Sommersemester 2013

Flugblätter

Zeitung zum Semesteranfang Sommersemester 2013

Hetzen, Träumen – Widerstehen?
Zum Umgang mit der Zeit und den Mitmenschen

„Herr Grünewald, aus Ihren Tiefeninterviews mit Tausenden von Deutschen haben Sie den Schluss gezogen: Das Land ist vollkommen erschöpft: Woher kommt das?

In unseren Untersuchungen äußern immer mehr Menschen das Gefühl, dass unsere Gesellschaft mit ihrem ‚Höher! Schneller! Weiter!‘ am Ende ist. Aber so gut wie niemand hat eine Vorstellung, was danach kommen könnte. Wir konstatieren also eine Zukunfts-Ungewißheit, die den Menschen Angst macht und dazu führt, dass viele in ihrem Alltag auf Autopilot schalten. Sie wollen funktionieren, um irgendwie durch diese Krise zu kommen. Diese Tendenz haben wir nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch in der Freizeit. Alles wird durch- geplant und kontrolliert, mit unseren Smartphones sind wir gleichzeitig auf vielen Hochzeiten unterwegs, was dazu führt, das wir abends völlig erschöpft ins Bett fallen.“

Der Psychologe Stephan Grünewald im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“), 31.3. ́13, S. 52.

 

„Der Schafspelz, den ich umgehängt
Zuweilen, um mich zu wärmen,
Glaubt mir's, er brachte mich nie dahin,
Für das Glück der Schafe zu schwärmen.“

Heinrich Heine, „Deutschland – Ein Wintermärchen“, Caput XII, 1844.

„Revolution des Viaductes“, Paul Klee, 1937.

Bachelor/Master (bulimisches Lernen), Hartz IV (Demütigung nach Gesetz) und die Auslandseinsätze der Bundeswehr (Krieg für Öl etc.) haben sich als falsch erwiesen.

Das Arbeits- und Gesellschaftsleben ist durch äußerliche Anforderungen, Hetze und eine relative Gleichgültigkeit und Oberflächlichkeit geprägt.

Der Psychologe Stephan Grünewald empfiehlt dagegen Entschleunigung, Muße und Träume.

Nun sind Bremsen des Wahnsinns, Nachdenklichkeit sowie Traumbilder als mentale Korrekturen von Demütigungen sicher nicht verkehrt.

Zu empfehlen ist darüber hinaus aber – besonders: statt Flucht –, die Gründe für die allgemeinen und besonderen Übel zu erkennen und damit zu beginnen, diese mißliche Lage gemeinsam zu verändern. „Höher! Schneller! Weiter!“ ist nicht der Sinn des Lebens. Kriege aller Art sind zu beenden.

Das Militärische in der Gesellschaft wirkt zerstörerisch, bindet zivile Kapazitäten und deformiert die Kultur. Das Prinzip Hartz IV schafft keine (sinnvolle) Arbeit und drängt die Getroffenen zu Schuldigen. Bachelor und Master haben wenig mit Wissenschaftlichkeit, Lernfreude, gesellschaftlicher Verantwortung und kooperativer Persönlichkeitsentwicklung zu tun. Die „Schuldenbremse“ ist ein Instrument zur Fütterung der Banken sowie zur Reduzierung öffentlicher Aufgaben und Einrichtungen (Gesundheit, Soziales, Bildung, Kultur).

Aus diesen politisch kalkulierten Deformationen rühren Bedrängung und Verdruß.

Wer diese Zusammenhänge wahr und ernst nimmt, kann ihnen – mit anderen – kritisch, zunehmend heiter und wirksam begegnen.

Immer mehr Entwicklungen machen deutlich, daß das System Tina („There is no alternative“, Margret Thatcher und andere) an sein Ende gekommen ist.

Die Alternative ist widerstehend, solidarisch und befreiend: menschlich.

Noch einmal Heine: „Der Gedanke geht der Tat voraus wie der Blitz dem Donner.“

„Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“, Drittes Buch, 1835.

„Veränderungen beginnen ...“

Das Ende von „ABK“ ist der Beginn gesellschaftlicher Verantwortung
Über die Richtung der Reform

„Zur verbesserten Anbindung der fachwissenschaftlichen universitären Ausbildung an die Arbeits- und Berufswelt wurden an der Universität Hamburg die ‚Allgemeinen Berufsqualifizierenden Kompetenzen‘ (ABK) als verpflichtender Studieninhalt in den Bachelor- und Masterstudiengängen eingeführt. Sie dienen in diesem Sinne der Berufsorientierung, der Gewinnung erster Berufspraxis sowie dem Erwerb und dem Training berufsrelevanter Schlüsselqualifikationen.“

„Was ist ‚ABK‘?“, Homepage des Fachbereiches Geschichte.

 

„Im Wintersemester 2012/2013 wurden vom Fachbereich Geschichte und der Fakultät für Geisteswissenschaften umfassende Änderungen für den ABK-Bereich beschlossen. Zum Wintersemester 2013 werden – vorbehaltlich der Genehmigung – neue Fachspezifische Bestimmungen für das Bachelor-Studium der Geschichte in Kraft treten, in denen die bisherigen ABK-Veranstaltungsformate weitgehend entfallen bzw. in andere Formate überführt werden.“

„ABK-Reform am Fachbereich Geschichte“, Homepage des Fachbereiches Geschichte.

 

„An diesem Samstag endet in Tunis das elfte Weltsozialforum, bei dem 40.000 Teilnehmer aus 120 Ländern über neue Formen des weltweiten Lebens diskutiert haben. Unter dem Oberthema ‚Würde‘ boten 4.500 Organisationen über 3.000 Veranstaltungen an, in denen die ganze Bandbreite sozialer Gerechtigkeit zur Diskussion stand: Menschenrechte, Migrationspolitik, Umweltschutz, Entwicklungspolitik.“

Anette Steinich, „In Tunis geht das Weltsozialforum zu Ende“, „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“), 1.4.'13.

Die sogenannten Allgemeinen Berufsqualifizierenden Kompetenzen („ABK“) sind konzentrierter Bestandteil einer umfassenden Studiendeform:

Leidbild dieser neoliberalen Politik ist bzw. war der willige und formbare Marktmensch, der dem Shareholder-Value (Aktienkurs) dienlich ist. Zu den weiteren Instrumenten gehörten Studiengebühren, Zweiteilung des Studiums (BaMa), Entdemokratisierung der Uni sowie eine Entpolitisierung und Enthistorisierung der Studieninhalte. Alles sollte nach Markt, Konjunktur und Nachfrage der sogenannten Arbeitgeber gehen. Diese Zeit ist nun vorbei.

Die Studiengebühren sind (fast vollständig) abgeschafft; die Verlagerung der Uni in den Hafen konnte abgewandt werden; Bachelor und Master werden reformiert (Abbau von Zwang, wirkliches Lernen); der Ausbau demokratischer Strukturen ist angestrebt; der sozial verantwortliche Bezug der Wissenschaften zur Gesellschaft ist zunehmend in der Diskussion.

Damit ist durch die kritischen Auseinandersetzungen mit den neoliberalen Deformen eine neue Etappe der Wissenschaftsentwicklung – nicht zuletzt für bessere soziale und kulturelle Bedingungen – in der Gesellschaft eingeleitet.

Auch große humane Bewegungen wie das Weltsozialforum geben dieser Entwicklung allgemeine und konkretisierbare Maßstäbe: Frieden, internationale Solidarität, zivile soziale Entwicklung, demokratische Teilhabe, kulturelle Entfaltung und die Einheit von verantwortlicher Persönlichkeitsentwicklung und gesellschaftlicher Emanzipation sollten die Wegsteine des weiteren Vorankommens sein.

In dieser Aussicht kann und sollte „ABK“ eindeutig in eine – zwang- und angstfreie – Qualifikation zur Kritik und kooperativen Teilnahme zwecks Weltverbesserung umgewandelt werden.

Dieser Aufbruch wird nicht konfliktfrei sein, aber:

„Wir sollten nur ein solches Leben und solche Kriege führen, die des Geistes sind.“

Heinrich Mann, „Die Bücher und die Taten“ 1918 (!).

Dies academicus 2013
Gesamtuniversitärer Tag zur Hochschulentwicklung

23. April 2013, ab 9 Uhr
(Ort wird noch bekanntgegeben)

Mit welchem Sinn und Ziel für Gesellschaft und
Wissenschaft betreiben wir die Studienreform?

Drohnen –
gnadenlose Technik für humane Kriegführung?

„Bei dieser Zukunftstechnologie muss Deutschland dabei sein. Wir können nicht sagen, wir bleiben bei der Postkutsche, während alle anderen die Eisenbahn entwickeln. Das geht nicht. (...) Wir Deutschen wissen, was Flächenbombardements sind. Wer Kollateralschäden in der Zivilbevölkerung vermeiden will, wer nicht will, dass wir Unbeteiligte gefährden, der muss Waffensysteme entwickeln und einsetzen, die nicht flächig, sondern gezielt wirken. Ich halte das ethisch eher für einen Fortschritt als für einen Nachteil.“

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am 31. Januar 2013 im Bundestag aus Anlaß der aktuellen Stunde zum Thema „Ausrüstung der Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen“.

Die Ostermarschierer protestierten dieses Jahr insbesondere gegen Waffenexporte und Kampfdrohnen, deren Einsatz die Bundesregierung jetzt plant. „Deutschland“ hat Angst, international abseits zu stehen, und erneut wird zynisch die Verdrehung der deutschen Geschichte bemüht, um eine neue Qualität der Kriegführung zu legitimieren. Behauptet wird, „gezieltes Töten“ sei möglich und ethisch ein Fortschritt, weil es die „eigenen“ Soldaten und die Zivilbevölkerung schütze. (Die Entwicklung von Drohnen ist eben auch eine Antwort auf die Kritik und Kriegsmüdigkeit der Bevölkerungen.) In Wirklichkeit wird durch die technische Weiterentwicklung die Schweinerei zum Prinzip erhoben: Der staatlich organisierte Mord soll leichter möglich und effektiver gemacht werden.

Schon heute sind Drohnen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen im Einsatz – vom Zählen von Pinguinen in der Antarktis über Überwachung von Sportereignissen und Demonstrationen bis hin zur Verhaftung von MigrantInnen und anderen „Asozialen“. Entscheidend ist aber die militärische Nutzung der Technologie. Die US-Administration tötet per Knopfdruck seit vielen Jahren völlig willkürlich außerhalb von Völkerrecht und Kriegsrecht (es wird nicht einmal der Krieg erklärt) Menschen auf puren Verdacht. Auch die EU will mitziehen: Der Thinktank „Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien“ schwadroniert von Absperrmaßnahmen der Grenzschutzagentur Frontex, um „die Reichen von den Spannungen und Problemen der Armen abzuschirmen“.

Es geht auch hier um die imperialistische Ausweitung von Einflußsphären (früher Kolonien genannt), die Kontrolle über Rohstoffe und Transportwege und die Einschüchterung der Bevölkerung(en). Und um todsichere Geschäfte: Der „Sicherheitsmarkt“ ist extrem profitschwer. Jährlich legt die EU milliardenschwere Programme zur Erforschung und Herstellung neuer Waffensysteme auf, damit die Rüstungsindustrie auch was davon hat.

Weltweit sind Drohnen gesellschaftlich hoch umstritten, weil der Krieg umstritten ist und Abrüstung und politische Konfliktlösungen auf der Tagesordnung stehen.

