Flugblätter
Inhalt:
00-10-01 | Günter trommelt blechern für Deutschland |
00-10-02 | Semesteranfangszeitung der Liste LINKS |
00-10-03 | Zum Jahrestag der Reichspogromnacht 1938 – Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen (Resolution) |
00-11-01 | Studentische Interessenvertretung als Teil gesellschaftlicher Opposition. Zur Mitgliederversammlung des fzs in Hamburg |
00-11-02 | "Leitkultur"? Über deutsches Wesen. |
00-11-03 | Die deutsche Herbergsordnung. Weiteres zur "Leitkultur". |
00-11-04 | "Schicksal des Jedermann". Wie weiter mit der "Wehrmachtsausstellung"? |
00-11-05 | Nach dem Getöse. Das neue Konzept der "Wehrmachtsausstellung". |
00-12-01 | Augen rrechts, die Schill-Partei! |
00-12-02 | Always look on the bright side of life oder Das Kreuz mit den Grünen |
00-12-03 | Ding, dong! |
01-12-04 | Rinks oder Lechts. Kandidaturbegründung zur Studierendenparlamentswahl 2001 (Selbstdarstellung). |
01-01-01 | Neues Altes |
01-01-02 | Nadelstreifen, grün oder Joseph und seine Brüder |
01-01-03 | Wer mit dem RCDS tanzt... |
01-01-04 | 1. Zeitung zur Wahl zum Studierendenparlament im Januar 2001 |
01-01-05 | 2. Zeitung zur Wahl zum Studierendenparlament im Januar 2001 |
01-01-06 | Gemeinsames Flugblatt der Liste LINKS und der juso hochschulgruppe: Über grüne Autokratie im Präsidium des Studierendenparlamentes oder Der Präsident |
01-01-07 | „Alle Menschen sind nicht gleich.“ |
01-01-08 | Die Rechten, das Backen und die Beckers |
01-01-09 | Unzureichende Linksverschiebung. Zu den Ergebnissen der SP-Wahlen. |
01-02-01 | Das Geschlecht als Kategorie. Weiteres über die grüne Weltordnung |
01-02-02 | Er hat Euch so gebraucht, der Kapitalismus! |
01-02-03 | Bombele Doofele oder die Popularität des Beckerprinzips |
01-02-04 | Nie wieder! |
01-02-05 | Die Freiheitsfalle. Die rechte Kritik am neuen Betriebsverfassungsgesetz |
01-02-06 | Der Widerspenstigen Zähmung und Der gewollte Schlußstrich unter „‘68“ |
01-03-01 | Das Reich der Grünen |
01-03-02 | Qualität kaufen und Grün wählen. Harmonie im Hier und Jetzt |
01-03-03 | Macht oder Der obskure Hunger nach Krümmeln mit Schlagsahne |
01-03-04 | Deutschland – ein Dauermärchen |
Zum 10. Jahrestag der
„deutschen Einheit“ stellt Günter Grass fest, daß die aus Polen,
der Sowjetunion und der Tschechoslowakei „vertriebenen Deutschen“ mit ihrem
„qualvollen Leiden“ in der Nachkriegszeit nicht ausreichend berücksichtigt
wurden. Er knüpft damit an die „Instrumentalisierung-von-Auschwitz-als-Moralkeule“-Erinnerung
von Martin Walser an und geht noch weiter: „Es ist, als gewönnen die
in nur zwölf Jahren begangenen Verbrechen mehr und mehr an Gewicht,
je größer die zeitliche Distanz zu den pauschal als Schande
bezeichneten Untaten wächst.“ Soso, die Sozialdemokraten entdecken
also die Geschichtsklitterung und taumeln mit in der Einheitsstimmung.
Die „Wir sind ein Volk“-Stimmung zum 3.Oktober, bei dem mit viel Nationalgefühl das „Geschenk der Einheit in Freiheit“ (Lothar de Maizière) gefeiert wurde, wurde allerdings durch rechtsradikale Anschläge gegen jüdische Einrichtungen, Ausländer und Obdachlose getrübt. Von soviel nationalem Gefühl sahen sich Rechtsradikale in ihren biologistischen und sozialdarwinistischen Gesellschaftsdeutungen ermutigt und setzen sie in die Tat um. Da fordert der Bundeskanzler doch gleich den „Aufstand der Anständigen“. Denn rechtsradikale Anschläge sind zu vermeiden, wenn er den „Standort Deutschland“ in aller Welt als guten Außenhandelspartner präsentieren möchte. Damit dieses Ansehen nicht zu Schaden kommt, werden die „Anständigen“ mobilisiert. Aber die moralische Empörung soll damit nicht überschritten werden, da der moderne Standort auch keine Lehren aus dem Faschismus braucht.
Konkurrenz und Unterordnung sollen heute wieder die Tugenden sein, mit denen die „Anständigen“ um ihr soziales Dasein zu kämpfen haben. Im freien Fall in die Barbarei des unerschrockenen Vergessens wird der Mensch vom handelnden Subjekt zur verwertbaren „human resource“ und die Gesellschaft strikt in Gewinner und Verlierer geteilt. Armut ist private „Schuld“ und soziale Forderungen sind schlicht unanständig. Sich doch bitte dieser Art von Freiheit unterzuordnen, wird zwecks besserer Profitbedingungen von seiten des Kapitals, seiner Interessenvertretung und seinen Knechten gefordert. Der Begründer des Neoliberalismus, von Hayek, formulierte es 1948: „Das System funktioniert unter der Bedingung, daß der einzelne bei seiner Teilnahme an sozialen Prozessen bereit und willig sein muß, sich Änderungen anzupassen und Konventionen zu unterwerfen, die nicht das Ergebnis vernünftigen Planens sind.“ Herrschende gesellschaftliche Verhältnisse werden damit zur „Natur“ und nicht von Menschen gemacht erklärt und sollen somit als schicksalhaft und unveränderbar gelten.
Vernünftiges Planen
steht allerdings auf der Tagesordnung, wenn gesellschaftliche Krisen nicht
verschärft, sondern überwunden werden sollen. Notwendig dafür
ist, soziale Bedingungen zu schaffen, die die Gleichheit aller Menschen
und damit ihre Verfügung über gesellschaftliche Prozesse beinhalten.
Gegenstand zivilisierten Handelns ist, gesellschaftliche Widersprüche
wissenschaftlich zu ergründen, um hin auf humanistische Entwicklung
und Verhältnisse wirken zu können. Damit Wissenschaft nie wieder
Grundlage für sozialdarwinistische und biologistische Gesellschaftsdeutungen
wird, sind besonders die Hochschulen gefordert, sich eindeutig zu positionieren
und dafür zu wirken, daß stets die Gegenwärtigen an die
Lehren aus der Geschichte erinnert werden.
Wer mag die Geleckten?
Zwischen den frisch-bunten
Werbeseiten von Deutsche Bank 24 („eCash“), bodystyling, HASPA und diversen
Job-Anbietern finden wir in der szene „UNI-EXTRA“ junge, unbedarfte, geschichtsvergessene,
fröhlich scheinende, lächelnde, leicht versonnene, locker und
lässig gekleidete Leute – Studierende –, die, ganz trendy, von farbigen
Tellern frühstücken, sich als Models verdingen, im Garagenbüro
mit Aktien spekulieren, die sich den „Survival-Guide“ kaufen und sich am
Forschungswettbewerb „Body-Check – Wie viel Körper braucht der Mensch?“
beteiligen sollen und, wenn alles glatt läuft, die Einkaufstips des
„szene Shopping Guide“ beherzigen, um jung, unbedarft, geschichtsvergessen,
fröhlich scheinend, lächelnd, leicht versonnen, locker und lässig
gekleidet, ganz trendy – halt!, hatten wir das nicht schon? Wir können
die Zeitung auch von hinten nach vorne lesen.
Glatt sind sie, die Seiten, die Gesichter, die Welt. Ganz unproblematisch hier und jetzt. Ohne Widerspruch, des Gedankens Blässe und Entwicklungsziel.
Wenn manche Leute lächeln: dann ist Krieg.
Wer weiterhin seinen Verstand benutzen will, sollte solche Hefte beiseite legen und Vernünftiges tun.
Soziale Ungleichheit, ausschaltende Konkurrenz und die Orientierung auf die totale Marktverwertbarkeit der Menschen bestimmen heutzutage den Alltag. „Karriere“, „Erfolg“ und das reibungslose Funktionieren in den gegebenen Verhältnissen sollen die Ziele sein, die erreicht werden müssen, um auf der Seite der „Gewinner“ zu stehen. Da wird Solidarität schnell zur Bevormundung durch den Sozialstaat, Gleichheit zur Gleichmacherei und Freiheit zur Unterordnung. Zur Aufrechterhaltung der Herrschaft des freien Marktes bedarf es einiger ideologischer Anstrengungen, um den Widerspruch zwischen gesellschaftlichem Reichtum und den darin angelegten Möglichkeiten zur Realisierung eines zivilisierten Lebens auf der einen Seite und den trotzdem so brutalen Lebensbedingungen auf der anderen zu vernebeln, um evidente Ungleichheiten zu legitimieren. Denn wer nichts leistet, ist auch nichts wert, so einfach ist das. So werden erneut sozialdarwinistische Deutungsmuster bemüht, die „natürliche“ Entwicklung des kapitalistischen Konkurrenzsystems zu begründen, um die potentielle Veränderbarkeit gesellschaftlicher Verhältnisse zu verschleiern.
Daß gesellschaftliche Verhältnisse aber immer von Menschen gemachte und somit veränderbare sind, steht dem als Schlußfolgerung aus der eigenen Geschichte antagonistisch gegenüber. Die Lehre aus Faschismus und Krieg, die Überwindung des Kapitalismus, muß von herrschender Seite vergessen gemacht werden. In den 60/70er Jahren wurde dazu die Totalitarismustheorie aktualisiert, hervorgerufen durch den starken Druck der linken Kräfte, die eine fortschrittliche Gesellschaftsentwicklung tatsächlich zu bewirken „drohten“. Nun konnte die Bekämpfung des Kommunismus wieder als Hauptaufgabe propagiert werden, mit der Relativierung des Faschismus als willkommene Voraussetzung. In den 80ern erhielt diese Abwehrideologie eine zusätzliche Bedeutung. Um die erneute Gefährdung der herrschenden Verhältnisse durch den positiven Bezug der fortschrittlichen Bewegung auf Reformansätze wie Glasnost und Perestroika abzuwehren, wurde die Totalitarismuskeule erneut hevorgeholt, um die Alternativlosigkeit zum Kapitalismus durchzusetzen. Der nach dem Zerfall des Systemkonkurrenten ´89 und seiner erfolgreichen Abwicklung einsetzende „Siegeszug“ des Kapitalismus hat aber durch die Zuspitzung der Widersprüche dazu geführt, daß die Überwindung dieser Verhältnisse nach wie vor auf der Tagsordnung steht. Um das zu verhindern, muß alle Fortschrittlichkeit im Keim erstickt werden.
So wird in Diskussionen um Rechtsextremismus die „autoritäre Erziehung im totalitären sozialistischen Regime“ der DDR als Ursache bestimmt, anstatt diesen als Konsequenz des gesellschaftlichen Prinzips der ausschaltenden Konkurrenz zu analysieren. So wird die Forderung nach einem Verbot der NPD zum Kampf gegen „den Extremismus“ im Allgemeinen und also z.B. auch gegen die PDS. So wird aus einer umfassenden Gesellschaftsanalyse und der daraus resultierenden Einsicht in die Notwendigkeit zur organisierten politischen Tätigkeit, die „Diktatur der Vernunft“.
Um die Möglichkeit fortschrittlicher Entwicklung in die Tat umzusetzen, ist es aber notwendig, die Vernunft als Mittel zur Erkenntnis der eigenen gesellschaftlichen Lage, des eigenen Interesses, zu nutzen. Das bedeutet, vorallem in den Hochschulen für gesellschaftskritische Inhalte von Wissenschaft und Forschung zu streiten und die Teilhabe aller an Diskussions- und Entscheidungsprozessen zu realisieren, damit alle Menschen sich dafür qualifizieren können, im eigenen verallgemeinerbaren Interesse für eine humanistische Entwicklung der Gesellschaft zu wirken.
Hochschulen sollen standortdienlich,
dienstleistungsorientiert, managementfähig, schlank, fit – kurz: „modern“
werden. Diesen Allgemeinplatz des Zeitgeistes pfeifen inzwischen die Wissenschaftsredakteure
von „Focus“ bis „Freizeit Revue“ von den Dächern.
Weil wissenschaftliche Erkenntnisse immer direkter Anwendung finden in der gesellschaftlichen Entwicklung, erhalten die Hochschulen als zivilgesellschaftliche Institutionen von Bildung und Wissenschaft erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit und Bedeutung. Deshalb versuchen Kapitalvertreter zunehmend politischen Einfluß zu gewinnen. So führt – kapitalistisch deformiert – die Entwicklung zur „Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft“ zur Aufrechterhaltung und Zuspitzung von Ausbeutung und Entfremdung. Die engere Verzahnung von Wissenschaft und Gesellschaft beinhaltet jedoch die Möglichkeit, durch politischen Kampf um demokratische Verfügung, daß der hochqualifizierte Mensch zur entscheidenden Produktivkraft wird und über seine eigenen Belange kooperative Kontrolle erlangt.
Vor dem Hintergrund dieser prinzipiellen, sich gegenüberstehenden Entwicklungsmöglichkeiten hat die Behörde für Wissenschaft und Forschung der Hansestadt Hamburg im Juli dieses Jahres einen Referentenentwurf zur Neuordnung des Hamburgischen Hochschulgesetzes vorgelegt. Mit dem Entwurf gibt die Behörde weitgehend dem hegemonialen Druck von Kapitalseite nach.
Diese hat sich – über ihre Interessenvertretung, die Hamburger Handelskammer – offensiv in die Diskussion eingebracht, indem in einem ausführlichen Forderungskatalog „mehr Freiheit für unternehmerisches Handeln“ als Ziel der Novellierung des Hochschulgesetzes gefordert wurde.
Unter der „Führung“ des Präsidenten und dem direkten Einfluß privater Geldgeber sollen die Mitglieder der Hochschulen jeglichen Einflusses auf den Wissenschaftsprozeß entsagen. Isoliert und in Konkurrenz zueinander sollen alle dem Profitinteresse einiger weniger dienen, indem sich die Studierenden zur servilen Ware Arbeitskraft qualifizieren, die Forschenden Ergebnisse zur unmittelbaren Verwertung produzieren und die Verwaltenden sich selber wegrationalisieren.
Diese Orientierung wird im Referentenentwurf durch im Vorfelde geäußerte Kritik von linker Seite nur geringfügig relativiert umgesetzt. Der Präsident soll beispielsweise an keine Gremienbeschlüsse mehr gebunden sein, dafür überall Vetorecht bekommen, im Präsidium nicht überstimmbar sein und sich seine Vizepräsidenten selbst aussuchen können, sogar aus der Wirtschaft.
