Sommersemester 2012

Flugblätter

Vernunft und Frieden
oder
Ort und Sinn der Wissenschaften

„An die Stelle der Seele (mit Ausbeutung) ist die Sozialversicherung (mit Ausbeutung) getreten. Der Fabrikant siezt den Arbeiter und sagt zu ihm: ‚Ich setze Ihnen den Lohn herunter!‘ Und das ist auch ein Fortschritt.

Es gibt aber eine Situation, wo die Stützen der Gesellschaft auch den schlichtesten Arbeiter mit dem leutseligen Du beehren: das ist die Verhaftung. Wenn die Polizei oder gar die andre bewaffnete Macht einen am Genick hat, dann duzt sie ihn. Und wie!“

Kurt Tucholsky, „Du!“, 1924.

Wer an die Tankstelle fährt, an ihr vorbeifährt oder Zeitung liest, hat längst bemerkt, daß das Osterfieber auf dem Benzinmarkt für Letztverbraucher in diesem Jahr extrem hoch gestiegen ist. Preisextremismus.

Deshalb haben auch das Kartellamt und der „SPIEGEL“ – halbwegs kritisch – festgestellt, daß die Ölkonzerne die Preise ungehindert in die Höhe treiben. Von einem „Ölkartell“ ist gar die Rede. (Dieses Ölkartell saß mit und unter George Bush junior Anfang der 2000er Jahre mit beispielsweise Vizepräsident Dick Cheney und „Sicherheitsberaterin“ Condoleezza Rice recht vulgärmarxistisch in der Regierung der USA.)

Diese Ölmultis, ebenso die mächtige Rüstungsindustrie, sind ursächlich für die Kriegspolitik auf der Welt. Die US-Administration, die NATO und die Regierung der Bundesrepublik praktizieren die militärische Besetzung in Afghanistan, spitzen den Konflikt im Nahen Osten zu und machen so die internationale Gemeinschaft nicht friedlicher, demokratischer, sozialer, gesünder, gebildeter oder kultivierter.

Diese Politik zerstört Leben, Infrastruktur und Entwicklung (und steigert nicht nur die Konflikteskalation, sondern bringt sogar die Preise nach oben). Dagegen fordert das Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung zum diesjährigen Ostermarsch:

„Wachsamkeit und Kampf gegen Rassismus, Neonazismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit! Für Frieden, Solidarität, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und ökologischer Vernunft!“

In diesem Zusammenhang sollte niemals vergessen werden, daß die Wissenschaften – keine kriegerischen Einrichtungen! – der Vernunft, der Aufklärung, der zivilen und humanen Entwicklung, d.h. der Mündigkeit, verpflichtet sind.

Eine solche Mündigkeit ist der Maßstab ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, der ausreichenden öffentlichen Finanzierung, der demokratischen Partizipation, der Reformierung der Studiengänge sowie der kritischen Erkenntnisgewinnung.

Ostermarsch 2012

Bundeswehr raus aus Afghanistan!
Kriegsvorbereitungen stoppen!
Atomwaffen abschaffen –
Atomkraftwerke abschalten!

Ostermontag, den 9. April 2012, 12 Uhr

Auftakt: Immenhof, vor St. Gertrud
(U-Bahn Mundsburg)

Abschluss: Friedensfest auf dem
Carl-von-Ossietzky-Platz an der Langen Reihe

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Zeitung zum Semesteranfang Sommersemester 2012

Fern des Bodens
oder
Wie lange noch Rösler?

„Im Golf wird heutzutage sehr viel Geld verdient. Auf dem Platz und mit der Werbung. Allein auf der amerikanischen PGA-Tour werden über 200 Millionen US-Dollar an Preisgeldern verteilt. Zu den Besserverdienern gehört jetzt auch Deutschlands Nummer zwei.“ (Ein FDP-Wähler?)

„Sport“, „Verlagsmagazin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, 8. April 2012, S. 3.

 

„Dass die Aufgabe an der Parteispitze nicht dankbar sein würde, das wusste Rösler wohl selbst.“ „Am Ende kam Röslers Partei im Saarland auf 1,2 Prozent.“ „Jetzt versucht er es mit den Benzinpreisen.“

Ralph Bollmann, „Der Mann, der nur verlieren kann“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 8. April 2012, S. 36.

 

„Durch das Zusammenwirken von Hand, Sprachorganen und Gehirn nicht allein bei jedem einzelnen, sondern auch in der Gesellschaft, wurden die Menschen befähigt, immer verwickeltere Verrichtungen auszuführen, immer höhere Ziele sich zu stellen und zu erreichen.“

Friedrich Engels, „Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen“, 1876, Marx-Engels-Werke (MEW) 20, S. 450.

Goya: Tu que no puedes.

Das Individuum, für sich genommen, ist ziemlich allein.

So soll es, nach scheinbar ungebrochenem Willen der FDP, auch sein.

Selbst die in der Angelegenheit der Vorratsdatenspeicherung recht kämpferische Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) spricht sich dezidiert gegen staatliche Hilfen für die von der Schlecker-Insolvenz betroffenen Mitarbeiterinnen aus. Das Soziale – zu Zeiten Willy Brandts noch integraler Bestandteil des Liberalen – ist vollends eliminiert aus der FDP und soll ins politische Angebot auch nicht wieder aufgenommen werden. Das Regal steht jetzt im Keller und verstaubt dort in aller Ruhe.

Seit Sigmund Freud wissen wir aber, daß das Verdrängte stets (immer stärker) zurückkehrt:

„Wir sagen uns, wir haben da starke Kräfte zu spüren bekommen, die sich der Veränderung des Zustandes widersetzen; es müssen dieselben sein, die seinerzeit diesen Zustand erzwungen haben.“

(Sigmund Freud, Vorlesungen in der Universität Wien zur Einführung in die Psychoanalyse, WiSe 1916/1917, XIX. Vorlesung „Widerstand und Verdrängung“.)

Die menschliche Welt ist im Durcheinander. Wenig „funktioniert“ noch. Das Elend ist mit dem Reichtum gewachsen. Der Markt regelt gar nichts zum Besten, er ist eher ein Scharfrichter. Da ist eine Partei wie die FDP zunehmend anachronistisch geworden. Ohne gesellschaftliche Regulierung, soziale Entwicklung, wahrhaft demokratische Beteiligung, ohne vernünftige Planung, zivile Kooperation und somit individuelle kulturelle Entfaltung ist keine Perspektive bzw. allgemein nützliche Problemlösung zu realisieren.

Diese Einsichten und Aussichten kommen – auch international – immer mehr durch politisches Handeln vieler Menschen zum Ausdruck.

Das liberale Marktindividuum ist von gestern. (Die „Schuldenbremse“ eigentlich ebenso.)

„Denn der einzelne kann sich mit all denen zusammenschließen, die dieselbe Veränderung wollen, und wenn diese Veränderung vernünftig ist, kann der einzelne sich in einem imponierenden Ausmaß vervielfachen und eine Veränderung erzielen, die radikaler ist, als es auf den ersten Blick möglich erscheint.“

Antonio Gramsci, „Gefängnishefte“, Heft 10 (1932-1935), § 54 „Einführung ins Studium der Philosophie. Was ist der Mensch?“

Kampf um die erfreuliche Zukunft.

„Demnach müssen die Stadt und die zuständige Behörde ein neues Rollenverständnis hinsichtlich ihrer Hochschulsteuerung entwickeln. Leitgedanke sollte dabei sein: So wenig staatliche Bürokratie und Detailsteuerung und so viel Anreize für ein eigenes Qualitätsmanagement der Hochschulen wie möglich. [...]

Ein geeignetes Mittel moderner Hochschulsteuerung ist die Zuweisung von Globalhaushalten und die Verständigung auf Ziel- und Leistungsvereinbarungen.“

„Autonomie und Deregulierung im hamburgischen Hochschulwesen“, Antrag der FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, 14. März 2012.

 

„Bloß vor der Welt Augen wollen sie gelehrt sein; und hätten sie keine Bewunderer, sie würden nicht mehr nach Wissenschaft fragen. Wir aber, die wir unsere Kenntnisse nützen wollen, sammeln sie nicht, um sie wieder zu verkaufen, sondern um sie zu unserem Gebrauch anzuwenden.“

Jean-Jacques Rousseau, „Julie oder Die neue Heloise“, 1761.

Ulrich Wickert: Mehr Wissen hilft dem Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit

„Eigenverantwortlichkeit“, „Freiheit“, „Management“, „national und international wettbewerbsfähiger“ und „schlank und effizient“ sind die vulgärliberalen Schlagworte der jüngsten hochschulpolitischen Eingabe der FDP in der Hamburgischen Bürgerschaft. Die Hochschulen sollen demnach vor allem Unternehmen, Unternehmensgründer, Grundstückseigentümer, Dienstherren und Kreditnehmer werden – also alles, nur nicht Wissenschaftseinrichtung. In tumber Ignoranz neoliberalen Scheiterns, globaler Krise und kritischer Positionsbildung in der Bevölkerung wird hier fortgesetzt dem Kommerz gehuldigt und dogmatisch die “unsichtbare Hand des Marktes” propagiert – gegen die vernunftgeleitete, bewußte und kooperative menschliche Gestaltung des Gemeinwesens.

Gegen die Marktzurichtung orientiert die große Mehrheit der Uni-Mitglieder mit dem unverbrüchlichen Kampf für die Gebührenfreiheit des Studiums, dem praktischen Anspruch kooperativer demokratischer Selbstverwaltung und dem Engagement gegen den Abbruch der Uni und ihre Verlegung in den Hafen schon länger auf eine humane Wissenschaft. Spätestens mit dem gegen die fortgesetzte Unterfinanzierung der Hochschule gerichteten „Kampf um die Zukunft“ wird sich überzeugt auf den Anspruch einer kritischen und gesellschaftlich eingreifenden Wissenschaft besonnen.

Der SPD-Senat, zumindest um den Anschein von positiven Reformwillen bemüht, hat viel von diesem kritischen Engagement integrieren müssen. Doch sind dort die Kleingeister noch immer „Agenda 2010“-vernebelt und soll es weiter der Handelskammer und Co. recht gemacht werden. Im Senat stottert es daher erheblich bei einer wissenschaftspolitischen Neuorientierung: Die Studiengebühren werden nur zögerlich abgeschafft, an die kritische Revision des Ba/Ma-Systems wird sich nicht herangetraut, von dem in Aussicht gestellten Gesetz zur Demokratisierung der Hochschulen ist nichts zu erkennen, und die angekündigten Leitlinien zur neuen inhaltlichen Akzentsetzung in der Wissenschaft lassen ebenfalls auf sich warten. Stattdessen sollen mit „Hochschulvereinbarungen“ die Wissenschaftsinstitutionen auf das – von der Uni selbst massiv kritisierte – Prinzip der „Schuldenbremse“ eingeschworen werden. Diese Stagnation ist es, die der FDP ihren abwegigen Einwurf möglich macht.

