortlichen auch nur dann die Konsequenz aus ihrer Übernahme der Verantwortung ziehen müssen, wenn das Volk Geschichte gespielt hat.“Alfred Polgar, „Verantwortung“, 1919.
Jüngst tagte der Akademische Senat (AS) das erste mal ohne die konservative Ex-Präsidentin. Kommunikative Verbesserungen im Verhältnis zwischen AS und Präsidium, eine erhöhte Diskussions- und Mitteilungsbereitschaft waren erkennbar. Dennoch hat die Auswertung der Uni-Krise und die Debatte zur Einsetzung des Dekans der Geisteswissenschaftlichen Fakultät, Prof. Hans-Martin Gutmann, unter Ausschluß der vorwiegend studentischen Öffentlichkeit stattgefunden. Im Stillen wurden die universitären Mitglieder der Findungskommission für die neue Uni-Leitung eingesetzt, es wurden keine verallgemeinerbaren Kriterien für dieses Amt diskutiert und mit knapper Mehrheit wurde gegen eine Solidaritätsbekundung für den Deform-Kritiker votiert. Der Gnom der Konkurrenzfähigkeit hockt auf dem Tisch und grinst noch dreist in besorgte Gesichter. Man muß ihn vertreiben.
Am deutlichsten ist die Kontroverse um die weitere Entwicklung in der Debatte um den Struktur- und Entwicklungsplan (STEP) zutage getreten. Hierin wird in der Vorlage des (alten) Präsidiums formuliert: „Die Universität Hamburg wird ihr Engagement im Wissens- und Technologietransfer in den nächsten Jahren deutlich ausbauen. Dabei geht es vorrangig um eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Groß- sowie Klein- und mittelständischen Unternehmen aus Industrie, Handel, Handwerk und dem Dienstleistungssektor.“ Damit liegt dieser STEP auf der Linie der desaströsen Politik der CDU-Senate, die sämtliche Regungen in Universität und Stadt der privaten Ökonomie unterordnen will. Entgegen anderer Verlautbarungen ist deshalb im STEP auch erkennbar, daß die Universität genauso unterfinanziert bleiben soll, wie sie es seit Jahren ist. In Folge dessen sollen eher gesellschaftkritische Fächer bzw. Stellen (z.B. Kriminologie, Rechtssoziologie, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte oder Kulturgeographie) gestrichen werden. (Allerdings haben die demokratisch stärker engagierten Fakultäten Geisteswissenschaften, Rechtswissenschaft und Erziehungswissenschaft/Psychologie/Bewegungswissenschaft dennoch auf sozial verantwortliche Impulse für Forschung und Lehre wertgelegt.) Die Studiengebühren werden schamlos zur Finanzierung von Haushaltslöchern herangezogen und die Trennung von Forschung und Lehre sowie die Aufblähung der Zentralverwaltung sind weitere Absichten, gegen die zu opponieren ist. Dafür kann man sich auf das Leitbild der Universität stützen: „Im Bewußtsein ihrer Verantwortung als Teil der Gesellschaft versteht sich die Universität Hamburg als Mittlerin zwischen Wissenschaft und Praxis, sie orientiert sich dabei an den Grundsätzen einer ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Entwicklung.“
Eine gesellschaftlich vernünftige und kulturell sinnvolle Entwicklung gelingt nur, wenn der Maßstab nicht der partikulare Vorteil gegenüber anderen Einrichtungen, Arbeitsbereichen oder Kollegen ist, sondern Allen förderliche Erkenntnisse gewonnen und verbreitet werden sollen. Aus diesem Inhalt wird auch eine humane Praxis der Zusammenarbeit gebildet. Der erneuten geschichts- und bewußtlosen neoliberalen Forderung nach einer Zerschlagung der Universität in kleine konkurrierende Bildungsunternehmen ist so ebenfalls souverän zu begegnen. Auch die von der Wissenschaftssenatorin Gundelach (CDU) angekündigte Verschleppung der Univerlagerungsdiskussion auf einen Zeitpunkt nach der Neubesetzung des Präsidentenamts, die dem Hinauszögern unverzichtbarer Verbesserungen am derzeitigen Campus dient, muß nicht hingenommen werden.