Doch der Kniefall vor dem Kapital tut nicht Not. So ist es auf Initiative linker Studierender von Liste LINKS und juso-hochschulgruppe gelungen, in Kooperation mit Personalvertretern, Gewerkschaftern und der Reformgruppe Hamburger HochschullehrerInnen (RHH) eine kritische Stellungnahme zum Referentenentwurf zu erarbeiten, die vom Konzil als höchstem Gremium der Universität verabschiedet wurde. Gegen die Eliminierung der Wissenschaft als kooperativ gewonnene Erkenntnis trifft die Stellungnahme mit der Forderung nach Stärkung von akademischen Gremien, studentischer Interessenvertretung sowie Personalvertretung gegenüber der Hochschulleitung, kritischem Gesellschaftsbezug in den Wissenschaften und Ausbau der Kooperationsstrukturen aller Mitglieder der Hochschulen den Referentenentwurf in seinem Kern. Diese Kritik wäre durch die Verfaßte Studierendenschaft aufzugreifen und weiter zu entwickeln, um den politischen Druck dafür zu entfalten, daß die BWF den Entwurf zurückzieht. Es sind die Bedingungen dafür schaffen, daß die Einheit von Studium, Lehre, Forschung und Selbstverwaltung zur Grundlage der Entwicklung der Hochschulen als Institutionen kritischer Wissenschaft mit humanistischer Zielbestimmung werden kann.
Wer die Gesellschaft
kennt, kann sie erobern. Wissenschaftliche Erkenntnisse finden immer direkter
Anwendung in der gesellschaftlichen Entwicklung, die Bedeutung der wissenschaftlichen
Institutionen wächst.
Im Widerspruch zur Kommerzialisierung der Hochschulen steht die Möglichkeit massenhafter wissenschaftlicher Qualifikation als wesentlichem Bestandteil demokratischer Entwicklung. Die Gewinnung von kooperativer Einsicht in Ursachen, Widersprüche, Wirkungszusammenhänge und Prozesse gesellschaftlicher Verhältnisse zur humanistischen Gesellschaftsveränderung steht den Gewinnen durch internationale Konkurrenz unversöhnlich gegenüber.
Um für eine fortschrittliche Wissenschafts- und Gesellschaftsentwicklung politisch wirksam zu sein, haben wir uns im Dezember 1993 als Liste LINKS aus der Linken Liste, der Offenen AusländerInnenliste und Fachschaftsaktiven konstituiert. Wir engagieren uns für egalitäre soziale Bedingungen, in denen Qualifikation, Verfügung und solidarische Kooperation Grundlage und Inhalt menschlicher Vergesellschaftung sind.
Darauf hin arbeiten wir zusammen
mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in der studentischen Interessenvertretung,
in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung und in den außerparlamentarischen
Bewegungen. In Fachschaftsräten, im AStA in Fachschaftsrätekonferenz
und AusländerInnenreferat, im Studierendenparlament, in Konzil, Akademischem
Senat und seinen Ausschüssen sowie im Hamburger Forum für Völkerverständigung
und weltweite Abrüstung und im Hamburger Bündnis gegen Rechts
wirken wir kritisch gegen die Zurichtung öffentlicher Institutionen
und ihrer Subjekte auf kapialkonforme Servilität und für den
aufklärerischen und gesellschaftskritischen Einfluß der Mehrheit
der Menschen zur Überwindung von Ausbeutung, Entfremdung und Konkurrenz,
um die gleiche und freie Entfaltung aller Menschen als Grundbedingung allgemeiner
Entwicklung zu erreichen.
Zum
Jahrestag der Reichspogromnacht 1938 –
Faschismus
ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 fand ein von Staat und Nazis organisierter Massenpogrom gegen die jüdische Bevölkerung statt: Über 1.300 Synagogen und Kultureinrichtungen wurden zerstört, Geschäfte und Wohnungen geplündert und über 25.000 Jüdinnen und Juden allein in dieser Nacht verhaftet, gefoltert; 100 wurden ermordet. Bald darauf begann Nazideutschland den Zweiten Weltkrieg und beschloß 1942 bei der „Wannseekonferenz“ die „Vernichtung der europäischen Juden“ (R. Hilberg). Die faschistische Diktatur im Bündnis reaktionärer Parteien und Wirtschaftseliten hatte als Ziel die imperiale Expansion zur brutalen Ausbeutung und Unterdrückung der Bevölkerung des In- und Auslandes – der zweite „Griff nach der Weltmacht“.
Daher wurden nach der Befreiung von Faschismus und Krieg der Aufklärung der Kriegsverbrechen, der Verurteilung der Urheber, der Entmachtung der Kriegsgewinnler sowie der Zerschlagung und dem Verbot sämtlicher faschistischer Organisationen besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Da diese Vorhaben nicht konsequent durchgesetzt werden konnten, gelang gesuchten Kriegsverbrechern und Massenmördern wie Eichmann, Mengele oder Barbie die – organisierte – Flucht. Mit der „Deutschen Rechtspartei - Konservative Partei“ konnte 1949 sogar eine rechtsextreme Sammlungspartei in den ersten Bundestag einziehen. Die Abspaltung „Sozialistische Reichspartei“, die den „Volkssozialismus aller Deutschen“ propagierte und damit direkt an den historischen Faschismus anknüpfte, wurde 1952 verboten.
Durch die Wirtschaftskrise
der frühen sechziger Jahre und die Etablierung von Alt-Nazis in Funktionen
in allen wesentlichen gesellschaftlichen Bereichen der Bundesrepublik wurden
die Neonazis ermutigt, mit der NPD 1964 eine neofaschistische Sammlungspartei
neu zu gründen. Die NPD konnte mit Kriegsverherrlichung und der Propagierung
ihres brutalen Sozialdarwinismus, Rassismus und aggressiven Nationalismus
in den späten sechziger Jahren beachtliche Wahlerfolge erzielen. Bereits
damals wurde – insbesondere auch von wissenschaftlicher Seite – gefordert,
die NPD als Nachfolgeorganisation der NSDAP zu verbieten. Heute ist die
NPD das organisierende Zentrum der extremen Rechten, in der die Aktionen
des neofaschistischen Spektrums von Vertretern eines elitären, aggressiven
Sozialdarwinismus bis zu den brutalen Schlägern der „Freien Kameradschaften“
koordiniert werden. Eine Partei wie die NPD, die sich seit ihrer Gründung
auf die Freiheit beruft, um die parlamentarische Demokratie zugunsten der
„Volksgemeinschaft“ zu zerstören, hätte nie zugelassen werden
dürfen.
„Differenzierung zwischen
wissenschaftlichem und berufsqualifizierendem Studium“, „Vereinheitlichung
der Regelstudienzeit“, „Obergrenzen für Studienvolumina“, „Einschränkung
von Studienfachwechsel durch Studiengebühren“, „Zwangsberatungen“,
„Erhöhter Wettbewerb durch leistungsorientierte Mittelzuweisung an
Fachbereiche und Lehrpersonal nach Kennziffern und Evaluation“, „Stärkung
der Hochschulleitung und Verbesserung des Hochschulmanagements“.
Diese „Eckwerte“ für die weitere Entwicklung der Hochschulen hatte 1993 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines Bildungsgipfels der Regierungschefs erarbeitet. Auch jetzt sind Restriktionen im Studium, kommerzialisierte Wissenschaft sowie Entdemokratisierung und Privatisierung der Hochschulen Orientierung bei den derzeitigen Bemühungen diverser Bundesländer, die neoliberale Zurichtung der Hochschulen in neuen Gesetzen zu realisieren. So tauchen die oben genannten Maßnahmen sämtlich im Entwurf für ein neues Hamburgisches Hochschulgesetz auf, den die Wissenschaftssenatorin Krista Sager im Sommer dieses Jahres vorgelegt hat.
Unter dem Druck des Kapitals befanden die Regierungen damals wie heute, daß auch im Bereich von Bildung und Wissenschaft der „Standort Deutschland“ gesichert werden müsse, „nicht zuletzt im Hinblick auf den sich verschärfenden weltweiten Wettbewerb“ („Eckwertepapier“) – die Hochschulen und ihre Mitglieder sollen der Profitmaximierung und damit dem Interesse einiger weniger dienen.
Im Jahr 1993 erhoben sich gegen diese Bestrebungen bundesweite studentische Proteste und Streiks, aus denen unter anderem der freie zusammenschluß von studentInnenschaften (fzs) als bundesweiter Dachverband von ASten und USten (Allgemeine bzw. Unabhängige Studierendenausschüsse) entstand.
„Nicht der ökonomische Standort, sondern die Emanzipation und die Qualifizierung der Menschen im Sinne einer gesellschaftlichen Problemlösungskompetenz muß im Mittelpunkt der Hochschulbildung stehen.“ Auf Grundlage dieser Position ist der fzs als studentische Interessenvertretung gegründet worden, die nicht „ständische“ Interessen gegen andere soziale Interessengruppen durchsetzt, sondern als Teil gesellschaftlicher Opposition für die Überwindung bestehender Verhältnisse im verallgemeinerbaren Interesse der Mehrheit der Menschen kämpft.
Diese Orientierung war den realo-grün-liberalen ASten der letzten Jahre an der Uni Hamburg zu fortschrittlich, so daß trotz zweier Beschlüsse von studentischen Vollversammlungen die Uni Hamburg noch immer nicht dem fzs beigetreten ist.
Die verstärkte Kooperation der Studierenden bundesweit und mit anderen Kräften außerparlamentarischer Bewegung ist jedoch notwendig, um nicht nur wie bisher die zunehmende Marktorientierung der Hochschulen zu verzögern, sondern dafür zu wirken, daß tatsächliche Reformen für eine humanistische Zielbestimmung von Bildung und Wissenschaft durchgesetzt werden können.
Politische Handlungsfähigkeit
ist deshalb auch Hauptthema der Mitgliederversammlung des fzs in Hamburg
vom 8. bis 11. November, deren Gastgeber der AStA der Hochschule für
Wirtschaft und Politik (HWP) ist. Alle Hamburger Studierenden sind zur
Beteiligung an den Plena und Arbeitsgruppen aufgefordert, um sich und andere
dafür zu qualifizieren, eine Umkehr in der Hochschulpolitik zu erkämpfen.
Begrüßung:
Mittwoch 16.00 Uhr
Diverse Arbeitsgruppen
zu Hochschulpolitik, Soziales, Internationales, Gegen Rechts u. a.: Donnerstag
ab 9.30 Uhr (Räume s. Info im PI)
Plena zur „Politisches
Handeln“: Donnerstag ab 19.00 Uhr und Freitag 9.30 – 11.00 Uhr
Kartoffelsuppe. Angela
Merkel, danach gefragt, was ihr denn zur „deutschen Leitkultur“ einfalle,
nannte spontan dieses derbe Spätjahresgericht. Nun soll sie auch auslöffeln.
Jeden Tag Kartoffelsuppe.
CDU-Generalsekretär Meyer will „keine Hilfsarbeiter“, sondern mehr „ausländische Selbständige“, die in die Sozialsysteme einzahlten.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete und Präsidentin des „Bundes der Vertriebenen“, Steinbach, forderte: „Zuwanderung nach Deutschland muß aus nationaler Interessenlage definiert, begründet und gesteuert werden.“ Auch das Asylrecht sei zu lasch.
Edmund Stoiber, Bayern, proklamierte für die CSU, schon vor zwei Jahren den rechten Kampfbegriff der „Leitkultur“ eingeführt zu haben. Oans, zwoa, gsuffa – a Maß auf Ordnung, Religion, den Standort und Deutschland in den Grenzen von 1937? Die NPD wird’s danken.
Die neoliberale Brise bringt manch alte Fregatte wieder in Fahrt, alte Schabracken werden wieder aus der Mottenkiste geholt: Das Boot ist eigentlich zu voll, wenn der Ausländer nach Deutschland kommt, hat er brav zu sein, seine Steuern zu zahlen und muß deutsch (Prost!) und katholisch lernen. Die Konkurrenzschraube soll weiter angedreht werden.
Das Kampfgetöse um die „deutsche Leitkultur“ soll übertönen, daß die Lehren aus faschistischer Diktatur und zwei Weltkriegen die Schaffung des Asylrechts und die Abschaffung der Todesstrafe im Grundgesetz; nach dem Potsdamer Abkommen der Anti-Hitler-Koalition die Ächtung und Verfolgung von Massenmorden, die Entmilitarisierung, die Zerschlagung von Großbanken und -konzernen, die demokratische Verfassung, Arbeit und soziale Sicherheit, die Auflösung faschistischer Organisationen humane Grundsätze der gesellschaftlichen Entwicklung für das Nachkriegsdeutschland waren.
Diese uneingelösten
Maßstäbe und Forderungen sollten Orientierung für die allgemeine
soziale Praxis sein. Die „deutsche Leitkultur“ kann schleunigst zurück
in den Keller – in die Mottenkiste!
Gegen das Vergessen: Zum
Gedenken an die Pogromnacht
Veranstaltung am 7.11.00,
Hörsaal der HWP, Von-Melle-Park 9, 19:30 Uhr
Mahnwache am Joseph-Carlebach-Platz
(Grindelhof)
9.11.00, 15:00 Uhr
„Alle nazistischen Gesetze, welche die
Grundlage für das Hitlerregime geliefert haben oder eine Diskriminierung
auf Grund der Rasse, Religion oder politischer Überzeugung errichteten,
müssen abgeschafft werden. Keine solche Diskriminierung, weder eine
rechtliche noch eine administrative oder irgendeiner anderen Art, wird
geduldet werden.“
Potsdamer Abkommen, 2. August
1945
Nun ist es wieder so
weit: Die CSU fordert offensiv die Abschaffung des grundgesetzlichen Asylrechts
– eine Forderung, die übrigens auch in den oben zitierten „Arbeitsgrundlagen...“
der CDU formuliert ist.
Immer wenn die sozialen Widersprüche ins Unerträgliche wachsen, wird raunend die Nation beschworen. Da gibt es dann kein Links, kein Rechts; kein Oben, kein Unten; kein Arm, kein Reich; keinen konstitutiven Unterschied zwischen Bankmanager und Obdachlosen; keine undemokratische Differenz zwischen konzentriertem Reichtum und krankenden Sozialsystemen. Der gehobene Stammtisch murmelt von „deutscher Leitkultur“.
Deutsche Sprache und christlich-abendländische Werte sind der „Ordnungsrahmen“ für alle anständigen Menschen und bilden das „Zusammengehörigkeitsgefühl“. Der Ausländer, der hier leben will, hat sich daran zu halten. Gebraucht wird er, wenn ihm nicht wegen politischer Verfolgung Aufenthalt genehmigt werden muß („Asylmißbrauch“), „zur Sicherung wissenschaftlicher Spitzenleistungen“ im „weltweiten Wettbewerb“, der ja so bekömmlich ist für die in Unterentwicklung gehaltenen Länder der sogenannten Dritten Welt. Wer zu den Besten gehört, soll auch ein Eingliederungsprogramm erhalten mit „Rechtsordnung“, „Geschichte und Kultur“ sowie „gesellschaftliche(r) und berufliche(r) Orientierung“. An deutscher Herbergsordnung soll die Welt genesen.
Deutsche Kultur: Saumagen, Schäferhunde, Marschmusik, Naziglatzen und immer hübsch bei Ampelgrün über die Straße gehen?
Für Wettbewerb und Konkurrenz
will die CDUCSU bieder-nationale Deutungshoheit über
das Kulturelle erlangen.
Lachen wir darüber und bleiben solidarisch – international!
Die streitbare und umstrittene
Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944”,
an vielen Orten in den Jahren 1995 bis 1999 gezeigt, ist seit einem Jahr
aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, da sie wegen massiver Kritik
von rechter Seite an der Aussagekraft des Quellenmaterials und seiner Deutung
sorgfältig von einer durch die Ausstellungsmacher eigens dazu beauftragten
Kommission untersucht worden ist.