Die US-amerikanische Friedensbewegung macht schon lange gegen die neokoloniale Anmaßung der Killerwaffen mobil, der Widerstand dagegen wächst.

Auch Wissenschaftler setzen sich mit den destruktiven Folgen auseinander. So zeigen z.B. Forscher der Stanforder und der New Yorker Universitäten in einer umfassenden Studie (www.livingunderdrones.org), daß in der pakistanischen Provinz Waziristan die permanente Drohnen-Drohung unter Zivilisten zu posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen sowie massiven Einschränkungen von Bildung, Wirtschaft und sozialen Aktivitäten führt. Im „International Committee for Robot Arms Control“ haben sich internationale Politikwissenschaftler, Informatiker, Friedensforscher und Philosophen, auch aus der BRD, zusammengefunden und warnen vor einer gefährlichen Automatisierung der Waffentechnologie.

Angesichts der Proteste aus Friedensbewegung, Friedensforschung und Kirchen bekommt mittlerweile selbst die CDU Angst vor den Drohnen – als Wahlkampfthema.

Das kritische Engagement sollte also ausgeweitet werden. Drohnen haben keine Zukunft, Friedenswissenschaft hingegen schon. Die Universität hat hier eine sehr aktuelle wissenschaftspolitische Herausforderung.

Unter www.drohnen-kampagne.de kann gegen Drohnen unterschrieben werden.

Die Liste Links trifft sich Freitags um 15 Uhr, im studentischen Café Subkultur-Paranoia der Erziehungswissenschaft am Uni-Campus (Im Souterrain des schwarzen Würfels).

Tatsächliche Eigenverantwortung
oder
Jeder ist Gesellschaft

„Wer grundlegende Probleme mit der Bundeskanzlerin und ihrer Politik hat, wird auch bei Steinbrück nicht glücklich.“

Wolfgang Münchau, „Der falsche Vorwurf“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 14.11.´12., S. 20.

 

„Man wird sagen, es sei recht wenig, was das einzelne Individuum seinen Kräften gemäß zu ändern vermag. Was nur bis zu einem gewissen Punkt stimmt. Denn der einzelne Mensch kann sich mit all denen zusammenschließen, die dieselbe Veränderung wollen, und wenn diese Veränderung vernünftig ist, kann der einzelne sich in einem imponierenden Ausmaß vervielfachen und eine Veränderung erzielen, die viel radikaler ist, als es auf den ersten Blick möglich erscheint.“

Antonio Gramsci, „Gefängnishefte“, Heft 10 (1932-1935), § 54, „Einführung in das Studium der Philosophie. Was ist der Mensch?“.

Bücher

„Wenn der Mensch
von den Umständen
gebildet wird, so muß
man die Umstände
menschlich bilden.“

Karl Marx/Friedrich Engels,
„Die heilige Familie“
1844/45, MEW 2, S.138.

Der Neoliberalismus ist am Ende, auch wenn er (noch) mit Macht betrieben wird.

Aus puren Vernunftgründen wäre die Sache ganz einfach: Der Staat zieht sich aus allen Kriegen zurück, unterläßt ebenso weitere; es werden mehr Steuern – bei wem, ist klar – eingezogen und die öffentlichen Einrichtungen (Gesundheit, Bildung, Soziales, Kultur) werden bedarfsgerecht finanziert; die Banken werden streng reguliert; flächendeckender, ausreichender Mindestlohn wird eingeführt, die Erwerbslosenversicherung wird menschenwürdig gestaltet.

Da dies nicht so ist und von den meisten Parteien nicht vertreten wird, kommt es auf das Engagement der Mehrzahl an. Für bessere gemeinsame Lebensbedingungen.

Die Wissenschaften können und sollten zur Zivilisierung und Kultivierung der Gesellschaft einen rationalen Beitrag leisten. Darauf kommt es an.

Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.

Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich auf Dauer niemand entziehen.

„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“

Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.

Die Gesellschaft
oder
Das Ende der Alternativlosigkeit

„Es gibt keine Gesellschaft. Es gibt nur Individuen und Familien.“

Margaret Thatcher.

 

„Hunderttausende von Jahren – in der Geschichte der Erde nicht mehr als eine Sekunde im Menschenleben – sind sicher vergangen, ehe aus dem Rudel baumkletternder Affen eine Gesellschaft von Menschen hervorgegangen war. Aber schließlich war sie da. Und was finden wir wieder als den bezeichnenden Unterschied zwischen Affenrudel und Menschengesellschaft? Die Arbeit. (...) Je mehr die Menschen sich aber vom Tier entfernen, desto mehr nimmt ihre Einwirkung auf die Natur den Charakter vorbedachter, planmäßiger, auf bestimmte, vorher bekannte Ziele gerichteter Handlung an.“

Friedrich Engels, „Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen“, 1876.

Die meisten Kommentatoren befleißigen sich, die Haltung der verstorbenen Konservativen zu loben. Zweifellos: Sie war eine Kriegerin. Das ist auch eine Haltung.

Die Politik von Margaret Thatcher bestand wesentlich in der empfindlichen Reduktion des Sozialstaates, der Privatisierung öffentlicher Aufgaben und Unternehmen (British Airways, British Telecom, British Petroleum, öffentlicher Wasserwerke [Verteuerung des Wassers innerhalb von 10 Jahren um 46 Prozent]), Bekämpfung und Einschränkung der Gewerkschaften und Kriegführung (Falkland Inseln). „There is no alternative!“ geriet zum Kampfmotto der „Eisernen Lady“.

Dieser kriegerische Neoliberalismus geriet zum Musterbeispiel europäischer Politik – ähnlich auch der Regierungspolitik von Ronald Reagan zeitgleich in den USA –, die ebenso, in gemäßigter Form, von der gegenwärtigen Bundesregierung betrieben wird.

Auf diese Weise wurden wertvolle soziale, kulturelle und demokratische Errungenschaften zerstört und (nicht nur) hoch entwickelte Industriegesellschaften in eine tiefgreifende Krise gebracht.

Die Doktrin der Diktatur des Marktes ist aber an ihr Ende geraten – nicht nur, weil die dadurch entstandenen Probleme immer größer geraten und durch die Fortsetzung marktfrommer Politik nicht mehr gelöst werden können, sondern auch durch den deutlich wachsenden Widerstand bzw. wieder wachsende Ansprüche der Menschen auf ein würdevolles Leben.

In fast allen gesellschaftlichen Angelegenheiten ist das Gegenteil der sogenannten Alternativlosigkeit richtig: Die Beendigung von Kriegen, Rüstung und militärischem Denken; die Erhöhung von Steuern und Löhnen; Arbeit, Bildung und Kultur für Alle; der Sozial- statt des Ordnungsstaates; die strikte Regulierung der Banken; der Ausbau demokratischer Beteiligungsmöglichkeiten; das Denken in menschlichen Kategorien, Solidarität und die Freude am Dasein stehen auf der politischen Tagesordnung.

Der Frost weicht angenehmeren Tagen. Die Bewegungsfreiheit nimmt zu. Neue Möglichkeiten sind nutzbar. Je mehr die Menschen sich vom Neoliberalismus entfernen,

Im Spaß und im Ernst:
Das Konservative bleibt ein Problem

SPIEGEL: Als Sie in der JU [Jungen Union] waren, wusste man, wofür die Union stand. Heute werden die Stammwähler irre an den Kursschwenks der Kanzlerin. Ist die CDU noch eine christlich-konservative Partei?

Bouffier: Die CDU ist eine christliche, eine liberale, eine soziale und auch eine konservative Partei. Früher waren eben die Glaubenswerte einfacher. Erstens: Der Russe darf nicht kommen. Zweitens: Die Sozis können nicht mit Geld umgehen. Und Drittens: Wir stellen den Kanzler. Diese Botschaften sind zum Teil Vergangenheit, und die Milieus, die Sie damit begeistern konnten, haben sich weitgehend aufgelöst. Die Zeiten ändern sich. Konservativ ist kein starrer Begriff. Für mich gilt nach wie vor das Wort von Franz Josef Strauß: ‚Konservativ heißt nicht nach hinten blicken, konservativ heißt an der Spitze des Fortschritts marschieren.‘“

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), im „SPIEGEL-GESPRÄCH“, „SPIEGEL“ Nr. 16/2013.

 

„Von dem Augenblick an, wo eine Religion bei der Philosophie Hülfe begehrt, ist ihr Untergang unabwendlich. Sie sucht sich zu verteidigen und schwatzt sich immer tiefer ins Verderben hinein.“

Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“, Zweites Buch, 1835.

„Was wir hier in diesem Land brauchen, sind mutige Bürger, die die roten Ratten dorthin jagen, wo sie hingehören – in ihre Löcher.“

Franz-Josef Strauß, DIE WELT, 23. September 1974

Der prägnante CSU-Politiker Franz Josef Strauß, FJS, (1915-1988), das geistig-moralische Vorbild von Herrn Bouffier, verstand unter „Fortschritt“ am ehesten die Atomkraft, die Rüstungsindustrie sowie eine derbe Machtpolitik, die auch immer wieder härteste Verunglimpfungen politischer Kontrahenten (siehe Kasten) beinhaltete. (So betrieben, ist Politik in der Tat ein „schmutziges Geschäft“.) Wenn der hessische Ministerpräsident sich heute ungebrochen auf FJS beruft, geht er eher in Richtung „Tea Party“ als in Richtung des amtierenden US-amerikanischen Präsidenten – zumal die Bewegung „an der Spitze des Fortschritts“ nicht unbedingt das Marschieren sein muß.

Die CDU hat als sogenannte Volkspartei allerdings einige Schwierigkeiten: Sie muß vertuschen, daß durch ihre Politik die Kluft zwischen Arm und Reich in dieser Republik größer geworden ist. Sie will nicht ans Licht kommen lassen, daß Kriege wirklich Kriege — für Rohstoffe, Absatzmärkte und Verkehrswege — sind. Sie muß verbergen, daß die Austeritätspolitik gegenüber z.B. Griechenland und Zypern den Banken sowie dem bundesdeutschen Staatshaushalt nützt und den Volkswirtschaften bzw. den Bevölkerungen der betroffenen Länder empfindlich schadet.

Sie kommt mit ihrem schwer anachronistischen Menschen- und Familienbild von „Vater-Mutter-Kind“ stark ins Schlingern. Die wahrhaft konservative Deutschlandpartei ist auch wenig auf der Höhe der Zeit, wenn sie de facto Menschen aus anderen Ländern regelmäßig als minderwertig abtut. Ebenso sind ihre tradierten hierarchischen Vorstellungen von Ordnungspolitik (auch: Bundeswehreinsatz im Innern) nicht vereinbar mit demokratischen Grundsätzen, wie sie verbindlich im Grundgesetz gefaßt sind.

Kurz um: Die CDU hat, bei allem Kreideverzehr, wenig mit sozialem, kulturellem, demokratischem und auch geistigem Fortschritt zu tun. Sie ist also ein fortgesetztes Problem.

Dagegen helfen nur Aufklärung, Opposition und nicht enden wollende Heiterkeit.

Das ist Fortschritt.