Der AS will sich im September mit seinen Forderungen zur demokratischen Änderung des Hochschulgesetzes und einer Stellungnahme zu den Uni-Verlagerungsplänen befassen. Hier wird Gelegenheit sein, der Politik der ökonomistischen Zurichtung eine klare Absage zu erteilen. Diese hochschulöffentliche Sitzung bietet die Gelegenheit zu einer positiven universitären Wende.
Auch Frau Gundelach ist nicht mehr zeitgemäß.
Zurück zum Anfang„Um 20.30 Uhr, nach zweieinhalb Stunden, griff Bürgermeister Ole von Beust in die Debatte ein. ‚Ich will weiterregieren, aber dafür muss man sich Mehrheiten suchen.‘ Und mit der reinen Lehre in der CDU-Schulpolitik könne man keine Mehrheiten mehr erreichen. Das sei 20, 30, 40 Jahre ein Irrglaube in der Partei gewesen. ‚Ich warne vor dem Trugschluss, dass Hamburg eine CDU-Hochburg ist‘, rief von Beust kämpferisch.“
Peter Ulrich Meyer/Andreas Dey, „CDU fordert Änderung der Schulreform“, „Hamburger Abendblatt“, 15.7.'09, S. 9. Ein Bericht zum CDU-Sonderparteitag.
„Wer mit seinem Leben in einem nassen Loch zufrieden ist; von der Plackerei sich frühzeitig das Rückgrat biegen läßt; wenig zu wissen bereit ist – der verleiht dem Gemeinwesen ein barbarisches Aussehen wie jener, der ihm das nasse Loch zum Wohnen anweist, ihm das Rückgrat biegt, ihn vom Wissen fernhält.“
Bertolt Brecht, „Me-ti/Buch der Wendungen“, entstanden in den 1930er Jahren des Exils.
Außergewöhnliche Bedrängungen rufen bisweilen klare Einsichten hervor: Wahrlich, Hamburg ist keine Domäne der Konservativen.
Trotz einiger negativer historischer Brüche sind in dieser Stadt fortschrittliches Handeln – was etwas anderes ist als bloße Modernisierung – und aufgeklärtes Denken – was etwas anderes ist als das pure Kosten-Nutzen-Prinzip – und eine liberale Kultur – was etwas anderes ist als reines Larifari – relativ stark tradiert und kommen immer wieder mit öffentlicher Wirkung zum Ausdruck.
So mußte sich die CDU nach erster Regentschaft mit dem Rechtspopulisten Schill („Richter Gnadenlos“) und folgender Alleinregierung die zahm und zahmer gewordene GAL mit ins Boot holen, um die konservative Regierungsmacht zu halten. Die parlamentarische Opposition in der Bürgerschaft kommt zusammen (SPD und LINKE) auf gut 40 Prozent.
In der Stadt regt sich aber mehr Unmut, Kritik und Widerstand, als die parlamentarische Opposition quantitativ anzeigt.
Allein schon im Bildungsbereich stößt die kommerzielle Ordnungspolitik der „Wachsenden Stadt“ auf gesteigerte Gegenwehr.
Speziell an den Hochschulen wird diese Politik, die wesentlich Entdemokratisierung, Unterfinanzierung, Bauverfall, Lernhetze, soziale Selektion und kulturelle Deformation einer kulturellen Einrichtung bedeutet, zunehmend abgelehnt und hat auch dazu geführt, daß Frau Auweter-Kurtz übereilt in den Süden zurückgereist ist und Frau Gundelach wahrscheinlich nicht mehr lange Wissenschaftssenatorin bleiben kann. (Auch die GAL wird immer nervöser in dieser programmatisch wirtschaftsnah regierenden Allianz.)
Insofern zeigt sich, daß kritisches Engagement nicht ohne Wirkung bleibt.
