„Geld ist in unserer Kultur noch stärker tabuisiert als Sex. Weil es mit Wert und Würde des Menschen verknüpft ist. Die Tabuisierung führt aber dazu, dass wir unser Potential nicht ausschöpfen. Egal, ob es darum geht, mehr zu verdienen, weniger auszugeben oder Geld gut anzulegen – wahren Wohlstand erzielen wir nur, wenn wir uns angstfrei, freudig entspannt und ohne emotionale Tabus mit dem Thema Geld in unserem Leben beschäftigen.“
Petra Bock, Coach, Dozentin an der FU Berlin, Autorin des Buchs „Nimm das Geld und freu dich drauf“, im Interview mit „Frankfurter Allgemeine Hochschulanzeiger“, Oktober 2011, S. 12f.
„Das Geld ist das dem Menschen entfremdete Wesen seiner Arbeit und seines Daseins, und dies fremde Wesen beherrscht ihn, und er betet es an.“
Karl Marx, „Zur Judenfrage“, 1843, MEW 1, S. 375.
„Für Geld kann man Waren kaufen, weil es Geld ist, und es ist Geld, weil man dafür Waren kaufen kann. Doch ist diese Theorie inzwischen fallengelassen worden. Woher das Geld kommt, ist unbekannt. Es ist eben da bzw. nicht da – meist nicht da.“
Kurt Tucholsky, „Kurzer Abriß der Nationalökonomie“, 1931.
Es ist inzwischen auch in der empirischen und qualitativ wertenden Sozialforschung angekommen, daß viel Geld bzw. hoher Verdienst allein (soweit überhaupt vorhanden) nicht glücklich macht.
Arbeitsverdichtung, Termindruck, Konkurrenz sowie mangelnder Sinn und Fremdbestimmung der Arbeit – all diese wachsenden Momente stellen keine „Arbeitszufriedenheit“ her.
Diesen gesellschaftlichen Tatbestand greift das Hochschulmagazin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („Zeitung für Deutschland“) als Titelthema auf und fragt: „Wie wichtig ist Geld? Und wie erkenne ich meine möglichen Macken mit den Tacken?“
Reflektiert werden hier beileibe nicht die tatsächliche Gegenwart mit ihren Fragen und Schwierigkeiten respektive die kritischen Gedanken von Marx oder Tucholsky, sondern, frei nach „Brigitte“-Art, verschiedene Geldtypen: „Der Sicherheitsfanatiker“, „Der Überforderte“, „Der Sparfuchs“, „Der Ambitionierte“ und „Der Prasser“.
Schwierig seien wesentlich die zu große Zurückhaltung bei Lohnverhandlungen und der unverkrampfte Umgang mit dem erhaltenen Lohn.
Die Geld-Priesterin (s.o.) aus Berlin meint gar, dass man sich an Geld als solchem erfreuen könne. Sie beschränkt sich, bei Anbetung des Gottes, auf eine individuelle Typ-Beratung. Das ist sehr eng.
Dabei ist – beispielsweise in London, Paris, Madrid, Tel Aviv, New York, auch in Hamburg – offenkundig, daß es nicht nur an Geld (für Löhne und öffentliche Haushalte; für Bildung, Kultur und Gesundheit), sondern auch an Sinn und Verstand, an Frieden, Kooperation und – ermöglichter – Perspektive fehlt.
Der internationale Protest, die Kritik, das Aufbegehren und die Forderungen richten sich gegen die enorme Finanzspekulation, gegen den Krieg und verlangt werden sozial gerechte, demokratische, vernünftige zivile gesellschaftliche Lebensbedingungen. Auf dieser Seite befinden sich auch Künstler und Wissenschaftler. Kultur und Verstand, Bewegung und Kritik bilden eine Einheit. Solidarische Ratio.
Dies ist der „Kampf um die Zukunft“. Kaum ein Mensch kann noch darüber hinwegsehen, denn es handelt sich ja schließlich um die Qualität des menschlichen Lebens.
Zurück zum Anfang„Unsere Welt wird noch so fein werden, daß es so lächerlich sein wird, einen Gott zu glauben als heutzutage Gespenster.“ (326)
Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft D, 1773-1775.
„Eine Duale Karriere muss für Hochleistungssportler zur Selbstverständlichkeit werden. Was wir täglich tun, nämlich einen Mehrwert für unsere Kunden schaffen, wollen wir den Sportlern ebenfalls ermöglichen: Mehrwert auch für ihre Karriere nach dem Sport. Dazu gehört der Aufbau von Vertrauen in einen zuverlässigen, langfristigen Partner. Wir stellen jedes Jahr rund 1.500 Hochschulabsolventen ein. Und wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass erfolgreiche Leistungssportler nach dem Eintritt ins Berufsleben mit denselben Werten Karriere machen, die sie im Sport an die Spitze gebracht haben, wie zum Beispiel volle Leistungsbereitschaft, Zielstrebigkeit, Durchhaltevermögen, Teamwork.“
Prof. Dr. Dieter Endres, Vorstand bei „PricewaterhouseCoopers“ („PwC“, Wirtschaftsprüfungsgeselschaft), Leiter des Bereichs Steuerberatung und Mitglied des Sporthilfe-Kuratoriums, in: „Auf dem Weg nach London“, Magazin-Beilage der Stiftung Deutsche Sporthilfe, Oktober 2011, S. 17.