Der „Hoeneß in uns allen“?
Eine Spielanalyse

„Jungens, die im Fußball etwas werden wollen, müssen schon in relativ niedrigen Spielklassen eine Grundsatzentscheidung treffen: Will ich auf dem Platz immer blitzsauber bleiben und gegen keine Regel verstoßen? Oder will ich gewinnen? Wer sich für Variante eins entscheidet, rückt vielleicht in der Kirche nach vorne, aber vermutlich nicht in der Tabelle. (...) In dieser Hinsicht ist die Politik dem Fußball ähnlich. Auch hier zählt nicht das faire Spiel am meisten, sondern der Sieg. Auch hier gilt, dass ein Verstoß gegen die Regeln oder zumindest ihre externe Ausdehnung vor allem danach bewertet werden, ob am Ende ein Erfolg oder eine Strafe stehen. Dabei kann sogar der persönliche Erfolg auf Kosten der eigenen Mannschaft angestrebt werden. (...) Nicht zuletzt deswegen verstehen sich Politiker und Fußballer oft gut, sie wissen, dass sie nach denselben Regeln spielen. Angela Merkel ist eine Anhängerin des FC Bayern. Sie bewundert die wirtschaftliche Leistung des Clubs, also die Arbeit von Uli Hoeneß.“

Eckart Lohse, „Foulspiele“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 28.4.'13, S. 10.

 

„Die einen haben das ‚Recht‘ , für das Vaterland sterben zu dürfen, andre ‚dürfen‘ zu Hungerlöhnen arbeiten – wobei dann wieder andre die saure Pflicht haben, vierundzwanzig Aufsichtsratsposten bekleiden zu müssen.“

Kurt Tucholsky, „...zu dürfen“, 1930.

Irgendwie ist da so alles mit allem verwoben: Die Merkel mag den Hoeneß, der Hoeneß die Merkel; Erfolg liebt Erfolg. Auch liebt Geld Geld. Im Aufsichtsrat von Bayern München sitzen hochrangige Vertreter von Adidas und Audi; die Spitzen des Vereins sind eng mit der bayerischen Staatskanzlei verbandelt. – Und weil die Steuerverpflichtungen für reiche Leute ohnehin immer geringer geworden sind, haben diese Leute umso weniger Neigung, diesen auch ordnungsgemäß nachzukommen. Da dies aber in der zunehmend aufmerksamen Öffentlichkeit immer mehr aufstößt, kommt es zu immer mehr Selbstanzeigen, damit Schlimmeres (z.B. regelgerechter Einzug oder gar Erhöhung der Steuern für allgemeine Aufgaben) verhütet wird.

Da nützt es auf Dauer also wenig, wenn sich in diesem Fall Uli Hoeneß reuig zeigt und meint, seine Krankheit sei nun geheilt. Die Steuerhinterziehung, die Zockerei bzw. die klammen öffentlichen Kassen sind ein strukturelles Problem. Allein in Hamburg haben sich seit 2010 nach den Angaben der Finanzbehörde 1.100 sogenannte Steuersünder selbst angezeigt und Zinserträge in Höhe von 372 Millionen Euro zugegeben. Dabei fehlen (nicht nur) in Hamburg genügend Steuerfahnder. Man geht davon aus, daß jede Person mit dieser – in diesem Bereich – sinnvollen Aufgabe jährlich ca. eine Million Euro für die Staatskasse erbrächte. – Womit noch nicht die Möglichkeiten realisiert sind, die zu Zeiten Helmut Kohls oder gar vorher verwirklicht wurden.

Stattdessen leiden Straßen, Wege, Hochschulen, Schulen, Kindergärten, Kultur- und Sozialeinrichtungen etc. – also die meisten Menschen – unter den Zumutungen der „Schuldenbremse“, die jährliche Kürzungen allein in der Differenz zwischen Teuerung und den 0,88 Prozent jährlicher Etatsteigerung dieses politischen Folterinstruments gnadenlos zur Folge hat – wobei von den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen respektive den entsprechenden öffentlichen Einrichtungen noch nicht die Rede ist.

Wir müssen also ein anderes Spiel spielen. Ohne Fouls und Täuschungen, demokratisch, sozial und kulturvoll. Ein X ist kein U.

„Wenn Du die Kunst genießen willst, mußt Du ein künstlerisch gebildeter Mensch sein; wenn Du Einfluß auf andre Menschen ausüben willst, mußt Du ein wirklich anregend und fördernd auf andre Menschen wirkender Mensch sein.“

Karl Marx, „Ökonomisch-philosophische Manuskripte“, 1844, Marx-Engels-Werke (MEW), Erg.-Bd. 1, S. 567.

Nie genug „Markt“:
Die Cowboys von der FDP

„Das liberale Programm der Selbstbestimmung und des Verantwortungsgefühls, der Marktwirtschaft und Rechtsstaatlichkeit und der Begrenzung von Staatseingriffen und Umverteilung ist also alles andere als ‚Mainstream‘, aber umso notwendiger.“

Christian Lindner, stellvertretender Vorsitzender der FDP, im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“), 3.5.'13, S. 4.

 

„Die soziale Radikalkur, den ‚flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn‘ der Sozialdemokraten, Grünen [beide 8,50 Euro die Stunde] und der Linkspartei [10,- Euro die Stunde mit Steigerungspotenz], lehnt die FDP noch immer strikt ab.“

Ulrich Schmid, „Rösler gewinnt den Streit um den Mindestlohn“, „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“), 6.5.'13.

 

„Die individualistische Anarchie hat zwei Gesichter. Für die Reichen und Mächtigen bedeutet sie die Überlegenheit von Profit über Gesetz und Staat. Weil Gesetz und Staat gekauft werden können, aber auch weil sie, selbst wenn sie nicht käuflich sind, verglichen mit Selbstsucht und Profit keine Legitimität besitzen. Für diejenigen, die weder über Reichtum noch über Macht verfügen, repräsentiert die Anarchie des Individuums Unabhängigkeit – und das Recht des kleinen Mannes, sich Respekt zu verschaffen und zu zeigen, was er kann.“

Eric Hobsbawm, „Alleine reiten *Anarchie*Von den Groschenheften bis zu Ronald Reagan – warum der einsame Cowboy zu einer mythischen Figur wurde“, aus dem Essayband Fractured Times (2012), zit. nach: „Freitag“, 2.3.'13, S. 12.

Die FDP hatte Parteitag und will wieder in den Bundestag und in die zentrale Regierung.

Nach Aussage von Herrn Lindner hätten sich Rainer Brüderle (Zechbruder) und Philipp Rösler (Ministrant) – beide „mitfühlend“ – „gefunden“.

Die Herren – und Damen – von der FDP verbindet ohnehin recht simpel: Gewinne, Gewinne, Gewinne – und Konkurrenz, bis die Schwarte kracht. (Deshalb streiten sie sich auch häufig so heftig, ohne daß jemand ahnt, warum eigentlich.)

Wenn jemand fordert, der Arbeiter und die Arbeiterin sollen auch einen Lohn erhalten oder das Kapital tatsächlich Steuern zahlen, damit die Menschen einigermaßen würdig leben können und damit die soziale und kulturelle Infrastruktur nicht verrottet, halten sie das gleich für „Sozialismus“ und verlieren – Stecktuch hin, Stecktuch her – sogleich die Contenance.

So fordert Herr Lindner (s.o.) auch neben der „Schuldenbremse“ im Grundgesetz ohne jeglichen Skrupel die „Steuerbremse“,– womit die Würde des Menschen und das Sozialstaatsgebot (auch die Sozialverpflichtung des Eigentums) grundrechtlich gewissermaßen hinfällig wären.

Auf diese Weise entwickelt sich diese Partei genauso hinfällig wie der deregulierte, spekulative, anti-soziale, kriegerische und lächelnd beißende Kapitalismus.

Diese Partei ist also ernst zu nehmen und deshalb nicht wählbar. Ihr Programm bedeutet die Fortsetzung des Elends. Die FDP repräsentiert objektiv ein Prozent der Bevölkerung. Ein solches Quantum hat sie eigentlich auch als Wahlergebnis verdient.

Frieden, Fairneß, Freude; sozialer Fortschritt, kulturelle Entfaltung; demokratische Partizipation; Bildung für Alle und ein gediegener Meinungsstreit sind mit ihr nicht zu haben.

Die „Schuldenbremse“ und – erst recht die „Steuerbremse“ – sind schädlich und darum unsinnig.

Entscheidung
Man macht sich so seine Gedanken

„Schlechte Nachrichten gehören zu unserem Alltag, doch die Intensität ist neu. Viele leiden unter dem Eindruck, dass immer mehr von ihnen in immer kürzeren Abständen auf sie einprasseln. Und sie treffen auch auf jüngere Rezipienten, die selbst auf schwankendem Grund stehen. Als die Internationale Arbeitsorganisation vor kurzem in Genf ihren Trendbericht vorstellte, stand darin ein beunruhigender Satz: Das Wohlergehen einer ganzen Generation sei gefährdet. (...) Die Etiketten, die hierzulande der jungen Generation angeheftet werden, lauten nicht zufällig Generation Altersarmut, Generation Praktikum oder Generation Zeitvertrag.“

Melanie Mühl, „Der permanente Alarmzustand und seine Folgen für die Seele“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 14.5. ́13, S. 25.

 

„Sie [Angela Merkel (CDU)] macht eine Krisenpolitik, die sie für ‚alternativlos‘ erklärt, und die SPD glaubt ihr das und folgt in staatstragender Gutmütigkeit.“

Dirk Kurbjuweit, „Das zweite Biedermeier“, „SPIEGEL“ Nr. 20/2013.

 

„Die einen haben nicht zu essen und machen sich darüber Gedanken, das kann zur Erkenntnis ihrer Lage führen: und das ist dann Marxismus; die anderen haben zu essen und machen sich keine Gedanken darüber: und das ist dann die offizielle Religion. So verschieden ist es im menschlichen Leben!“

Kurt Tucholsky, „So verschieden ist es im menschlichen Leben“, 1931.

Biedermeier ist nicht gut.

Das Grundmuster dominierender bzw. offizieller Politik scheint das prinzipielle Motto staatlichen Handelns zu sein, das Margret Thatcher auf die keinen Widerspruch duldende Formel „There is no Alternative!“ („TINA-Prinzip“) gebracht hatte.

Zum „TINA-Prinzip“ gehören: die Auslandseinsätze der Bundeswehr, Waffenexporte (ebenso auch in Krisengebiete), hohe Rüstungsetatausgaben, Drohnen als zynische Tötungsinstrumente, die Bundeswehr an den Schulen; niedrige Steuern für Vermögende aller Art, knapp bemessene Löhne und enge Sozial- und Kulturleistungen; die „Schuldenbremse“ als politisches Mittel der Bankenfütterung und Begrenzung allgemeiner Wohlfahrt; Export, Export, Export, verbunden mit einer restriktiven EU-Politik (die Jugenderwerbslosigkeit in Griechenland liegt derzeit bei 64 Prozent!).

Die Welt ist also nicht „in Ordnung“. Sich zu sorgen, ist berechtigt. Kritik ist angebracht. Eine Alternative ist vorhanden. Das eigene souveräne Denken und Handeln ist für die Realisierung vernünftiger Ergebnisse von Bedeutung.

Von Aufschluß ist in diesem Zusammenhang die Frage, warum es keine Alternative gebe, wo doch die politische Zerstörung sozialer, kultureller und demokratischer Errungenschaften selbst eine Alternative zu diesen Errungenschaften ist und mit großem Eifer propagiert und praktiziert worden ist?

Krieg, Elend und organisierte Verdummung müssen nicht sein. Diese Übel werden in dem Maße abgebaut, wie Menschen sich für eine menschenwürdige Gesellschaft engagieren.

Das eigene, gemeinsame und sinnvolle Engagement beginnt da, wo auf die eigene Wirksamkeit gebaut wird.

Das gilt ebenso für die Studienreform wie für das Lösen der „Schuldenbremse“.