Der „Kampf um die Zukunft“ muß erweitert aufgenommen werden, damit es in Wissenschaft und Bildung zu weiterreichenden positiven Durchbrüchen kommt. An die Stelle der Studiengebühren müssen echte soziale Verbesserungen treten, die Demokratisierung der Hochschulen sollte eine neue Qualität der gleichberechtigten Kooperation für die gemeinsame Entwicklung verfolgen, die Überwindung des Ba/Ma-Elends bedeutet Freude am solidarischen Erkennen für eine bessere Welt bedeuten. Die Wirtschaftswissenschaften sollten das Wohl Aller statt den Vorteil einiger weniger ins Auge fassen, die Medizin präventive Gesundheitswissenschaft statt Krankheitsprofiteur sein, Geistes- und Sozialwissenschaften mögen menschliche Entwicklungsmöglichkeiten erweitern statt das vorfindliche Falsche zu legitimieren, Naturwissenschaften Frieden und die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen verfolgen statt die Technik zur Ausbeutung zu liefern.

„Menschenwürdige Lebensverhältnisse herzustellen ist unsere gemeinsame Sache. Wir nehmen das in die Hand. Gegen profitfreundliche Politik, gegen die Verdinglichung der Bevölkerung zur ‚Ressource‘, gegen sozialen Kahlschlag und Bildungsarmut sowie gegen eventmäßigen Ausverkauf der Kultur bringen wir solidarisch Bewegung in die Stadt.“

„Zusammen! – Manifest für ein menschenwürdiges Hamburg“, Bündnisaufruf Februar 2011.

Was gesagt werden muß:
Der Kriegstrommelei widersprechen!

Picasso: Friedenstaube

Mit großem emotionalem Eifer ziehen die Etablierten in Politik, Kultur und Medien über Günter Grass her.

Was hat er in seinem Gedicht gesagt?

Die größte Gefahr für den sogenannten Weltfrieden sei das behauptete Recht auf einen (atomaren) Erstschlag. Durch einen Angriff Israels könne die Bevölkerung Irans ausgelöscht werden. Daß der Iran an der Atombombe baue, sei unbewiesen, das wachsende nukleare Potential Israels sei ebenfalls „keiner Prüfung zugänglich“. Die Bundesrepublik trage für diese gefährliche Entwicklung durch die Lieferung von U-Booten an die israelische politische Verantwortung. Der Autor sei „der Heuchelei des Westens überdrüssig“ und fordert eine „unbehinderte und permanente Kontrolle des israelischen atomaren Potentials und der iranischen Atomanlagen durch eine internationale Instanz“.

Und: Er habe zu lange geschwiegen, aus Angst vor dem Verdikt „Antisemitismus“.

Die versammelte Medienlandschaft beantwortet dies mit einem Sturm der primitiven Empörung, bis hin dazu, Grass mit den Nazis gleichzusetzen und als „Prototypen des gebildeten Antisemiten“ zu beschimpfen („Die Welt“) und zu wünschen, das sei jetzt „hoffentlich die letzte Tinte“ eines gealterten, leicht verblödeten Autors („Der Spiegel“). Der Aufschrei ist groß, weil der Nobelpreisträger das Tabu bricht, offen die Wahrheit über die Expansions- und Kriegspolitik diverser Regierungen auszusprechen und damit zugleich die Mittäterschaft der Medien mit ihren propagandistischen Lügen zu ertappen.

Die Friedensbewegung kritisiert vom Anfang an: Auch im Machtkampf zwischen Iran und Israel geht es um Öl, Geschäfte, militärische und politische Vorherrschaft. Die USA und die EU unterstützen Israel nicht aus Nächstenliebe oder historischer Einsicht, sondern um den Einfluß der arabischen Staaten, des Irans und schließlich der größten Konkurrenten, Rußland und China, in der strategischen wichtigen Region zurückzudrängen. Es ist davon auszugehen, daß die sehr rechte israelische Regierung mit den Kriegsdrohungen sich vor allem innenpolitisch profilieren und von den tiefen sozialen Gegensätzen und den Protesten im Land ablenken will. Die iranische Regierung, gewiß nicht demokratischer oder menschenfreundlicher, hält die Welt absichtlicht im Unklaren über ihre nuklearen Absichten, um ebenfalls Drohpotential zu haben. So helfen sich die religiösen Hardliner gegenseitig, ihre Macht gegenüber progressiven Ansprüchen der Bevölkerungen zu behaupten, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste.

Eine kriegerische Auseinandersetzung ist durch den Druck der kritischen Weltöffentlichkeit zu verhindern. Ein erster Schritt zum Frieden ist eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten. Davor müssen allerdings die großen Atommächte abrüsten, alle Waffenexporte müssen eingestellt und die Geschäftemacherei mit der Rüstung beendet werden (auch mit der Kernenergie). Die Einmischung der NATO-Staaten für „regime-change“ in aller Herren Länder muß ein Ende haben, demokratischer und sozialer Fortschritt müssen die Menschen selbst erkämpfen.

Die Ostermarschierer gingen dieses Jahr wieder zu Tausenden gegen „Krieg als Mittel der Politik“, gegen Atomwaffen und für umfassende Abrüstung auf die Straße. Auch die Wissenschaften dürfen sich dieser Ambitionen wieder stärker annehmen.

„Und doch wird nichts mich davon überzeugen, daß es aussichtslos ist, der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen. Laßt uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zuwenig gesagt wurde! Laßt uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind! Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.“

Bertolt Brecht, Rede für den Frieden, 1952

Die Liste Links trifft sich Freitags, 15 Uhr, im studentischen Café Subkultur-Paranoia der Erziehungswissenschaft. (Im Souterrain des schwarzen Würfels)

Sozialdemokratisch reicht auch nicht
oder
Echte Verbesserungen stehen auf der Tagesordnung

„Die SPD ist die Partei der fleißigen Leute, die Partei der Arbeit. Daraus folgt zwingend auch eine sehr pragmatische Wirtschaftspolitik. (...) Die Haushaltskonsolidierung hat für uns alle Priorität. Klar ist, dass wir die Schuldenbremse einhalten wollen. Man kann auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt. Wir werden in Folge der Schuldenbremse aber darüber reden müssen, wie die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte maßvoll verbessert werden kann.“

O. Scholz (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, Interview mit dem „Tagesspiegel“, 4.6.'11.

 

„Die SPD hatte Wichtigeres zu tun; wenn in Deutschland ein Unheil im Anzug ist, dann steht die Bonzokratie dieser Partei da und setzt durch, daß im § 8 des Unheils statt ‚muß‘ die Worte ‚soll nach Möglichkeit‘ stehen. Es sind wackere Parlamentarier.“

Kurt Tucholsky, „Die Keuschheitsgürteltiere“, 1930.

Bücher
„Wenn der Mensch
von den Umständen
gebildet wird, so muß
man die Umstände
menschlich bilden.“

Karl Marx/Friedrich Engels,
„Die heilige Familie“
1844/45, MEW 2, S.138.

Erstens: Der schwarz-grüne Senat hat viel Unheil angerichtet. Der sozialdemokratische Senat will aus diesen massiven Fehlern nur sehr sparsam lernen.

Zweitens: Hamburg ist seit ein paar hundert Jahren noch nie eine arme Stadt gewesen.

Drittens: Die Mehrheit der Bevölkerung muß selbst für das Allgemeinwohl sorgen.

In diesem Zusammenhang sind die Hochschulen eine politische Angelegenheit. Aufklärung oder Betriebswirtschaft.

Soziale Offenheit, demokratische Partizipation, solidarisches Lernen, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften – ausreichend öffentlich finanziert – stehen auf der Tagesordnung. Das ist ein praktischer Widerspruch zu Studiengebühren, Ba/Ma, Hochschulrat und negativ fortgesetzter Unterfinanzierung.

Emanzipation durch Bildung ist von großer Nützlichkeit. Positive Veränderungen sind ein gewachsenes Bedürfnis.

Auf diese Weise hat sich 1993 die Liste LINKS gegründet. Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.

Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich auf Dauer niemand entziehen.

„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“

Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.

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Merkozy?
Rechts ist die Sackgasse

„Mit Schmeicheleien für rechte Wähler versucht Nicolas Sarkozy, seine Wiederwahl zu retten. Die Anhänger der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen, die im ersten Wahlgang am Sonntag mit 18 Prozent überraschend stark abschnitt, hätten Respekt verdient, sagte Sarkozy gestern. Die Wahl sei ‚ein Votum des Leides und der Krise‘ gewesen. Er wolle für die Einhaltung der Landesgrenzen, ‚gegen Betriebsschließungen, für die Beherrschung von Einwanderung, die Wertschätzung der Arbeit und die Sicherheit‘ kämpfen, so Sarkozy. Er rief dazu auf, aus ‚Vaterlandsliebe‘ für ihn zu stimmen. (...) Vizeregierungssprecher Georg Streiter sagte, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstütze weiter ihren Euro-Krisenpartner Sarkozy.“

Leo Klimm/Thomas Steinmann, „Sarkozy umgarnt den rechten Rand“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 24.4.'12, S.9.

 

„Die Existenzgrundlage der sozialen Rechte wie des Rechts auf Ausbildung, des Rechts auf Arbeit, des Rechts auf Gesundheit, ist eine egalitäre Grundlage. Alle drei zielen darauf ab, die Ungleichheit zwischen denen, die haben, und denen, die nicht haben zu verringern oder eine immer größere Zahl von Individuen in die Lage zu versetzen, weniger ungleich in bezug auf solche Individuen zu sein, die durch Geburt und gesellschaftlichen Rang eine glücklichere Ausgangsbasis haben.“

Noberto Bobbio, „Rechts und Links * Gründe und Bedeutungen einer politischen Unterscheidung“, 1994, S.82.

Soziale Ungleichheit ist kein Naturgesetz. Sie ist Folge ökonomischer Strukturen sowie neoliberaler Politik und führt zu Elend und Verdruß bzw. auch zu politischer Polarisierung. Die hinkünftige Entwicklung ist umstritten.

Wie soll es weitergehen?

Mit Krieg, Umweltzerstörung, Abbau sozialer Errungenschaften, Arbeitsverdichtung, kultureller Verrohung, Entdemokratisierung, Verhöhnung der Rationalität, der Fütterung der Banken und Verspaßung der Sinnlosigkeit?

Oder aber mit Frieden, Abrüstung, Entmilitarisierung, echter Energiewende, mit sozialer Absicherung, sinnvoller Arbeit für Alle, aufgeklärter Kultur, gesellschaftlicher Teilhabe, reflexiver Bildung, Freude durch Kooperation, der Mehrung des Allgemeinwohls und der Perspektive einer menschenwürdigen Gesellschaft?

Diese Fragen stehen weltweit auf der alltäglichen Tagesordnung – also nicht nur in Paris, sondern auch in Klein Kleckersdorf.

In Hamburg sind sie mit der sogenannten Schuldenbremse praktisch thematisiert bzw. damit, daß die öffentlichen Einnahmen, die höher sein könnten und sollten, für die Elbphilharmonie, für Vattenfall, Eon, Hapag Lloyd – ohne Ansprüche auf Gestaltung, Mitbestimmung, Löhne sowie langfristige Garantien öffentlicher Einnahmen – verpulvert werden, anstatt Schulen, Hochschulen, Theater, Museen und soziale Einrichtungen ausreichend bedarfsgerecht zu finanzieren respektive entwickeln zu wollen.

Somit gibt der Kopf der öffentlichen Hand den Anspruch auf, die menschlichen Verhältnisse vernünftig politisch zu gestalten. Die Not ist selbstverschuldete Unmündigkeit.

Da uns erwiesenermaßen kein höh'res Wesen rettet, kommt die Solidarität – die gemeinschaftliche Kritik, das gemeinschaftliche Engagement –, um die Not zu wenden, die Bedingungen zu verbessern, auf den Plan.