Obwohl „Ungenauigkeiten und Flüchtigkeiten bei der Verwendung des Materials” festgestellt wurden, kommt die Kommission in einer Presseerklärung vom 15.11.’00 zu der Einschätzung, daß die Grundaussagen der Ausstellung „der Sache nach richtig” seien. Es wird nicht bestritten, „daß sich die Wehrmacht in der Sowjetunion in den an den Juden verübten Völkermord, in die Verbrechen an den sowjetischen Kriegsgefangenen und in den Kampf gegen die Zivilbevölkerung nicht nur ‘verstrickte’, sondern daß sie an diesen Verbrechen teils führend, teils unterstützend beteiligt war”. Moniert werden in der Hauptsache die „durch die Art der Präsentation allzu pauschale(n) und suggestive(n) Aussagen” sowie der inadäquate „Umgang der Ausstellungsmacher mit der an der Ausstellung geübten Kritik”. Die Präsentation in überarbeiteter Form wird empfohlen. Die Grundaussage wird nicht in Frage gestellt, mehr Gründlichkeit nahegelegt und die politische Deutung soll entschärft werden.
Was war geschehen?
In dem genannten Präsentationszyklus der 90er Jahre geriet die Ausstellung mit ihrer historischen Deutung des systematischen Eroberungskrieges und Massenmordes – „neben Auschwitz das barbarischste Kapitel der deutschen und österreichischen Geschichte” (Einleitung im Ausstellungskatalog) – zunehmend unter Druck. Die Legende von „der sauberen Wehrmacht” sollte, von CDU-Politikern, Geschichtsrevisionisten bis Neonazis, unbedingt verteidigt werden.
1999, das Jahr des NATO-Angriffskrieges (24.3.) mit bundesdeutscher Beteiligung auf Jugoslawien, war die Ausstellung in Hamburg politischer Zielpunkt unter anderem zweier Nazi-Aufmärsche („Ruhm und Ehre der Waffen-SS”). Das „Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus” konnte mehrere Gegenaktionen organisieren. Die Kontroverse spitzte sich zu – Die Ausstellung wurde zurückgezogen.
Und heute?
Es ist dafür zu wirken und darauf zu hoffen, daß die überarbeitete Form der Ausstellung möglichst bald wieder in der Öffentlichkeit zu sehen ist – ohne die Rücknahme der Grundaussage –, damit das historische Bewußtsein wach bleibt und Lehren aus der Geschichte gezogen werden können.
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Weniger als 20 Photos
von 1433 gehören nach den Angaben der Untersuchungskommission „nicht
in die Ausstellung“.
Damit wurden die Hauptvorwürfe der „Schlamperei“ ausgeräumt.
Dennoch haben sich die Ausstellungsmacher entschlossen, die Ausstellung neu zu konzipieren. Wesentlich, so Jan Philipp Reemtsma, soll „die Dimension der Handlungsspielräume“ deutlicher gemacht und die Verzahnung von Wehrmacht, SS, Polizei und anderer in der Praxis des Vernichtungsfeldzuges hervorgehoben werden.
Das verlangt einen neuen Aufbau: In einem Vorraum sollen die „Nachkriegsdebatten über die Verbrechen der Wehrmacht“ gezeigt werden.
In dem folgenden Zentralraum soll dargelegt sein, warum die Verantwortlichen sich im Zweiten Weltkrieg vom Völker- und Kriegsrecht entfernt haben.
Danach werden einzelne Aspekte des Vernichtungskrieges von Partisanenkrieg bis Völkermord dargestellt.
Zum Schluß gelangen die Betrachter dann in ein Kabinett unter dem Rubrum „Handlungsspielräume“, in dem die rangübergreifenden Handlungsmöglichkeiten thematisiert werden sollen. Auch der Streit um die Ausstellung soll dokumentiert sein.
Die Widersprüche einer
brutal determinierten Handlungsweise und darin vorhandene verschiedene
Handlungsmöglichkeiten der am Vernichtungsfeldzug Beteiligten sollen
stärker betont werden.
Auch die aktuelle Auseinandersetzung
über (die Deutung von) Faschismus und Krieg soll Teil der Ausstellung
sein.
Damit hätte die Ausstellung nicht an Brisanz verloren.
Lernen aus der Geschichte und der Geschichte ihrer Deutungskontroverse ist nach wie vor möglich.
Brechmittel für
Hamburg. Recht und Ordnung. Saubere Straßen. Sitte, Anstand, Tugend
und Moral. „Richter Gnadenlos“ will Hamburg stadtpolitisch aufrüsten
– Neger, asoziales Gesindel, linkes Gesocks und Jugendliche, die nichts
taugen, sollen dahin, wo sie herkommen oder ins Gefängnis, ins Jugendheim
und in die Ecke und sich schämen. Brechmittel für Hamburg.
Sozialstaat, Bildungsreformen und die Resozialisierung im Strafvollzug sind von Übel, sollen abgeschafft werden. Harte juristische Sanktionen sowie die derbe Denunziation von Ausländern, Asylsuchenden, Armen und der politischen Linken sollen die reaktionäre Antwort auf die gesellschaftliche Krise sein.
Nicht die Verbesserung der Steuereinnahmen für den Staat, der Ausbau sozialer Sicherungssysteme, die Minimierung der Massenerwerbslosigkeit durch Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, die Verbesserung der Lebensbedingungen durch bedarfsgerechte Anhebung der Entlohnung, die Demokratisierung der Gesellschaft durch die Ausweitung der Mitbestimmung in Betrieben und Institutionen, nein, ‚Hau drauf' ist das Programm der rigiden Unterordnung im taumelnden Turbokapitalismus.
Statt dessen soll „die“ Wirtschaft gestärkt werden durch Förderung von Existenzgründungen, den Verzicht auf die Gewerbesteuer, stärkere Einbeziehung der Unternehmen in politische Entscheidungsprozesse, die Einschränkung des Beamtenstatus und die Koppelung von sozialen Leistungsansprüchen an die Arbeitsbereitschaft der scheinbaren Schmarotzer. Der Neoliberalismus läßt grüßen.
Roland Schill fliegt tief über den Stammtischen. Kloppe für die sozial besonders Benachteiligten, Demagogie für die Linken und die Errungenschaften zur Zivilisierung des Kapitalismus, Streicheleinheiten für den einträglichen Privatbesitz, das ist sein Programm. Brechmittel für Hamburg.
Wehret dem Wahnsinn mit Methode!
Die Grüne Hochschulgruppe
tritt wieder an. Zur Wahl des Studierendenparlaments (SP). Da hat Krista
Sager – das ist die mit der Realpolitik – noch einmal Glück gehabt,
denn die GHG ist doch so lieb. Sie finden den Angriffskrieg auf Jugoslawien
auch ganz toll, schmeißen Angestellte aus dem AStA und die Fachschaftsrätereferenten
raus, votieren gegen die paritätische Besetzung von Fachbereichsleitungen,
ziehen mit Burschenschafterlisten restriktive Satzungsänderungen des
SP durch und wollen den Campus begrünen. Superlustig, was?
Wem das noch nicht reicht, dem wird der „Pferdestall e.V.“ gegründet. Das geht so: Man nehme ein paar amtierende – das sind die mit den Aufwandsentschädigungen – oder abgehalfterte – das sind die mit den Abzockerfahrungen – AStA-ReferentInnen, gebe ihnen aus dem AStA-Etat 30.000 DM, mache ein bißchen Kulturtrallala, bediene den Publikumsgeschmack, werde dafür gewählt, mache ein bißchen Kulturtrallala, bediene den Publikumsgeschmack, werde dafür gewählt ... und stelle sich folgende Fragen: „Was ist mit der Lärmbelästigung der Anwohner? Wie lösen wir das Heizungsproblem im Winter? (Was macht ihr im Sommer?) Wie können wir die Anzahl der WCs im Erdgeschoss erhöhen?“ Wie können wir das verstehen? „Wir sind zuversichtlich: Wir packen es. Aber nur, wenn wir im Studierendenparlament eine deutliche Mehrheit erreichen, und dadurch den AStA stellen können. Und deshalb benötigen wir Deine Stimme! (!) Gib Dir einen Ruck, geh an eine der vielen Wahlurnen, und mach Dein Kreuz bei uns.“ (GHG-Zeitung # 8)
Das Kreuz mit den Grünen. Der Kakaoautomat mit garantiert BSE-freier Milch. Die garantiert kritikfreie Spaßgemeinde mit ihrem Kleingarten auf dem Campus. Die Kriegsökos mit dem untrüglichen Gefühl für Publikumsverarschung. Nicht „extrem links“, nicht „ganz weit rechts“, sondern extrem ganz weit grün.
Wer sie Kekse essen sehen
will, sollte ins SP kommen und ihre erfrischende Teilnahmslosigkeit erleben.
Donnerstag, 14.12.00, 18
Uhr
Hauptgebäude, Hörsaal
K
Edmund-Siemers-Allee 1
Die Sitzung des Studierendenparlaments sind öffentlich, Studierende haben Rederecht. Wir freuen uns auf rege Teilnahme.
Bis an die Hufe?
– Jedenfalls: Der Kanzler verspeist weiterhin seine Currywurst.
Die medialen Unruhethemen dieser Republik am Jahresende sind gleichrangig BSE (giftige Profitheckerei in der Futtermittelbranche), Sebnitz (reaktionäre Brutalisierung der Gesellschaft) und das Liebesleid des „Bobele“.
Wir lernen also, daß vertragliche Paarbindungen auch von ehemaligen Tennisgrößen weniger verläßlich sind als feudale Zweiergemeinschaften, die als Glücksideale für die Regenbogenpresse figurieren; daß Rechtsextremismus eine hartnäckige Alltagsangelegenheit ist, die sich nicht durch flache Handlungsappelle überwinden läßt; daß steile Gewinnkurven der Gesundheit schaden und die sozialen Verhältnisse durch den Magen gehen.
Auch dieses Jahr werden also – trotz klingender Events in der Innenstadt – die Spannungen wirken zwischen familiärer Harmonisiererei am Gabentische und den unsicherer gewordenen Zukunftsaussichten für eine vernünftige allgemeine Entwicklung.
Bunte Glücksversprechungen wechseln jäh mit weltweiten und alltäglichen Horrormeldungen.
Der Mensch als neoliberales Konsumtierchen kann diesem Widerspruch nicht entkommen.
Da werden wohl die menschlichen
„Risikoteile“ wie Augen und Hirn aufmerksam benutzt werden müssen,
um vernünftige Bewegungen „bis an die Basis“ durchzusetzen.
Rinks
oder Lechts.
Eine rot-grüne Bundesregierung
allein macht noch keinen Reformsommer. Im Gegenteil: Werden ihr nicht außerparlamentarisch
Beine gemacht, wird der Kurs der konservativ-liberalen Zentralverwaltung
gemäßigt Schritt für Schritt fortgesetzt – einschließlich
militärischer Kriegsführung.
Ebenso der rot-grüne Senat in Hamburg hat mit dem Entwurf zur Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes bewiesen, daß auch Ökologisten und Spezialdemokraten in der Lage sind, die Hochschulen marktkonform und betriebswirtschaftlich umformieren zu wollen. Aus Hamburg heraus wird zwar nicht in alle Welt marschiert, hier werden aber gediegen Geschäfte gemacht – mit aller Welt, mit freundlicher Unterstützung durch SPD und GAL.
Dabei sollen die Hochschulen nützliche „weiche Standortfaktoren“ sein. Starke zentrale Leitung, „schlanke Verwaltung“, Abwertung der Selbstverwaltung, Globalhaushalte mit Kürzungspolitik, Zweiteilung des Studiums für Schlaue und Doofe, härtere Restriktionen für unbraves Studierverhalten, ein höherer Grad von Sponsoring und Mäzenatentum, Studiengänge just in time – das alles soll in Gesetzesform gegossen werden. Die inneruniversitäre Allianz von Grüner Hochschulgruppe (GHG) und Unipräsident Jürgen Lüthje hat der Wissenschaftssenatorin Sager (auch Grün) emsig geholfen, diese verwertungskonforme Maßnahme vorzubereiten.
Dagegen ist eine starke kritische Verfaßte Studierendenschaft (VS) erforderlich, um für die Demokratisierung der Hochschulen, ausreichende Finanzierung von Studium, Lehre und Forschung, für die soziale Absicherung der Studierenden sowie aufklärerische Wissenschaftsinhalte zu wirken. Bewußte politische Kooperation zwischen Allgemeinem Studierendenausschuß (AStA), Fachschaftsräten und Fachschaftsrätekonferenz (FSRK), Studierendenparlament (SP), den TutorInnen der Orientierungseinheiten und den studentischen Vertreterinnen und Vertretern in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung ist dafür dringend erforderlich.
Die Mitglieder der Liste LINKS engagieren sich in den Gremien der VS (Fachschaftsräte, Fachschaftsrätekonferenz, AusländerInnenreferat, Studierendenparlament) und in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung (Fachbereichsräte, Konzil, Akademischer Senat und z. B. im Gemeinsamen Ausschuß von Konzil und Akademischem Senat zur Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes). Die gesellschaftskritische Repolitisierung der studentischen Interessenvertretung, die Auseinandersetzung über Inhalt, Ziel und Richtung der Hochschulentwicklung in der akademischen Selbstverwaltung, das Bündnis in außerparlamentarischen Bewegungen (z. B. im Friedensbündnis Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung und im Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus) und mit den Gewerkschaften sind Voraussetzungen und Bestandteile fortschrittlichen Handelns und notwendige Momente zur Erreichung grundlegender positiver Veränderungen in Hochschule und Gesellschaft.
Auf diese Art & Weise ist wirkungsvolles Eingreifen in die gesellschaftliche Entwicklungskontroverse möglich. Auch und besonders durch die Verfaßte Studierendenschaft.
Rinks oder Lechts.
Nicht vergessen!
Wer Sorgen hat, hat auch
Likör. Vor dem Likör kommt aber der Bundeskanzler aller Deutschen.
Der erzählt uns eine schöne Geschichte: Die Wirtschaft brummt. Die Erwerbslosenzahlen konnten poliert werden. Alle haben gleichviel oder gleichwenig, weshalb alle weniger Steuern zahlen; der Staat hat 45 Milliarden weniger Einnahmen, wovon die meisten weniger haben. Aber darauf kommt es ja nicht so sehr an. Er meint die materiellen Werte.
Denn BSE in Deutschland macht die Familie Schröder echt betroffen. Dafür hat der leitende Angestellte der Bundeszentralverwaltung für profitbedingte Mängel eine tolle Expertin gefunden. Die sucht jetzt Schwachstellen. Mal sehen, bei wem.
„Ein größeres Europa liegt in unserem nationalen Interesse.“ Deshalb zeigen wir Anständigen unsere Gesichter, damit der Neger hier ohne Prügel leben kann - wenn er ordentlich seine Steuern zahlt. Was sollen die ausländischen Märkte sonst von uns denken.
Wenn weniger Menschen erwerbstätig sind und die Löhne nicht mit dem gesellschaftlichen Reichtum steigen, dann kommt weniger Geld in die allgemeine materielle Altersvorsorge. Dann gibt’s höhere Beiträge und weniger Rente. Das nennt der Kanzler „eine solide Grundlage“.
„Gerechtigkeit und Solidarität sowie die Achtung der Menschenwürde sind Werte, von denen wir uns in unserem Handeln leiten lassen.“
Alt und Neu. Auch in Jugoslawien.
Wer hat Likör?