Daher kommt denn auch die nervöse Äußerung des Bürgermeisters, daß Hamburg keine CDU-Hochburg sei.
Nehmen wir seine Warnung an die CDU-Delegierten für wahr und ernst, d.h. optimistisch.
Zurück zum Anfang„Ein Werk, das der Realität gegenüber keine Souveränität zeigt und dem Publikum der Realität gegenüber keine Souveränität verleiht, ist kein Kunstwerk.“
Bertolt Brecht, „Notizen zur Arbeit – (2) Über die Ästhetik“, ca. 1939.
„Andre Zeiten, andre Vögel!
Andre Vögel, andre Lieder!
Sie gefielen mir vielleicht,
Wenn ich andre Ohren hätte!“Heinrich Heine, „Atta Troll“, Caput XXVII, 1842.
Die gesellschaftliche Schädlichkeit wirtschafts-liberaler Doktrin ist durch die soziale Realität und nachdrückliche Opposition umfassend deutlich geworden. Die Alternative zum zivilisatorischen Verfall ist, eine neue Aufklärungsund Emanzipationsetappe einzuleiten. Das betrifft auch die Hochschulen, die Wissenschaften und die Künste.
Noch amtiert Herlind Gundelach als Senatorin „für“ Wissenschaft und Forschung. Sie sollte den Kurs des smarten Bertelsmannes Jörg Dräger fortsetzen; sie ist gleich ihm gescheitert: Die Studiengebühren mußten gesenkt werden und finden trotzdem keine Akzeptanz; mit sinnvollem Studium und didaktisch vernünftiger Lehre hat die bürokratische Senatorin nichts am Hut. Auch die Hafen-City-Universität (HCU) – zur Zerstörung sinnvoller Strukturen und gegen die Arbeit der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW), für bildende Künste (HfbK) und die Technische Universität (TUHH) konstruiert – kommt weder baulich noch wissenschaftlich zustande. Das antidemokratische Hochschulgesetz ihres Vorgängers ist auf dem Prüfstand.
Gänzlich diskreditiert hat sich die spröde Technokratin alter Schule mit der finanziell phantasmagorischen und unaufgeklärten Absicht, die demokratische Massenuniversität Hamburg auf eine Elbinsel zu packen. Dennoch werden die Hochschulen nach wie vor von der Behörde mit kleinlichem Bürokratismus und feudal anmutender Art (zusammen: „Management“) behandelt, sei es qua Durchsetzung eines kaufmännischen Rechungswesens, durch die beabsichtigte Einführung der unsäglichen „STiNE“ an allen Hochschulen, durch rotstiftgezeichnete Verwaltungshierarchisierung, die (geplante) Erhöhung der Lehrverpflichtung oder durch direkte Verbote einer – rechtlich möglichen – sozialeren Ausgestaltung der Gebührenerhebung.
Kann eine hochschulpolitische „Bilanz“ verheerender sein?
In CDU-Kreisen wird gemunkelt, daß die Senatorin nach der Bundestagswahl abzulösen sei. Vermeiden wollen die beunruhigten Konservativen, daß das Desaster ursächlich und konsequent bekämpft wird. Die Regierungslinie der direkt umgesetzten Wünsche der Handelskammer soll grundsätzlich fortgesetzt werden. Das wird immer schwieriger.
Wie also kann die durch oppositionelles Wirken begünstigte Universität neue nützliche Souveränität erlangen?