Die Mittel sind vorhanden. „Der Kampf um die Zukunft“ geht weiter.

Letztlich sind wir alle Griechen.

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„Journalist, Unternehmer, Freiheitskämpfer“?
Eine Geschichtsklitterung

„(...) Das Unternehmen Axel Springer heute: fünf Jahre Rekordgewinne, zweistellige Umsatzsteigerungen im letzten Jahr, mehr als ein Drittel kommt schon aus dem digitalen Geschäft, das zudem hochprofitabel ist. Woran liegt das? Auch und ganz wesentlich an der Gründerpersönlichkeit Axel Springers.“ (...) „Ebenso wichtig wie die Innovationen und Axel Springers enorme unternehmerische Leistung ist aber sein inhaltliches Vermächtnis: Axel Springer verkörperte in den 60er- und 70er-Jahren den Anti-Zeitgeist schlechthin. Freiheit, Antikommunismus, Wiedervereinigung, Marktwirtschaft, die Unterstützung Israels und Amerikas – er hielt diesen Kurs, obwohl er ein so harmoniebedürftiger Mensch war.“

Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG: „Journalist, Unternehmer, Freiheitskämpfer“, Vorwort zur gleichlautenden Verlags-Sonderausgabe, S. 4f.

 

„Schon am Samstagmorgen am Bahnhof der Stadt, die immer noch saisongemäß fröhlich war, völlig zerknittert und elend, schon auf dem Bahnsteig des Bahnhofs die ZEITUNG und wieder mit Katharina auf dem Titel, diesmal, wie sie in Begleitung eines Kriminalbeamten in Zivil die Treppe des Präsidiums herunterkam. MÖRDERBRAUT IMMER NOCH VERSTOCKT! KEIN HINWEIS AUF GÖTTENS VERBLEIB! POLIZEI IN GROSSALARM.“

Heinrich Böll, „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, 1976, S. 35f.

Viele geben Axel (Cäsar) Springer die Ehre, als lebte der 1985 Verstorbene noch.

Neben allerlei Anzeigen zu seinen Ehren und der Werbung der jeweiligen Firma, neben lokalen Bekanntheiten wie Heidi Mahler und Uwe Seeler auch Politiker wie Otto Schily, Klaus Wowereit und Olaf Scholz: „Unermüdlich hat er [Axel Springer] auf Popularität und Eingängigkeit gesetzt, um seine Medien profitabel zu verbreiten. Diese Strategien können nicht nur dem Geschäft, sondern auch der Demokratie dienen, wenn sie wirkungsvoll eingesetzt werden.“ So der amtierende Bürgermeister Hamburgs. Ohne Einschläge von Skepsis oder gar Kritik.

Mit „Bild“, „BZ“, „WELT“, „Berliner Morgenpost“, „Hör zu“ und auch der Hamburger Tante „Abendblatt“ dient der Verlag immer noch den alten „Werten“ bzw. ist hochprofitabel.

„Freiheit, Antikommunismus, Wiedervereinigung, Marktwirtschaft, die Unterstützung [der Staatspolitik] Israels und Amerikas“ – gemeint sind die USA – bilden nach wie vor die Eckpfeiler einer Propaganda (von löblichen journalistischen Ausnahmen abgesehen) des Springer Verlages, sie sind fortgesetzt als „Anti-Zeitgeist“ die ideologische Geschäftsgrundlage des Konzerns.

Springer war Feind der Studentenbewegung, der Ostverträge (mithin der Regierung Brandt/Scheel) und erbitterter Gegner von Heinrich Böll.

Dieser medial organisierte „Anti-Zeitgeist“ richtet sich aktuell – insbesondere durch „Bild“, „Welt“ und „BZ“ – beispielsweise gegen die Rekonstruktion des Sozialstaates, Bildung für Alle und eine konsequente Friedenspolitik, von der aus auch die Regierungspolitik der USA und Israels in die Kritik gerät (in Solidarität mit den dortigen Friedensbewegungen).

Insofern wünscht sich Herr Döpfner (s.o.) zurück in die 1950er und 1960er Jahre und will ein mediales und geschäftliches Kontra zum entstehenden Unmut am beseitigbaren Elend dieser Welt setzen.

Somit ist diese Geburtstagsinszenierung ein massiver Anachronismus.

Deshalb gilt immer noch: „Bild lügt!“

Oder, positiv: „Und wenn jeder im Volke in den Stand gesetzt ist, sich alle beliebigen Kenntnisse zu erwerben, werdet ihr bald auch ein intelligentes Volk sehen.“

Heinrich Heine, „Bekenntnisse“, 1854.

Wir sind auf dem besten Wege.

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In Griechenland steht der Bruch des Spardiktats auf der Tagesordnung
Nur in Griechenland?

„Sollte Griechenland aber den Reformkurs beenden, dann sehe ich nicht, dass entsprechende Tranchen ausgezahlt werden. Wir wollen, dass Griechenland in der Eurozone bleibt, die vereinbarten Reformen müssen aber umgesetzt werden.“

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am 9.5.'12 in Brüssel.

 

„Das griechische Volk will mehrheitlich im Euro bleiben. Wir müssen ihm klarmachen, dass die Voraussetzung dafür die Erfüllung der Reformvorgaben des Hilfsprogramms ist. Man kann das eine nicht ohne das andere haben. Das griechische Volk weiß, was es zu tun hat.“

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am 9.5.'12 in Brüssel.

 

„Nationalökonomie ist, wenn die Leute sich wundern, warum sie kein Geld haben. Das hat mehrere Gründe, die feinsten sind die wissenschaftlichen Gründe, doch könne solche durch eine Notverordnung aufgehoben werden.“

Kurt Tucholsky, „Kurzer Abriß der Nationalökonomie“, 1931.

Westerwelle, Schäuble & Co. wissen, was das griechische Volk zu tun hat.

Soll am (deutschen) Bankenwesen erneut die Welt genesen?

Die Bundesrepublik D ist eine hoch entwickelte Industriegesellschaft und ein ökonomisch erfolgreiches Land. Nach außen auf Kosten anderer. Die Überschüsse der einen sind die Defizite der anderen.

Innen drin gibt's eine kaum durch Hartz IV, Ein-Euro-Jobs, Leiharbeit und allerlei andere prekäre Beschäftigungsverhältnisse kaschierte chronische Massenerwerbslosigkeit, die Reallöhne sind seit langem gefallen. Sozialleistungen wurden minimiert, öffentliche Einrichtungen (Bildung, Gesundheit, Kultur), soweit nicht privatisiert, leiden unter dauerhafter Unterfinanzierung, die „Schuldenbremse“ ist eine Einnahme- , Ausgaben- und Entwicklungsbremse für ein kultiviertes gesellschaftliches Leben. Auch in der reichen Stadt Hamburg.

Da soll an „den Griechen“ ein Exempel statuiert werden, auf daß ja nirgendwo niemand zu frech und anspruchsvoll werde. Nicht bei Löhnen, Arbeitszeiten, Sozialleistungen, kulturellen und Bildungseinrichtungen.

Der politische europäische Trend geht aber deutlich in eine andere – sozialere – Richtung. Die Präsidentschaftswahlen in Frankreich, die Parlamentswahlen in Griechenland, aber auch die Wahlergebnisse in Schleswig- Holstein (zu erwarten auch in Nordrhein-Westphalen sowie bei der kommenden Bundestagswahl) verlangen höhere Einnahmen des Staates (Vermögenssteuer, Finanztransaktionssteuer, Erhöhung des Spitzensteuersatzes etc.), damit öffentliche Aufgaben tendenziell hinreichend finanziert und die Lebensverhältnisse für die Mehrheit der Bevölkerung verbessert werden können.

In diese Richtung und zu diesem Zwecke haben sich in vielen europäischen Ländern außerparlamentarische Bewegungen auf den Weg gemacht.

Mehr und mehr macht sich die Auffassung breit, daß es besser sei, nicht zu darben und besser sei, die Banken nicht mehr zu füttern.

Zumindest gilt: „Hollande könnte Merkel dazu bringen, weniger taktisch an die Stimmung von ‚Bild‘ und der CDU/CSU-Fraktion zu denken und mehr an ihre eigenen Worte.“ (Peter Ehrlich, „Chance auf dringende Korrekturen“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 8.5.'12, S. 25.)

Wer mehr will, kann auch mehr erreichen.

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Demokratie —
Eine Sache der anderen?

„Hinzu kommt das allgemeine Parteienproblem: Wenn nicht einmal drei Prozent der Bevölkerung die Träger und Beweger von Politik sein sollen – so hoch ist im Moment etwa der Anteil der Parteimitglieder in Deutschland –, dann ist das schlicht zu wenig. Von diesen drei Prozent sind die Hälfte Karteileichen und die meisten anderen werden auch nur gefragt, wenn es ums Plakatkleben und Zettelverteilen geht. Und die anderen, die nur Karriere machen und Berufspolitiker werden wollen, sind keine Stärkung der Demokratie.“

Hildegard Hamm-Brücher, „Zwei Siege retten noch keine Partei“, ein Gastkommentar in der „Financial Times Deutschland“ („FTD“) zur FDP, 15.5.'12, S. 24.

 

„Ja, mich dünkt zuweilen, der Teufel, der Adel und die Jesuiten existieren nur so lange, als man an sie glaubt.“

Heinrich Heine, „Reise von München nach Genua“, Kapitel IX, 1828.

Man sagt, der Glaube versetze Berge –: manchmal läßt er sie auch steh'n, dann wieder wirft er sie um...

Die Menschen sind weltweit in Bewegung, das Unbeteiligt-Sein gelingt kaum, die Drift geht nach links.

Der wachsende Unmut richtet sich gegen folgenden Zusammenhang:

„Die EZB leiht den Banken ungeheuer viel Geld zu Zinsen, die unter der Inflationsrate liegen; diese kaufen dafür Staatsanleihen, für die sie drei- bis fünfmal höhere Zinsen kassieren, für deren Begleichung die Regierungen wiederum ihre Ausgaben kürzen und die Steuern erhöhen müssen. Das ist politischer Amoklauf.“

(Emmanuel Todd, französischer Historiker und Sozialwissenschaftler im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 20/2012, S. 95.)

Teil dieses „Amoklauf(es)“ ist auch, daß häufig nicht einmal die Steuern erhöht werden oder nur für die falschen Leute.

Diese Politik der Regierungen bzw. der etablierten Parteien ist zerstörerisch, perspektivlos und in einer tiefen Krise.

Insofern kommt es wachsend darauf an, den Teufel, den Adel und die Jesuiten zu verwerfen und die eigenen gemeinsamen Angelegenheiten der Demokratie, der Entwicklung und der Lebensfreude in die eigenen Hände zu nehmen (Ikea kann warten).

Bei der Vermenschlichung des gesellschaftlichen Lebens kann man sich nicht darauf verlassen, daß diejenigen, die ihre Kompetenz wesentlich vortäuschen, meist fremdem Interesse dienen und in der Hauptsache bemüht sind, nicht aufzufliegen, – daß also diejenigen vorrangig für das allgemeine Wohl sorgen und tätig sind.

Hildegard Hamm-Brücher bezieht sich in ihrem Kommentar auf eine Zeit in der Bundesrepublik, wo die FDP sozial-liberal und Bürgerrechtspartei gewesen ist, wo die Hochschulen sozial geöffnet wurden und die Entspannungspolitik Regierungspolitik war. Der Sozialstaat wurde nicht ab-, sondern ausgebaut.