Gestern: Der Eine Sponti, Hausbesetzer, Straßenkämpfer; der Andere Ordnungshüter, Hausbefreier, Straßenkämpfer.
Heute: Der Andere Ex-Polizist; der Eine Jugoslawienkämpfer.
Der Außenminister und der Polizist – eine deutsche Geschichte.
„FAZ“, „stern“, „SPIEGEL“ u. a. bringen mit ein paar Bildern von einem schlagenden Frankfurter die Unruhe der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts in das freie, befriedete und neue Jahrtausend.
Lohnkämpfe, harte Auseinandersetzungen mit der Nazi-Geschichte, Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg, Entspannungspolitik („Ostverträge“), Sozialstaat und die Öffnung der Hochschulen, aber auch Berufsverbote, Terroristenhysterie und hie und da prügelnde Polizisten prägten die Bundesrepublik nach 1968.
Heute schwört der Minister von seiner renitenten Vergangenheit ab, weil er nun im Osten neue Märkte ebnen läßt. Gestern gegen „den Staat“, heute einer seiner öbersten Repräsentanten.
Auch wenn man aus berechtigten Gründen humanistischer Progressivität (Abrüstung, sinnvolle Arbeit, soziale Absicherung, Kultur und Bildung für Alle) kein Freund der damaligen „Sponti-Szene“ sein mag, so ist doch verblüffend, wie ehemals gesellschaftskritische Impulse in eine grüne Partei führten, die heutzutage Mitakteur der allgemeinen und besonderen Kriegsführung ist.
Die Sattsamkeit modernistischer Verwaltung von Gewinnsteigerungen ist zu Inhalt, Methode, Stil und persönlicher Attitüde grüner Politik geworden.
Falsche Hoffnungen sind hier unangebracht, so wie Kritik und Widerstand notwendig sind.
Die „Spontis“ von damals als die Minister von heute.
Der, den er einst schlug, ist er selber geworden.
Wie gewalttätig ist
der Außenminister?
Wer nichts zu sagen hat
oder sich nicht traut, den Leuten das zuzumuten, was er zu sagen hat, der
fordert zum Tanze auf.
Das sagt im Falle des RCDS doch so einiges.
Wir waren nicht dabei, aber der RCDS hat am 12. Januar trotzdem seine sogenannte Wahlparty gefeiert. Und zwar „Beim VDSt, An der Alster (direkt neben dem Atlantik)“. Das sollte die Wahlentscheidung erleichtern.
Was hat das zu bedeuten?
Der Verband der Vereine Deutscher Studenten (VVDSt) beruft sich auf eine „Tradition“ seit 1880/1881. Die Vereine Deutscher Studenten seien Korporationen, „die der 1871 gewonnenen Einheit die soziale Einheit aller Deutschen folgen lassen wollten.“ (Selbstdarstellung). Also nationalsozial. Die Jahre von 1933-1945 werden geflissentlich in der Selbstdarstellung ausgelassen.
Schon vor dem Faschismus gehörte der VVDSt zu den aggressiven Vertretern von Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus. Heute existieren Vereine in der BRD, in Österreich, Dänemark und in Ungarn - eine „Tradition“, die aus dem „Deutschen Reich“ fortgesetzt wird.
Das deutschnationale Prinzip des „Lebensbundes“ gilt als reaktionäre Grundlage der gesellschaftlichen und beruflichen Karriere durch das „Bundesleben“.
„Gemeinschaft“, „Verantwortung“, „Geselligkeit und Spaß“ („Wer fest arbeitet und lernt, darf auch feste feiern.“), „Kontakte“, „Beratung“, „Erfahrung“ und „Wohnen“ stehen alle auf der rechten Seite deutscher Geschichte.
Hier feiert der RCDS. Das soll gewählt werden.
„Jeder gibt Dir gern seine Erfahrungen weiter.“
Noch Fragen?
Das
Leid mit der Kultur
Nehmen sie den Überschuß
nicht, dann wird bisweilen wirklich geschossen. Im Namen der Menschenrechte.
Das ist wirksamer als das Steinewerfen.
Deutsch ist nicht: die griechische Antike und Polis, die italienische Renaissance und Kunst, die französische Aufklärung und Bürgerrevolution, der russische Oktober, die kubanische Lebenslust des Inselsozialismus. Und bei Jazz und Soul wird zu sehr mit dem Gesäß gewackelt.
Deutsch ist: Christentum, Kartoffelsuppe und Straßenverkehrsordnung – „Leitkultur“. In härteren Zeiten hieß das „Blitzkrieg“ – in allen Sprachen. Die CDUCSU u. a. wollen in begrenzter Anzahl ordentliche Ausländer und „die Deutschen“ gleich miterziehen, ganz im Sinne einer rundum gültigen Werteordnung.
Immer, wenn's heikel wird mit den sozialen Widersprüchen und Unterschieden, wird das Nationale beschworen. Deshalb die „Leitkultur“ für schlaue Inder und die deutschen Untertanen.
Die Grünen raunen dagegen hilflos ihr „Multikulti“ durch den Blätterwald, das ist: Folklore für alle mit Döner und Frauenquote.
Jürgen Habermas (sozialdemokratischer Gelehrter aus Frankfurt) verkündet spitz den „Verfassungspatriotismus“, das ist: formale gleiche Rechte, repräsentative Demokratie, gemäßigte Ausbeutung und schwer verständliche Texte für alle.
Der Mensch lebt nicht von Kartoffelsuppe allein, ist nicht zufrieden mit Folklore und braucht mehr als formale Regeln und Vertretungsdemokratie.
Humanistische Ziele, soziale Errungenschaften, demokratische Entfaltung aller Menschen, Wissenschaft als Befähigung zum Handeln und Kunst als Erkenntnisgenuß gehören zum internationalen universalen Kulturerbe.
Solidarität kann allerorten sein.
Die Patronen gehören auf den Recyclinghaufen der Geschichte.
Mit Beginn diesen Jahres
fiel für die emanzipierte junge deutsche Frau der Bundesrepublik endlich
die letzte „Männerbastion“ des Landes. Der umfassende Dienst an der
Waffe, Kampfeinsätze in Jugoslawien – all dies soll nun möglich
sein.
Um der „Herausforderung Frau“ auch gewappnet zu sein, haben die männlichen Kämpen eine neue Dienstvorschrift an die Hand bekommen und üben sich nun im „Gender training“. Hierbei müssen zunächst wichtige Fragen geklärt werden. Wie sieht es zum Beispiel mit dem Tragen vom Schmuck im Kampfeinsatz aus, was ist mit Frisuren und Unterwäsche – und was passiert, wenn die Frauen angesichts menschlicher „Kollateralschäden“ weinen müssen?
Noch gehen die Meinungen über die Auswirkungen auf die männliche Kampfbereitschaft weit auseinander. Während das große Vorbild, die US-Strategen, die Erfahrung machten, daß in der Truppe bei einem Frauenanteil von mehr als 50 % die „physischen Leistungen“ der Männer sinken, meinen die Vertreter des Zentrums für Innere Führung der Bundeswehr hingegen: „Die Konkurrenz zwischen Männern und Frauen wirkt anregend und fördernd – Männer werden meist alles versuchen, um bessere Leistungen zu erbringen“. So werden also Frauen und Männer bewußt in Konkurrenz zueinander gesetzt, um sich in der umfassenden Konkurrenzsituation Krieg gegenseitig zu „besseren Leistungen“ ‘anzuregen’.
Wie, wird allerdings nicht verraten.
Die Realisierung von gesellschaftlicher Gleichheit läßt sich nicht durch die freiwillige Beteiligung – von Männern und Frauen – an einer Institution, in welcher die Ungleichheit durch die Tradition des Militarismus, Unterordnung, Hierarchie, Befehl und Gehorsam Prinzip ist, herstellen. Gleichheit heißt dann Gleichheit in der Unterordnung unter das menschliche Prinzip von Befehl und Gehorsam und die freiwillige Bereitschaft zu töten und getötet zu werden.
Beteiligung an Kriegführung zur Sicherung und zum Ausbau der ökonomischen Einflußsphären der imperialistischen Zentren steht einer emanzipatorischen Entwicklung der Gesellschaft und der Realisierung von Verfügung über die weitere gesellschaftliche Perspektive für alle Menschen, antagonistisch entgegen. Vielmehr soll durch die Beteiligung von Frauen am Kriegsdienst weitere gesellschaftliche Akzeptanz für die angestrebte Berufsarmee geschaffen werden. So sind Wehrpflichtige für internationale Kriegseinsätze, wie beim Angriffskrieg auf Jugoslawien, nicht einsetzbar, weil zu gering qualifiziert und von der Notwendigkeit unmittelbarer Kampfhandlungen auch schwer zu überzeugen. Da ist es durchaus sinnvoll, daß die Bundeswehr ihre Nachwuchsprobleme durch karrierebewußte Frauen lösen will, von deren „...Durchhaltewillen und Ehrgeiz“ die Kampfkraft und Einsatzfähigkeit unsere Truppe nur profitieren kann.
Wie wäre es statt dessen mit dem wagemutigen Versuch, daß Männer und Frauen kämpferisch für die tatsächliche Realisierung gesellschaftlicher Gleichheit eintreten und für umfassende Abrüstung und Entmilitarisiserung als Bedingung für eine emanzipatorische Entwicklung der Gesellschaft wirken?! (Dies wird auch Frauen nützlich sein – wirklich!)
Im November wurde vom
unter Grüner Führerschaft stehenden AStA die Auflösung der
Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) – des Zusammenschlusses der in den
einzelnen Fachbereichen tätigen Fachschaftsräte – verkündet.
An deren Stelle sollte ein Referat zur „Fachschaftsvernetzung“ (FaNet)
treten, dessen einziger Referent als „Rasender Ove“ von Fachschaftsrat
zu Fachschaftsrat hetzt und sich über die „konkreten Bedürfnisse“
der dort arbeitenden Individuen informiert, damit der AStA dann entscheiden
kann, welche Aktion er für unterstützenswert hält, und welche
er aus Grüner Gefühligkeit heraus mal eben so ablehnen muß.
Im Dezember fand eine Sitzung des Studierendenparlaments statt, in der mit Grüner Stimmenmehrheit die Abschaffung der FSRK und die Einrichtung des FaNet beschlossen wurde. Zur Begründung wurde von der Grünen Hochschulgruppe (GHG) angeführt, die FSRK habe sich, anstatt konkreter, unibezogener Interessenvertretung der Verfaßten Studierendenschaft (VS), allgemeinpolitischen, „ideologisch verbohrten“ Themen gewidmet. Sie habe sich mit „Gesellschaftskritik“ und nicht mit der „lokalen Situation“ befaßt. Man habe die „Realität“ der Fachschaftsräte nicht anerkannt, da ignoriert worden sei, daß es verschiedene „Parallelwelten“ gäbe und in den Fachbereichen allerlei „Diverses“ vertreten werde. Diese Position legt das Politikverständnis der GHG offen, das jegliche Verallgemeinerbarkeit von studentischen Interessen negiert und davon ausgeht, daß auf irgendeine mystische Weise die Studierenden als freie, selbstbezogene Individuen durch Hörsäle und Mensen der Uni schweben und – abgetrennt von jeglichen gesellschaftlichen Verhältnissen – ab und an bei „Sommernachtstraum“ oder Weihnachtsfeier in fröhlicher Runde im Grünen Einheitsbrei untergehen.
Ihr Pragmatismus ist ihre Ideologie, mit der sie meinen, studentische „Bedürfnisse“ mit Campusrad, Semesterticket und bunter Serviceorientierung befriedigen zu können. Im „Kuschel-AStA“ warten dann auf das studentische Individuum „in diesem Haufen von IrrInnen“„völlig uninteressante Persönlichkeit[en]“, die aber irgendwie „trotzdem einfach klasse“ sind und „für Dich und Deine Probleme“ „eine Menge Liebe“ haben, so daß nicht nur „Marmor, Stein und Eisen bricht“, sondern an dieser Stelle auch der geneigte Leser des „AStA la vista Nr. 1“, und sich überlegt, ob man der GHG nicht lieber hasta la vista sagt, und sie in ein RTL-II-Praktikum schickt. Denn „Ideologien sind gut, aber Ideen meistens besser“ (GHG-Zeitung # 8). Noch besser aber sind Ideen, die von der Basis einer konkreten Weltanschauung her erarbeitet werden; und echt „supi“ ist es dann, wenn diese Weltanschauung als studentische Politik auf eine demokratisch nachhaltige, fortschrittlich humanistische Veränderung der gegenwärtigen studentischen respektive gesellschaftlichen Verhältnisse abzielt.
Geht die GHG von der Trennung von Universität und Gesellschaft und der Existenz „diverser Parallelwelten“ aus, so muß eine fortschrittliche studentische Interessenvertretung, die nicht die Beliebigkeit zum Dogma erhebt – sondern im Gegenteil die Universität als Teil der Gesellschaft sieht – auf eine kritische Reflexion und Verbesserung der universitären Verhältnisse abzielen. Dazu ist die sofortige Rücknahme der Auflösung der FSRK erforderlich, damit die Fachschaftsräte innerhalb dieser in gegenseitigem Austausch und solidarischer Kooperation weiterhin für eine an den studentischen Interessen orientierte Politik gegen zunehmende Entdemokratisierung und Ökonomisierung der Universitäten wirken können, anstatt unter Mehrheitswillkür eines an der Spitze einer hierarchisierten Studierendenschaft stehenden Grünen AStA, der bestimmt, was als „gute“ studentische Politik zu fördern und was als allgemeinpolitisch, totalitaristisch oder sektiererisch zu verdammen ist.
Die Universität ist Teil der Gesellschaft und steht als solcher mit dieser in Wechselwirkung. Die Auswirkungen der in Politik und Kultur gegenwärtig hegemonialen Tendenzen eines entfesselten, von sämtlicher sozialer Verantwortung entbundenen Kapitalismus, der den Profit absolut setzt und den Menschen als „human resource“ – als Produktionsmittel, das im Produktionsprozeß verwertet wird – betrachtet, zeigen sich auch im Konkreten an den Hochschulen in zunehmender Perspektivlosigkeit, Karrieristentum und Entpolitisierung von Teilen der Studierendenschaft. Gerade deshalb kann und darf es nicht Ziel der in der VS Tätigen sein, eine strikte Trennung von Universität und Gesellschaft zu konstruieren, sondern es muß immer wieder der Bezug von universitären zu gesamtgesellschaftlichen Vorgängen hergestellt werden. „Bildung als lebenslanger Prozeß ist [...] Voraussetzung für Selbstbestimmung und die Fähigkeit, das eigene Leben und die gesellschaftliche Entwicklung verantwortungsbewußt zu gestalten. [...] Bestandteil einer umfassenden Demokratisierung ist die bundesweite Einführung von Verfaßten StudentInnenschaften mit allgemeinpolitischem Mandat“ (Programm zur Bundestagswahl ‘98 von Bündnis90/Die Grünen).
Die Studierenden sind in diesem Sinne aufgefordert, sich der restriktiven Politik von Ökonomisierung, Hierarchisierung und Entdemokratisierung an der Uni – und in der gesamten Gesellschaft – zu widersetzen und sich uniweit in allen Gremien für ihr Recht auf Bildung und kritische Selbstbestimmung einzusetzen, damit beim Studium nicht mehr die Verfügbarkeit des zum Objekt degradierten Menschen für den Markt und den „Standort Deutschland“ im Vordergrund steht, sondern die eigene Verfügung als handelndes Subjekt über Lebensumstände und die konkrete Wirksamkeit von Wissenschaft „für eine friedlichere und menschenwürdigere Welt“ (Leitbild der Uni Hamburg).