Eine verdrängte Tatsache sollte zunehmend aktualisiert werden: Veränderungen können auch Verbesserungen sein! Bewußte kooperative Aktionen mit befreiender Absicht sind die Voraussetzung dafür und gehören nicht der tiefen Vergangenheit an. Die restlose Abkehr von betriebswirtschaftlichen Glaubenslehren in Wissenschaft und Selbst-Verwaltung sollte die neue Etappe einleiten. VielSchnellHochWeitStarkSpitzeGlanzundHetze ist wohl kaum ein humanes Kriterium für den gesellschaftlichen Sinn von Universität. Stattdessen sollte eine eingreifende Friedensorientierung in Wissenschaft, Bildung und Selbstverwaltung als konstruktive, analytische Leitlinie positiv wirken: Zivile Entwicklung ist die Überwindung von Krieg bzw. Konkurrenz. Die (ökonomische) Benutzung des Menschen durch den Menschen findet ihr Gegenteil in kooperativer Entfaltung mündiger Subjekte. Auch die notgetriebene Flickschusterei (z.B. am und im Ba/Ma-System) kann durch solidarische Verständigung über die Übel, über eigene Ansprüche und zu realisierende Veränderungen überschritten werden. Politik muß nicht schmutzig, Wissenschaft muß nicht käuflich und Bildung muß kein In-put-out-put sein. Die Alternative liegt auf der Hand.
Zurück zum Anfang„Das Wachstum ist zum Fetisch geworden, mit all den irrationalen Konsequenzen, die wir heute als Ausbeutung der Umwelt, Zerstörung des Klimas und Belastung nachfolgender Generationen erleben. (...)
Wir alle haben seit Jahren über unsere Verhältnisse gelebt. (...)
Wir müssen neue Antworten finden! Und dazu gehört: länger arbeiten. (...)
Das 21. Jahrhundert muss ein Jahrhundert der Bescheidenheit werden. (...)
Wir müssen unseren Lebensstil ändern.“Kurt Biedenkopf (CDU), einst Ministerpräsident in Sachsen, im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 31/2009.
„Daß der Arbeiter für seine Arbeit auch einen Lohn haben muß, ist eine Theorie, die heute allgemein fallengelassen worden ist.“
Kurt Tucholsky, „Kurzer Abriß der Nationalökonomie“, 1931.
Die zunehmend rücksichtslose Gewinnsteigerung („Globalisierung“ oder „Freiheit“) ist zum unheilvollen Fetisch geworden, mit all den irrationalen Konsequenzen, die wir nicht erst seit heute als die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, Kriege, Hunger, Umweltzerstörung, soziale Depression und organisierte Gagaisierung, d.h. als allgemeine Entwicklungsbremse des Humanen erleben.
Herr Biedenkopf, engagiertes Mitglied der CDU, zu deren Programm und Praxis militärische Interventionen im Ausland, beherzte Polizei-Einsätze im Inneren, Abhörmaßnahmen für die Bevölkerung, Steuersenkungen für das Kapital, Großspenden durch dieselben, Atomkraftwerke für immer, Kohle für die Kohle, Einschränkungsmaßnahmen sowie Maßhalte-Appelle für lohnabhängig arbeitende oder erwerbslose Menschen und die preußischen Sekundärtugenden gehören (in Hessen darf beispielsweise auch eine Prise Rassismus dazukommen), versucht sich in der fundamentalen Krise durch einen grünen Anstrich zu retten. Protestantische Wachstumskritik.
Da wird selbst der „SPIEGEL“ frech und fragt, was denn daran schlimm sei, wenn die Menschen weniger arbeiten und dabei genauso viel verdienen wollten. Das sei doch auch eine Form von Wachstum.
Oder – laut Interviewfrage – daß die Umwandlung der Ernährungsgewohnheiten („Lebensstil“) eher den Besserverdienern in den deutschen Villenvororten als der breiten Masse der Bevölkerung zu empfehlen sei.
Selbst diese moderaten, aber auch lebensnahen Einwendungen stören den konservativen Granden wenig, hat er doch mit der pauschalen und oberflächlichen Wachstumskritik, der sich eine bebende Warnung vor zu hoher Staatsverschuldung anschließt, ein neues Ablenkungsmanöver und einen neuen möglichen Koalitionspartner gefunden.
Wahr bzw. aufrichtig gesprochen ist dies nicht. Und es ist auch kein Weg aus der globalen und allörtlichen Humanitätskrise.
Diese läßt sich nur überwinden, wenn in Theorie und Praxis – sprich- und wortwörtlich – wieder der (angemessene) Lohn vorkommt.
Zurück zum Anfang