Wenn wir solche Konstellationen wieder realisiert sehen wollen, müssen wir etwas dafür tun. (Was dann aus der FDP wird, ist relativ nachrangig.)

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Was ist die beste Hilfe für Griechenland?
oder
Die Heilung der eigenen Wunde

„Wenn wir weiter zu einem Sparprogramm gedrängt und erpresst werden, das so offensichtlich gescheitert ist, dann wird Griechenland tatsächlich bald nicht mehr in der Lage sein, seine Gläubiger zu bezahlen. (...) Wir meinen aber, dass diese Mittel auch vernünftig eingesetzt werden sollten. Und zwar für Investitionen, aus denen Wohlstand generiert werden kann. (...) Wir tragen große Verantwortung für unsere Situation. Wir haben Politiker akzeptiert, die die Produktionsbasis unseres Landes zerstört und einen korrupten Staat geschaffen haben. Wir haben diejenigen gewählt, die ihr Geld im Ausland gebunkert haben und die Steuerflucht nicht nur zulassen, sondern noch fördern. Dafür sind wir selbstverständlich verantwortlich, wir haben das alles ja zugelassen. (...) Die Finanz- und Schuldenkrise ist kein rein griechisches Problem. Sonst gäbe es ja auch keine hohen Staatsdefizite in anderen Ländern wie Italien, Spanien, Portugal oder Irland.“

Alexis Tsipras, Chef des griechischen Linksbündnisses Syriza, im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 22/2012.

Wer trägt sein Geld – heimlich – in die Schweiz, nach Luxemburg und Liechtenstein?

Wir haben das alles ja zugelassen...

Auch Hamburg hat eine „Schuldenbremse“. Der Haushalt soll jährlich nur um 0,88 Prozent „wachsen“. Die Inflationsrate beträgt über zwei Prozent. Das bedeutet – bei nicht erhöhten Einnahmen -, daß die öffentlichen Aufgaben (Bildung, Kultur, Soziales) jährlich um mindestens ein Prozent schrumpfen müssen. Die Banken werden bedient, die Kultur der Gesellschaft wird empfindlich (weiter) reduziert.

Aktuell wird der Streit in der Bürgerschaft um die Kürzungen im Sozialbereich (nahezu 70 Millionen Euro sollen „gespart“ werden), speziell im offenen Kinder- und Jugendhilfebereich, geführt.

Hamburg ist nicht nur irgendwie britisch, sondern auch irgendwie griechisch (s.o.)

Gleichzeitig nähert sich die staatliche Subvention für die Bauruine am Hafen („Elbphilharmonie“) der 500-Millionen-Euro-Grenze, Hapag-Lloyd wird ohne wesentliche staatliche Bedingungen (Beschäftigte, Produktion) mit mehreren hundert Millionen Euro aus Haushaltsmitteln gestützt, Vattenfall darf seine dominante private Rolle für die Energieerzeugung und -weiterleitung im städtischen Raum behalten. Und, wie gesagt, die Einnahmen (Steuern, da, wo etwas zu holen ist) werden nicht erhöht.

Daraus entstehen nicht nur gewichtige Probleme im Sozialbereich, sondern auch in der Bildung (Schulen, Hochschulen), in der Kultur (Theater und Museen) und ebenso im Verkehr (Straßen, Fahrrad- und Fußwege).

Hamburg ist eine reiche Stadt und verarmt in ihrer öffentlichen Struktur, weil, wie allen ersichtlich, die Banken bedient werden sollen.

Das ist nicht zuzulassen. In vielen Bereichen erhebt sich dagegen Widerstand. Berechtigte Ansprüche auf Entwicklung bzw. bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung werden artikuliert und zur Geltung gebracht.

Und: Griechenland ist am meisten geholfen, wenn hier – und an anderen Orten – die berechtigten und begründeten Bedürfnisse der Mehrheit für die Mehrheit verstärkt zum Ausdruck gelangen.

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Für wen ist eigentlich der Haushalt da?
Ein Vorschlag zur dringlichen Neubestimmung

„Ökonomen machen es sich zu leicht, wenn sie uns in stürmischen Zeiten nicht mehr zu erzählen haben, als dass der Ozean wieder ruhig ist, wenn sich der Sturm gelegt hat.

Wer die langfristige Perspektive einnimmt, ignoriert das gewaltige Leid, dass die gegenwärtige Krise verursacht, und die vielen Leben, die sie ruiniert. Mehr noch, unsere kurzfristigen Probleme – wenn man eine inzwischen fünf Jahre dauernde Krise ‚kurzfristig‘ nennen will – schaden unseren langfristigen Interessen, und zwar in mehrfacher Hinsicht.“

Paul Krugmann, „Wir sparen uns zu Tode“, „Blätter für deutsche und internationale Politik“, Heft 6, S. 46. Der Autor ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Princeton University in New Jersey und Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 2008.

 

„Deutschland ist mit seinem Einsatz für einen harten Sparkurs international zunehmend isoliert. Doch statt das zu nutzen, und Angela Merkel im Schulterschluss mit ihren ausländischen Kritikern zu attackieren, haben sich SPD und Grüne bislang an die Seite der Kanzlerin gestellt.“

Ralf Bester, Christoph Hickmann, Gordon Repinski, „Bündnis für Bonds“, „SPIEGEL“, Mr. 23/2012, S. 40.

Was ist eigentlich so schlimm daran, uneinig zu sein?

Uneins mir dem Krieg, der Umweltzerstörung, dem sozialen Elend, der kulturellen Verrohung, dem Bankendesaster, falschen Diagnosen und Therapien; mithin im politischen und geistigen Clinch mit Wirtschaftsverbänden, Bundesregierung, Verdummungsmedien, Pseudowissenschaften – also gegenläufigen Interessen, unerträglichen Lebensbedingungen, falscher Politik und fortgesetzter Falschaussage?

Selbst nach simpelster staatsbürgerkundlicher Denkart ist die Opposition (nicht nur im Parlament) die Alternative zur Regierung.

Das ist keine Platzhalterfrage – geht der eine, tritt der andere an seine Stelle -, sondern eine relevant konzeptionelle Angelegenheit, die eigentlich alle angeht.

Deshalb ist auch von Bedeutung, mit denen uneins zu sein, die mit dem Falschen einig sind, weil sie sich nicht trauen bzw. unfähig sind, an den richtigen Stellen anzuecken.

Konkret heißt dies, mit SPD und Grünen nicht einverstanden zu sein, weil sie keine Opposition sein wollen. (Zu dem Blödsinn des Elends.)

In Hamburg ist die Tante SPD an der Regierung und gibt sich alle Mühe, sich möglichst wenig von ihrer Vorgängerregierung (Schwarz-Grün) zu unterscheiden.

Daraus wird deutlich, daß auch SPD und Grünen politisch einzuheizen ist.

Das betrifft auch die Hochschulfinanzierung, die Re-Demokratisierung der Wissenschaften, die starke Reformierung von Ba/Ma sowie den kritisch verantwortlichen Gesellschaftsbezug der Wissenschaften. Hier ist viel auf den Weg zu bringen.

Sonst bliebe alles aufreibend und fade. Der Haushalt gehört der Allgemeinheit. Jeder ist Teil davon.

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Gauck – Freiheit, Fahne, Faterland
Eine Zumutung

„Als Joachim Gauck dann fortfuhr: ‚Und nun stehe ich vor Ihnen in Hamburg als Bundespräsident des vereinten Deutschlands‘, überraschte er seine Zuhörer mit einer plötzlichen Geste. Gauck unterbrach sich für ein paar Sekunden, trat beiseite und ergriff die rechts neben ihm stehende Bundesfahne mit einer fast zärtlich anmutenden Berührung. Um dann zu sagen: ‚Ich bin froh, weil ich zu dieser Armee und zu den Menschen, die hier dienen, aus vollem Herzen sagen kann: Diese Bundeswehr ist keine Begrenzung der Freiheit, sie ist eine Stütze unserer Freiheit.‘“

Thomas Frankenfeld, „Gauck: Bundeswehr ist Stütze unserer Freiheit/Bundespräsident und Verteidigungsminister bei der Führungsakademie in Blankenese“, „Hamburger Abendblatt“, 13.6.'12, S. 3.

 

„Merk: Wer sich so mit dem Nebel des Mysteriums umgibt, wie alle diese, die es mehr oder minder begabt der katholischen Kirche nachmachen, der zeigt, daß seine Position bei voller Klarheit viel zu fürchten hat.“

Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.

 

Trunken
Schwarz-Rot-Gold, Du meine Liebe,
Gern' hab' ich Dir dargebracht
Große Sehnsucht, große Triebe –
Und der Welt sag' ich gut' Nacht.

Ein Bundespräsident muß nicht so (peinlich) sein.

Es geht auch anders. Gustav Heinemann (1899-1974), Bundespräsident von 1969-1972 – zu Zeiten der sozial-liberalen Bundesregierung mit Kanzler Willy Brandt – war schon in den 1950er Jahren, den Gründungsjahren der Republik, ein Gegner der Wiederbewaffnung und dann der Atombewaffnung der BRD. Die Regierung Brandt/Scheel in den 1970er Jahren war auch die Zeit der Entspannungspolitik sowie die Phase der sozialen Öffnung der Hochschulen.

Von Gustav Heinemann stammt die programmatische Aussage in seiner Antrittsrede: „Nicht der Krieg ist der Ernstfall (...), sondern der Friede ist der Ernstfall, in dem wir uns alle zu bewähren haben.“

Hier kommt eine notwendige Konsequenz aus dem gerade überwundenen Faschismus und Weltkrieg zum Ausdruck.

Auch das immer wieder zitierte Bonmot „Ich liebe nicht den Staat, ich liebe meine Frau.“ macht deutlich, daß die höchste Amtsperson des Staates nicht staatsgläubig sein muß und auch Humor haben kann.

Anders Herr Gauck. Bei ihm ist die „Freiheit“ direkt – schon fast liebkosend – mit der Armee verbunden; was ja auch bedeutet, die grundgesetzwidrigen Auslandseinsätze der Bundeswehr (Jugoslawien, Afghanistan) zu rechtfertigen. Freiheit, Fahne, Faterland.

Die sogenannte Freiheit ist also nichts andres als die salbungsvolle Verteidigung der bestehenden Ordnung, auf die alle suggestiv verpflichtet werden sollen.

Dagegen sind der Friede, die Aufklärung, die Demokratie und der soziale Fortschritt wieder zum Ernstfall zu machen – nicht ohne eine gehörige Prise Heiterkeit.

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Bewegung ist gesund
Ein nicht nur ärztlicher Vorschlag

„Es gibt aber zentrale Themen: strengere Kontrollen für die Wall Street, höhere Steuern für die Reichen, mehr soziale Gerechtigkeit. (...) Beim harten Kern der Bewegung geht die Tendenz zur radikalen Transformation. (..) Das Problem ist ein Kapitalismus, der es selbst denjenigen, die nach seinen Regeln spielen, unmöglich macht, ein ordentliches Mittelklasseleben zu führen. (...) Universitäten, die eine exzellente humanistische Bildung bereitstellen, agieren gleichzeitig wie mächtige Investmentfonds oder Großbanken. Wenn die Studenten ihre Alma Mater unter Druck setzen, dann zwingen sie sie dazu, sich ihren eigenen moralischen Idealen zu stellen.“

Mark Greif, Literaturprofessor an der New Yorker Universität „New School“, im Interview mit „Frankfurter Allgemeine Hochschulanzeiger“, Juni 2012, S. 12ff. Der Autor gilt als ein wesentlicher (teilnehmender) Chronist der Occupy-Bewegung in den USA.