Neunzehn Listen treten zu dieser Wahl an. Ihre Vielzahl erscheint auf den ersten Blick so verwirrend wie die gesellschaftlichen Verhältnisse. Aber die einen sind so klar wie die anderen: Die kulturelle Zerstörungskraft der Profitdominanz wird immer offenkundiger und die Anstrengungen, die Legitimität steigender Privatgewinne zu erhalten, werden immer nachdrücklicher und ausgefeilter.
So ist auch das Feld für die studentische Interessenvertretung zusammengesetzt: Rechte Dumpfbacken, marketingbesessene Grüne, frustriert dümpelnde Liberale, halbseidene Linke und klar strukturierte Freunde fortschrittlicher sozialer Entwicklung – das Feld ist bunt, aber eindeutig sortiert.
Wir wollen die Wahl erleichtern.
Rechts
„Volk/Die Konservativen.“
Karriere und der „Rangplatz
der Uni und des Studienstandorts Hamburg“ stehen an erster Stelle. Deshalb
soll die Verfaßte Studierendenschaft für entsprechende Serviceleistungen
entpolitisiert und die teilautonomem Referate abgeschafft werden. Spezifische
gesellschaftliche Benachteiligungen gehören üblicherweise diskreditiert.
„Naturgesetz-Hochschulgruppe“
Sie hält ihre Rede
in Sanskrit. Das ist indogermanisch und, gelinde gesagt, sehr mystisch.
Eine Elite kommt durch „Transzendentale Meditation“ (TM) zu sich selbst
und errettet dadurch die Welt. Ausgeprägter läßt sich kaum
gegen die Aufklärung hopsen.
CDU-“RCDS“
Fast schon zu langweilig,
um darüber zu schreiben.
Vera ist Spitzenkandidatin.
Hausbackenbieder haben sie alles im Wunschkonzert, was Studierende fit
for job machen soll: gestufte Abschlüsse, creditpoints, Kontaktbörsen
mit dem Kapital und „Feierliche Abschlußveranstaltungen“.
Ansonsten sind sie gegen
die teilautonomen Referate und die „linken Leistungsverweigerer und Alt-68er“.
Tja, wer soll's ihnen verdenken.
Burschenschaften sind ihnen halt sympathischer. Man feiert gern in ihren
Häusern.
„Realos jetzt“
Vor dieser Jugend hat die
SPD niemand gewarnt. Im letzten AStA bei den Realissimo-Grünen untergekrochen,
wollen sie Service statt Politik, Kulturevents statt Aufklärung, Autos
und öffentlichen Nahverkehr. Ein bißchen Sozialstaat („BAföG
jetzt“) und Devotionen für die Wirtschaft. Sie sind der „Favorit“
von Johannes Kahrs, SPD-Bundestagsabgeordneter mit burschenschaftlichen
Neigungen, und das rechte Pendant zur linken juso-Hochschulgruppe. Jetzt.
„SPASTO-Super Partei Alternativer
Schimmel Toast Observierer“
„SPASTO...“ ist ein Kandidat.
Links ist doof, Rechts ist doof und das Parlament auch – Zynismus ist sein
„Programm“. Deswegen wünscht er sich zu sich auch ein Blondchen. Wir
wünschen ihm eine Stimme.
„Studium und Job“
Der Name ist Programm, eine
Selbstdarstellung wurde nicht abgegeben.
Grün
„Grüne Hochschulgruppe“
Sie sind die Lachnummer
der Saison und haben die Abkürzung GHG: Rausschmiß von Festangestellten
sowie der Referenten der Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) im AStA,
restriktive Änderung der Satzung des Studierendenparlaments (SP) durch
offenes Paktieren mit Burschenschafterlisten, Befürwortung des Angriffskrieges
auf Jugoslawien, Ablehnung studentischer Beteiligung an den Leitungsgremien
der Fachbereiche, dafür aber „Campusbegrünung“...
Die Liste ließe sich
fast beliebig verlängern. Das Grüne ist, gemessen an den ehemalig
eigenen emanzipatorischen Maßstäben, über das Ende hinaus
und offen antifortschrittlich geworden. Hier können Kinder Kaffee
kochen.
„Pferdestall Kulturkombinat“
Der rund und länglich
stilisierte Pferdekopf erinnert an die A-Bombe aus „Dr. Seltsam oder Wie
ich lernte, die Bombe zu lieben“.
Man gründe einen Verein,
nehme 30.000 DM aus dem AStA-Etat, beschäftige ehemalige und amtierende
AStA-ReferentInnen, mache ein wenig Ablenkungskultur, füttere damit
die Werbung, kandidiere als Liste und versuche, das Grüne (s. o.)
zu retten. Abzocken und Marketing at its worst – für das Handelskammer-Sager-Lüthje-GHG-Kombinat.
„Semesterticket“
Das Semesterticket ist,
mit Verlaub, sauteuer. Der Semesterbeitrag überschreitet dadurch 300
DM. Teurer werden soll's nur mit leichten Leistungsverbesserungen. Deshalb
soll „hart“ (kicher) verhandelt werden. Die Rettung der grünen Dekadenz
ist die Mission. Sie wollen dafür „Deine Stimme“. Gib sie ihnen nicht.
„St. Pauli“...
ist ein Stadtteil in good
old Hamburg. Als Liste sind sie gegen Institutionen und Gremien. Dieserhalb
sollen mehr Frauen hinein, schreibt ein Mann. Schwarz sind G.'s Kleider.
Er kämpft für Fahrradstreifen und den Vorrang der Natur vor dem
Menschen.
Liberal
„LUST“ (Frust)
Sozialliberal wäre
vielleicht auch ganz schön, geht aber gerade nicht. Die betriebswirtschaftlichen
Umstrukturierungsmaßnahmen (gestufte Abschlüsse etc.) schafften
„Handlungsbedarf aber auch Spielraum“. So, so. Die Grünen sind doof,
weil selbst den Frustliberalen zu undemokratisch. Der AStA solle sich auf
den Service von „Kultur und Beratung“ beschränken, die Hochschulpolitik
soll von den Fachschaftsräten gemacht werden. Nun denn.
„FachschaftsListe“ (Sozial)
Scheinbar unabhängige
Kandidierende aus diversen Fachbereichen – hauptsächlich den Erziehungswissenschaften
– sind für ein gebührenfreies Studium, Basisdemokratie und gegen
die geplanten zentralistischen Leitungsregelungen der vorliegenden Novelle
zum Hamburgischen Hochschulgesetz (HmbHG). Weiterhin sprechen sie sich
gegen die soziale Selektion von Studierenden aus und wünschen sich
die studentischen Cafés als „Freiräume“. Eine Entwicklungsperspektive
für die Hochschulen aufgrund eines kritischen Gesellschaftsbezuges
fehlt.
„Desillusionierte Studierende“
Das ist Folke. Er nimmt
die Demokratie eines Studierendenparlamentes ernst, ist aber herbe von
den Grünen enttäuscht worden. Dafür hat er jetzt fünf
Mitkandidierende gefunden.
Weitgehend links
„Linksruck Hochschulgruppe“
„Auf nach Davos!“ Nicht
auf den „Zauberberg“, sondern zum Treffen des Weltwirtschaftsforums.
Sie sind gegen den „Bildungsabbau“,
gegen Nazis und den Neoliberalismus. Sie wollen „den Widerstand auf eine
höhere Stufe heben“. Dafür soll man angry sein und große
Aktionen machen.
Ein bißchen mehr Tiefgang
wäre wünschenswert.
„LSD“
Sie sind gegen die Fortsetzung
der neoliberalen Politik durch die rot-grünen Regierungen und für
außerparlamentarische Aktivitäten.
Allerdings wollen sie keine
„ewige Diskussion“.
Sie schreiben für „selbstbestimmtes
Lernen und Leben“, für die öffentliche Finanzierung der Hochschulen,
eine Bildungsreform und „Gleichstellungspolitik“. Sie setzen auf Rot-Grün.
„AMS“
Mit Rosa Luxemburg und Karl
Liebknecht wird hier für das politische Mandat der Verfaßten
Studierendenschaft (VS), für Bildungsreform, für Antimilitarismus
geworben und – zu Recht – gegen die Grünen gewettert. Studentische
Freiräume werden angestrebt.
„Regenbogen“
Diese Hochschulgruppe ist
Teil einer Abspaltung von der GAL. Der „Regenbogen“ versucht eigene Wege
zu gehen, da sich die Grünen zu weit von den eigenen Ursprüngen
(besonders durch den Angriffskrieg auf Jugoslawien) entfernt haben.
Kritische Relexionen über
die neoliberale Politik sollen im AStA zu Konzepten führen, auf deren
Grundlage für Sozialpolitik, Basisdemokratie, Studienreform und Mitbestimmung
gewirkt werden kann. Die artikulierte Kontrahenz zu Rechts und eine Umsetzungsperspektive
fehlen leider.
Links (weitergehend)
„juso hochschulgruppe
& fachschaftsaktive“
Die Hochschulentwicklung
wird kritisch in die allgemeine Gesellschaftsentwicklung eingeordnet.
Demokratische Qualifikation,
Mitbestimmung, Verbesserung der sozialen Lage, Wissenschaft für alle,
eine starke gesellschaftskritische Verfaßte Studierendenschaft wird,
auf der Grundlage des eigenen Handelns, rechten Kräften, Unternehmensstiftungen,
der Politik von Senatorin, Präsident und GHG gediegen entgegengesetzt.
Echte Reformen sind machbar.
LINKS ... hofft zur bewußten Entscheidungsfindung klärend beigetragen zu haben.
Wer die Gesellschaft
kennt, kann sie erobern. Wissenschaftliche Erkenntnisse finden immer direkter
Anwendung in der gesellschaftlichen Entwicklung, die Bedeutung der wissenschaftlichen
Institutionen wächst.
Im Widerspruch zur Kommerzialisierung der Hochschulen steht die Möglichkeit massenhafter wissenschaftlicher Qualifikation als wesentlichem Bestandteil demokratischer Entwicklung. Die Gewinnung von kooperativer Einsicht in Ursachen, Widersprüche, Wirkungszusammenhänge und Prozesse gesellschaftlicher Verhältnisse zur humanistischen Gesellschaftsveränderung steht den Gewinnen durch internationale Konkurrenz unversöhnlich gegenüber.
Um für eine fortschrittliche Wissenschafts- und Gesellschaftsentwicklung politisch wirksam zu sein, haben wir uns im Dezember 1993 als Liste LINKS aus der Linken Liste, der Offenen AusländerInnenliste und Fachschaftsaktiven konstituiert. Wir engagieren uns für egalitäre soziale Bedingungen, in denen Qualifikation, Verfügung und solidarische Kooperation Grundlage und Inhalt menschlicher Vergesellschaftung sind.
Darauf hin arbeiten wir zusammen
mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in der studentischen Interessenvertretung,
in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung und in den außerparlamentarischen
Bewegungen. In Fachschaftsräten, im AStA in Fachschaftsrätekonferenz
und AusländerInnenreferat, im Studierendenparlament, in Konzil, Akademischem
Senat und seinen Ausschüssen sowie im Hamburger Forum für Völkerverständigung
und weltweite Abrüstung und im Hamburger Bündnis gegen Rechts
wirken wir kritisch gegen die Zurichtung öffentlicher Institutionen
und ihrer Subjekte auf kapitalkonforme Servilität und für den
aufklärerischen und gesellschaftskritischen Einfluß der Mehrheit
der Menschen zur Überwindung von Ausbeutung, Entfremdung und Konkurrenz,
um die gleiche und freie Entfaltung aller Menschen als Grundbedingung allgemeiner
Entwicklung zu erreichen.
1. Anja Post-Martens; SP-Präsidium,
FSR Erziehungswissenschaft, GEW, PDS
2. Till Petersen; Fachschaftsrätekonferenz
(FSRK), FSR Erziehungswissenschaft, SP, GEW, PDS
3. Katrin Lehmbecker; FSR
Geschichte, FSRK, PDS
4. Malte Klingforth; FSR
Geschichte, DKP
5. Gunhild Berdal; AusländerInnenreferat
im AStA (ARef), AK Ausländerstudium, Konzil, GEW, PDS
6. Kristian Glaser; Konzil,
Bund demokratischer WissenschaftlerInnen (BdWi), GEW, PDS
7. Saskia Mestern; Linke
Gruppe im ARef, Konzil, GEW, PDS
8. Sahbattin Aras; Linke
Gruppe im ARef
9. Elisabeth Schmidle; Linke
Gruppe im ARef, hbv, Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus,
PDS
10. Olaf Walther; Bundesverband
Studentische Kulturarbeit (BSK), Akademischer Senat, BdWi, hbv, PDS
11. Nihat Anil; Sprachwissenschaften,
Verband der Studierenden aus Kurdistan (YXK)
12. Lorenz Gösta Beutin;
FSR Geschichte, ötv
13. Kirsten Radüge;
Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung,
IG Metall, PDS
14. Steffen Kugler; Hamburger
Bündnis gegen Rassismus und Faschismus, PDS
15. Anne Katrin Pusch; Erziehungswissenschaft,
PDS
16. Ulrich Hotze; BdWi,
ötv, PDS
17. Selma Duman; YXK
18. Ali Bostanci; Erziehungswissenschaft,
IG Metall
19. Maike Feddersen; Erziehungswissenschaft,
PDS
20. Enno Janssen; Sonderpädagogik,
BdWi, GEW, PDS
21. Hjalmar Rehberg; FSR
Geschichte
22. Deniz Karahan; Linke
Gruppe im ARef, YXK
23. Ahmet Kimil; Psychologie,
Türkische Initiative
24. Armin Grambart-Mertens;
Russisch, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten
(VVN/BdA), GEW
25. Dogan Göçmen;
Politische Wissenschaft, IG Metall
26. Mesut Hastürk;
Geschichte, IG Medien
27. Timo Fischer; AStA der
Hochschule für Musik und Theater
Über
das Umkrempeln der Hochschulen in die falsche Richtung
Die Behörde für
Wissenschaft und Forschung (BWF) hat letztes Jahr einen Gesetzesentwurf
zur Neuordnung des Hamburgischen Hochschulgesetzes erstellt, der – nach
Behandlung im Senat – im Frühling diesen Jahres der Hamburger Bürgerschaft
zur Beratung vorgelegt werden soll.
Unter dem Druck der Handelskammer als Interessenvertretung des hanseatischen Kapitals setzt die BWF mit dem Gesetzesentwurf deren Forderung nach neoliberaler „Modernisierung“ der Hochschulen, wenn auch abgefedert, um – so auch im Bereich Studium.
Demnach soll das Studium in Zukunft geprägt sein durch Formalisierung und Restriktionen.
Mit Kreditpunkten, Zerlegung des Studiums in Bausteine (Modularisierung) und Vereinheitlichung der Regelstudienzeit werden die Instrumente für die inhaltsbefreite Vergleichbarkeit der „Leistung“ aller Studierenden festgelegt, um mittels verschärfter Zwischenprüfungen, Zwangsberatung ab dem zweiten Semester, Zwangsexmatrikulation und strikter Trennung in Grund- und Hauptstudium all’ die aussieben zu können, die in der umfassenden Konkurrenz um die vermeintlich beste Chance, seine Haut auf dem Arbeitsmarkt feilbieten zu können, nicht bestehen.