„Durch den Kauf der Arbeitskraft des Arbeiters und Bezahlung ihres Werts hat der Kapitalist, wie jeder andre Käufer, das Recht erworben, die gekaufte Ware zu konsumieren oder zu nutzen.“
Karl Marx, „Das Kapital“, Bd. 1 (Hamburg 1867/1890), MEW 23, S. 647.
„Braust drei Hepp-hepps und drei Hurras
Um die deutschen Eichenbäume!
Trinkt auf das Wohl der deutschen Frauen ein Glas,
Daß es das ganze Vaterland durchschäume.
Heil! Umschlingt euch mit Herz und Hand,
Ihr Brüder aus Nord-, Süd- und Mitteldeutschland!
Daß einst um eure Urne
Eine gleiche Generation turne.“Joachim Ringelnatz, „Turnermarsch“, 1920.
Nun wirbt die „Deutsche Sporthilfe“ für eine erfolgreiche Teilnahme Teutoniens an den Olympischen Spielen 2012 in London.
In dem nämlichen Propaganda-Magazin wirbt – neben „PwC“ (s.o.) – ebenso die „Deutsche Bank“ („Leistung aus Leidenschaft“): „Wir unterstützen Deutschlands Spitzensportler. Machen Sie mit!“
„Volksaktie Spitzensportler?“
Der Sport ist ein Geschäft – der „Spitzensportler“ eine Ware.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) gilt nachweislich als korrupt.
Diese Tatsache rührt beispielsweise „PwC“ oder die „Deutsche Bank“ wenig, denn Geschäft ist und bleibt ja Geschäft – die Olympischen Spiele sind ein kommerzielles Unternehmen und gereichen bei Erfolg jeweils zur „nationalen Ehre“.
Idealmodell „Spitzensport“?
Nein, denn nunmehr sind die Zeiten des Breitensports wieder angebrochen. (Bewegung und kooperativ kultivierte Freude für Alle.) Die Gier der großen Geschäfte, nationale Borniertheiten, die Zerstörung von öffentlichen Einrichtungen der Allgemeinheit, die Hektik des sich selbst verwertenden Wertes, Arbeit oder Nicht-Arbeit als pure Last, das Verstellen von Hoffnung und Lebensgenuß treffen auf immer mehr Kritik, Widerstand und wieder neu angemeldete Ansprüche auf ein besseres gesellschaftliches Leben.
Für Bildung und Wissenschaft bedeutet dies den offenen sozialen Zugang zu Lernen, Begreifen und konstruktiv gestaltenden Ambitionen, die demokratische Partizipation in der öffentlichen Bildungseinrichtung, den Anspruch auf zukunftsfähige Ausstattung von Schulen und Hochschulen sowie den kritischen, verantwortungsvollen und problemlösungsorientierten Gesellschaftsbezug von Bildungsinhalten und -methoden. Das ist ein grunddemokratischer Ansatz, der allen elitären Irrungen und Wirrungen widerspricht.
Vielmehr ist die Kategorie der Kritik eine gemeinschaftliche Aufgabe im Interesse und Sinne der Mehrheit für die Mehrheit.
Vernunft bzw. Wahrheitsfindung haben so Sinn und Wert – und verbindliche Handlungsorientierung.
Samstag, 15. Oktober 2011
Versammlung in Hamburg
„Echte Demokratie Jetzt!“
14 bis 17 Uhr, Rathausmarkt
Zeitung zum Semesteranfang Wintersemester 2011/12
„Die einen geben nur aus, was sie haben, weil ihnen andernfalls der Schuldenberater von RTL in die Tür fällt, die anderen geben an mit dem, was sie besitzen, weil sie sonst nichts Wesentliches zu sagen haben. Die einen haben durch die von skrupellosen Zöglingen der Oberschicht angestoßene Finanzkrise ihren Arbeitsplatz verloren, die anderen die Hälfte ihres Vermögens.“ (...)
„Ob man Klasse hat, ist unabhängig von der Klasse, in die man geboren wurde oder aufwuchs.“
Michael Jürgs, „Kante statt Kant/Über den Verfall der Sitten“, „SPIEGEL“ Nr. 41/2011, S. 154f.
„Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ (...)
„Handle so, daß die Maxime deines Handelns jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte!“
Immanuel Kant, „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, 1785.
„Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist, Verhältnisse, die man nicht besser schildern kann als durch den Ausruf eines Franzosen bei der projektierten Hundesteuer: Arme Hunde! Man will euch wie Menschen behandeln!“
Karl Marx, „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosphie/Einleitung“, 1844, Marx-Engels-Werke (MEW) 1, S. 385.
Michael Jürgs kritisiert „den Verfall der Sitten“ als ein soziale Differenzen übergreifendes Massenphänomen. Das läßt sich besorgt und ablehnend – auch wenn es gewichtige Ausnahmen und andere Tendenzen gibt – feststellen.
Gleichwohl ist zu fragen, woher die kulturelle Verwahrlosung in der Gesellschaft kommt. Was ist ursächlich?
Skrupellosigkeit, Rücksichtslosigkeit, mangelnde Voraussicht, Sorgfalt und Aufmerksamkeit sind immer dann, wenn Freiheit ohne Gleichheit und Solidarität gelten soll. Wenn „Eigenverantwortung“ stets auf Kosten anderer – heißt: der Allgemeinheit und dem Einzelnen – durchgesetzt werden soll. Alle gegen Alle.
Von Bertolt Brecht kommt der Hinweis, daß die Roheit im Alltag von der Roheit der Geschäfte kommt.