Die Antwort ist die Deine.

Was ist ein „Nerd“?
Und was ist die Alternative?

„Bis zum Jahr 2020 wolle das Unternehmen [SAP] ein Prozent seiner Belegschaft mit Autisten besetzen. (...) Geht es dem Unternehmen in erster Linie um soziales Engagement? Oder um den Aufbau einer Armee von Supernerds, eine Art menschliche Geheimwaffe? Erhofft sich die Firma vom Andersdenken der Autisten Geniestreiche, die ‚normal‘ arbeitende Hirne nur in Ausnahmefällen hervorbringen – oder setzt man eher auf ein besonderes Talent für die Bewältigung ermüdender Routineaufgaben? Oder ist das Ganze nur eine Marketingkampagne, die ihre Kraft aus dem Mitleid für die Betroffenen der vermeintlichen Krankheit und aus der Ehrfurcht vor ihren Fähigkeiten zieht?“

Harald Staun, „Denk doch mal anders“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 26.5.'13, S. 46.

 

 „20
Die Ingenieure, die das Fließband legen
Das den Arbeitenden die Lebenskraft entführt
Lob ich des technischen Triumphes wegen.
Der Sieg des Geistes ist's, der mich zu Tränen rührt.“

Bertolt Brecht, „Ballade von der Billigung der Welt“, 1934.

 

„Der Mensch macht seine Lebenstätigkeit selbst zum Gegenstand seines Wollens und seines Bewußtseins. Er hat bewußte Lebenstätigkeit. Es ist nicht eine Bestimmtheit, mit der er unmittelbar zusammenfließt“.

Karl Marx, „Ökonomisch-philiosophische Manuskripte“, 1844, Marx-Engels-Werke (MEW), Erg.-bd. 1, S. 516.

SAP ist ein Software-Unternehmen mit einem Jahresgewinn von 2,8 Milliarden Euro (2012), durch dessen betriebswirtschaftliche Lenkungsinstrumente auch die Uni via Weisung des politischen Senats in Hamburg zwangsbeglückt ist.

Der „Nerd“ kann mit „Computerfreak“, „Fachidiot“, „hochintelligente, aber kontaktarme Person“, auch mit „Langweiler“, „Schwachkopf“, „Sonderling“ und „Streber“ übersetzt werden.

Autismus gilt, laut Weltgesundheitsorganisation (WHO), als tiefgreifende Entwicklungsstörung mit Defiziten in der Kommunikation bzw. in der sozialen Interaktion.

Mit seinem Vorhaben, bis 2020 ein Prozent Autisten einzustellen, belegt SAP den Zynismus der reinen Verwertungslogik bzw. die Zuspitzung der Entfremdung des Menschen von der Arbeit und von sich selbst (siehe Marx).

Fast alle Fragen, die von der „FAS“ (s.o.) aufgeworfen worden sind, können mit „Ja“ beantwortet werden: Der Konzern ist kein Wohltätigkeitsinstitut und strikt darauf gerichtet, seine Gewinne zu maximieren. (Nebenbei sind's die elektronischen Steuerungsmodule, die er verkauft, ebenso – ein Unsinn (zumindest) für Hochschulen.) Vermeintliche Wohltätigkeit ist gut für's Image, d.h. für das Geschäft. Sogenannte Inselbegabungen von Autisten sollen intensiv eingesetzt werden. Sich stets wiederholende Routineaufgaben entsprechen den Symptomen der autistischen Störung. SAP will gut dastehen.

Dagegen hilft nur so viel Kopf schütteln, wie man sich wundern möchte…

Im zweiten Schritt ist die betriebswirtschaftliche Vernutzung und Verdinglichung des Menschen (durch den Menschen) prinzipiell in Frage zu stellen.

Die Verkürzung des Arbeitstages, die Ausweitung der Mitbestimmung in allen gesellschaftlichen Bereichen und die Entwicklung sinnvoller Arbeitsinhalte sowie kooperativer Arbeitsstrukturen stehen nach wie vor dringend auf der Tagesordnung.

Desgleichen ist der Abbau von Vorurteilen gegenüber Menschen mit Beeinträchtigungen bzw. ihre menschenwürdige Integration in das gesellschaftliche Leben eine Aufgabe aller Bildungseinrichtungen.

Und: Zum Teufel mit SAP!

„Das Tier formiert nur nach dem Maß und dem Bedürfnis der species, der es angehört, während der Mensch nach dem Maß jeder species zu produzieren weiß und überall das inhärente Maß dem Gegenstand anzulegen weiß; der Mensch formiert daher auch nach den Gesetzen der Schönheit.“

Karl Marx, a.a.O., S. 517.

„Aufstieg“ – das große Versprechen
Eine Richtigstellung

„Das Große Versprechen der Bundesrepublik, dass es hier jeder nach oben schaffen kann, wenn er sich nur ordentlich anstrengt, gilt längst nicht mehr uneingeschränkt. (...) Die Chancen, als Kind bildungsferner Eltern eine große Karriere zu starten, sind in Deutschland geringer als in vielen anderen Ländern. (...) Die Gesellschaft ist zurück zu einer neuen Klassengesellschaft.“

Ralph Bollmann und Inge Kloepfer, „Die neue Klassengesellschaft“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 2.6. ́13, S.24.

 

„3
Ja, renn nur nach dem Glück / Doch renne nicht zu sehr!
Denn alle rennen nach dem Glück / Das Glück rennt hinterher.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht anspruchslos genug
Drum ist all sein Streben
Nur ein Selbstbetrug.“

Bertolt Brecht, „Das Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens“, in: „Die Dreigroschenoper“, Entstehungszeit 1928.

Seitens des Autors und der Autorin der „FAS“ (s.o.) wird bedauert, daß die Aufstiegschancen in der Bundesrepublik Deutschland geringer geworden sind. PISA- und OECD-Studien belegen seit längerem, wie eng der Bildungszugang an die soziale Herkunft geknüpft ist und die soziale Herkunft bzw. die soziale Struktur der Gesellschaft verdoppelt. Ungleichheit erzeugt Ungleichheit.

„Umstritten ist unter Forschern, ob eine sehr ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen die Aufstiegschancen verschlechtert, weil sie Abstiegschancen schürt. In den skandinavischen Ländern ist die materielle Ungleichheit geringer und die soziale Durchlässigkeit stärker ausgeprägt als in Deutschland.“ (A.a.O.) Der soziale Kitt bröckelt.

Ein hoher fester Sockel von Massenerwerbslosigkeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, unsichere Perspektiven – auch mit höheren Bildungsabschlüssen – kennzeichnen die Bildungs-, Erwerbs- und berufliche Tätigkeitsaussicht der gesellschaftlichen Mehrheit – auch für Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen.

Das Problem für die meisten, und damit für die Gesellschaft, besteht in einer gewachsenen sozialen und kulturellen Ungleichheit, die Grund großer Verunsicherung ist. Sie ist ebenfalls Ausdruck einer strukturellen Krise. Die Schaffung sinnvoller Arbeit, die Rückgewinnung sozialstaatlicher Handlungsfähigkeit, das gemeinsame Wirken für tarifliche Arbeitsverhältnisse, der Abbau von Arbeitsdruck und die Kritik an der Diffamierung sozial Benachteiligter sowie auch die Öffnung und Demokratisierung des Bildungssystems bilden zu dieser Angstkonstellation die einzig sinnvolle Alternative. Niemand ist als Esel und mit einem Sattel auf dem Rücken geboren.

Entscheidend für die Überwindung der Übel ist das kritische Engagement zur Realisierung menschenwürdiger Lebens- und Arbeitsbedingungen: Frieden, Arbeit, Bildung und Kultur.

Wenn es nicht schon immer so schlimm war wie jetzt, dann kann es auch wieder besser werden – durch eigene Aussicht und Tätigkeit, stets kooperativ mit kritischer Vernunft.

„Verbesserungen beginnen...“

„Unsere Herrn, wer sie auch seien
Sehen unsre Zwietracht gern
Denn solang sie uns entzweien
Bleiben sie doch unsre Herrn.
Vorwärts und nicht vergessen
Worin unsre Stärke betseht!
Beim Hungern und beim Essen
Vorwärts, nie vergessen
Die Solidarität!“

Bertolt Brecht, „Solidaritätslied“, Gedichte 1930-1934.

Ein Schloß, ein Bahnhof, ein Konzerthaus, ein Flughafen: Zeichen der Zeit?

„Seit zwei Jahrzehnten wurde über die Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses debattiert. Jetzt hat Bundespräsident Joachim Gauck den Grundstein für den Wiederaufbau gelegt.
Die frühere Residenz der Preußenkönige in der Mitte Berlins werde ein lebendiger Ort der Weltkulturen, sagte Gauck beim traditionellen Hammerschlag auf dem Schossplatz. Unter dem Namen Humboldtforum sollen im Schloss ab 2019 die Schätze der außereuropäischen Kulturen aus den Berliner Museen gezeigt werden.“

„SPIEGELONLINE“, 12.6.'13.

 

„II

Der Wunsch, Werke von langer Dauer zu machen
Ist nicht immer zu begrüßen.

Wer sich an die Ungeborenen wendet
Tut oft nichts für die Geburt.
Er kämpft nicht und will doch den Sieg.
Er sieht keinen Feind
Außer dem Vergessen.

Warum soll jeder Wind ewig dauern?
Einen guten Ausspruch kann man sich merken
Solange die Gelegenheit wiederkehren kann
Für die er gut war.
Gewisse Erlebnisse, in vollendeter Form überliefert
Bereichern die Menschheit
Aber Reichtum kann zu viel werden.

Nicht nur die Erlebnisse
Auch die Erinnerungen machen alt.

Darum ist der Wunsch, Werken lange Dauer zu verleihen
Nicht immer zu begrüßen.“

Bertolt Brecht, „Über die Bauart langdauernder Werke“, 1929.

Man sehe, staune und lache – nun komme das vierte Milliardengrab, das vierte Monument der Republik: Nach der „Elbphilharmonie“, „Stuttgart 21“ und dem Berliner Flughafen soll mitten in Berlin, der Hauptstadt, das Berliner Schloss wiedererstehen. Pfarrer Gauck hat den Grundstein eingehämmert. So.

Teure Prestigebauten, deren Gebrauchswert – zumal für eine breite Öffentlichkeit – höchst fragwürdig ist, haben Konjunktur.

Da soll doch in Berlin das preußische Erbe, das so viel mit folgenreichem Strammstehen zu tun hat, reanimiert werden. In diesem Fassade werdenden Renommierdenken sind sich fast alle leitenden Politik-Funktionäre einig: Es grinsen obrigkeitlich der Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU), der Bundespräsident Gauck („Freiheit“) und der Bürgermeister Berlins, Wowereit (Spezialdemokraten).

Nicht Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Weiterbildung; nicht Theater, Museen, Sozialeinrichtungen; nicht die Pflege von Wegen, Straßen und Parks, sondern halbgare, protzige, höchst-teure und nutzarme Bauten (wenn sie denn gelingen) werden aus erklecklichen Mengen von Steuergeldern gefüttert.

Dies zeigt nicht nur eine Krise der öffentlichen Baukultur an, hierin kommt ebenso die sozial- und kulturpolitische Schamlosigkeit staatlichen Handelns zum Ausdruck. Diese Bauten sind weitgehend nutzlos, dienen der Ablenkung und lassen lediglich die Bauindustrie und wohlbestallte Architekten bestens verdienen.