Verstanden als Investition in das eigene „Humankapital“ soll das Studium wesentlich aus der Erfüllung von außen gesetzter Anforderung bestehen. Eine inhaltlich begründete Strukturierung der Studiengänge als Grundlage bewußter Studiengestaltung soll es nicht mehr geben, Studienpläne und Studienordnungen sind im Gesetzentwurf gestrichen. Statt dessen sollen in Zukunft privatwirtschaftliche Unternehmen in sogenannten „Akkreditierungen“ Gütesiegel für Studiengänge vergeben und damit die Studienanforderungen bestimmen dürfen.
Das Studium würde sich so zur hoch entfremdeten Tätigkeit entwickeln, statt daß Bildung und Wissenschaft zur allgemeinen Demokratisierung menschlicher Tätigkeit beitragen.
Dabei beinhaltet das erreichte Niveau wissenschaftlich-technischer Entwicklung die Notwendigkeit der höheren wissenschaftlichen Qualifikation aller Menschen und die Möglichkeit, daß die Menschen zu Subjekten ihrer eigenen gesellschaftlichen Angelegenheiten werden und somit qualifiziert kooperieren können. Dafür jedoch bedarf es des politischen Kampfes gegen die kommerzielle Umwälzung der Universität.
Die Verfaßte Studierendenschaft ist deshalb als politische Interessenvertretung gefordert, initiierend dafür zu wirken, daß die Mitglieder der Hochschule statusgruppenübergreifend und solidarisch den Streit um den Inhalt von Bildung und Wissenschaft führen.
Demokratisierung der Wissenschaft durch kritischen Gesellschaftsbezug und die weitere Öffnung der Hochschulen wäre so Grundlage für die allgemein höhere Verfügung der Menschen über gesellschaftlicher Entwicklung.
Den politischen Druck dafür zu entfalten, daß die Bürgerschaft die im Gesetzesentwurf manifeste Folgsamkeit gegenüber der Handelskammer zurückweist, wäre ein erster Schritt.
Im folgenden dokumentieren wir die Präambel der Stellungnahmen des Konzils der Universität Hamburg und des Akademischen Senats der Hochschule für Wirtschaft und Politik zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Hamburgischen Hochschulrechts.
Das Konzil begrüßt das Vorhaben der Behörde für Wissenschaft und Forschung, die relative Autonomie der Hochschulen zu fördern, die unter der Rechtsaufsicht des Landes ihre Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium sowie der Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und Sozialen Rechtsstaat wahrnehmen.
Bildung und Wissenschaft sind gesellschaftliche Aufgaben, die demokratisch legitimiert und öffentlich realisiert zur demokratischen Qualifizierung aller Menschen beitragen sollen. Hierfür sollten gesellschaftliche Auseinandersetzungen Grundlage wissenschaftlicher Tätigkeit und die Lösung globaler Probleme Zielstellung des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses sein.
Größtmögliche Freiheit in der Aneignung von Wissen sollte die Mitglieder der Hochschulen befähigen, eigenständig in gesellschaftliche Entwicklung eingreifen zu können.
Demokratische Diskussion und Entscheidungen über Ziel, Inhalt und Methode von Lehre und Forschung sollten als praktische Erfahrung für das gesellschaftliche Wirken der Hochschulmitglieder verwirklicht sein. In diesem Sinne kommt der Demokratie in den Hochschulen eine besondere Bedeutung zu.
Die Behörde für Wissenschaft und Forschung sichert die Wahrung der Interessen der Allgemeinheit an der Arbeit der Hochschulen durch die Zuweisung eines Globalhaushaltes auf der Basis mehrjähriger Bedarfs- und Entwicklungsplanung und der daraus folgenden Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen, deren Erfüllung evaluiert wird.
Das Konzil ist der Auffassung, daß eine Stärkung der Hochschulautonomie die Stärkung der inneruniversitären Demokratie erfordert. Wenn die Entscheidungsbefugnisse im Zuge größerer Eigenständigkeit von der BWF auf die Hochschulen übertragen werden, ist daher insbesondere die Partizipation aller Hochschulmitglieder an Entscheidungen zu gewährleisten.
In einer Novellierung des HmbHG müssen daher die Kooperation und Entscheidungsbeteiligung von akademischen Gremien, studentischer Interessenvertretung sowie Personalvertretung institutionalisiert werden. Eine solche Entwicklung erfordert den Ausbau von vorhandenen Kooperationsstrukturen aller Mitglieder der Hochschulen sowie eine Leitung, die diese Kooperation moderiert und stärkt.
Deshalb empfiehlt das Konzil,
1) die Arbeit des Präsidiums
kollegial zu gestalten (und nicht dem Präsidenten die alleinige Entscheidungsbefugnis
zu übertragen
2) die Rechte und Pflichten
von Hochschulsenat und großem Senat im Verhältnis zu den Gremien
und Organen der Selbstverwaltung und Verwaltung auf unteren Ebenen zu klären
und im Verhältnis zum Präsidium zu stärken.
3) vorhandene Strukturen
der Verwaltung und Selbstverwaltung auf unteren Ebenen (Fachbereiche, wissenschaftliche
Einrichtungen) zu erhalten
4) die Instrumente zur Steuerung
der Aufgabenerfüllung der Hochschulen (Globalhaushalte auf der Basis
mehrjähriger Bedarfs- und Entwicklungsplanung und daraus folgende
Ziel- und Leistungsvereinbarungen) konsequent zu nutzen und die Verantwortung
für deren Umsetzung in Personalentwicklung und -verwaltung, Wirtschafts-
und Finanzverwaltung den Hochschulen zu übertragen.
Bundesforschungsministerin
Edelgard Bulmahn hat das Jahr 2001 zum „Jahr der Lebenswissenschaften“
ausgerufen und hält die Genomforschung für relevant, „weil sie
zur treibenden Kraft der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung
in diesem Jahrhundert wird.“ Ferner ist sie stolz darauf, daß die
BRD Großbritannien in der Zahl von Existenzgründungen bei Biotechnologie-Firmen
überrundet hätte und damit in Europa an erster Stelle stünde.
Nach den sogenannten Existenzgründungen kommt der Mensch. Die Genforschung
soll ermöglichen einzuschätzen, „wie hoch das persönliche
Risiko einer Krankheitsauslösung ist.“
Sie erhofft sich dadurch eine gezieltere Behandlung von Krankheiten. Die Gefahr eines Gencodes zur Krankheitsabschätzung bei Krankenkassen und bei Berufsbewerbungen sieht sie nicht. Auf jeden Fall will sie aber „Deutschland als Standort für Wissenschaft und Forschung wieder attraktiv machen“ und z.B. ProfessorInnen nach „Leistung“ bezahlen.
So weit im mainstream der Marktorientierung.
Wer läßt die Gene tanzen?
Im Zusammenwirken der Wissenschaften in den Bereichen Biologie, Chemie, Medizin, Pharmazie, Ernährung, Forsten sollen – meist im engen Kontakt mit „der“ Wirtschaft – kommerziell anwendungsorientiert die genetischen Grundlagen der Menschen erforscht werden. Getrieben durch den internationalen Wettbewerb und hohe Gewinnerwartungen sollen designte Lebensmittel und Medikamente sowie geklonte Organe entstehen. Seit BSE wissen wir mehr über das wahnsinnige Rindfleisch, die Futtermittelindustrie sowie hilflose Minister, und mit den Organen wie den Medikamenten ist das aus der Sicht der Genetikpropaganda so: Der Mensch geht leicht kaputt. Da braucht er entweder ein Mittelchen oder Ersatzteile – je nach Alter und Kontinent. Wenn die Maschine wieder läuft, dann kann sie wieder eingesetzt werden.
Vergessen ist dabei, daß Wohnung, Ernährung, Kleidung, Hygiene, die Humanisierung der Arbeitsbedingungen und, ja auch, die Erhöhung der Verkehrssicherheit wesentlich zur Erhöhung der Lebenszeit und Gesundheit beigetragen haben.
Übersehen wird, daß Hunger, Armut, Kriege, und negativer Streß durch Erwerbslosigkeit, schlechte Arbeitsbedingungen und beispielsweise Lärmbelastung, daß Luftverschmutzung und auch verstrahlte Munition mehr Leben und Gesundheit schaden als die genetische Disposition zu Bluthochdruck.
Interdisziplinäre Wissenschaft zur Erforschung von Voraussetzungen und Bedingungen für Gesundheit und Krankheit hätten deshalb mehr humanen Nutzen als der wilde Tanz der Gene – gezielte und demokratisch kontrollierte Aufgabenstellungen ausgenommen.
Das soziale sowie kulturelle
Leben ist nicht aus Genen zusammengesetzt. Der Mensch ist kein Baukasten.
Über
grüne Autokratie im Präsidium des Studierendenparlamentes
oder
Der
Präsident
„Studierendenparlament
Der Präsident
Hagen Eichler“
Hier im Briefkopf über den Einladungen des Studierendenparlaments waltet Größe. Hagen Eichler (GHG) ist „Der Präsident“. In einem Kollektivorgan (Präsidium) mit drei Personen gibt er allein die Leitlinie vor, und das klingt in der allgemeinen Wahlzeitung so: „Im Dritten Reich und in der DDR wurden die Studierendenschaften und ihre Organe (Studierendenparlament, AStA) abgeschafft, und auch heute sind sie nicht selbstverständlich.“ Dies sei die Antwort auf die Fragen „Studierendenparlament? Wähl’ ich nicht. Warum auch?“ Totalitarismus-Ideologie at its best - die Roten sind wie die Braunen, ist des Präsidenten Hinweis für die Wahl und eindeutig keine demokratische Position. Desweiteren warnt er das ‘Wahlvolk’ „einer gewissen Sorte von Eiferern“, die alle abschrecken würden. Sie vereinigten sich in „Politsekten“, deren („Spinner“) Einfluß man durch die Wahl anderer Gruppierungen empfindlich minimieren solle. Maximieren will der Autor den Stimmenanteil der Grünen Hochschulgruppe (GHG), indem er ihre hohlen Wahlkampfphrasen vom Haushalt für „studentische Kultur, für Hochschulpolitik, für Sport oder (sic!) Fachschaftsräte“ zum Kriterium der Wahlentscheidung der „Vernünftigen“ erhebt. Die Beschimpfung von Mitgliedern linker Gruppen als „Ratten und Schmeißfliegen“ (Franz Josef Strauß, Minister-Präsident der Bayern. Ade!)ist von den anmaßenden und antidemokratischen Äußerungen unseres Präsidenten in der allgemeinen Wahlzeitung nicht mehr weit entfernt.
Diese Gruppen bildeten „formal die Opposition“, hätten jedoch kaum daran Interesse und ließen sich selten sehen. Hier soll suggeriert werden, die linke Opposition sei stets destruktiv und uninteressiert. Ausgeblendet wird hiermit die grölende Kneipe von Burschenschafterlisten incl. des RCDS während mancher SP-Sitzung, bei sich die linke Opposition (LSD, juso-hsg, AMS und Liste LINKS) ernsthaft für hochschulpolitische Debatten und Beschlüsse einsetzte.
Dies wollen wir auch weiterhin tun, aber mit mehr Gewicht. Die Verfaßte Studierendenschaft steht vor wichtigen Auseinandersetzungen um das Hamburgische Hochschulgesetz und damit um die weitere Entwicklung der Universität und anderer Hochschulen. Gegen die Allianz von grüner Wissenschaftsenatorin, Unipräsidenten, GHG mit ‘ihrem Präsidenten’ Eichler wollen wir für eine gesellschaftskritische Verfaßte Studierendenschaft wirken, die sich für demokratische Qualifikation, Ausbau der Mitbestimmung, Verbesserung der sozialen Lage und Bildung für alle einsetzt.
Statt sein Amt zu mißbrauchen,
sollte ‘der Präsident’ Müll trennen gehen und Energie sparen.
Das wäre einer qualifizierten Wahlentscheidung zuträglicher.
Deutschland soll an die
Spitze. Als nationaler Standort in der internationalen Konkurrenz. Eine
Studie des japanischen Zentrums für Wirtschaftsforschung hat ergeben,
daß Deutschland seit 1990 vom sechsten auf den zwölften Platz
der weltweit wettbewerbsfähigsten Staaten verdrängt wurde. Deutschland
macht was falsch.
Jörg Dräger weiß was. Deutschland brauche mehr „Klasse statt Masse“ – „eine leistungsfähige und verantwortungsbewußte Elite“.
„BrainInvest“ heißt das Projekt, das die Hamburger Vereins- und Westbank nach Drägers Idee im Juli einrichten will, damit die Wirtschaft in die Ausbildung von einzelnen „Topstudenten“ investieren kann. „Begabten jungen Menschen“ soll über private Förderung Gelegenheit gegeben werden, an „Eliteuniversitäten“ zu studieren. Mit Beginn ihres Berufslebens zahlen sie dann - bis zum doppelten Betrag - zurück. Den Geförderten sei der Sprung in die Führungsetagen garantiert, der Arbeitsmarkt honoriere das „Image der Elite schmieden“. Für die Anleger soll mindestens sieben Prozent Rendite rausspringen. Da lohnt sich Leistung wieder.
„Begabung“, „Leistung“ und „Elite“ sind politisch-ideologische Kampfbegriffe des neoliberalen Turbokapitalismus. Die Behauptung der „Begabung“ hat die Funktion, die Ursachen sozialer Unterschiede in die biologische ‚Natur des Menschen‘ zu verlagern. Die auf dieser Grundlage erbrachte „Leistung“ als kapitalkonformes Verhalten im Arbeitsprozeß führt in die Leitungsetage der sogenannten Elite. Die Ideologie und Praxis dieser Reihung (Begabung, Leistung, Elite) ist Legitimation sozialer Ungleichheit und reproduziert die Grundlagen dieser Ungleichheit. Über die Negierung sich antagonistisch gegenüberstehenden Interessen wird das Kapitalinteresse zum Allgemeininteresse erklärt: die Menschen sollen als „freie Individuen“ die „Natürlichkeit“ gesellschaftlicher Verhältnisse anerkennen und in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen darum fighten, wer zur „Elite“ gehört. Ziel ist die eigenständige, selbstgewollte, umfassend akzeptierte Vergesellschaftung des Menschen als „nützliches Werkzeug“ der Profitrealisierung.
Unterordnung ist Freiheit?
Mitnichten. Die Durchsetzung sozialer Gleichheit als Voraussetzung für die freie Entfaltung aller Menschen über sinnvolle Arbeit, Bildung, Wissenschaft und Kultur entspricht dem allgemein menschlichen Interesse. Die Möglichkeit, dies zu realisieren, ist in den bestehenden Verhältnissen objektiv vorhanden. Über den fortschrittlichen Bezug auf die Existenz widerstreitender gesellschaftlicher Interessen, den Fundus menschlicher Geschichte und die Hervorbringungen kritischer Kultur können diese subjektiv erkannt und organisiert über den kooperativen solidarischen Kampf gegen die Zumutungen der Zeit gesellschaftlicher Wirklichkeit werden.
Gleichheit ist Freiheit.
Hierfür müssen
alle Hirnschmalz investieren.
Dem Geld erweisen die Menschen Ehren.
Das Geld wird über Gott gestellt.
Willst du deinem Feind die Ruhe im
Grab verwehren
Schreibe auf seinen Stein: Hier ruht
Geld.
Bertolt Brecht, Vom Geld.