Insofern ist schlüssig, wenn eine Gesellschaft – zu Renditezwecken – Krieg führt, wenn Löhne gedrückt und Sozialleistungen abgebaut, öffentliche Einrichtungen privatisiert und Hartz-IV-Abhängige denunziert sowie Menschen anderen als des christlichen Glaubens pauschal verunglimpft werden, wenn progressive Kritik und menschenwürdige Ansprüche (auch atheistische) als abseitig abgestempelt werden, daß es mit den Alltagssitten auch nicht allzu gut bestellt sein kann.
Dazu läßt sich aufgeklärt und ganz weltlich sagen: Wenn eine Gesellschaft – zu zivilen und humanen Zwecke – Kriege beendet, Löhne in angemessener Höhe hat, die Sozialleistungen bedarfsgerecht sind, öffentliche Einrichtungen in die öffentliche Hand zurückgelangen, Armut ein Armutszeugnis für die soziale Gemeinschaft ist, Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit (mit Grenzen zum Braunen hin) verbindlicher kollektiver Maßstab ist und menschenwürdige Ansprüche in Geist und Tat Raum greifen, dann wird's allgemein und konkret auch wieder anständiger und angenehmer – mit einem Wort: kulturvoller.
Da dies nicht von alleine oder von Oben oder durch Klagen kommt, ist wohl einiges dafür zu unternehmen.
Solidarisches Selbstbewußtsein ist eine Tatsache. Die Anzeichen der Besserung mehren sich.
„Aber nein, das Wissen, die Erkenntnis der Dinge durch die Vernunft, die Wissenschaft, gibt uns endlich die Genüsse, um die uns der Glaube, das katholische Christentum, so lange geprellt hat; wir erkennen, daß die Menschen nicht bloß zu einer himmlischen, sondern auch zu einer irdischen Gleichheit berufen sind; die politische Brüderschaft, die uns von der Philosophie gepredigt wird, ist uns wohltätiger als die rein geistige Brüderschaft, wozu uns das Christentum verholfen; und das Wissen wird Wort, und das Wort wird Tat, und wir können noch bei Lebzeiten auf der Erde selig werden; – wenn wir dann noch obendrein der himmlischen Seligkeit, die uns das Christentum so bestimmt verspricht, nach dem Tode teilhaftig werden, so soll uns das sehr lieb sein.“
Heinrich Heine, „Die romantische Schule“, Erstes Buch, 1833
Der globale Aufbruch von der arabischen Demokratiebewegung über die Proteste der „Indignados“ bis zu „Occupy Wallstreet“ ist der klare Bruch mit der Weltreligion der „unsichtbaren Hand des Marktes“.
Auch der seit diesem Sommer andauernde Widerstand der Hamburger Hochschulen gegen die fortgesetzte Sparpolitik in Bildung, Kultur und Wissenschaft ist auf die Rückgewinnung solidarischer Souveränität gegen die ungehemmte und umfassende Unterwerfung der Menschen unter das Prinzip der Gewinnmaximierung gerichtet.
Die Glaubenssätze des Neoliberalismus hatte die Handelskammer 1999 niedergeschrieben unter dem Titel „Hamburger Hochschulen reformieren. Mehr Freiheit für unternehmerisches Handeln“: Humankapital statt Humboldt, Hierarchie statt Demokratie, Studiengebühren statt soziale Offenheit, bulimisches Pauken (Bachelor/Master) statt kritisches Lernen, private Forschungskorruption statt staatlich finanzierte zivile Wissenschaften. Mit dem CDU/Schill/FDP-Senat fanden sich 2001 bereitwillige Vollstrecker für diesen anti-aufklärerischen Kreuzzug.
Der angerichtete Schaden ist groß. Die uniweite gemeinsame Vollversammlung von Studierenden, Lehrenden und Verwaltung im Juni postulierte daher: „Es ist Zeit für eine Wende.“
Der nun schallende Ruf nach besserer finanzieller Ausstattung der Hochschulen gilt zuförderst emanzipatorischer Bildung und Wissenschaft:
„Der Akademische Senat bekräftigt, dass die Universität einen Beitrag zur zivilen, ökologisch nachhaltigen, sozial verantwortlichen und demokratischen Entwicklung der Gesellschaft leisten und somit ihrer öffentlichen Verantwortung aktuell gerecht werden will. Die Universität will sich der Herausforderung stellen, Perspektiven für gestaltendes Eingreifen in gesellschaftliche Entwicklungen zu eröffnen, anstatt lediglich bestehende Gegebenheiten nachzuvollziehen.“
(Stellungnahme des Akademischen Senats zu einem Brief der Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt, September 2011.)
Dieser „Kampf um die Zukunft“ der Gesellschaft beinhaltet auch die freudige Gegnerschaft zur Entwicklungshemmung der „Schuldenbremse“:
„Der starren Politik mit der Schuldenbremse steht der zivilisatorische Nutzen sozial offener Hochschulen, demokratischer Bildung und unabhängiger Forschung als Alternative gegenüber. [...] Aus diesen Gründen ist eine haushalts- und wissenschaftspolitische Umkehr notwendig und möglich.“
(a.a.O.)
Dies ist eine ambitioniert humanistische Alternative zu den beschwichtigenden Versuchen des SPD-Senats, die neoliberale Müllhalde behutsam zu kompostieren.