In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß Udo Lindenberg einen Musikclub im Hamburger Fernsehturm gefordert hat. Er sieht in seinem Vorschlag einen Gegenentwurf zur „Elbphilharmonie“. Das ist ein bedenkenswerter Vorschlag. Ganz ohne Panik.

Alles, was Rechts ist
Die Union hat ein „Regierungsprogramm“ verabschiedet

„CDU und CSU haben auf einer gemeinsamen Sitzung ihrer Vorstände am Sonntag in Berlin das Wahlprogramm der Union einmütig beschlossen. Die Kritiker einiger kostenträchtiger Versprechen zur Erhöhung von Renten und Familienförderung hatten auf Änderungsanträge verzichtet. Ihnen war von der Parteispitze bedeutet worden, zwar seien solche Anträge formal erlaubt; ‚erwünscht‘ seien sie nicht, und für die Wahlkampfführung seien sie ‚nicht hilfreich‘.“

„Kritiker wollen ‚nicht als Buhmann dastehen‘“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 23.6. ́13.

 

„Als Feld der Auseinandersetzung haben alle Oppositionsparteien dagegen die Steuerpolitik gewählt. Die Programme von SPD, Grünen und der Linken unterscheiden sich in Details, verfolgen aber dieselbe Stoßrichtung: die Stärkere Belastung höherer Einkommen und Vermögen. Alle Parteien haben sich die Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf ihre Fahnen geschrieben wie auch eine höhere Besteuerung von Vermögenseinkünften, SPD und Linke die Wiedereinsetzung der Vermögenssteuer, die Grünen eine Vermögensabgabe.“

Renate Köcher, „Deutsche Fragen – Deutsche Antworten * Schwieriges Wahlkampfthema Steuern“, Frankfurter Allgemeine Zeitung („FAZ“), 19.6. ́13, S. 8.

 

„Gott versah uns mit zwei Händen,
Daß wir doppelt Gutes spenden;
Nicht um doppelt zuzugreifen
Und die Beute aufzuhäufen
In den großen Eisentruhn,
Wie gewisse Leute tun –“

Heinrich Heine, „Zur Teleologie“, 1853.

Die Vorstände von CDU und CSU haben – ganz ohne Parteitag(e)! – ein Regierungsprogramm vorgestellt, das die Kanzlerin als ein „Programm von Maß und Mitte“ tituliert hat. Trotz des Bekenntnisses zur Haushaltskonsolidierung und der Verneinung von Steuererhöhungen werden Rentnern und Familien Versprechungen gemacht. Auch Bildung und Verkehr sollen gut dabei wegkommen. Allerdings steht das meiste unter Finanzierungsvorbehalt. Da gibt es selbst aus den eigenen Reihen sowie der FDP Kritik. Die Kritiker werden aber ruhig gestellt, denn der Populismus soll, gar in der letzten Wahlkampfphase, nicht durch Nörgelei gestört werden.

CDU und CSU bleiben mithin, was sie sind: Eine „Volkspartei“, die im Interesse einer Minderheit gegen die Mehrheit regieren will – mit Kürzungs-(Austeritäts-)Politik in ganz Europa, Auslandseinsätzen der Bundeswehr in aller Welt, Drohnenskandalen, rigiden Ordnungsvorstellungen, unaufgeklärtem Menschenbild, Mauscheleien bei akademischen Graden, fortgesetzten Begünstigungen der Reichen, nicht vorhandener Umweltpolitik, hierar- chischer Bildungspolitik – Küche, Kirche, Vaterland.

Da hilft auch die Kreide nicht, die über die 127 Seiten ihres sogenannte Wohlfühlprogrammes verstäubt wird. In Wahrheit soll die Politik weiter betrieben werden, die für viel Elend verantwortlich ist: expansive Außenpolitik, massenhafte Erwerbslosigkeit, Reduktion der öffentlichen Einrichtungen, Armut in einer reichen Gesellschaft, Demokratie als Manipulation der Wählerinnen und Wähler (TINA macht ein paar windige Versprechungen) sowie der prinzipiellen Gegnerschaft zu Verbesserungen aller Art.

Dagegen hilft nur Opposition: Frieden, aufgeklärte Bildung, die Wiederverstaatlichung öffentlichen Eigentums und das Knacken der „Schuldenbremse“ gehören unbedingt dazu.

Machtpolitik
Konservative Werte und ihre Folgen

„So dienen Steuern – um ein Beispiel aus meiner Verantwortung zu nennen – der Finanzierung der Staatsaufgaben, nicht der Gängelung und einer von Neid getriebenen Enteignung von Bürgern. (...) Es geht um eine Sozialpolitik, die auf Hilfe zur Selbsthilfe setzt, die fördert und fordert. Ebenso geht es um eine europäische Politik, die Solidarität an Solidität knüpft. (...) Und unabhängig von Rechtsfragen spricht wenig dafür, die Ehe von Mann und Frau und die darauf gegründete Familie als Leitbild aufzugeben. (...) Aktuell gilt es sicherzustellen, dass für die Arbeit eines Menschen ein fairer Lohn gezahlt wird, damit der Zusammenhang unserer Gesellschaft und der soziale Friede bewahrt bleiben. (...) Angesichts der asymmetrischen Bedrohungen unserer Zeit ist eine im Wesentlichen auf Berufssoldaten gestützte Armee das derzeit richtige Instrument für eine effektive Verteidigung unseres Landes wie für den Schutz unserer Soldaten im Einsatz. (...) Wer sich an Werte bindet, legt nicht die Hände in den Schoß. Vielmehr ‚muss sich alles ändern, damit alles so bleiben kann, wie es ist‘ (Tomas di Lampedusa). (...) Eine solche Politik muss nicht, aber darf durchaus konservativ genannt werden. Ich bevorzuge die Bezeichnung christdemokratisch.“

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), „Das Prinzip wertebegründeter Politik“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 25.6.'13, S. 10.

 

„Hu hu! Despotenhudelei!
Gott wahre mich vor Sklaverei!“

Gottfried August Bürger, „Zum Spatz, der sich auf dem Saale gefangen hatte“, 1775.

Steuern, Staat und Eigentum, Ehre, Vaterland und Ruhm; Knappheit, Knute und bescheiden sollen sehr die Nachbarn leiden; Vater, Mutter, Kind: von Natur wie Kuh und Rind; auch im Inneren der Frieden – klein und dürftig hier hienieden; alles bleibet, wie es ist, sagt von oben dieser Christ.

So in etwa läßt sich à la Schäuble das aktuelle CDUCSU-Programm zusammenfassen.

„Wertebegründet“ bedeutet nichts anderes als ein sehr ordentlich regierter Kapitalismus mit Sozialabbau, anachronistischem Menschenbild und Militäreinsätzen. Trotz relativ guter Steuereinnahmen soll weiter „gespart“ werden.

Vor allem aber eins: Die Aussage des sizilianischen Adligen (Tomasi di Lampedusa), daß alles verändert werden müsse, damit es so bleiben könne, wie es ist, bezieht sich auf die herrschende feudale Ordnung des Mittelalters, die auf Sizilien bis ins 19. Jahrhundert reichte. Hier gab es ein klares Oben und Unten, die „Natürlichkeit“ des Adels mit den dazugehörigen Untertanen. Dieses Ordnungsprinzip gilt somit – übertragen in die bürgerliche Gesellschaft – für den aktuellen Konservativismus und seine führenden Akteure. Von hier aus soll zur prinzipiellen Bescheidenheit für die Mehrheit der Bevölkerung angehalten werden – mit den dazugehörigen staatlichen, militärischen, sozialen, religiösen – ebenso finanzpolitischen – Prinzipien, die in verschärfter Form auch gegen die europäischen Nachbarländer angewandt werden. Bei allem Gesäusel von Freiheit und Menschlichkeit gibt es hier kein Pardon. Insofern wird auf diese Weise nur alter Wein in alten Schläuchen verkauft. Eine solche Politik ist schädlich für die humane Entwicklung einer Gesellschaft und darf getrost – mit negativer Wertung – konservativ genannt sein.

Darüber hinaus erfordert diese Politik, für die suggeriert werden soll, sie sei „verantwortlich“ rundum gesellschaftliche Opposition: Ohne Ablehnung, Kritik und praktische Gegnerschaft (auch dezidiert andere Wahlentscheidung) sind Frieden, soziale Würde, demokratische Partizipation und kulturelle Entfaltung nicht zu haben. Bei aller möglichen Heiterkeit: Diese Kontroverse ist ernst zu nehmen.

Die Welt als Untertan?
Eine Entgegnung

„‚Dass Nachrichtendienste unter bestimmten und in unserem Land eng gefassten rechtlichen Voraussetzungen zusammenarbeiten, entspricht ihren Aufgaben seit Jahrzehnten und dient unserer Sicherheit.‘ Inwieweit Berichte über Programme wie Prism zuträfen, müsse geklärt werden. Sie selbst hat vom US-Spionageprogramm aus den Medien erfahren, sie habe davon ‚durch die aktuelle Berichterstattung Kenntnis genommen‘, sagte sie.“

Angela Merkel, zitiert nach: „ZeitOnline“, 10.7.'13.

 

„Da schritten die Bahnhofsrampe mehrere Herren herab, und alsbald fuhr ein Wagen auf Diederich zu. Diederich schwenkte den Hut, er brüllte auf, daß die Herren im Wagen ihr Gespräch unterbrachen. Der rechts neigte sich vor – und sie sahen einander an, Diederich und sein Kaiser. Der Kaiser lächelte kalt prüfend mit den Augenfalten, und die Falten am Mund ließ er ein wenig herab. Diederich lief ein Stück mit, die Augen weit aufgerissen, immer schreiend und den Hut schwenkend, und einige Sekunden lang waren sie, indes ringsum dahinter eine fremde Menge ihnen Beifall klatschte, in der Mitte des leeren Platzes und unter einem knallbunten Himmel ganz miteinander allein, der Kaiser und sein Untertan.“

Heinrich Mann, „Der Untertan“; geschrieben 1914, kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges, veröffentlicht 1918.

 

„Der Bürger will Schutz vor einem übermächtigen Staat ebenso wie Schutz vor einem völlig unkontrollierten Markt. Das Informationszeitalter erlebt die Verschmelzung von beiden und, konsequent im Morgengrauen von Big Data, die Verschmelzung von Mensch und Maschine.“

Frank Schirrmacher, „Am Lügendetektor“, Leitkommentar der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 10.7.'13.

Edward Snowden, einer der es wissen muß, spricht eindeutig von dem engen Zusammenwirken des bundesdeutschen mit dem britischen und dem US-amerikanischen Geheimdienst („Die stecken unter einer Decke mit den Deutschen“).

Die protestantische CDU-Kanzlerin hat wohl von Helmut Kohl gelernt, daß der Rechtsbruch durch die Geheimdienste etwas „Natürliches“ ist, über den Bürgerrechten steht und diese schmutzige Arbeit erst möglich macht. Sie spielt dabei die Ahnungslose.

Heinrich Mann hat schon vor dem „Griff nach der Weltmacht“ literarisch erfaßt, daß rigide Obrigkeit, beflissene Untertanerei, innere Ordnung und Expansion nach außen eine untrennbare gefährliche Einheit bilden, der unbedingt zu widerstehen ist. „Der Untertan“ ist ein Lehrstück bis heute.

Selbst Frank Schirrmacher, der Mit-Herausgeber der „Zeitung für Deutschland“ – CDUCSU wohl gewogen –, der das Feuilleton leitet und für es schreibt, ist erschüttert über so viel – in Einheit – Staats- und Marktmacht, daß er sich gehalten sieht, diesen Zusammenhang zu kritisieren und für die Bürgerrechte zu votieren.