Szene: Uni-Campus. WiWi-Bunker. Haupteingang. An einem Tisch werden Getränke ausgeschenkt, es wird gebacken, und es riecht süßlich. Nebenbei wird ein wenig gehetzt – gegen das „linke Gesocks“ und „für eine rechte Politik für Studenten“. Werben wollen zwei streng gescheitelte, korrekt gekleidete junge Herren und zwei weibliche Werbemodelle – Fräulein Becker und Fräulein Bäcker – mit etwas mißmutiger Miene für ihre Liste, den RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten). Auch ein Flugblatt bekommt man in die Hand gedrückt: „Wir backen Dir ein neues StuPa.“ Ob der gesamten Trostlosigkeit dieser Gestalten geht man weiter, läßt Kaffee und Kuchen stehen. Da man noch keinen geeigneten Entsorgungsort gefunden hat, beginnt man das Flugblatt zu lesen:
Auf der Vorderseite: bewußter Titel mitsamt zweier unter kräftiger, schwarzer Wimperntusche und hohen Bäckersmützen starr und krampfhaft lächelnder Maskengesichter – weiblichen in diesem Fall. Auf der Rückseite dann ein (Back-)Rezept inklusive Zutatenliste. Geredet wird da von „1 Million DM“ – natürlich „ausschließlich für studentische Zwecke“ –, und von „Auslandsscheine[n]“, die „auch deutschen Universitäten schmecken“. Ein „credit-point-system ... für jeden geeigneten Studiengang [?!, d. Vf.] bekömmlich“ ist genauso „herzlich willkommen“, wie „großzügige Sponsoren“ und ein „mit einer Portion finanzieller Unterstützung“ angereichertes Semesterticket. Dann bekommt auch der gemeine Student, der den RCDS wählt, „ein Stück von diesem großen Kuchen“ – gemeint ist hiermit wohl das StuPa, oder vielleicht doch „die 1 Million DM“? Nach dieser Vorarbeit kommt dann die Hauptarbeit: irgendwelche nicht näher definierten „hilfsbereiten jungen Leute“ sollen „zusammen mit den Unternehmen [welchen?, d. Vf.] zu einem festen Teig“ geknetet und dann „1 Jahr lang stehen“ gelassen werden.
Man fragt sich: hat man es hier mit einer – eher etwas gewollten – Persiflage zu tun? Man hat nicht! Vielmehr bekommt man mit diesem Flugblatt die gesamte rückwärtsgewandte Altbackenheit des RCDS präsentiert, der meint, den Studierenden etwas zu bieten. Doch die Adenauer-Zeiten mit Omas Hausrezepten sind passé. Dennoch wird versucht, diese konservative Ideologie in eine moderne, neoliberale Form zu gießen. Mit Instrumentarien wie „credit-point-system“, „Sponsoren“ und „Auslandsscheinen“, die „auch deutschen Universitäten schmecken“, sollen die Unis umgerührt werden. Diese Mischung schmeckt auch der Grünen Hochschulgruppe mit ihrem „Service-AStA“.
Indem der RCDS mit seinen Forderungen eine Verbindung zwischen den herrschenden neoliberalen Tendenzen des jeglicher sozialer Verantwortung entledigten Kapitalismus und seiner rechtskonservativen Ideologie herstellt, proklamiert er das Prinzip einer durchkapitalisierten Gesellschaft, in der sich auch die Studierenden dem Markt verfügbar machen und zu diesem Zweck zugerichtet werden sollen. Der Mensch soll sich in der Konkurrenz behaupten, sich um Förderung bemühen und in „einem festen Teig“ vollkommen kritiklos „mit den Unternehmen“ verschmelzen, d. h. die bestehenden Verhältnisse bestätigen. „Der hilfsbereite junge Leut“ soll dienen und läßt sich vom „Service-AStA“ (be)dienen.
Diesem sozialdarwinistischem
Menschenbild, das gegründet ist auf einer strengen Konkurrenz- und
Verwertungs„logik“ und der Bestätigung von Ausbeutungsverhältnissen,
wird der kritische Studierende – der das RCDS-Flugblatt mittlerweile in
den Mülleimer geschmissen hat – in solidarischer Zusammenarbeit eine
Praxis entgegensetzen, die, anstatt in permanenter Konkurrenz „zum Rest
der Welt“ stehend, den Menschen als kritisches Subjekt in den Mittelpunkt
stellt. Der AStA müßte nicht Service betreiben, sondern würde
für eine Universität streiten, die sich der zunehmenden Ökonomisierung
entgegensetzt und Wissenschaft als Beitrag zu einer demokratisch-humanistischen
Gesellschaftsgestaltung realisiert.
Hochschulpolitik als
studentische Interessenvertretung ist der Grünen Hochschulgruppe (GHG)
seit 8 Jahren ein leerer Begriff.
Suspekt ist den Ja-Sagern Wissenschafts- und Gesellschaftskritik, soziale Interessenvertretung sowie die menschliche Vernunft als Leitlinie organisierten Handelns.
Deshalb gilt ihnen alles Linke als extrem. Bolschewistisch?
Auf diese Art & Weise ist es ihnen gelungen, die Verfaßte Studierendenschaft weitgehend zu entpolitisieren, die Wahlbeteiligung von 14,4 Prozent auf 12 Prozent zu drücken und, stark geschwächt, wieder stärkste („Oops,...“) Gruppierung zu werden. Mit ihren grünen Geschwisterlisten („Fachschaftsliste“, „Pferdestall Kulturkombinat“) allein reicht’s nicht aus, einen AStA zu bilden. Da wird wohl noch aus dem linken Lager hinzugesammelt werden müssen. Ein erfreuliches Erfordernis.
Erfreulich ist auch, daß der RCDS für seinen bieder populistischen Wahlkampf bemerkenswerte Verluste hat hinnehmen müssen und daß es der juso-hochschulgruppe mit ihren politischen Aussagen gelungen ist, sich in den harten Auseinandersetzungen zu konsolidieren.
Weitaus weniger erfreulich ist der Einzug der reaktionären „Germania“-Liste „VOLK“ ins SP. Politische Attacken seien ihr gewiß.
Neu auf der Bühne ist die „Regenbogen“-Hochschulgruppe. Sie hat uns sicher ein paar Stimmen abgeluchst. Sie wird zu beweisen haben, wie sehr sie ihre grüne Schwester GHG zu emanzipatorischer Politik bewegen kann...
Alles in allem ist ein leichter Linksdrall erreicht worden, der Voraussetzungen für die Entwicklung studentischer Interessenvertretung bietet.
Auch wenn wir Verluste zu
verzeichnen haben, werden wir für ein hinreichende Linksverschiebung
agieren und kritisch bleiben.
Listenname |
2000 |
2001 |
2000 |
2001 |
2000 |
2001* |
Liste LINKS |
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juso hochschulgruppe & fachschaftsaktive |
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AMS - Assoziation marxistischer StudentInnen |
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Regenbogen - Alternative Linke |
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LSD |
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Linksruck Hochschulgruppe |
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Desillusionierte Studierende |
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Fachschaftsliste |
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LUST |
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St.-Pauli-Liste |
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SemesterticketListe |
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Pferdestall Kulturkombinat |
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Grüne Hochschulgruppe |
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Studium und Job |
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SPASTO |
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Realos jetzt! |
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RCDS |
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V.O.L.K. |
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* Die Anzahl der Sitze ist mit der des
Vorjahres nicht vergleichbar, weil die Zahl der Gesamtsitze von bisher
47 auf nun 35 vorerst geändert wurde. Inwieweit diese Änderung
Gültigkeit behält, wird noch geklärt.
Wenn das Geschlecht benutzt
wird, geht das so: Der Frosch-AStA lädt Frauen zu einer Veranstaltung
(„Aus dem Nähkästchen geplaudert - Lebenswege von Frauen“) ein
und die „berichten von ihrem persönlichen Lebensweg und diskutieren
mit allen Interessierten über die Lebensplanung als Frau.“ Eine Ingenieurin,
eine Staatsrätin und eine Hochschulpräsidentin dürfen erzählen,
daß
grüne Frauen als solche ganz besonders selbstbewußt Karriere
machen können.
„Wie gestalten erfolgreiche Frauen ihr Leben?“
Erfolgreiche Frauen gestalten ihr Leben erfolgreich, sonst wären sie ja nicht erfolgreich. Alles weitere wird durch die moderne Hackordnung geregelt.
„Gibt es noch spezielle weibliche Hürden?“
Spezielle Hürden sind andere Frauen und Männer – also meist ebenso lohnabhängige Mitmenschen, die auch eine Stelle und eine schicke Wohnung wollen.
„Müssen ‚Erfolgs-Frauen‘ auf Familie und Privatleben verzichten?“
Nein.
„Welche Überlegungen, Erfahrungen und Wünsche spielen in der Lebensplanung eine Rolle?“
Aufgabenerfüllung, Wachsamkeit, Gehaltserhöhung; eine Reise nach Honululu, nett ins Theater gehen, eine neue Lebensabschnittspartnerschaft; die grüne Partei, die Gruppentherapie, der Töpferkurs.
Nicht oben oder unten, nicht links oder rechts, nicht sinnvoll oder entfremdet, nicht Konkurrenz oder Kooperation, sondern: „Aus dem Nähkästchen geplaudert“.
„Der Eintritt ist natürlich frei...“
Der Verstand darf an der
Garderobe abgegeben werden.
Das ist der Lebensbogen,
der Phantasien wecken soll: militanter Sponti, Hausbesetzer, Straßenkämpfer,
Turnschuhträger, Außenminister.
Der Wind im Blätterwald wühlt die endsechziger und siebziger Jahre wieder auf. Sie sollen weitgehend reduziert sein auf das Bild anarchistischer Militanz, die jetzt, Abbitte leistend in den Institutionen angekommen oder privatisiert in jammernder Larmoyanz, endgültig gezähmt ist durch die endgültigen Verhältnisse einer normalen Republik.
In den Schatten des Vergessens gestellt werden dabei die Ostverträge, erfolgreiche Lohnkämpfe, sozialstaatliche Errungenschaften, Hochschulreformen und die Auseinandersetzungen um die 35-Stunden-Woche etc. sowie die Bandbreite und Wirksamkeit der außerparlamentarischen Bewegung. Das Grüne wird als das Höchste der Gefühle suggeriert. Er hat Euch so gebraucht, der Kapitalismus...
Die gemäßigte Fortsetzung der neoliberalen Politik des internationalen Turbokapitalismus durch die rot-grüne Bundesregierung bei gestiegenem gesellschaftlichen Reichtum und hoch entwickeltem wissenschaftlich-technischem Fortschritt steigert den Widerspruch zwischen privater Verfügung über die Quellen menschlicher Entwicklung und den Erfordernissen allgemeiner sozialer Entwicklung. Vehemente Auseinandersetzungen um Arbeit, Bildung, soziale Absicherung und Kultur sind insofern zunehmend notwendig. Die öffentlich dominante Interpretation von „68“ und folgender Jahre dient in diesem Zusammenhang der Verschleierung fortschrittlicher Wirkungsmöglichkeiten.
Parteien, Gewerkschaften, Wissenschaften und außerparlamentarische Bewegungen sind deshalb daran zu messen, wie entwickelt ihr Beitrag an sozialem und kulturellem Fortschritt ist. Niemand sollte Abbitte leisten. Es wäre lediglich Rechenschaft darüber zu leisten, was erreicht worden ist.
Cohn-Bendit: „Ja, aber mein
Gedanke geht weiter. Ich frage mich seit Wochen, wie wir zugeben können,
daß wir uns manchmal auch für Ereignisse und Taten schämen
müssen. Ich glaube, wir sollten uns schämen für einiges,
was wir geschrieben haben und was einige getan haben.“
Boris Becker ist einer von uns. Marius Müller-Westernhagen und Thomas Gottschalk sind auch Botschafter.
Deutschland: „Ähnlich wie ich“. Und es klingt kitschig, aber wahr.
Mutiger, frecher, provozierender heißt Aktiengewinne statt Lohn, Marketing statt Gebrauchswerte, Konkurrenz statt Sozialstaat, ein bißchen Multikulti (auch in der Ehe) und ein bißchen Krieg auf dem Balkan.
Das „neue Deutschland“ ist naiv, bunt und lustig, und die im Dunkeln sieht man nicht. Spiel, Satz, Sieg und hernach ein wenig unbeholfen stammeln. So ist das Draufhauen ganz putzig. Eigentlich könnten wir alle so erfolgreich sein. Danach legen wir unser Geld an und lassen es für uns arbeiten. Wenn wir nicht so erfolgreich sind, weil wir keine solche Begabung haben, haben wir ja das Bobele. Das hat auch so seinen Kummer und seine Probleme. Die möchten wir gar nicht haben. Es sei denn in der U-Bahn in den Schlagzeilen der Regenbogenpresse.
Nach wochenlangem Gefühlssulz wird wieder einmal klar, daß die nicht aufklärungsfreundliche Regenbogenpresse immer noch schwer unter dem Verlust der deutschen Monarchie leidet und sich immer neue Ersatzobjekte für die Projektion geschürter Glücks-, Erfolgs- und Leidenswünsche suchen muß, um die sozial widersprüchliche Welt grell zu tünchen, auf daß keiner merke, daß die gesellschaftlich bedingten Unterschiede politisch zu überwinden sind.
Boris hat nun Gelegenheit für neue Geschäfte und eine neue Paarbindung.
Zeit für Verstand, Kritik,
Widerstand und echte Reformen. Echt unkitschig. Aber wahr. Ehrlich.
„Die Oberen sagen:
Es geht in den Ruhm.
Die Unteren sagen:
Es geht ins Grab.“
Bertolt Brecht
Nazis dürfen am Wochenende durch die Innenstadt marschieren!
Faschismus und Krieg als Ergebnisse brutalisierter gesellschaftlicher Konkurrenzverhältnisse finden zunehmend Toleranz in der deutschen Alltagsnormalität oder treffen auf Hilflosigkeit und Schulterzucken. Faschisten zelebrieren ihr martialisches Ehrerbieten vor dem Kriegerdenkmal am Stephansplatz, die „Schill-Partei“ liegt in einer Umfrage zur Bürgerschaftswahl bei 9 %.
Intoleranz soll gelten gegen Erwerbslose, Drogenabhängige, SozialhilfeempfängerInnen; AusländerInnen; gegen linke Kritik an Ausbeutung und staatlichen Restriktionen; gegen sozialstaatliche, arbeitsrechtliche und demokratische Errungenschaften.
Seit etwa zwei Jahren sind verstärkte öffentliche nazistische Aktionen – ursprünglich insbesondere gegen die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944“ - festzustellen.
Obwohl immer wieder Aktivitäten, vorrangig vom „Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus“, dagegen organisiert wurden, sind die dreisten Nazimärsche bislang kaum einzudämmen gewesen, da die dominante neoliberale gesellschaftliche Umstrukturierungpolitik Ausbeutung und Entfremdung forciert, sozialdarwinistische Deutungsmuster fördert, rechte Kräfte stärkt und deshalb (Neo-) Faschisten frecher werden läßt, die wiederum den Druck auf die „normale“ bürgerliche Politik erhöhen.
Daher ist Widerstand geboten. Das Engagement gegen Rechts ist ebenso das Engagement für Vernunft, historisches Bewußtsein, sinnvolle Arbeit, unbedingtes Asylrecht, Mitbestimmung, demokratische Rechte, gegen Krieg und für zivile Entwicklung aller.
Sozialer und kultureller Fortschritt sind die wirksamsten Mittel gegen reaktionäre Brutalität.