Für den „Kampf um die Zukunft“ wurden bislang ca. 50.000 Unterschriften gesammelt, sind im Juni 15.000 Menschen auf die Straße gegangen, wurden die politischen Ambitionen in mannigfaltigen Resolutionen weiterentwickelt, finden weiter Versammlungen und Protestaktionen statt und haben sich diverse Einrichtungen und Personen des öffentlichen Lebens mit eigenen Überlegungen zur gesellschaftlichen Bedeutung von Bildung und Wissenschaft solidarisiert.
Diese Reichweite der „akademischen“ Bewegung hat seine Vorgeschichte in der unverbrüchlichen studentischen Bewegung der Vorjahre. Der Kampf gegen Studiengebühren war begründete mit der Notwendigkeit von Solidarität und Emanzipation, die Bewegung für den Verbleib der Uni in Eimsbüttel mit der Verantwortung der in Geschichte und Gesellschaft verankerten Wissenschaften, die Opposition zur Ba/Ma-Folter mit der Perspektive der Bildung mündiger Bürger.
Die Krise trifft die Hochschulen nicht unvorbereitet.Wenn praktischer Humanismus heute richtig ist, dann war er es immer.
„Angesichts der schrecklichen Attentate in den USA drückt die Universität Hamburg ihre tiefe Bestürzung und ihr Mitgefühl gegenüber den Opfern aus.
Sie appelliert aus diesem Anlass dringend an alle politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik, in Europa und in der internationalen Staatengemeinschaft, die nun anstehenden Probleme im Sinne kritischer Rationalität, Humanität, Wahrung der Menschenrechte und auf der Grundlage der internationalen Rechtsordnung und ihrer von der UNO sanktionierten Prinzipien zu lösen. Pauschalisierungen jeder Art sollten dabei vermieden werden.“
Aufforderung zur Besonnenheit und Wahrung der internationalen Rechtsordnung. Universität Hamburg bekennt sich zu weltoffener Internationalität.
Beschluß des Akademischen Senats vom 20.9.2001
Die terroristischen Anschläge am 11. Septembers 2001 wurden zum Anlaß eines neuen kriegerischen Feldzuges zur Durchsetzung der alten Weltordnung. Bereits in den 80er Jahren war das Konzept „Greater Middle East“ in neo-konservativen Think-Tanks in den USA ausgebrütet worden, mit dem die Länder von Marokko bis Pakistan zur „Demokratie“ („Marktwirtschaft“ und westfreundlich-willige Regierungen) gebracht werden sollten. Die NATO sollte dabei die Großregion „stabilisieren“. Am 7. Oktober 2001 wurde als erstes Land Afghanistan angegriffen und mit Krieg überzogen, es folgte 2003 der Irak (Auch der andauernde Krieg gegen Libyen soll die Unterwerfung der dortigen Bevölkerung erzwingen.) „Wer nicht für uns ist, ist für die Terroristen“, propagierte vor zehn Jahren der damalige US-Präsident G.W. Bush.
Gegen die Folgen dieser Drohung warnte damals die Universität – auch andere aufgeklärte Kräfte wie die Friedensbewegung. Der Aushebelung des Völkerrrechts, der Rasterfahndung und Denunziation gegen muslimische MitbürgerInnen, der Aufrüstung, dem Demokratie- und Sozialabbau, der Brutalisierung der internationalen wie zwischenmenschlichen Beziehungen wurden Rechtsstaatlichkeit und Solidarität entgegengesetzt. Als positiver Maßstab für die eigene Tätigkeit wurde im AS-Beschluß formuliert: „Die Universität sieht die Notwendigkeit, die Reflexion über die politischen und sozialen Bedingungen zu fördern, die diese terroristischen Anschläge ermöglicht haben.“ Hier liegt der Auftrag und tiefere Sinn der Wissenschaft: Die ungeheure gesellschaftliche Ungleichheit begreifen und kritisieren sowie die Friedensursachen – Abrüstung, solidarische Entwicklung, Bildung und sinnvolle Arbeit für alle – erforschen und auf die politische Agenda setzen.
Der Versuch der mächtigsten Staaten, sich die ganze Welt Untertan zu machen, ist nicht nur gescheitert: Besatzung ist nicht Freiheit, Korruption keine Demokratie und es ist keineswegs gelungen, Stabilität für neue Geschäfte zu schaffen, geschweige denn, die „Herzen und Köpfe“ der Menschen zu gewinnen. Es ist dagegen eine Bewegung entstanden, die sich von der herrschenden Politik nicht (mehr) vertreten sieht und für tatsächliche Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Frieden kämpft. „Beendet der Krieg, besteuert die Reichen“ ist auch eine Friedensursache. „Der Kampf um die Zukunft“ geht in die nächste Runde – in Hamburg und weltweit.
Die Liste Links trifft sich Freitags, 15 Uhr, im studentischen Café Subkultur-Paranoia der Erziehungswissenschaft. (Im Souterrain des schwarzen Würfels)
„Die SPD ist die Partei der fleißigen Leute, die Partei der Arbeit. Daraus folgt zwingend auch eine sehr pragmatische Wirtschaftspolitik. (...) Die Haushaltskonsolidierung hat für uns alle Priorität. Klar ist, dass wir die Schuldenbremse einhalten wollen. Man kann auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt. Wir werden in Folge der Schuldenbremse aber darüber reden müssen, wie die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte maßvoll verbessert werden kann.“
O. Scholz (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, im Interview mit dem „Tagesspiegel“, 4.6.'11.
„Die SPD hatte Wichtigeres zu tun; wenn in Deutschland ein Unheil im Anzug ist, dann steht die Bonzokratie dieser Partei da und setzt durch, daß im § 8 des Unheils statt ‚muß‘ die Worte ‚soll nach Möglichkeit‘ stehen. Es sind wackere Parlamentarier.“
Kurt Tucholsky, „Die Keuschheitsgürteltiere“, 1930.