Eines wird unter Beleuchtung jedenfalls klar: Die gigantische elektronische Schnüffelei der kollaborierenden Geheimdienste inklusive der privaten Datenlieferer dient am wenigsten der Bekämpfung des Terrorismus, sondern der Konkurrenz zwischen den Staaten, der Kontrolle von Rohstoffgebieten und Absatzmärkten, ggf. der Kriegführung sowie der Überwachung der potentiell aufmüpfigen Untertanen. Diese Zwecke verteidigt die Kanzlerin, wenn sie gewisse Praktiken für selbstverständlich erklärt.

Deshalb wird es Zeit, dieser schädlichen, illegitimen und illegalen Machtpolitik entgegenzutreten: durch Aufklärung, Kritik, Widerstand, Kontrolle und die Einhaltung der menschlichen Grundrechte bzw. des Grundgesetzes.

Handlungsleitend kann dafür folgende Orientierung sein:

„Soziale Demokratie ist heute an der Tagesordnung; nur in dieser geistigen Form und Verfassung, als eine zum Sozialen gereifte Freiheit, welche durch freiwillige Zugeständnisse an die Gleichheit die individuellen Werte rettet, kann Demokratie überhaupt noch bestehen – innerhalb der Völker und zwischen ihnen.“

Thomas Mann, „Dieser Krieg“, 1940.

Freiheit, Ungleichheit, Sicherheit?
Neue Absurditäten

„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – das sind seit der Französischen Revolution die Fixsterne am europäischen Wertefirmament. Am hellsten strahlt die Freiheit; sie ist Grundlage und Ziel zugleich aller demokratischen Organisations- und Regierungsformen. Verschattet ist der Glanz der Gleichheit: Sie hat den Verdacht auf sich gezogen, dass sie, weil die Menschen faktisch ungleich sind, als politisches Ziel zu einem Zwangsregime führen kann, zu einer Gleichmacherei, die den Einzelnen in seinen Entfaltungsmöglichkeiten einschränkt und damit die Freiheit gefährdet; uneingeschränkte Berechtigung wird ihr im Grund noch als Gleichheit vor dem Recht zugesprochen. Die Brüderlichkeit, der moralisch am stärksten aufgeladene Begriff, kann zwar nicht direkt eingefordert werden, ist jedoch unter dem Namen Solidarität oder Gerechtigkeit als Motor des modernen Sozialstaates zur wirkmächtigsten politischen Entwicklung der vergangenen hundert Jahre geworden. Nicht zum modernen Grundwertekanon wird üblicherweise die Sicherheit gezählt. Dabei steht sie am Anfang der neuzeitlichen Staats- und Rechtsphilosophie.“

Günther Nonnenmacher, „Freiheit und Sicherheit“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 19. 7.'13.

 

„Wer ein Grundrecht auf Sicherheit verficht, nähert sich dem mit dem Wort ‚Grundrecht‘ getarnten Verfassungsbruch.“

Heribert Prantl, „Der trojanische Innenminister“, „Süddeutsche Zeitung“, 18. 7.'13.

 

”Wartet nur

Weil ich so ganz vorzüglich blitze,/ Glaubt ihr, daß ich nicht donnern könnt!
Ihr irrt euch sehr, denn ich besitze / Gleichfalls zum Donnern ein Talent.

Es wird sich grausenhaft bewähren, / Wenn einst erscheint der rechte Tag;
Dann sollt ihr meine Stimme hören,/ Das Donnerwort, den Wetterschlag.

Gar manche Eiche wird zersplittern / An jenem Tag der wilde Sturm,
Gar mancher Palast wird erzittern / Und stürzen mancher Kirchenturm.”

Heinrich Heine, 1844.

Wir sollen an der Nase herumgeführt werden. Aufklärung tut not.

Frau Merkel weiß immer noch von nichts; Herr Pofalla – Herr Pofalla? –, der Kanzleramtsminister weiß auch nichts und Innenminister Friedrich entdeckt seine Liebe (Unterwerfung) zu „Amerika“ sowie das „Grundrecht auf Sicherheit“. Schöne Regierung.

Freiheit: der Finanzmärkte, der Rüstungsindustrie (z. B. Drohnen), des Sozialabbaus und der Steueroasen – so war das mit dem Grundgesetz, der Presse-, Versammlungs-, auch Freiheit der Wissenschaften und der Künste sicher nicht gemeint. Die Würde des Menschen, das Sozialstaatsgebot, die Allgemeinwohlverpflichtung des Eigentums, die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie die Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses gehören zu den unveräußerlichen Grundrechten – zumindest normativ – dieser Gesellschaft nach 1945.

Gleichheit: So muß ausgerechnet die Bertelsmannstiftung herausfinden, daß sich die durchschnittlich verdienenden Leute – auch in Hamburg – kaum noch eine Wohnung leisten können, ohne unter den Hartz-IV-Förderungsssatz zu rutschen. Das ist die wahre Ungleichmacherei, die Herr Nonnnemacher von der „Zeitung für Deutschland“ (s.o.) sozialen Gleichheitsbemühungen unterstellt.

Brüderlichkeit: Die gegenwärtige Kumpanei besteht zwischen Geheimdiensten, Regierungen und großen Unternehmen. Sie handeln alle wider „die Fixsterne am europäischen Wertefirmament“, die sozialen, demokratischen und freiheitlichen Grundrechte des internationalen Rechtekanons.

Sicherheit: Die Sicherheit einer positiven Entwicklung, die sich aus der Einheit von Freiheit, Gleichheit und Solidarität ergibt, wird zur Zeit regierungsamtlich alles andere als geachtet oder gar gewährleistet. Auf den Staat ist kein Verlaß. Man sollte dies unbedingt bei seiner Meinungs- und Willensbildung (incl. der Wahl am 22. September) berücksichtigen. Es muß wackeln.

Hiroshima-Tag 2013
Atomwaffen abschaffen, AKWs abbauen – weltweit!

„(1) In aufrichtigem Streben nach einem auf Gerechtigkeit und Ordnung gegründeten internationalen Frieden verzichtet das japanische Volk für alle Zeiten auf den Krieg als ein souveränes Recht der Nation und auf die Androhung und Anwendung von Gewalt als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten.

(2)Um das im vorangegangenen Absatz bezeichnete Ziel zu erreichen, werden keine Land-, See- und Luftstreitkräfte oder andere Mittel zur Kriegsführung unterhalten. Ein Recht des Staates auf Kriegsführung wird nicht anerkannt.“

Artikel 9 der japanischen Verfassung, 1946/1947.

Mit dem Atombombenabwurf durch die USA auf die japanische Stadt Hiroshima am 6. August 1945 wurden auf der Stelle 80 Prozent der Stadt zerstört, und das brutale Bombardement forderte 200.000 Tote inklusive der Spätfolgen. Am 9. August, nur drei Tage später, folgte der zweite Atombombenabwurf auf Nagasaki, der ebenso verheerende Zerstörungen anrichtete und 75.000 Menschenleben kostete.

Obwohl die Kapitulation Japans, das im Zweiten Weltkrieg an der Seite des faschistischen Deutschen Reiches stand, schon bevorstand, wurde diese gewaltige Zerstörung angerichtet, um die globale Machtposition der USA vor allem gegenüber der Sowjetunion durchzusetzen.

Somit wurde ein – auch atomares – weltweites Wettrüsten initiiert, das bis heute zu einem Waffenarsenal geführt hat, die Erde mehrfach vernichten zu können.

Dagegen wurden aber immer wieder Aktivitäten unternommen, Kriege zu verhindern, aus der Geschichte zu lernen, Waffenlager zu begrenzen oder gar abzubauen, Konflikte friedlich zu lösen und die internationale zivile Entwicklung zu befördern. Das Potsdamer Abkommen der Anti-Hitler-Koalition vom 2. August 1945 mit seiner sozialen und demokratischen Friedensorientierung, ebenso beispielsweise das Friedensgebot der japanischen Verfassung (s.o.) sind manifestierter Ausdruck dieser Bemühungen. (Mittlerweile hat Japan eine Armee, die hauptsächlich als Verteidigungsarmee gilt. Die aktuelle konservative japanische Regierung will aber die Verfassung ändern und die Armee in eine Interventionskraft umwandeln. Dazu gehört auch die Anschaffung und Anwendung von Drohnen.)

Der geistig-politische Widerstand gegen den Faschismus (1933-1945) und die Skizzierung einer anderen, besseren, friedlichen und sozial gerechten Welt ist gleichfalls Bestandteil des kulturellen Erbes, auf das wir uns heute profund beziehen können.

So formulierte Thomas Mann 1938 („Vom kommenden Sieg der Demokratie“):

„Die soziale Erneuerung der Demokratie ist Bedingung und Gewähr ihres Sieges. Sie wird die ‚Volksgemeinschaft‘ schaffen, welche sich dem Lügengebilde, das der Faschismus so nennt, im Frieden schon und, wenn es sein muß, auch im Kriege weit überlegen erweisen wird. In ihr ist die Gemeinschaft schon lebendig, die das Ziel aller Politik ist und sie endlich aufheben soll: die Gemeinschaft der Völker.“

Hiroshima-Tag 2013

Kundgebung:
Dienstag, 6. August 2013,
17:00 Uhr, am „Kriegsklotz“

(S-Dammtor/U-Stephansplatz)

„Der einzige Schutz vor der atomaren Verseuchung besteht in der Vernichtung aller Atomwaffen, dem Abbau aller AKWs und der langfristigen neutralen internationalen Kontrolle aller Strahlenquellen aus militärischer und ‚friedlicher‘ Nutzung! Wir fordern ein Europa und eine Welt ohne Atomwaffen und ohne Atomkraftwerke!“
(aus dem Kundgebungs-Aufruf des Hamburger Forums)

Wursteln oder sozialer Fortschritt?
Eine Zeitaufnahme

„Gegenüber Frankreich und den Krisenländern forciert eine zunehmend isolierte Bundesregierung im Namen vermeintlich alternativloser Marktimperative eine harte Sparpolitik.“

Jürgen Habermas, „Ein Fall von Eliteversagen“ (Essay), „SPIEGEL“ Nr. 32/2013.

 

„Der unbeirrbare Stumpfsinn, mit dem die Kapitalisten ihre törichte Geldpolitik fortsetzen, immer weiter, immer weiter, bis zur Ausblutung ihrer Werke und ihrer Kunden, ist bewundernswert. Alles, was sie seit zwanzig Jahren treiben, ist von zwei fixen und absurden Ideen beherrscht: Druck auf die Arbeiter und Export.“

Kurt Tucholsky, „Die Herren Wirtschaftsführer“, 1931.

Der Hamburger Haushalt nähert sich aktuell wegen guter Steuereinnahmen, auch ohne forcierte Steuerfahndung oder gar Steuererhöhungen bei den Vermögenden, einer ausgeglichenen Einnahme-/Ausgabebilanz.

Die mit 21 Prozent im Parlament opponierende CDU verlangt sogleich, daß die für 2019 anvisierte „Schuldenbremse“ („schuldenfreier“ Haushalt durch Begrenzung der Ausgabenerhöhung auf läppische 0,88 Prozent; Fütterung der Banken, Abbau der öffentlichen Infrastruktur) schon auf die nächste Zukunft (2015) vorgezogen werden soll. Damit haben die Konservativen unter Beweis gestellt, daß sie's noch härter wollen als die in der Hansestadt regierende SPD – und dafür die FDP gut gebrauchen können.