In Hamburg hat zwar ein Regierungswechsel von Schwarz-Grün hin zu einer SPD-Alleinregierung stattgefunden; von einem wesentlichen Politikwechsel kann allerdings nicht die Rede sein.

Mit der „Schuldenbremse“ – die nun auch mit Hilfe von GAL und FDP in die hamburgische Verfassung übernommen worden ist – wird in (fast) allen öffentlichen Bereichen gekürzt. Bei gleichzeitig nicht erhöhten Einnahmen werden die Bereiche, Bildung, Kultur, Gesundheit, Soziales fortgesetzt minimiert.

Für die Uni bedeutet diese Politik, trotz des „Kampfes um die Zukunft“ und der folgenden „Hochschulvereinbarung“ (die Planungssicherheit gewähren sollte), daß ein Einstellungsstopp für das Technische- und Verwaltungspersonal sowie für die wissenschaftlichen Mitarbeiter droht.

Das spricht allem Hohn, was sozial und demokratisch sein sollte und könnte. Nicht einmal der Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge müssen eingehalten werden) wird hier erfüllt. Das kommt dann daher als „Sachzwang“ oder gar Vernunft und ist nichts anderes als eine technokratische Variante der Tina-Politik (There is no alternative) konservativer oder neoliberaler Prägung.

Hier werden lediglich die Banken bedient, die (reichen) Steuerzahler geschont und die Mehrheit der Bevölkerung politisch drangsaliert.

Deshalb ist weiterhin erforderlich, die einigenden Grundsätze (auch) der Occupy-Bewegung – strengere Kontrollen der Finanzwirtschaft, höhere Steuern für die Reichen und soziale Gerechtigkeit – fortgesetzt zur Geltung zu bringen.

Der „Kampf um die Zukunft“ ist demzufolge wieder aufzunehmen.

Auch hier ist von wesentlicher Bedeutung – durch soziales Engagement – die humanistischen Grundsätze von Bildung und Kultur für Alle dem politischen Senat (und auch der Handelskammer, die mit Herrn Horch auf der Regierungsbank sitzt) wieder neu und verstärkt zum Ausdruck zu bringen bzw. zu realisieren.

Lever froh as Slav.

„Denn nur der große Gegenstand vermag
Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen;
Im engen Kreis verengert sich der Sinn,
Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken.“

Friedrich Schiller, Prolog zu „Wallensteins Lager“, gesprochen bei der Wiedereröffnung der Schaubühne in Weimar im Oktober 1798.

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Wie lange lebt die Kanzlerin?
oder
Die Endlichkeit der Beharrung.

„Solange sie lebe, werde es keine Vergemeinschaftung der Schulden in der EU geben, soll Bundeskanzlerin Merkel dem Vernehmen nach vor der FDP-Fraktion des Bundestages gesagt haben. Das ist, wie alle Festlegungen auf die Zukunft, eine gefährliche Aussage, zumal hier nicht nur Variablen im Spiel sind, die von der Politik beherrscht werden, sondern auch andere, die das Schicksal bestimmt.“

Günther Nonnenmacher, „Um die Zukunft Europas“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 27.6.'12.

 

„Ein guter Propagandist
Macht aus einem Misthaufen einen Ausflugsort.
Wenn kein Fett da ist, beweist er
Daß eine schlanke Taille jeden Mann verschönt.
Tausende, die ihn von den Autostraßen reden hören
Freuen sich, als ob sie Autos hätten.
Auf die Gräber der Verhungerten und Gefallenen
Pflanzt er Lorbeerbüsche. Aber lange bevor es so weit war
Sprach er vom Frieden, wenn die Kanonen vorbeirollten.“

Bertolt Brecht, „Notwendigkeit der Propaganda – 6“, Svendborger Gedichte 1939.

„So lange ich lebe“ ist die gemäßigte Variante von „Nur über meine Leiche“.

Die Kanzlerin hat ihre (politische) Existenz auf Gedeih und Verderb an eine fatale Wirtschafts- und EU-Politik gebunden.

Es ist das bekannte Lied:

Kommen und Gehen
Alles Gute kommt von Oben –
Marktgerecht und ordnungstreu.
Freie Wirtschaft soll'n wir loben
Neu ist alt und alt ist neu.

Immerhin erkennt die gediegen liberale „Neue Zürcher Zeitung“ (Ulrich Schmid, „Merkel bleibt hart“, 28.6.'12) darin eine gewisse – auch internationale – Konfliktdimension: „Doch sie sandte auf diese Weise [gemeint ist die Regierungserklärung Angela Merkels] ein klares Signal an all ihre keynesianischen Kritiker weltweit, in deren unheiliger Allianz sich inzwischen südeuropäischer Schuldner, französische und amerikanische Präsidenten, Occupy- Aktivisten, Abgeordnete der Linken und eine rasch anwachsende Anzahl angelsächsischer Banker tummeln.“

Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß sich diese „unheilige Allianz“ (welche wäre eigentlich „heilig“?) mit der Zeit, also mit wachsendem Konflikt, ausweiten und weiter regen wird.

Schon jetzt ist gegen den „Fiskalpakt“ („Schuldenbremse“ auf EU-Ebene mit „Ewigkeitsklausel“ und harten Sanktionsmöglichkeiten – Aushebelung des Haushaltsrechts der Länderparlamente) eine bundesdeutsche Verfassungsklage angekündigt. Der Bundespräsident wird deshalb mit seiner Unterschrift unter dieses Diktum abwarten. Auch fortgesetzter öffentlicher Widerstand wird nicht ausbleiben.

Mit Ausgaben- und Aufgabenkürzungen in Gesundheit, Bildung, Kultur, öffentlichen Investitionen etc. wird die Krise nur noch weiter vertieft werden.

Eine „Vergemeinschaftung“ der Problematik bedeutet Schuldenerlasse, Erhöhung der staatlichen Einnahmen durch höhere Kapitalsteuern, Regulierung von Spekulation und Banken, bedarfsgerechte Löhne und ein relevantes Verständnis von Allgemeinwohl, welches sich fundamental vom Geist der Börsen unterscheidet.

Heute, morgen und übermorgen. Das mag die Kanzlerin vor ihrem verdienten Ruhestand erleben.

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Wieviel Markt soll es denn sein?
Eine ernsthafte Einwendung.

„Der Harvard-Philosoph Michael Sandel hat in seinem vor knapp drei Monaten in den USA erschienenen Buch ‚What Money Can't Buy: The Moral Limits of Markets‘ angemahnt, dass die große fehlende Debatte in der heutigen Politik die Diskussion um die Rolle und Ausdehnung der Märkte sei. Nach dem Ende des Kalten Krieges habe Amerika den Sieg über den Sozialismus als einen Sieg der unbegrenzten Märkte fehlinterpretiert. Diese seien eben intelligent, effizient und regelten sich selbst.

Seither reicht die Macht des Marktes in Lebensbereiche, die bis vor einiger Zeit als unveräußerlich galten. Sandel berichtet von einem Gefängnis in Kalifornien, wo Insassen sich für 82 Dollar pro Nacht in eine bessere Gefängniszelle upgraden lassen können; wer auf einen der begehrten und mit langen Wartezeiten verbundenen Besucherplätze im Parlament in Washington möchte, bucht einen Schlangensteher, der sich für ihn anstellt.“

Philipp Oehmke, „Das Orakel im Blouson“, ein Artikel über den US-Schriftsteller Don DeLillo und seinen vor zehn Jahren erschienen Roman „Cosmopolis“, der kritisch den Finanzkapitalismus thematisiert und kürzlich verfilmt worden ist; in: „SPIEGEL“ Nr. 27/2012.

 

„Die Individuen sind unter die gesellschaftliche Produktion subsumiert, die als ein Verhängnis außer ihnen existiert; aber die gesellschaftliche Produktion ist nicht unter die Individuen subsumiert, die sie als ihr gemeinsames Vermögen handhaben.“

Karl Marx, „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie“ (1858), Marx-Engels-Werke (MEW), Band 42, S. 92.

Wenn schon die Spatzen, ebenso Literaten und Ökonomen, es von den Dächern pfeifen, mag auch der „SPIEGEL“ nicht mehr verheimlichen: Der – zumal nur noch leicht gezügelte – Kapitalismus schafft soziales Elend, ist kriegerisch, sorgt für kulturelle Blödheiten, läßt Gehwege und Straßen verkommen, beutet Menschen und Natur aus, glitzert in den Städten, produziert Burn-outs, heißt neuerdings „Schuldenbremse“ – und ist nebenbei in der Krise.

Der sich selbst verwertende Wert (Kapital) ist nicht menschengerecht. „Die Märkte“ sind permanent nervös. Politiker und Politikerinnen (fast) aller Couleur versuchen ängstlich, sie zu beruhigen, indem sie den Banken immer mehr und mehr in die hungrigen Tresore werfen.

Dabei besteht die Krise ja gerade darin, daß die gemeinschaftlich geschaffenen materiellen – wie immateriellen – Werte immer weniger für gemeinschaftliche Aufgaben, Bedürfnisse und Erfordernisse eingesetzt werden. Statt dessen werden höchste Gewinne gemacht, riesige Managergehälter gezahlt, fette Boni ausgeschüttet und weiter heftig an den Börsen spekuliert – nicht zuletzt auch auf Nahrungsmittel.

Darunter leiden die staatlichen Einnahmen, die dürftigen Gehälter, damit Gesundheit, Bildung, Soziales, Kultur bzw. die alltäglichen Lebensbedingungen der Mehrheit der Menschen. Überall.

Dagegen entstehen weltweit vernünftige Kritik und engagierter Widerstand, was in artikulierten Mentalitätsänderungen, kritischer Publizistik, Kunst und Wissenschaft, in sozialen Bewegungen, in Wahlergebnissen und teilweise geänderter Regierungspolitik zum Ausdruck kommt.

Der Neoliberalismus ist, auch wenn er weiter versucht wird, am Ende.

Die Zeit reift für eine friedliche, demokratische, soziale und kultivierte Entwicklung des rational gestalteten gesellschaftlichen menschlichen Lebens.

Damit ist auch auf die Tagesordnung gesetzt, daß Politik, d.h. das kooperative Handeln für bessere Lebensbedingungen, für Alle zu einem selbstverständlichen praktischen Bedürfnis wird.

Niemand muß verzichten.

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Von der Mehrheit für die Mehrheit
Eine wirkliche Möglichkeit

„Kritik an Konventionen

Der Ausschussvorsitzende Kurokawa, der früher Wissenschaftsberater der Regierung war und als unabhängiger Querdenker gilt, rief die Japaner auf, die Schuld nicht allein auf die Atomlobby abzuwälzen, Die grundlegenden Ursachen des Unfalls lägen in den in der japanischen Kultur verankerten Konventionen: des reflexartigen Gehorsams, der Abneigung, Obrigkeiten infrage zu stellen, der Hingabe, ‚am Programm festzuhalten‘, des Gruppendenkens und der Abgeschlossenheit, heisst es. Kurokawa appelliert an die Japaner, dieses Denken zu ändern.“

Martin Koelling, „‚Eine hausgemachte Katastrophe‘ * Hartes Fazit der unabhängigen Untersuchungskommission in ihrem Abschlussbericht zu ‚Fukushima‘“, „Neue Zürcher Zeitung“, 6.7.'12, S. 3.