Erstens: Der schwarz-grüne Senat hat so manches Faß überlaufen lassen. Der sozialdemokratische Senat will aus alten Fehlern immer noch nicht lernen.
Zweitens: Hamburg ist seit ein paar hundert Jahren noch nie eine arme Stadt gewesen.
Drittens: Die Mehrheit der Bevölkerung muß selbst für das Allgemeinwohl sorgen.
In diesem Zusammenhang sind die Hochschulen eine politische Angelegenheit. Aufklärung oder Betriebswirtschaft.
Soziale Offenheit, demokratische Partizipation, solidarisches Lernen, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften – ausreichend öffentlich finanziert – stehen auf der Tagesordnung. Das ist ein praktischer Widerspruch zu Studiengebühren, Ba/Ma, Hochschulrat und negativ fortgesetzter Unterfinanzierung.
Emanzipation durch Bildung ist von großer Nützlichkeit.
Positive Veränderungen sind ein gewachsenes Bedürfnis.
Auf dieser Strecke hat sich 1993 die Liste LINKS gegründet.
Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich niemand auf Dauer entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
„Eine Gemeinschaft braucht das persönliche Engagement für andere Menschen. Sei es durch Zeit oder Geld. Vielleicht gilt das heute besonders, weil die Zeiten eines künstlichen Gemeinschaftsgefühls, verstärkt durch nationales Pathos und ideologisch motivierte sogenannte Solidarität, vorbei sind – glücklicherweise muss man sagen.
Was heute zählt, ist das persönliche Engagement, die Einfussnahme auf die Rechte und Würde der anderen, die es alleine eben nicht schaffen.“
Ole v. Beust; „Keine Nächstenliebe per Steuerbescheid/Gib Deinen Zehnten – Wer erfolgreich ist, sollte der Gesellschaft etwas zurückgeben“, „Hamburger Abendblatt“, 18.10.'11, S. 2.
„SPIEGEL: Warum so zahm?
Gabriel: Es geht nicht um die Wiederbelebung der alten Scheinalternative des Kommunismus, sondern um die Rückeroberung der sozialen Marktwirtschaft. Ich weiß, dass es heutzutage modern wirkt, dass es sich gut anhört und dass man sich besonders links fühlt, wenn man sagt, wir wollen den Kapitalismus einfach abschaffen. Aber das wollen wir nun mal nicht.“
SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 42/2011.
„Deren Stellung gering erscheint
Wenn man sie ansieht
Das sind
Die Mächtigen von morgen
Die deiner bedürfen, die
Sollen die Macht haben.“Bertolt Brecht, „Über die Bauart langdauernder Werke“, Gedichte 1930-1934.
Der Hamburger Ökonom Prof. Karl-Werner Hansmann stellt im „Hamburger Abendblatt“ – es wird manchmal munter in diesem sonst eher gemütlichen Blättchen – die Frage: „Frisst der Kapitalismus seine Kinder?“ (19.10.'11, S. 2.)
Der Autor bejaht nicht nur diese Frage, sondern ebenso das Faktum, daß hinter den „emotionalen Protesten der ‘Occupy Wall Street’-Bewegung belastbare ökonomische Tatbestände“ zu erkennen seien.
Er empfiehlt aus diesem Grunde regulierende sowie umverteilende Reformen des ungezügelten „Turbo-Kapitalismus“, „damit der Kapitalismus gebändigt wird und ein menschliches Antlitz erhält.“
Bei allem Respekt (zumal in dieser Berufsgruppe):
Die Frage bleibt, ob durch Bändigung allein das Raubtier menschliche Züge annimmt.
Ex-Bürgermeister Ole v. Beust empfiehlt den Wohlhabenden und Reichen „Nächstenliebe“ und etwas höhere Abgaben, damit den „Schwachen“, die es ja sonst nicht packen, geholfen werden kann. Den Nationalismus will er eindämmen, von Solidarität (Kooperatives Engagement für Frieden, Arbeit, Brot und Kultur) hält er gar nichts. Arm bleibt arm, reich bleibt reich – es fallen lediglich ein paar mehr Krümel und gute Worte vom Tisch.
SPD-Chef Gabriel – mit der „Schwarz-Rot“-Option im Gewande – will auf jeden Fall die historische Mission erfüllen, die sogenannte Marktwirtschaft zu retten. Man müsse zum zweiten Mal (nach 1945) den Kapitalismus bändigen.
Die Kritik an Hunger, Elend, Krieg, Spekulation, Bankenmacht, Politikerdevotion, Managergprotze, Ökonomenfabeln (Ausnahme s.o.) und aufreibenden Lebensverhältnissen sind angesichts großen gesellschaftlichen Reichtums, wachsender sozialer und kultureller Ansprüche und erforderlicher Perspektivgewinnung für die menschliche Zivilisation weder flacher Wohlklang, noch Mode oder gar Gefühligkeit, sondern überlegt, vernünftig, berechtigt und allgemein nützlich. Da sollte auch und gerade ein Hartz-IV-Priester noch einmal in Klausur gehen.
Die Menschheit bedarf einer Gesellschaft, die ihrer würdig ist – mit freundlichem Antlitz.