Wehret dem Wahnsinn mit Methode!
am Samstag, den 17. Februar
um 10 Uhr
Domstraße/Ecke Ost-West-Straße
Als Kundgebungsorte sind angemeldet: Domstraße, Gänsemarkt und Moorweide
Die Behauptung, der Klassenkampf des 19. Jahrhunderts sei vorbei, ist selbst der beste Beleg für das Gegenteil der Behauptung.
Friedrich Merz polemisiert
gegen das neue Betriebsverfassungsgesetz aus dem Hause Riester.
Die novellierte innerbetriebliche
Mitbestimmung soll den durch die technische und Entwicklung der Arbeitsteilung
veränderten Betriebsstrukturen gerecht werden, indem die Betriebsratspflicht
von 5 auf 3 Mitarbeiter gesenkt wurde, hauptberufliche Betriebsräte
schon ab 200 Mitarbeitern erforderlich sind und „freie“ sowie geringfügig
Beschäftigte sich an der betrieblichen Mitbestimmung beteiligen können.
Neben Umweltschutz und der Bekämpfung des Rechtsextremismus hält der neoliberale Musterkonservative Merz die Sicherung der innerbetrieblichen Mitbestimmung – warum eigentlich nur „Mit...“ ? – für „geprägt vom Kampfdenken der alten Klassenfeinde im Kapitalismus des 19. Jahrhunderts.“
Abgesehen davon, daß ökologische Politik im 19. Jahrhundert wohl eher keine Rolle gespielt hat, soll hier aggressiv suggeriert werden, daß die ungehemmte Freiheit zur Erhöhung der Profite die Freiheit aller sei und deshalb die Partizipationsrechte der lohnabhängig Beschäftigten – wenn sie denn gegen Lohn beschäftigt sind – einzuschränken bzw. darauf zu reduzieren seien, die Konkurrenzfähigkeit des Kapitals zu erhöhen.
Dieser entrechtende Neoliberalismus
ist die Klassenkampfdoktrin des gegenwärtigen Jahrhunderts.
Ob alt oder neu: Umfassende
demokratische Partizipation, ein Lohn, der den Namen verdient, soziale
Absicherung und bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung, vernünftige
Kultur- und Bildungseinrichtungen sind im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung
und allgemein sinnvoll, nützlich und erforderlich.
„>Ach<, sagte die Maus,
>die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß
ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich
endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese Mauern eilen
so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und
dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe<. – >Du mußt
nur die Laufrichtung ändern<, sagte die Katze und fraß sie.“
Franz Kafka, „Kleine Fabel“.
Katze oder Maus?
Die Einengung der einen ist die Freiheit der anderen.
„Sie haben die deutsche Einigung akzeptiert,
es gab nur noch ein bißchen Maulen. Die ‚sozialistische‘ Wirtschaftsordnung
der DDR haben sie nicht verteidigt. Und inzwischen lieben sie das Grundgesetz.
Den Verfassungsschutz setzen sie nicht mehr mit der Stasi gleich. Auch
die Idee von einem neutralen Deutschland, das aus der NATO austritt, spielte
1990 kaum eine Rolle. Insofern können wir doch sehr gelassen über
Irrungen und Wirrungen vor dreißig Jahren reden.“
Richard Schröder, „Das
Wunder nach ‘68“, „Joschka oder Geschichte einer Wandlung“, FAZ, 24.2.’01.
Schlußstrich nun also - Schwamm drüber.
Die öffentlich inszenierte Aufregung über „‘68“ fortfolgend hat eine wesentliche Funktion: die umfassend hämische Delegitimierung der Kritik am Kapitalismus.
Da sitzen nun viele der alten Kämpfer (und Kämpferinnen) in Parlamenten, Regierungen, Behörden und schauen gewichtig aus ihren neuen Anzügen. Der erodierte Sozialismus ist inzwischen weitestgehend - bis auf ein paar gallische Dörfer - einverleibt und die rot-grüne Bundesregierung beteiligt sich aktiv an dem Krieg gegen Jugoslawien - übrigens mit einer pseudo-antifaschistischen Begründung. Die kärgliche Entschädigung der Zwangsarbeiter soll die an der Installierung des Faschismus ursächlich beteiligten und an seiner Barbarei profitierenden Unternehmen für alle Zeit entschuld(ig)en. Schwamm drüber.
Vergessen sei das Potsdamer Abkommen mit seinen Richtlinien zur Entmilitarisierung, Entmonopolisierung, Demokratisierung und Zerschlagung aller faschistischen Organisationen.
Verharmlost seien der Widerstand gegen den Vietnamkrieg, die Notsandsgesetze, die alten Nazis in oberen Fabrik- und Banketagen, in Justiz, Militär und Politik.
Unter den Tisch der Redaktionsstuben sei gekehrt der Sozialstaat, ordentliche Tarifabschlüsse, die Mitbestimmung, die öffentliche Investitionslenkung und daß Reformen zum Nutzen der Mehrheit sind.
„Bildung für alle“ soll zum verwertungskonformen „just in time“ mutieren für den „Bildungsstandort Deutschland“ und die gute alte „Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung“ wird unter dem Motto „Jahr der Lebenswissenschaften“ zur Zwergin für die profitable Gentchnologie zu machen versucht.
Da lohnt es sich doch, den historischen Spuren von Kritik, Widerstand, alternierenden Gesellschaftsoptionen sowie den Erfolgen des Engagements nachzugehen, um aufmunternde Grundlagen für die Richtungsgebung des eigenen Unbehagens zu gewinnen.
Joseph und seine Brüder (und Schwestern) mögen nun etabliert aus der Wäsche gucken. Es müssen ja nicht alle so enden.
Der Kapitalismus ist geblieben.
Deshalb bleibt seine Zähmung dringend erforderlich. Auch über
seine Grenzen hinaus. Up to date and just in time.
Die grüne Partei wurde 1980 gegründet: Wenn sie 20 sind, sind sie dreißig, wenn sie dreißig sind, sind sie so alt wie ihre Oma - und im Nu ist der Menschenrechtskrieger fertig.
Professor Raschke (Politologielehrender an der Hamburger Universität) bezeichnet die Grünen als „die Partei der Bessergebildeten“ und fordert in seinem jüngst auf den Markt gekommenen Buch „Die Zukunft der Grünen - so kann man nicht regieren.“, daß die Grünen sich jetzt noch mehr anpassen sollen, um den Wettkampf mit den Originalliberalen der F.D.P. gewinnen zu können.
Abgesehen vom Pazifismus, von repressionskritischer Ökologiebewegung, von gesellschaftskritischem Feminismus und angestrebter basisdemokratischer Struktur in Partei und Gesellschaft, sollen nun die letzten Feigenblättchen vor nacktem Opportunismus fallen wie etwa die „Doppelspitze“. An ihre Stelle sollen effektiveres Management („strategisches Zentrum“) und Marketing („professionelles Kommunikationsmanagement“) treten, damit Verkaufsvorteile auf dem Politmarkt realisiert werden können.
Die Grünen, „bessergebildet“, stimmen weitgehend zu und bauen aber, weitaus gewiefter als der Herr Professor in seinem Stübchen, darauf, daß die hegemoniale Praxis der Realpolitik alle aufrührerischen Gedanken schon von selbst abschleifen wird. Das Gedankenreich werde schon dem entsprechen, in dem es entsteht, nämlich in den Verwaltungsinstitutionen für die moderne Gewinnmaximierung. Fritz Kuhn, einer der Grünen-Sprecher, findet nämlich, die Grünen verfügten schon über ein „stabiles handlungssteuerndes Zentrum“, und „mit ein paar Telefonkonferenzen“ sei es schon gelungen, die parteiinterne Aufmüpfigkeit gegen den Kotau von Joseph Fischer vor dem US-amerikanischen Außenminister bezüglich der Bombardements auf den Irak einzufrieden.
Mit den Grünen ist also gar nichts mehr los. Wer sich von sozialem und historischem Bewußtsein energisch befreit, kann nur noch den vermeintlichen Sachzwängen folgen und versuchen vorzugaukeln, er (oder sie!) sei emanzipatorisch, freiheitlich oder sonstirgendwiewas.
Den klar Denkenden ist erlaubt, nicht darauf hereinzufallen - und bessere Bücher zu lesen.
„Qualität kaufen
und Grün wählen“ – Frau Künast, die neue Landwirtschaftsministerin,
hat die grüne Lebensphilosophie auf den Begriff gebracht. (Ein Becher
Öko-Kaffe kostete auf dem Parteitag in Stuttgart übrigens 6 Mark.)
Der Mensch ist also in allererster Linie ein Konsumtierchen, das gern den Öko-Wochenmarkt bevölkert, beim Salatessen so ganz bei sich ist, echt betroffen über das Elend in der Welt die Nachrichten schaut, den ökologischen Umbau für den Standort Deutschland total wichtig findet, seine Sorgen an den Joseph – den Fischer – delegiert und sein Ich mit Naturkosmetik pflegt.
Bei Regen und bei Sonnenschein, man braucht doch bloß zufrieden sein.
Die Grünen... erlauben ihrer Basis generös, auch wenn’s unvernünftig ist, gegen die Castor-Transporte zu demonstrieren; sie wollen 220 Quadratzentimeter mehr für eine Legehenne, möchten das Asylrecht wiederhaben, klammern alle tiefgreifenden Konflikte aus (Atomindustrie, Autoindustrie, Kriegsführung in Jugoslawien) und machen in Harmonie.
Zwar wurde die Trennung zwischen Amt und Mandat beschlossen, aber der Außenminister setzt auf die normative Kraft des Faktischen, indem er kommentiert: „Die Realität wirds richten, wie so oft.“
Die Realität der Anpassung hat die Grünen gerichtet.
Selbst die besseren Beschlüsse von Stuttgart sind lediglich symbolische Markenzeichen für Teile der Mitgliedschaft sowie Symbolwerte für WählerInnen und Wähler, damit sie dem Wahlverein nicht davonlaufen, denn eine Umsetzungsperspektive ist mit den mehr oder minder wohllautenden Formeln nicht verbunden, so daß wesentlich die Geduld der Parteitagsdelegierten und des beschriebenen Papiers strapaziert wurde.
Grün ist gekauft – Qualität gibt’s woanders.
Im „SPIEGEL“ durfte wieder einmal wortreich fabuliert werden.
Macht und Politik – meist eins – seien Droge und Rausch, der Mensch sei von Natur aus schlecht und leide darunter. (Außer Harald Schmidt, der lobt seine Mitarbeiter, macht mehrmals wöchentlich dumme Scherze und kassiert fette Trotteltantiemen.) Lieschen Müller und Hänschen Meier wollen nun wirklich nicht mit „denen da oben“ tauschen.
Also: Wenn der Mensch nicht als solcher schlecht ist, macht ihn die Macht als solche schlecht – auch wenn der Kanzler nicht viel zu sagen hat. Macht haben der Kardinal, der Landesbanker, der Medienmonopolist, der Fußballtrainer, der Enkel von Richard Wagner, der Bundeswehrgeneral (wer will schon Bundeswehrgeneral werden?) und Kurt Biedenkopf. Und alle haben schrecklich viel Verantwortung. So weit auf 17 Seiten (ohne Werbung) verzweifelt liberaler Publizistik.
Dabei ist die Sache gar nicht so schwer: Der Unternehmer läßt die Waffen produzieren, der Pfaffe segnet sie, die Kirch-Journaille schwätzt von vermeintlichen Feinden und Freunden, der General drillt die Truppen, der Fußballtrainer auch; der Kanzler sieht den „Standort“ in Gefahr, der Außenminister „die Menschenrechte“... – bei Eduscho gibt’s ’ne neue Kaffeesorte mit echtem Freiheitsfeeling. Für „SPIEGEL“-Redakteure gibt’s Toscanawein.
Die scheinbar ewige Neuigkeit „der Macht“ hat also Adresse, Namen und Gestalt.
Wie wär’s mit ein bißchen Vernunft, ansonsten Abrüstung, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, bedarfsgerechter Ausstattung öffentlicher Institutionen und z.B. ordentlicher Mitbestimmung in allen gesellschaftlichen Bereichen?
Nicht: Keine Macht für niemand.
Sondern: Alle Macht für
alle.
„ ‚Der Zollverein‘ – bemerkte er –
‚Wird unser Volkstum begründen,
Er wird das zersplitterte Vaterland
Zu einem Ganzen verbinden.
Er gibt die äußere Einheit
uns,
Die sogenannte materielle;
Die geistige Einheit gibt uns die Zensur,
Die wahrhaft ideelle –
Sie gibt die innere Einheit uns,
Die Einheit im Denken und Sinnen;
Ein einiges Deutschland tut uns not,
Einig nach außen und innen.‘
“
Heinrich Heine, „Deutschland
– Ein Wintermärchen“, 1844.
Die Leitkulturwölfe der CDU Merz (Fraktionsheuler), Meyer (Generalscharfmacher) und Merkel („Kartoffelsuppe“) wollen mit ihrem „Deutschlandstolz“ wieder politisch Land gewinnen.
Da die rot-grüne Regierung mit ihrer Politik der „neuen Mitte“ weitgehend den neoliberalen Forderungen der Unternehmensverbände nachkommt, hat das konsevativ-wirtschaftsliberale Lager immense Schwierigkeiten, in der Erscheinungskonkurrenz Punkte zu sammeln und greift deshalb auf – leicht erneuerte – Traditionsbestände zurück.
Wenn Umweltminister Trittin neben seiner renditefreundlichen Industriepolitik auch noch unfreundliche und halbwegs treffende Worte („Laurenz Meyer hat die Mentalität eines Skinheads und nicht nur das Aussehen. Laurenz Meyer hat selber bekundet, daß er stolz darauf ist, daß er Deutscher sei. Das ist so die Flachheit, der geistige Tiefflug, der jeden rassistischen Schläger in dieser Republik auszeichnet.“) für den offensiven Nationalismus von CDU-Repräsentanten findet, jault und geifert die konservative Horde.
Und da die Grünen jetzt schwer an ihrer Regierungsverantwortung tragen, gibt’s Schelte, und der Jürgen wird sogleich von den Realos in seiner Organisation für die Einbrüche der Partei bei den Landtagswahlen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verantwortlich gemacht. Mal hü, mal hott ist halt ein schwier’ger Trott!
Alphons Goppel (CSU) verlangt gar vom Rau, dem Bundespräsidenten, er solle „die deutsche Geschichte in ihrer Gänze“ präsentieren – und zwar „aufrecht“.
Einschließlich der Millionen Toten durch Krieg und Massenvernichtung?
Bruder Johannes hingegen liebt die Menschen und will „Stolz und Scham in ein Verhältnis zueinander bringen“. Nun ja, mit einem entschiedenen Sowohl-als-auch des versöhnenden Spezialdemokraten eben.
Wer nicht allzu weit in die Menschheitsgeschichte greifen will, muß sich ja nicht unbedingt auf die Grundsätze und Errungenschaften von griechischer Antike, italienischer Renaissance, französischer Aufklärung, der Pariser Commune, der Novemberrevolution in Deutschland oder gar böserer Dinge beziehen.
Wer’s zeitgeschichtlich möchte, hat positive Bezugspunkte in der Befreiung vom Faschismus, dem Aufbruch von „’68“, dem Sozialstaat, der Entspannungspolitik, Demokratisierungserfolgen, der Massenuniversität, erklecklichen Lohnabschlüssen – und, aktuell gelesen, Heinrich Heine.
Hier gibt's mehr zu lachen.