 

„Ich traute nicht diesem Preußen, diesem langen, frömmelnden Kamaschenheld mit dem weiten Magen und mit dem großen Maule und mit dem Korporalstock, den er erst in Weihwasser taucht, ehe er damit zuschlägt. Mir mißfiel dieses philosophisch christliche Soldatentum, dieses Gemengsel von Weißbier, Lüge und Sand. Widerwärtig, tief widerwärtig war mir dieses Preußen, dieser Tartüff [Heuchler, nach einer Gestalt von Molière] unter den Staaten.“

Heinrich Heine, „Französische Zustände“ * Vorrede, 1832.

Der Bericht der vom japanischen Parlament eingesetzten Untersuchungskommission zum GAU von Fukushima bringt unmißverständlich zum Ausdruck, daß die atomare Katastrophe von Menschen verursacht ist; sie sei Folge eines betrügerischen Zusammenspiels von Regierung, Aufsichtsbehörde und des Atom-Unternehmens Tepco sowie auch des Mangels an Kontrolle.

Das Verhängnis hätte also verhindert oder mindestens stark eingeschränkt werden können. Damit rücken Erdbeben und Flutwelle als schicksalhafte Naturkatastrophe in den Hintergrund der Betrachtung; unternehmerisches Interesse, staatliches Handeln und öffentliche Duldung (s.o.) geraten in den kritischen Blick. (Ganz abgesehen von der prinzipiellen Fragwürdigkeit der Atomenergie selbst.)

Die Kommission fordert in ihrem Bericht grundlegende Reformen der Aufsichtsbehörde und Änderungen der Gesetzgebung, so daß internationale Sicherheitsmaßnahmen auch in Japan umgesetzt werden könnten. Der Austausch von Verantwortlichen wird als lediglich kosmetische Maßnahme bezeichnet. Hinzu kommt der dringliche Appell des Ausschußvorsitzenden an die japanische Öffentlichkeit, fatale Konventionen zu überwinden und kritisches Denken zu entwickeln.

Dieser „Fall“ geht uns alle etwas an. Nicht nur wegen der globalen Folgen des GAUs und der notwendigen Abschaffung der Atomenergie sowie der Atomwaffen, sondern auch wegen des desaströsen Zusammenspiels von privatwirtschaftlichen Unternehmen, neoliberaler Behörden und – nicht zuletzt – duldender Öffentlichkeit.

Auch in teutonischer Tradition steht der Drang, untertäniges Verhalten zu mobilisieren oder zu schaffen.

Auch hier sind schädliche Konventionen zu verlassen bzw. durch kritisches Denken und Handeln zu überwinden. Nicht nur, um Schlimmeres zu verhindern, sondern mindestens ebenso, um Besseres zu schaffen – Bildung für Alle zum Beispiel.

Zu diesem Zwecke ist der Zwanghaftigkeit der „Schuldenbremse“ zutiefst zu mißtrauen. Von der Mehrheit für die Mehrheit.

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Befehl und Gehorsam
Eine fragwürdige Einheit

„Eigentlich bin ich Linkshänder, der in einem katholischen Kindergarten zu einem Rechtshänder umerzogen wurde. (...) Mein Geschichtslehrer hat zu mir gesagt: Neumann, aus dir mache ich einen anständigen Offizier und einen anständigen Sozialdemokraten. (...) Und schon damals war mir klar, Opposition ist für mich auf Dauer nichts. Ich bin in die Politik gegangen, um zu gestalten. (...) Mit Befehl und Gehorsam habe ich kein Problem. Ich finde, wer befehlen will, muss gehorchen lernen. (..) Ich finde, es ist für die persönliche Entwicklung durchaus wichtig, dass man einfach mal eine Halle fegt, weil es der Meister sagt. Und dies ohne Grundsatzdiskussionen zu führen, ob das Fegen nun sinnvoll ist oder nicht. (...) Das [Demut] ist ein altmodischer, aber guter Begriff. (...) Wenn ich antrete, will ich auch gewinnen. (...) Ich finde es wichtig, ab und an auch über Grenzen zu gehen. Ich mache das regelmäßig bei langen Märschen.“

Innen- und Sportsenator Michael Neumann im Interview mit „Hamburger Abendblatt magazin“, 21./22.7.'12, S. III.

 

„Die Esel und die Nachtigallen
Es gibt der Esel, welche wollen, / Daß Nachtgallen hin und her
Des Müllers Säcke tragen sollen / Ob recht? fällt mir zu sagen schwer.
Das weiß ich: Nachtigallen wollen / Nicht, daß die Esel singen sollen“

Gottfried August Bürger, 1789.

Da sitzt der Innen- und Sportsenator einer Stadt des 21. Jahrhunderts mit seiner roten Olympiajacke auf der „Jahnkampfbahn“ und erzählt systematischen Unsinn.

Ohne einen Hauch geistiger Distanz, einen Sinn für Aufklärung oder humanistische Pädagogik; frei von den Errungenschaften der Zeit nach '68: Die katholische Erziehung, ein militär-affiner Geschichtslehrer, die Bundeswehr und der Leistungsport bilden die wenig soziale und demokratische Weltanschauung des kantigen Ressortleiters einer stadt-staatlichen Regierung.

Hat die Aufklärung nicht das Bewußtsein des mündigen Subjekts und des Menschen als höchsten Wertes konstituiert? Ist der menschenfreundlichen Erziehung nicht der Wille zur Bildung eigenständiger und verantwortlicher Individuen eingegeben? Hat '68 nicht auch die Befreiung von Schülern, „Lehrlingen“ und Studenten gebracht? Haben Geschichtslehrer nicht gelernt, daß man vom Krieg die Finger lassen soll? Ist nicht bekannt, daß der Breitensport eine mindestens ebenso wichtige gesellschaftliche Rolle spielen soll wie der „Leistungssport“? Sind Befehl, Gehorsam und Demut nicht durch die historischen Erfahrungen dikreditiert? Holt man sich bei langen Märschen nicht lediglich Blasen an den Füssen? Ist nicht bekannt, daß sogenannte Realpolitik keinesfalls zu Verbesserungen führt? Ist der Bürgermeister der Generalfeldmarschall der „Schuldenbremse“?

Wenn man das Interview mit Herrn Neumann nicht als Sommerwitz – was es auch ist – betrachten will, so ist ernst zu nehmen, daß mit diesem sozialdemokratischen Preußentum ein strenges Regieren verbunden ist.

Hier wird Bravheit gegenüber einer unerbittlichen Kürzungspolitik verlangt – Demut gegenüber der Einschränkung öffentlicher Einrichtungen, d.h. die Bescheidenheit der Menschen mit berechtigten Bedürfnissen.

Dagegen sollte der Herbst politische Temperaturen entwickeln, die jetzt sommerlich wieder entstehen.

Halle fegen ist nicht.

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Da helfen keine Pillen
oder
Die Wahrheit finden und anwenden

SPIEGEL: Professor Kagan, seit mehr als 50 Jahren studieren Sie die Entwicklung von Kindern: Hat sich deren psychische Gesundheit im Laufe dieser Zeit eher verbessert oder verschlechtert?

Kagan: Sagen wir: Sie hat sich verändert. Vor allem in ärmeren Familien, bei Einwanderern und bei Minderheiten haben die psychischen Probleme zugenommen. Zwar haben die Jugendlichen in diesen Gruppen heute objektiv betrachtet mehr Möglichkeiten als vor 50 Jahren, ängstlich und frustriert sind sie aber trotzdem. Denn die Ungleichheit in der Gesellschaft ist gewachsen. Bei den Armen ist die Zahl der Diagnosen von Aufmerksamkeitsstörungen und Depressionen gestiegen...“ (...)

SPIEGEL: (...) Gibt es denn für verhaltensauffällige Kinder eine Alternative zu Psychopharmaka?

Kagan: Aber sicher. Nachhilfe zum Beispiel. Bei welchen Kindern wird denn ADHS diagnostiziert? Bei denen, die schlecht in der Schule sind. Guten Schülern passiert so etwas nicht. Wie wäre es also mit Nachhilfe statt Pillen?“

Jerome Kagan, Professor für Entwicklungspsychologie in Harvard, im Gespräch mit dem „SPIEGEL“, Nr. 31/2012.

 

„Wenn man erfolgreich die Wahrheit über schlimme Zustände schreiben will, muß man sie so schreiben, daß ihre vermeidbaren Ursachen erkannt werden können. Wenn die vermeidbaren Ursachen erkannt werden, können die schlimmen Zustände bekämpft werden.“

Bertolt Brecht, „Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit“, 1935.

Bei welchen Managern, Politikern oder Wissenschaftlern ist ADHS diagnostiziert? (Wer denkt da jetzt an wen?)

Auch wenn sie schlecht in der Schule des Lebens sind, wird das wohl selten vorkommen. Auf jeden Fall sind viele von ihnen verantwortlich für die vermeidbaren, die überwindenswerten Mißstände dieser Welt.

Das alles muß nicht so sein. Die Alternative ist „bezahlbar“, sie muß „nur“ verwirklicht werden.

Eine ausreichend große Wohnung, gute Kleidung und Ernährung, die Eltern nicht erwerbslos und mißgelaunt; Spielplätze, Schwimmbäder, Grünflächen, Bibliotheken, Kinos, Theater (auch Eisläden!) in der näheren Umgebung; tolerante Nachbarn, Ferien ohne Not; keine zu großen Schulklassen mit der erforderlichen Fächervielfalt; Aussichten auf weitere Ausbildung bzw. Bildung und spätere sinnvolle Berufsfindung – dies wären gute Voraussetzungen für die verantwortliche gedeihliche Persönlichkeitsentwicklung, welche Pillen, Gebote sowie ständiges Schlechtfühlen und Nicht-Wissen,-wohin-mit-sich unwahrscheinlich machen würden. (Ganz abgesehen von den Ängsten vor Abschiebung, Schlägen, „Versagen“, Mißachtung, Perspektivlosigkeit und ähnlichem.)

Was für Kinder gilt, gilt für Erwachsene auch. Niemand hat Freude, zu darben. Menschliches Leben entsteht nicht durch Verzicht. – Und im Endeffekt sind alle Griechen.

Da gegen alle aufgeklärte Vernunft; gegen Protest und Widerstände; gegen die Gesundheit, die Bildung, die Kultur; gegen die positive Entwicklung der Zivilisation bzw. die Interessen der Mehrheit der Menschen an der Fütterung der Banken und an der Zerstörung öffentlicher Errungenschaften und Einrichtungen – an der „Schuldenbremse“ – festgehalten wird, bleibt wenig übrig, als berechtigte Ansprüche weiter auszubauen und zu begründen und somit engagiert für eine andere, bessere Entwicklung zu wirken.

Für Frieden, sozialen Fortschritt, kulturelle Entfaltung, erweiterte demokratische Partizipation, überhaupt und mehr Lebensfreude sowie: Hochschulreform (BaMa und so weiter). Die Aktienkurse sind nicht der Sinn des Lebens.