Wie diese friedliche, demokratische, soziale, kulturvolle und heitere menschliche Gemeinschaft genannt werden soll, können wir ja noch mal überlegen.
Zurück zum Anfang„Und wenn Studenten nebenher Geld verdienen müssen?
Für Studenten gibt es viele Möglichkeiten, an der Uni Geld zu verdienen, etwa als Hilfskraft. Man muss aber auch sagen: Man sollte möglichst wenige Verpflichtungen nebenher eingehen, damit man sich voll auf das Studium konzentrieren kann. Man muss als Student nicht dreimal im Jahr in den Urlaub fahren. Studieren heißt eben auch verzichten lernen.“
Prof. Elsbeth Stern, ETH Zürich, im Gespräch mit „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („Beruf und Chance“), 22./23.10.'11, S. C4.
„In einer amerikanischen Damengesellschaft wurde einmal das Elend einer gewissen Arbeiterklasse erwähnt. ‚Ich glaube nicht, daß sie Hunger haben‘, sagte eine Amerikanerin. ‚Wir haben nie davon gesprochen!‘“
Kurt Tucholsky, „Nationales“, 1924.
Liebe Frau Elsbeth Stern,
wenn man so anfängt, kann man eigentlich sofort wieder aufhören.
Wenn Lernen Wahrheitsfindung ist – ein unendlicher Prozeß in Tateinheit mit sinnvoller Gestaltung der Gesellschaft – und Findung ohne Ansprüche nicht möglich ist, dann ist „verzichten lernen“ barer Unsinn. Ein Widerspruch in sich.
Ein Studium, frei von sozialen Barrieren, frei von Restriktionen, frei für analytische und reflektierende Ambitionen, kooperativ und entwicklungsorientiert, hin auf die Entwicklung mündiger und verantwortlicher Persönlichkeiten, gerichtet auf die menschenwürdige Kultivierung des Gemeinwesens, schließt Keuschheit und Demut genuin aus.
Insofern ist es gut, daß nach und nach die Studiengebühren fallen, Bachelor und Master einem positiven Reformdruck ausgesetzt sind, daß demokratische Partizipationsmöglichkeiten wiederhergestellt werden und daß mehr und mehr Gedanken darauf verwendet werden, wie die Wissenschaften im kritischen Gesellschaftsbezug einen Beitrag zur Lösung sozialer und kultureller Probleme leisten können.
Da mutet dann sehr gestrig an, noch einmal, die Bescheidenheit als Studiertugend auf den Schild zu heben.
Dieser Untertanengeist ist eng mit dem System von Bezahlstudium, Hamsterrad (BaMA), dürren demokratischen Strukturen und wissenschaftlicher Marktkonformität verbunden.
Diese Art von Hochschulen ist gründlich gescheitert. Dieses Desaster findet seine Entsprechung auf den Finanzmärkten und in den hilf- und ratlosen Etagen der Politik in den überforderten Zentralverwaltungen unseres gesellschaftlichen Lebens.
Damit ist nun mehr als genug.
Erforderlich ist vielmehr der – wachsende – Anspruch an Aufklärung, demokratische Teilhabe, soziale Absicherung, sinnvolle Arbeit, kooperative Produktivität, kulturelle Entfaltung und mithin Freude am Leben. Na, so was.
Verzicht ist eine Vokabel von gestern.
Mit freundlichen Grüßen,
Veronica, der Lenz ist da.
Zurück zum Anfang„Kiefer: Bei dir gibt es Parameter, die man messen kann. Dein Unternehmen hat eine Bilanz.
Döpfner: Vorsicht! Die Rationalität des Geschäftslebens wird oft überschätzt. Für jedes Business, egal ob Autos, Kosmetik oder Zeitungen gilt: Erfolge entstehen aus Gefühlen, nicht aus dem Taschenrechner. Gefühle und Intuitionen der Hersteller und der Kunden, der Absender und der Empfänger. Zahlen machen das Erreichte sichtbar. Zahlen allein schaffen gar nichts.“
Der Künstler Anselm Kiefer und der Springer-Verlagsmanager Mathias Döpfner im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 44/2011, S. 114ff.
„In Krisenzeiten zeigt sich noch deutlicher als sonst, wie Bankeninteressen und insbesondere das gemeine Kapitalinteresse an einem möglichst störungsfreien Ablauf des Wirtschaftsgeschehens dem Allgemeininteresse widersprechen.“
Lucas Zeise, „Bankenrettung als Farce“, Blätter für deutsche und internationale Politik", Nr. 11/2011, S. 5ff.
Man lese und staune: „egal ob Autos, Kosmetik oder Zeitungen“, Gefühle zählen und zahlen. Verstand scheint sich nicht zu rechnen.
Beim Springer-Verlag, der 2010 fast drei Milliarden Euro Umsatz gemacht hat, gehen in der Tat (kalkuliertes) Gefühl und Geschäft traditionsgemäß gut zusammen.
Wurden 1968 – in der Hauptsache von „Bild“ – kritische Studierende und Intellektuelle als „Linksmob“, „Eiterbeule“, „akademische Gammler“, „Pöbel“, „geistige Halbstarke“, „Neurotiker“, „Schwätzer“, und „Schreier“ denunziert, ist „Bild“ aktuell an erster Stelle mit dabei, die Griechen in toto als „faul“ und „arbeitsscheu“ zu titulieren. (Auch Kanzlerin Merkel hatte in dieses schrille Horn gestoßen.)