Auf Bundesebene vertritt die CDUCSUFDP-Koalition diese Politik der Austerität („Enthaltsamkeit“, „Strenge“) nicht nur ungebrochen, sondern verordnet diese noch härter qua ökonomischer und politischer Macht den europäischen Partnerstaaten, welche mit gnadenloser Logik auf alle Bevölkerungen krisenhaft durch- und zurückschlägt. Kredite zur obligaten Bedingung von Staatsabbau: Harte Reduzierung von Renten, Sozialleistungen, öffentlicher Infrastruktur, Gesundheit, Bildung und Kultur; Massenentlassungen im öffentlichen Dienst, Schaffung von massenhaftem Elend, Strangulierung der wirtschaftlichen Entwicklung bzw. auch Unmöglichmachung der Rückzahlung der Kredite – ein konservativ-neoliberaler Teufelskreis.

„Auf sie mit Gebrüll! Drücken, drücken: die Löhne, die Sozialversicherung, das Selbstbewußtsein – drücken, drücken! Und dabei merken diese Dummköpfe nicht, was sie da zerstören. Sie zerstören sich den gesamten innern Absatzmarkt.“ (Kurt Tucholsky, a.a.O.)

Gegen diese organisierte Brachialität helfen nur Kritik, Widerstand und entsprechendes Selbstbewußtsein – also kollektiv wirksame Vernunft. Krieg jeglicher Art muß überwunden werden. Die alternativen Wegmarken sind: Frieden, Arbeit, Bildung und Kultur.

„Warum ist die Menschheit nicht stärker als dieser Popanz? Weil sie Respekt in den Knochen hat. Weil sie gläubig ist. Weil man sie es so gelehrt hat. Und nun glaubt sie. (...) Also muß gekämpft werden.“ (Kurt Tucholsky, a.a.O.)

Wenn Glauben durch Wissen überwunden wird, wächst die positive Alternative.

„Verbesserungen beginnen...“

Die „Schuldenbremse“ und die Kartoffelpreise
Eine soziale Reflexion

„Doch inzwischen wird der Aufstieg in die oberen Gesellschaftsetagen durch eine doppelte Barriere gebremst. Zum einen sorgt der gespaltenen Arbeitsmarkt dafür, dass ganze Erwerbstätigen-Gruppen von der Wohlstandsentwicklung abgekoppelt werden. Zum anderen versagt das Bildungssystem bei der Aufgabe, gleiche Startchancen für alle zu schaffen.“

Markus Dettmer, Cornelia Schmergal; „Der neue Ständestaat“, „SPIEGEL“ 33/2013.

 

„Angela Merkel ist die beste Kanzlerkandidatin, die die SPD je hatte. Nur ist sie dummerweise Vorsitzende der CDU, und daran hat sich die SPD bis heute nicht gewöhnen können.“

Berthold Kohler, „Enteignet“, Leitkommentar der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“), 14.8.'13.

 

„Aber das ist keine Lösung: das Übel wird schlimmer dadurch. Das eigentliche Ziel ist der Versuch und Aufbau einer Gesellschaft auf einer Grundlage, die die Armut unmöglich macht.“

Oscar Wilde, „Der Sozialismus und die Seele des Menschen“ (Ein Essay), 1891, in einer Übersetzung von Gustav Landauer und Hedwig Lachmann, Zürich 1982, S. 8.

Der Preis von Kartoffeln, einem Grundnahrungsmittel, ist im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent gestiegen. Auch Obst und Gemüse sind außerordentlich teurer geworden. Die Energiepreise sind um 2,9 Prozent nach oben gegangen (worden). Daraus ergibt sich eine aktuelle Inflationsrate von 1,9 Prozent. (Die „Schuldenbremse“ in Hamburg begrenzt die öffentliche Ausgabensteigerung auf 0,88 Prozent. Hier sind Arbeit, Bildung, Kultur und Gesundheit empfindlich berührt.)

Die Preise steigen also weiter, die Löhne (zumal auf längere Sicht und für alle) halten nicht Schritt damit; die öffentliche Hand stranguliert (die verbliebenen) öffentlichen Einrichtungen und auf diese Weise die Bedürfnisse der Mehrheit der Menschen, das Finanzkasino feiert nach wie vor vermeintliche Erfolge.

Das zu befürworten, sind sich die meisten Parteien weitgehend einig, das macht den Wahlkampf auch vergleichsweise langweilig. Die etablierten Kräfte in der Gesellschaft vertreten mehrheitlich, daß die Armut – auch Konkurrenz, Unsinn und Entfremdung – bzw. die Krise der Gesellschaft nicht zu bekämpfen sei. Das ist eine Haltung und Praxis, die gegen die Interessen und Anliegen der Bevölkerung steht, wenig sozial und demokratisch ist und dazu ebenso den volkswirtschaftlichen Unsinn ausmacht.

Selbst Greg Smith („Die Unersättlichen“), Aussteiger bei Goldman Sachs, und die kanadische Journalistin Chrystia Freeland („Die Superreichen, Aufstieg und Herrschaft einer neuen globalen Elite“), beide prinzipielle und explizite Befürworter des Kapitalismus, sehen dramatisch die Demokratie in Gefahr, wenn der Finanzmarkt nicht stark reguliert und eine deutliche politische Umverteilung zugunsten der Armen vorgenommen wird. Ihren Einschätzungen und Vorschlägen ist dringend zu folgen.

Da dies – as usual – nicht von alleine geschieht, müssen die Betroffenen als potentiell Wirksame sich dafür einsetzen – und sei es durch Einsicht, Haltung, Gespräche und Wahlentscheidung. Von der überwiegenden Mehrzahl für die überwiegende Mehrzahl.

„Wenn Menschen widerstehen, handeln Tatsachen.“

Heinrich Mann, „Es kommt der Tag“, 1936.

„Wutbürger sind oft Ältere“
Ist eigentlich niemand ernst zu nehmen?

„Die jüngsten Proteste gegen große Infrastrukturprojekte wie Stuttgart 21 oder den Ausbau der Flughäfen in Frankfurt, München und Berlin sind auch Ausdruck einer alternden Gesellschaft. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Universität Gießen im Auftrag der Stiftung Marktwirtschaft. Die Gruppe der Protestierenden sei gesellschaftlich nur begrenzt repräsentativ, heißt es in der Studie. Die Demonstranten seien älter, gebildeter, besser verdienend als der Durchschnitt, politisch eher links-orientiert. Als Teil einer ‚Misstrauensgesellschaft‘ seien sie skeptisch gegenüber Parteien, Wirtschaft und Medien. Stiftungsvorstand Michael Eilfort sagte, die Proteste seien Ausdruck demographischen Wandels und einer Krise der repräsentativen Politik. Das von den Protesten ausgehende Signal hin zu mehr Besitzstandswahrung habe negative Auswirkungen auf den Standort.“

Meldung in: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 21.8. ́13, S. 11.

 

Gesundheit, das ‚normale‘ (bzw. nicht ‚krankhafte‘) Befinden, Aussehen und Verhalten sowie das Fehlen von der Norm abweichender ärztlicher Befunde. Nach der Definition der WHO [Weltgesundheitsorganisation] ist G. ein ‚Zustand vollkommenen körperl., geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheiten und Gebrechen‘.“

Brockhaus 2010, S. 2656.

 

„Die einzig praktisch mögliche Befreiung Deutschlands ist die Befreiung auf dem Standpunkt der Theorie, welche den Menschen für das höchste Wesen des Menschen erklärt.“

Karl Marx, „Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“, Einleitung, 1844, Marx-Engels-Werke (MEW), Band 1, S. 391.

Die jüngsten Proteste sind also etwas älter...

Die „Stiftung Marktwirtschaft“ ist eine sehr wirtschaftsnahe neoliberale Denkfabrik, die schon des öfteren, auch in hochschulpolitischen Angelegenheiten (Studiengebühren, Elitedenken), negativ aufgefallen ist und gewissermaßen den „totalen Markt“ vertritt. Es gibt enge Verbindungen zur aktuell amtierenden Bundesregierung.

Was ist eigentlich – angesichts vieler, strukturell zu behebender Mißstände – falsch daran, links-orientiert, gebildet, skeptisch gegenüber Parteien, Wirtschaft und Medien zu sein und sich dementsprechend zu informieren, zu assoziieren, zu engagieren? Sind Stuttgart 21, der Berliner Flughafen (auch die „Elbphilharmonie“) nicht pekuniäre Milliardengräber? Ist der funktionale Sinn dieser Bauten nicht allgemein fragwürdig? Könnte man die Steuergelder nicht sinnvoller verwenden? Wird die Öffentlichkeit nicht zu großen Geschäftszwecken hinters Licht geführt? Ist nicht zu begrüßen, daß auch ältere Menschen sich gesellschaftlich interessieren und aktiv sind? Was ist eigentlich ein „Standort“, sonst eher begrifflich bekannt aus Biologie und Militär?

Und außerdem: Hier wird wieder bekanntermaßen mit Vorurteilen respektive Unterstellungen zu manipulieren versucht: Wer über ein höheres Einkommen verfügt, hat nichts zu kritisieren. Wer sich im Rentenalter befindet, ist per se doof, hat vor sich hinzumummeln, den Mund zu halten und das Auto – was er sich selbstverständlich neu gekauft hat – stehen zu lassen. Die sogenannte Besitzstandswahrung ist ein herabwürdigender Begriff für gesellschaftlich sinnvolle Bedürfnisse und Ansprüche: Gesundheit, Bildung, Kultur, vernünftige Kultur und Naherholung, Sozialstaat und demokratische Partizipation. Wenn noch Frieden und sinnvolle Arbeitsverhältnisse hinzukommen, scheint's, ist wohl alles aus.

Insofern ist genau richtig, das zu unternehmen, was durch Schlechtreden verunglimpft werden soll – mit sogenannten wissenschaftlichen Weihen.

Menschlich ist einfach besser.

Nach wie vor:
Nie wieder Krieg!

„Ich stimme nicht mit den USA überein, dass es nun ‚zu spät‘ für Syrien sei, zu kooperieren. Das ist eine billige Ausrede, um militärisch aktiv zu werden. Letzten März noch war der Westen zufrieden mit den Inspektionen, die sich mit dem Einsatz von chemischen Waffen beschäftigten. Warum können Sie jetzt nicht wieder warten? In einem Monat, wenn wir genaue Untersuchungsergebnisse haben, werden wir genau wissen, welche Art von chemischen Waffen eingesetzt wurde und wer diese besitzt. (…) Aber die Lagerstätten mit Marschflugkörpern anzugreifen hat den Nachteil, dass die chemischen Waffen danach die Umgebung verseuchen. (…) Meiner Ansicht nach ist es durchaus denkbar, dass man eine globale Verurteilung Syriens im Sicherheitsrat erreichen könnte – mit Unterstützung Russlands, Chinas und des Iran – wenn die Inspektionen den Verdacht bestätigen. (…) Wenn ein militärischer Einsatz als ‚Bestrafung‘ für Assad geführt wird, um die öffentliche Meinung und die Medien zufrieden zu stellen, ohne überhaupt den Bericht der UN abzuwarten, wird das ein trauriger Tag für das Völkerrecht sein.“

Hans Blix (oberster Waffeninspekteur der UN im Irak 2000-2003; Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde/IAEA; schwedischer Außenminister 1978-1979), im Interview mit Nathan Gardels, zit. nach: „Hamburger Abendblatt“, 27.8.'13.