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„Ethisch neutral“?
Der Kriegsminister und die bewaffneten Drohnen

„Der Einsatz von bewaffneten Drohnen – oft von den USA in Afghanistan eingesetzt – ist international hoch umstritten. Gleichwohl spricht sich Verteidigungsminister Thomas de Maiziére für solche unbemannten Flugkörper im Dienste der Bundeswehr aus: ‚Der Sache nach ist eine Drohne doch nichts anderes als ein Flugzeug ohne Pilot‘, sagte er der ‚Welt‘. ‚Flugzeuge dürfen Waffen tragen. Warum also sollen unbemannte Flugsysteme das nicht dürfen?‘ Moralische Bedenken habe er nicht: ‚Ethisch ist eine Waffe stets als neutral zu betrachten‘, so der Minister.“

Zitiert nach tagesschau.de, 3.8.2012.

 

„Wenn alles das Mythos ist, was sich dem gesunden Menschenverstand entzieht –: dann nieder mit dem Mythos! Und wichtiger als alle Volkheit scheint mir zu sein, daß sich der Mensch nicht zum Vieh degradiere, auch nicht für sein Vaterland. Was eine sanfte Beleidigung des Viehs darstellen dürfte.“

Kurt Tucholsky, „Friedrich mitn Mythos“, 1932.

Also, wenn wir richtig verstanden haben: Ein Flugzeug ist ein Flugzeug. Eine Waffe ist eine Waffe. Ein Flugzeug mit einer Waffe ist ein Flugzeug mit einer Waffe. Eine Drohne ist ein Flugzeug. Eine Drohne mit einer Waffe ist eine Drohne mit einer Waffe. Also ist eine Drohne mit einer Waffe ein Flugzeug mit einer Waffe. Na und? Nach dieser Küchenlogik existiert kein (ethisches) Problem.

Die Bundeswehr wird seit einigen Jahren auf eine Interventionsarmee umgerüstet und ist an einigen militärischen Auslandseinsätzen – auch in Afghanistan – verfassungswidrig (insbesondere Artikel 26 Grundgesetz) und höchst fragwürdig nach der UN-Charta beteiligt.

Diese militärischen Aktionen dienen geostrategischen Zwecken bzw. geschäftlichen Interessen: der Eroberung und Sicherung von Ressourcen, Märkten, Verkehrswegen und treu ergebenen Regierungen der jeweiligen Region. (Das alles läßt sich auch in den sogenannten Verteidigungspolitischen Richtlinien nachlesen.) Das alles kostet Menschenleben, zerstört mögliche Entwicklung, eskaliert Konflikte und fehlt für zivile Arbeit, Gesundheit, Bildung und Kultur. Außerdem erhält das Militärische eine gesellschaftliche Bedeutung, die, zumal nach bestimmten historischen Erfahrungen, eindeutig überwunden gehört.

Drohnen als militärische Waffe (nicht als faule männliche Biene) haben den Zweck, kriegerische Handlungen zu anonymisieren, die „eigenen“ menschlichen Verluste zu minimieren und die Akzeptanz für diese Einsätze in der Bevölkerung zu erhöhen.

Durch die USA-Administrationen bzw. durch das CIA wurde von 2000 bis jetzt insgesamt 337 mal diese Waffe eingesetzt. Dabei wurden bis zu über 3.000 Personen getötet. Davon starben bis über 800 Zivilisten, davon 175 Kinder.

Bislang hat die Bundeswehr die Drohnen geleast (welch eine moderne Form!). Das soll bis 2015 so weitergehen. Danach ist vorgesehen, bis 2020 eine europäische Drohne einzusetzen, die mit Frankreich und Großbritannien zusammen entwickelt werden soll.

Dies wäre die gefährliche Fortsetzung eines Irrweges.

Die Mehrheit der Bevölkerung ist gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Es gibt Besseres zu tun. Das ist zunehmend deutlich zu machen.

Militärbremse statt Schuldenbremse. Und: Gegen Mythen aller Art!

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Bachelor und Master
Bologna ist gescheitert
Nun kann´s vernünftig werden

„Wer sechs oder acht Semester in kleinteiligen Studieneinheiten gedacht und im ständigen Prüfungsmarathon gelebt hat, der wird kaum zu der durch Wissenschaft gebildeten Persönlichkeit gereift sein, die Wirtschaftsvertreter und Politiker angeblich wollen. Jetzt äußern die ersten mittelständischen Unternehmer die Befürchtung, dass ihnen angesichts der Akademikerflut die Facharbeiter ausgehen könnten oder dass die Bologna-Absolventen nicht die Reife mitbrächten, die sie benötigen.

Klammheimlich haben sich die meisten Protagonisten, allen voran die Studenten, längst von der Bologna-Reform verabschiedet oder sie auf ihre Weise boykottiert. Es wird Zeit, das einzusehen, für Durchlässigkeit zu sorgen, den Bachelor als Zwischenprüfung zu betrachten und bologna-kompatible Diplomstudiengänge einzurichten. Der Widerstand gegen Bildung als Schnellbleiche wächst, von der frühen Einschulung bis zum Studium. Wann reagiert die Politik darauf?“

Heike Schmoll, „Der Bologna-Boykott“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 15.8.´12.

 

„ Die Torheit tritt auf und spricht: Mögen die Menschen in aller Welt von mir sagen, was sie wollen – weiß ich doch, wie übel von der Torheit auch die ärgsten Toren reden -, es bleibt dabei: mir, ja mir allein und meiner Kraft haben es die Götter und Menschen zu danken, wenn sie heiter und frohgemut sind.“

Erasmus von Rotterdam, „Das Lob der Torheit“, 1509.

Anette Schavan (CDU), die Bundesbildungsministerin, hat nichts gemerkt. Sie hätte durchaus das satirische Lob des reformatorischen Aufklärers (s.o.) verdient.

Die Ministerin behauptet nämlich, in zehnjähriger Bilanz des BaMa-Desasters, daß viel mehr Studenten ins Ausland gingen, es gebe mehr internationale Kooperation (mit Griechenland?) und mehr Praxisbezug (zum Arbeitsamt?).

Dabei liegt klar auf der Hand, daß weder die proklamierten Ziele der Deform (Studierbarkeit, Absolventenzahlen, Internationalität, Arbeitsmarkt-Tauglichkeit), noch erst recht aufgeklärte Ansprüche an die Wissenschaften (analytisches Studium, demokratische Lehr- und Lernformen, mündige Persönlichkeiten, problemlösungsorientierter Gesellschaftsbezug) mit der preußisch durchgeführten Umstrukturierung des Studiums gelingen können.

Das Hamsterrad läßt zwar domestizierte kleine Nagetiere in Gefangenschaft weniger verfetten, ist aber alles andere als ein menschliches Fortbewegungsmittel.

BaMa ist gescheitert, nun kann es – und muß es – vernünftig werden.

Das Mindeste ist eine starke Reformierung der gesamten Studiengänge, wie nicht allein die „autistischen Wirtschaftswissenschaften“ deutlich und erforderlich machen. Es muß eine Reform sein, die diesen Namen verdient. Zuerst müssen alle Restriktionen verschwinden, die das sogenannte Studium zu einem Parcours der Angst machen. Ebenso die Hürden zwischen Bachelor und Master müssen dem Erdboden gleichgemacht werden. Die Studiendauer bedarf der Verlängerung. Es ist die Möglichkeit zu schaffen, mit Beginn des Studiums den Master zu studieren. Das alles bedarf einer Finanzierung, die verhindert, die Studierendenzahlen zu senken.

Auf diese Weise sind dann möglich: vertieftes Erkennen, gemeinsames Lernen, kritisches Befragen der Gesellschaft (einschließlich der verantwortlichen Rolle der Wissenschaften darin) sowie die erweiterte Möglichkeit zu hochschulpolitischem Engagement. Freude wird auch dabei sein.

Nicht nur auf diesem Feld sind dem SPD-Senat, der stolz scheint auf die Selbsteinschränkung zu rein verwaltendem Handeln, gehörig Beine zu machen.

Die Arbeit der Vernünftigen ist unverzichtbar.

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Wahrheit und Macht
Ein gespanntes Verhältnis

„Öffentlich beschwören Wirtschaftsbosse Anstand. Doch Bestechung ist gängige Praxis. Konzerne wie Daimler Ferrostaal, MAN oder Siemens schmierten über Jahrzehnte hinweg Politiker, Beamte oder Staatsfirmen im Ausland, um sich lukrative Aufträge zu sichern. (…)

Journalisten können Zugang zur Macht erlangen, solange sie der Macht gewogen bleiben. Anerkennung durch Macht schmeichelt. Damit steigern sie zugleich ihre persönliche Bedeutung und ihren Marktwert, und damit beginnt die Verführung, die kritische Distanz aufzugeben, die sie brauchen, um Macht zu kontrollieren. Kontrolle üben Journalisten nur aus, wenn sie Machtbeziehungen aufdecken und helfen, Sachthemen zu verstehen. Sonst tragen sie bei zur Verschleierung von Macht. Und zur Verdummung, wenn sie politische Kontroversen nicht mehr ergründen, sondern nur noch deren Protagonisten die öffentliche Arena für saftigen Schlagabtausch bereiten.“

Michael Schmitz, „Opportunisten und Illusionskünstler“, „SPIEGEL“ Nr. 35/2012.

 

„Man soll nichts tun, was einem nicht gemäß ist.“

Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.

Was für den Journalismus gilt, gilt ebenso für die Wissenschaften, die Kunst, die Politik und auch das alltägliche Verhalten von Otto Banal und Luise Normal: Wer seinen Verstand und sein Urteilsvermögen davon abhängig macht, von oben gemocht oder nicht schief von der Seite angesehen zu werden, gibt sein Wahrheitsvermögen preis. Willy Wichtig war noch nie ein guter Analytiker. Imponiergehabe und Vorteilsnahme mögen zwar für individuell begünstigend gehalten werden, haben aber die menschliche Zivilisation nicht vorangebracht.

Dabei ist die Alternative recht naheliegend. Alle Welt weiß: Der Kaiser ist nackt.

Ökonomische Spekulationen sind kriegsursächlich, führen zur Verödung der Umwelt, verursachen Hunger und Elend, sind für die wirtschaftliche Entwicklung nicht sinnvoll und ruinieren Staatshaushalte. Darüber gibt es wenig Zweifel. Krieg ist nicht Frieden. Die Fütterung der Banken macht nicht satt.

Dennoch wird von den politisch Verantwortlichen dogmatisch daran festgehalten.

Ein Kurswechsel ist notwendig.

Die Wissenschaften benötigen eine produktive Fächervielfalt, eine gute Betreuungsrelation zwischen Lehrenden und Studierenden, bedarfsgerecht ausgestattete Bibliotheken, hinreichende und intakte Baulichkeiten sowie in allen Bereichen tariflich bezahlte Menschen, die ihre Aufgaben selbstbewußt realisieren.

Nur so ist es möglich, den wohl verstandenen Auftrag „Der Forschung, der Bildung, der Lehre“ auch verantwortlich und uneingeschränkt sinnvoll zu erfüllen.

(Dieser Zusammenhang von bedarfsgerechter öffentlicher Finanzierung bzw. Entwicklung und entfaltbarer nützlicher Tätigkeit gilt selbstverständlich auch für Schulen, Museen, Theater, Krankenhäuser, Kindertagesstätten, Bücherhallen usw.)

Auf diese Weise sind auch die Studienreform (BaMa) und die Redemokratisierung der Hochschulen besser zu verwirklichen.

Mit diesen Zwecken ist „Der Kampf um die Zukunft“ wieder neu aufzunehmen.

Aufklärung ist ohne Engagement nicht zu haben.