Nun reitet auf diesem Schaum der Unvernunft die Behauptung, der Grieche sei gänzlich verrückt geworden, weil der hellenische Ministerpräsident Giorgos Papandreou angekündigt hat, ein Referendum über das nächste „Rettungspaket“ abstimmen zu lassen.
Das geht selbst dem – zunehmend besorgten – Konservativen Frank Schirrmacher von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“) zu weit: „Wer das Volk fragt, wird zur Bedrohung Europas. Das ist die Botschaft der Märkte und seit vierundzwanzig Stunden auch der Politik. Wir erleben einen Kurssturz des Republikanischen.“
(„Der griechische Weg / Demokratie ist Ramsch“, 1.11.'11)
Dabei ist das projektierte Referendum erforderlich geworden, weil das europäische Kürzungsdiktat – nicht nur in Griechenland – die Banken füttert, die öffentlichen Haushalte ruiniert, soziale Errungenschaften zerstört und die Menschen ins Elend wirft – was diese – nicht nur in Griechenland – empört und dagegen aufbegehren läßt. Mit Grund und mit Recht und in großer Zahl.
Das sollte zu denken geben anstatt hastig-hämisch Häßliches aus dem Wörterbuch des Unmenschlichen aufzusagen.
Überall auf der Welt steht auf der Tagesordnung Frieden zu schaffen, das Elend zu beseitigen, die Kultur zu entwickeln, die Allgemeinheit zu stärken und rational die Freude zu mehren.
Man sollte die Gesellschaft nicht den Gefühlen der Manager überlassen.
Für eine Renaissance der kritischen Vernunft und der tatsächlichen Demokratie.
Griechenland ist ein lehrreiches Exempel.
Zurück zum Anfang„Ihr Studium haben Sie in der Regelstudienzeit absolviert.
Von nun an geht es schneller.
Porsche sucht Absolventen (m/w).
Informationen unter www.porsche.de/personal.“Printwerbung in: „Frankfurter Allgemeine Hochschulanzeiger“, November 2011, S. 17.
„Die Unglücksgeschichte der FDP beginnt irgendwann in den späten neunziger Jahren, als die New Economy boomte und der rheinische Kapitalismus alt wirkte. Damals traf die Partei mit ihrer Forderung nach weniger Staat und mehr Individualismus vor allem das Lebensgefühl junger Männer, die schnell zu viel Geld gekommen waren. Sie fühlten sich als neue Avantgarde. Guido Westerwelle ist ein Mann dieser Zeit, so sehr, dass er nie so richtig aus dieser Zeit herausgekommen ist.“
Dirk Kurbjuweit, Ralf Neukirch, Merlind Theile, „Der Fluch der schönen Zahl“, „SPIEGEL“, Nr. 45/2011, S. 34ff.
„‚Ach‘, sagte die Maus, ‚die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.‘ ‚Du mußt nur die Laufrichtung ändern‘, sagte die Katze und fraß sie.“
Franz Kafka, „Kleine Fabel“, 1920.
Die FDP will's und will´s nicht lassen: Freiheit als Dogma puren unternehmerischen Handelns zur grenzenlosen Mehrung von Gewinnen; ohne Steuern, ohne Löhne, ohne Arbeitsrecht, frei von Verantwortung – ohne Sinn und Verstand. Gegen Griechenland und den Rest der Welt.
Das nimmt der große Lümmel (nach Heine die Bevölkerung) übel. Die Krise der Liberalen sitzt tief. Und das ist gut so.
Der sogenannte rheinische Kapitalismus kannte noch weitgehend ausreichend öffentlich finanzierte Sozialversicherungssysteme, ebenso Bildung, Kultur und Gesundheit, sowie staatliche Interventionen zugunsten breiter Schichten lohnabhängig arbeitender Menschen und auch Sozial-, Bürgerrechts- und Linksliberale. Übrig geblieben sind nur noch vulgäre Marktliberale, und der Kapitalismus selbst wird wegen seiner praktischen Absurdität zunehmend in Frage gestellt. Die FDP hat die Quittung davon. Sie ist in bundesweiten Umfragen unter die parlamentsrelevante 5-Prozent-Hürde gedrückt.
Bankenunmut, Sozialstaatsbefürwortung, Kriegsablehnung, Bildungshunger, Gierkritik, Verantwortungseinsicht, Verarschungsverdrossenheit, solidarisches Handeln, der begründete Ärger über die Mißhandlung der Menschlichkeit und die Aktivitäten dagegen wachsen, während es auf Regierungsebene ratlos gipfelt.
Das, was von gestern schien – Frieden, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und ein kultiviertes gesellschaftliches Leben – , steht wieder zeitgemäß deutlich auf der Agenda einer menschlich vernünftig zu gestaltenden Welt.
Nur wenige haben etwas davon (eigentlich auch die nicht), wenn weiterhin wild spekuliert wird.
Der geschaffene Reichtum reicht real aus, um alle Menschen in mehrfacher Hinsicht mehrfach zu ernähren. Er ist zu falschen Zwecken in den falschen Händen. Dagegen ist die Rekonstruktion des Sozialen in vollem Gange. Die FDP hat verdient, daß ihre Wählerschaft sich auf die Anzahl von Porschefahrern reduziert.
FDP ade.