 

„Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen?“

Bertolt Brecht, „Fragen eines lesenden Arbeiters“, 1939.

Am 1. September 1939, also vor 74 Jahren, wurde mit dem militärischen Überfall auf Polen durch die deutsche faschistische Wehrmacht der 2te Weltkrieg begonnen. Er begann mit einer Lüge (Überfall von als polnische Widerstandskämpfer verkleideten SS-Angehörigen auf den deutschen Sender Gleiwitz). Der größte Raubkrieg der Menschheitsgeschichte kostete über 60 Millionen Menschen das Leben und hatte größte Verheerungen zur Folge. Durch den Sieg der Anti-Hitler-Koalition (USA, Großbritannien, UdSSR) konnte das organisierte Unheil gestoppt werden und endete mit der Kapitulation des „Deutschen Reiches“ am 8. Mai 1945.

Die Schlußfolgerung der internationalen Gemeinschaft lautete: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Diese historische Konsequenz gilt auch heute noch: Frieden, Abrüstung, Entmilitarisierung, zivile Konfliktregulierung, Rüstungskonversion; die kooperative und auch internationale Entwicklung von Gesundheit, Bildung und Kultur; die Erweiterung der demokratischen Partizipation; die Stärke des Rechts statt das „Recht des Stärkeren“ – diese humanen Kategorien und Wegsteine auf der Strecke zu einer menschenwürdigen Welt haben ihre Gültigkeit nicht verloren.

Die Kriegsvorbereitungen gegen Syrien laufen schon seit Tagen auf Hochtouren. Für die Regierungen in Washington, London und Paris scheint bewiesen, dass die syrische Regierung für den Giftgaseinsatz in der vergangenen Woche verantwortlich ist. Alle drei Staaten bereiten nach eigenen Aussagen ihre Armeen für mögliche Angriffe auf Syrien vor, auch ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats. An diesem Donnerstag findet eine Abstimmung im britischen Unterhaus über einen Militäreinsatz gegen Syrien statt. Auch die Türkei will sich beteiligen und ihre Luftwaffenbasen in Izmir und Incirlik zur Verfügung stellen. Ob sich ebenso die Bundeswehr am Krieg beteiligen soll, ist noch unklar. 200 deutsche SoldatInnen und Patriot-Raketen befinden sich bereits in der Türkei an der Grenze zu Syrien.

Deshalb gilt auch hier: Nein!

Nur Frieden schafft Frieden.

Demonstration
zum
Antikriegstag 2013

Samstag, den 31. August 2013

Auftaktkundgebung
14 Uhr am „Kriegsklotz“
(S-Dammtor/U-Stephansplatz)

Abschlusskundgebung
16 Uhr Mönckebergstraße/Hauptbahnhof

Veranstalter: Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung

Assoziiert Euch!
Ein praktischer Hinweis

„Mehr und mehr stellt sich die Frage, ob Geist und Körper noch mitkommen. Man mag Bourn-Out, Flucht in die Sucht oder Depressionen für Zeitgeist-Erkrankungen halten, aber sie befallen in diesen Zeiten den Geist: Ein durch Globalisierung und den Zusammenbruch des Sozialismus entfesselter Kapitalismus hat den Druck des Ökonomischen radikal erhöht; er verlangt höchste Flexibilität, permanente Verfügbarkeit, größten Einsatz, maximale Rendite. Zugleich hat eine gigantische Vergnügungsindustrie sich der Menschen bemächtigt. Immer mehr verfangen sich in vermeintlich sozialen Netzwerken. Und die Sphären verschwimmen: Mobiltelefone machen die Menschen ständig verfügbar. Selbst im Urlaub kann fast jeder Fünfte sich nicht mehr entspannen.“

Matthias Iken, „Entschleunigt Euch!“ (Leitkommentar), „Hamburger Abendblatt“, 31.8./1.9.'13, S. 2.

 

„Die Stadt Hamburg ist eine gute Stadt; lauter solide Häuser. Hier herrscht nicht der schändliche Macbeth, sondern hier herrscht Banko. Der Geist Bankos herrscht überall in diesem kleinen Freistaate, dessen sichtbares Oberhaupt ein hoch- und wohlweiser Senat.“

Heinrich Heine, „Memoiren des Herren Schnabelewopski“, Kapitel III, 1834.

Der Leitkommentator des „Hamburger Abendblattes“ (s.o.) ist ein durch und durch konservativer Journalist. Als die Angelegenheit mit dem Totalumzug der Hamburger Uni an den Kleinen Grasbrook (Hafen) schon längst vom Tisch war, hielt er ihn immer noch für eine gute Sache.

Nun mag der Verkauf einiger Print-Medien von Springer an die Funke-Gruppe – darunter auch die alte Tante aus Hamburg – ihm den Schrecken in die Glieder fahren lassen, aber auch die häßliche Realität des gegenwärtigen Kapitalismus respektive vermehrte Kritik und Gegenwehr wider die organisierte Unmenschlichkeit können ebenso zu einer kritischen Würdigung der Realität führen: „Entschleunigt Euch!“

In Hamburg regiert nicht der Erste Bürgermeister (SPD), sondern die „Schuldenbremse“. Schon Heinrich Heine (s.o.) beobachtete ironisch genau die Tatsache, daß in Hamburg wesentlich nicht mit Gewalt, sondern strikt pekuniär regiert wird.

Die öffentliche Ausgabenbegrenzung auf 0,88 Prozent behindert, daß die öffentlichen Einrichtungen (oder die es sein bzw. wieder werden sollten) ausreichend bedarfsgerecht finanziert werden. Bildung, Soziales und Kultur, auch die Infrastruktur (z.B. Straßen, Geh- und Fahrradwege), sind im schlechten Zustand – sogar die (Straf-)Richter bemängeln eine strukturelle Arbeitsüberlastung. Stattdessen werden die Banken gefüttert und die Mehrheit soll darben.

Dabei ist Hamburg reich und die Stadt könnte mehr Einnahmen realisieren. Zudem ist die kulturelle Verwahrlosung der Stadt auf Dauer ohnehin teurer als die Entwicklung der Einrichtungen im Interesse des Allgemeinwohls.

Dagegen richtet sich vermehrt Widerstand. Auch die Hochschulen sind mit der „Schuldenbremse“ wenig einverstanden. (Allein der 1:1-Übergang von Bachelor zu Master erfordert eine höhere Grundfinanzierung der Hochschulen.) Deshalb sind die Studienreform sowie die positive Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes mit der Lösung der „Schuldenbremse“ verbunden.

Ansprüche gedeihen, wenn man sie artikuliert und für gemeinsame Anliegen rational in die Tat umsetzt. Assoziierte Aufklärung wirkt.

„Von dem Augenblick an, wo eine Religion bei der Philosophie Hülfe begehrt, ist ihr Untergang unabwendlich. Sie sucht sich zu verteidigen und schwatzt sich immer tiefer ins Verderben hinein.“

Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“, Zweites Buch, zuerst 1834.

Opposition bleibt erforderlich
Zu den Bundestagswahlen

„Selbst die Frau, der die Deutschen vertrauen, ist zum Regieren auf einen Koalitionspartner angewiesen, und zwar auf einen aus dem gegnerischen Lager. Denn zur Wahrheit der Wahlnacht gehört auch, dass sie mit einer Mehrheit der linken Parteien im Bundestag endete. Und dass die Union dort nun die einzige bürgerliche Formation ist.“

Bethold Kohler, „Zwischen Rot und Grün“, Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 24.9.´13, Leitkommentar.

 

„Am Ende dürften sich die Sozialdemokraten indes kaum verweigern. Immerhin spielten ihnen die Wähler einen Trumpf in die Hand. Die Sozialdemokraten können angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag jederzeit die schwarz-rote Verbindung aufkündigen und eine Achse mit Grünen und Linkspartei schmieden. Das geht nicht jetzt, unmittelbar nach der Wahl. Zu gross wäre der Glaubwürdigkeitsverlust, aber in zwei Jahren kann alles anders aussehen. So bleibt der SPD nun Zeit, um einen Koalitionswechsel vorzubereiten – oder der Kanzlerin zumindest damit zu drohen. Ungemein praktisch an dieser Waffe ist, dass man sie nicht einsetzen muss, um aus ihr einen Vorteil zu ziehen.“

Eric Gujer, „Angela im Wunderland“, „Neue Zürcher Zeitung“, 24.9´13.

 

Gottesanbeterin, Mantis religiosa, süd-europ. räuber. Fangschrecke, bis 7,5 cm. lang, grün oder goldbraun. Die Vorderbeine, taschenmesserartig einklappbare Fangarme, ähneln zum Gebet erhobenen Armen; vom Aussterben bedroht.“

Brockhaus 2010, S. 2785.

Fangschreckenweibchen fressen zuweilen die viel kleineren Männchen während der Begattung. Dies beeinträchtigt nicht die Erzeugung von Nachkommen.

Die FDP, jammervoll reduziert auf die neoliberale Sittenwächterin und ggf. Mehrheitsbeschafferin der CDU, ist in sich zusammengesunken und im Bundesparlament nicht mehr vertreten. In Hessen ist sie so schwach, daß eine Schwarz-Gelbe Koalition nicht mehr gelingen kann.

Die „Alternative für Deutschland“ hat den Sprung nach Berlin nicht geschafft – ist aber als rechtspopulistische Wählerfängerin weiter ernst zu nehmen.

Die Kanzlerin wird auf die SPD zugehen, eine sogenannte Große Koalition ist am meisten wahrscheinlich. Herauskommen werden wohl ein Mindestlohn für Geringverdiener und einige Ministerposten für CDU- und SPD-Mitglieder.

Die parlamentarische Opposition (Grüne und die LINKE) wird sich vermutlich darauf einstellen müssen, daß nur wenige wesentliche Korrekturen an der bisherigen Bundespolitik vorgenommen werden sollen, obgleich der Druck für positive Veränderungen gewachsen ist. Frau Merkel ist unsicher geworden, ebenso die SPD. Zu verändern ist Vieles.

Auf der politischen Agenda dieser Republik stehen nach wie vor die sofortige Beendigung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, die strikte Begrenzung von Waffenexporten; die Lösung der „Schuldenbremse“ in Europa und in der Bundesrepublik; die Beendigung der Hartz-IV-Drangsal; die vermehrte Besteuerung der Reichen; die bedarfsgerechte Finanzierung öffentlicher Einrichtungen (Bildung, Soziales, Gesundheit, Kultur); eine Energiewende, die eine ist; die Stärkung demokratischer Rechte sowie insgesamt eine Politik, die sich öffentlich begründet legitimieren kann.

Das dies ganz gewiß durch Wahlen nicht allein und schon gar nicht dadurch, daß man die Hände in den Schoß legt, zu erreichen ist, wird es weiterhin der – nicht zuletzt außerparlamentarischen – Opposition gegen die gesellschaftlichen Deformationen bedürfen – im Bund, in den Ländern, in Hamburg. Die Fortsetzung des Tina-Prinzips („There is no alternative“) muß und kann ein Ende finden.

Verbesserungen beginnen...

„Immer werden wir wieder auf den sicheren schwankenden Pontons stehen und eine Freude in uns fühlen und eine Kraft in uns kennen. Immer wieder werden wir auf den Pontons stehen, mit dem Mut zum Abenteuer dieses Lebens, und den Atem der Welt unter unseren Füßen fühlen.“

Wolfgang Borchert, „Die Elbe“

Jakobinersperling