Die „Schuldenbremse“ – zumal ohne die forcierte Steigerung der öffentlichen Einnahmen – ist Blödsinn.

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Was auch Stefan Raab kapieren muß
Ungleichheit ist irgendwie doof

„Jeder will letztlich zeigen, was er draufhat. Das halte ich auch für völlig okay. Nur so entsteht Fortschritt.“ (…) „Politik ist aber etwas, das Mehrheiten sucht und braucht – da setze ich an.“ (…) „Ob die nach Sympathie abstimmen oder nach der Stichhaltigkeit der Argumente, ist uns egal.“ (…) „Nennen wir es doch: eine Mischung aus Wettbewerb, Belohnung, Meinungsbildung und Demokratie.“

Stefan Raab über seine neue (politische) Talkshow in „ProSieben“ im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 37/2012, S. 152ff.

 

„Neue Forschungen haben ergeben, dass die Ansicht, das Wirtschaftssystem sei unfair, sowohl Zusammenarbeit als auch Initiative unterminiert.“ (…) „Heute ist in fast allen Industrieländern die Gesamtnachfrage schwach, was zu hoher Arbeitslosigkeit, niedrigen Löhnen, größerer Ungleichheit und letztlich geringerem Konsum führt – wodurch der Teufelskreis geschlossen wird. Die Verbindung zwischen Ungleichheit und wirtschaftlicher Schwäche und Instabilität wird immer stärker erkannt. Es gibt einen weiteren Teufelskreis: Wirtschaftliche Ungleichheit führt zu politischer Ungleichheit und umgekehrt.“

Joseph Stieglitz (Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaft), „Was auch Romney kapieren muss“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 5.9.´12, S. 20.

Warum sollen eigentlich nicht an erster Stelle die triftigsten Argumente zählen? Muß Demokratie vorrangig eine Show-Veranstaltung sein? Wer wird wofür und wodurch – von wem – belohnt? Ist Strafe die automatische Alternative zur Belohnung? Was hat dieses „Spiel“ mit echter Problemlösung respektive der allgemeinen Verbesserung der sozialen Lebensverhältnisse zu tun?

(Herr Raab, Sie sollten darüber nachzudenken beginnen.)

Mindestens neue Forschungen haben ergeben, daß soziale Ungleichheit massenhaft individuell demotiviert, die Ökonomie stagnieren oder gar regredieren läßt und auch die unproduktiven Finanzspekulationen steigert.

Darüber hinaus führt die individuelle Nutzenmehrung keinesfalls zur Mehrung des allgemeinen Nutzens – damit auch nicht zur Mehrung des Nutzens der Mehrheit der Einzelnen. Konkurrenz belebt das Geschäft, aber nicht die (soziale) Kultivierung der Gesellschaft.

Politik, Gesellschaft und Alltagsleben stehen deshalb vor einem Neustart.

Wenn die Reichen enorm stärker besteuert werden – was sie teilweise ja sogar selbst fordern –, können öffentliche Aufgaben (Arbeit, Bildung, Gesundheit, Kultur) bedarfsgerecht gestaltet und entwickelt werden.

Wenn Löhne und Gehälter ein zumindest finanziell würdiges Leben ermöglichen, kann sich auch die gesamte Ökonomie entwickeln.

Wenn die erweiterte Mitbestimmung in Betrieben und öffentlichen Einrichtungen realisiert wird, können Arbeit und soziokulturelles Leben menschlicher und produktiver verwirklicht werden.

Wenn Spekulationen und Banken stärker an die Zügel genommen werden, hat der Staat mehr Einnahmen und das Kapital sucht stärker den Weg in real-ökonomische Investitionen.

Wenn Wissenschaft, Bildung, Kultur und Gesundheit stärkere Wertschätzung – konzeptionell und finanziell – durch die Gesellschaft finden, haben alle etwas davon.

Und, nicht zuletzt: Wenn der Alltag stärker solidarisch entwickelt wird, können diese Ziele und Zwecke Tatsachen werden.

Kooperation belebt das Leben.

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Fortgesetzte allgemeine Verunsicherung
Der geringe Wahrheitsgehalt der CDU

„Kommenden Dienstag, am 18. September, werden Sie siebzig Jahre alt. Denken Sie schon an ein politisches Vermächtnis?

Dafür ist es ein bisschen früh. Meine Generation ist noch im Krieg geboren und dann in einer Zeit [endender Faschismus und Adenauerzeit] aufgewachsen, in der es immer aufwärts ging. Wenn ich sehe, wie sehr sich unsere Lebensumstände verbessert haben, in was für einem Wohlstand und in was für einer Sicherheit wir leben, dass wir jetzt eine stabile Demokratie besitzen: Das alles wäre ohne die europäische Integration nicht gelungen.“

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), im Interview mit der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 16.9.´12, S. 33.

 

„Nach den Erhebungen des Instituts für Demoskopie Allensbach haben sich in den letzten drei Jahren 73 Prozent der Deutschen unter 30 Jahren keine ernsthaften Gedanken gemacht, wie sie ihren Lebensstandard im Alter sichern können. Als Hauptgründe wurden das Gefühl von Planungsunsicherheit und die Komplexität des Themas genannt. 57 Prozent geben daher derzeit nichts für die Altersvorsorge aus.“

Bettina Beeger und Daniel Mohr, „Rundum verunsichert“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 15.9.´12.

 

„Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen: eine, wenns ihm gut geht, und eine, wenns ihm schlecht geht.

Die letztere heißt Religion.

Der Mensch ist ein Wirbeltier und hat eine unsterbliche Seele, sowie auch ein Vaterland, damit er nicht zu übermütig wird.“

Kurt Tucholsky, „Der Mensch“, 1931.

Hätte der eifrige Bundesfinanzminister vor seinem Interview aufmerksam dieselbe „FAZ“ gelesen, mit der er spricht oder ernsthaft seiner Kabinettskollegin Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (ebenfalls CDU) zugehört bzw. Glauben geschenkt, wäre ihm möglicherweise eine solche (absichtlich?) fahrlässige Äußerung – vulgo: es ginge uns noch nie so gut wie heute – nicht über die deutschen Lippen gerutscht.

Die allgemeine Verunsicherung hat strukturelle und benennbare wie benannte Gründe: Die soziale Ungleichheit ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Im offiziellen vierten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung (Schäubles „eigenes“ Haus) kommt zum Ausdruck, daß beispielsweise der private Besitz zwischen Anfang 1992 und Anfang 2012 von fast 4,6 auf ca. 10 Billionen Euro gestiegen, also mehr als verdoppelt worden ist. Im selben Zeitraum ist das Vermögen des Staates um mindestens 800 Milliarden Euro minimiert worden.

Das liegt daran, daß in den letzten 20 Jahren mit Nachdruck politisch (auch kulturell und „wissenschaftlich“) betrieben worden ist, Kapitalsteuern und Löhne zu senken, öffentliches Eigentum für einen Appel und ein Ei zu veräußern und öffentliche Aufgaben (Gesundheit, Bildung, Soziales, Kultur) schmerzhaft zu minimieren und dem Diktat der (ideologischen) Betriebswirtschaft zu unterstellen. Jetzt haben wir den welken Salat. Und die Verunsicherung. Und keinen Plan der – dafür verantwortlichen – Administratoren.

Da ist es zumindest grob wahrheistwidrig, wenn von konservativer Seite (mit Kriegs- und Nachkriegserfahrung „begründet“) behauptet wird, es sei uns noch nie so gut gegangen wie heute.

In diesem Falle ist wieder einmal bewiesen, daß die Wahrheit doch am besten weiterführt.

Wenn denjenigen, die die offenkundigen Tatsachen leugnen oder von ihnen ablenken, nicht mehr vertraut wird, sondern dem eigenen kritischen Urteilsvermögen, dann ist schon der erste entscheidende Schritt getan, das materielle Vermögen einer Gesellschaft auch für die Allgemeinheit bzw. für eine positive soziale und kulturelle Entwicklung einzusetzen.

Übrigens: Hamburg gilt in der Bundesrepublik Deutschland als die Stadt mit den meisten Millionären. Progressiver Wandel ist alles andere als eine Schande.

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Wie sozial ist Grün?
Einige Anmerkungen zu einem Täuschungsmanöver

„Die Grünen im Bundestag schlagen eine Vermögensabgabe vor, die allein dem Schuldenabbau dient. (…) Materielle Ungleichheit ist im Zusammenhang mit Wettbewerb und Motivation in gewissem Maß förderlich für den Wohlstand aller. Doch extreme Ungleichheit ist volkswirtschaftlich unvernünftig. (…) Die öffentliche Handlungsfähigkeit und die Grundlagen des Gemeinwesens sind bedroht. Es ist im langfristigen Interesse auch der Erfolgreichen in unserer Gesellschaft, diese Grundlagen zu erhalten.“

Jürgen Trittin, „Ein fairer Anteil“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 23.9.´12, S. 9.

 

„Wir von Gottes Ungnaden Tagelöhner, Leibeigene, Neger, Fronknechte etc.“ (240)

Georg Christoph Lichtenberg, „Sudelbücher“, Heft K, 1793-1796.

Die Grünen (nicht nur) im Bundestag sind, laut Jürgen Trittin, eine staatstragende, eine Systemerhaltungs-, eine Haushaltskonsolidierungs- und damit auch eine Problemverlängerungspartei.

Die Massenerwerbslosigkeit, die hohe Zahl von prekären Beschäftigungsverhältnissen, die „Generation Praktikum“, Depressionen und Burn-Out, die anhaltend gegenwärtige Zukunftsunsicherheit; die Zerstörung öffentlicher Einrichtungen (Gesundheit, Bildung, Soziales, Kultur) – auch die Kriegseinsätze – werden bei diesem Minimal-„Konzept“ ausgeblendet.

Stattdessen werden Konkurrenz und soziale Ungleichheit („in gewissem Maß“) als motivierend empfohlen und die Grünen als Garant der Interessen „der Erfolgreichen in unserer (sic!) Gesellschaft“ angepriesen.

Die notwendige und mögliche Verbesserung der allgemeinen sozialen und kulturellen Lebensbedingungen für die Mehrheit der Menschen in der – solidarisch zu entwickelnden – eigentlich reichen Gesellschaft werden reduziert auf die Erhebung einer Vermögensabgabe zur Konsolidierung des Haushalts.

Legitimiert wird diese offenkundige Bescheidenheit mit sogenannten intakten Staatsfinanzen, vermeintlicher volkswirtschaftlicher Vernunft, mit dem Zwang zum sozialen Wettbewerb, mit der Anspannung der „Tüchtigen“, und der Akzeptanz durch die Reichen und (wahrscheinlich eher nicht) Schönen.

Damit können sich die Grünen ohne den Tadel des Kapitals und seiner Befürworter einreihen in den Club der Harmlosen. Auf diese Weise ist Rot-Grün keine Alternative zu Schwarz-Gelb und wird es, nach den so wahrscheinlichen Wahlergebnissen im nächsten Jahr, auch nicht werden.

Insofern ist dieser Täuschung, die auch eine gehörige Selbstüberschätzung ist, nicht zu trauen.

Grün ist nicht an den gesellschaftlichen Bedürfnissen des Menschen orientiert.

Für eine solidarische Entwicklung der Gesellschaft, für menschenwürdige Bedingungen und Möglichkeiten ist also noch einiges zu unternehmen.

Alle haben die Möglichkeit, sich für Verbesserungen zu engagieren.

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Jakobinersperling