Zurück zum Anfang„Das bismarcksche Kaiserreich ist ein Militärstaat gewesen kraft eines natürlichen Schicksals. Es ist auf dem Schlachtfelde geboren, und es setzte damit nur die alte brandenburgisch-preußische Tradition fort, deren Entwicklung nicht friedliche Politik bestimmt hat, sondern der Krieg. Die deutsche Republik aber ist aus einem entgegegengesetzten Prinzip entstanden. Sie ist nämlich das Produkt eines verlorenen Krieges. Sie ist errichtet auf den Trümmern eines Systems, das mitten in einer kaum zu bewältigenden kriegerischen Aufgabe zusammengebrochen war. Die Republik muß also, wenn sie leben will, diesem entgegegengesetzten Prinzip Rechnung tragen.“
Carl von Ossietzky, „Gedanken eines Zivilisten“, 1932.
„Ziele der Universitätsentwicklung: Geleitet von diesem Bild einer weltoffenen, wissenschaftlich leistungsfähigen Universität setzt sich die Universität Hamburg die
- Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft für eine friedliche und menschenwürdige Welt,
- Zusammenarbeit mit der Stadt und der Region,
- fächerübergreifende Kooperation zur Entfaltung der wissenschaftlichen Potentiale,
- höchstmögliche Qualität der Aufgabenerfüllung,
- individuelle und korporative Verantwortlichkeit und
- Offenheit des Zugangs zu Bildung und Wissenschaft
als Ziele ihrer künftigen Entwicklung.“
Leitbild der Universität Hamburg, 1998.
„Der Blick des Forschers fand
Nicht selten mehr, als er zu finden wünschte.“Gotthold Ephraim Lessing, „Nathan der Weise“, 1779; der „Tempelherr“, Zweiter Aufzug/Siebter Auftritt.
Selbst wenn die Uni Hamburg frei wäre von auch nur mittelbar verwendbarer Forschung zu Rüstungszwecken – Skepsis ist hier immer angebracht –, keine strukturellen und administrativen Beschränkungen vorfindlich wären und es kollegial, demokratisch sowie produktiv in ihr zuginge, so müßte immer wieder – gerade jetzt – ermittelt und entschieden werden, wie ein verantwortlich kultivierender Gesellschaftsbezug von Forschung, Lehre und Bildung zu realisieren ist. Die „Bildung mündiger Menschen“ (Leitbild).
Drei Jahre aber nach Erstellung und öffentlicher Diskussion des Leitbildes, 2001, wurde der Schwarz-Schill-Senat gezimmert; 2003 ein restriktives Hamburgisches Hochschulgesetz verabschiedet – die Hochschulen wurden trotz erheblicher Gegenwehr deformiert durch Entdemokratisierung, betriebswirtschaftliche Vorgaben ihrer Arbeitsweise, Studiengebühren, Ba-/Ma-Drangsal, STINe und fortgesetzte Unterfinanzierung. (Alles viel weniger hart als beabsichtigt. Auch die Verlagerung der Uni in die „Hafencity“ konnte verhindert werden.)
An diesem negativen Erbe haben alle Mitglieder der wissenschaftlichen Bildungseinrichtungen hinderlich zu tragen.
Diese Zwangslast ist nun abzuschütteln.
Zwar ist durch den SPD-Senat bzw. die Fachsenatorin angekündigt, die Studiengebühren (schon!) im WiSe 2012/13 abschaffen, Ba/Ma reformieren und demokratische Strukturen wieder einführen zu wollen, aber: Einstweilen bleiben die Gebühren bestehen; wann und wie weit Beteiligungsrechte und Ba-/Ma-Restriktionen reformiert werden, ist wenig bestimmt; die Unterfinanzierung soll (leicht gemäßigt) fortgesetzt werden; die Bau- und Sanierungsvorhaben der Uni am Grindel sind bislang rudimentär.
Darüber hinaus ist an einer Studienreform zu arbeiten, die als Ausgangspunkt die Verwirklichung des zivilen, sozialen und kulturellen Nutzens (siehe Leitbild) einer kooperativen demokratischen Universität nimmt.
Zu diesem erfreulichen Zwecke ist nicht nur weiter – wie schon im „Kampf um die Zukunft“ praktiziert – zwischen allen Gruppen und Bereichen der Uni zusammenzuwirken, sondern auch speziell in der Verfaßten Studierendenschaft und der Akademischen Selbstverwaltung zu arbeiten.
Das heißt auch: Ein neuer AStA muß her. – Und die Kooperation zwischen den verschiedenen Ebenen der Uni sollte merklich verbessert werden.
Dieses Programm sollte in der Wahl zum Studierendenparlament zum Ausdruck kommen. Das wird allen gut tun.
Zurück zum Anfang1. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2011/12
„Beim Berufseinstieg helfen? ‚Das haben die deutschen Hochschulen jahrzehntelang nicht als ihre Aufgabe gesehen‘, sagt Gero Federkeil, Projektleiter im Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh. Dank der Umstellung auf Bachelor und Master und der damit einhergehenden Vergleichbarkeit der Lehrinhalte werde eine gute Karrierevorbereitung inzwischen von vielen Hochschulen jedoch als Muss empfunden – nicht zuletzt auch deshalb, weil Einrichtungen wie das CHE dafür Punkte vergeben, wenn sie ihr Hochschulranking verfassen. Diese Entwicklung nehmen auch die Unternehmen wahr: ‚Was früher eine Seltenheit war, wird mittlerweile zum Standard‘, sagt Henning Dettleff, Bildungsreferent in der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA). ‚Das begrüßen wir sehr.‘
(...) Nach jeder Unternehmenspräsentation findet in Vallendar ein Networking-Dinner statt, wo die Studenten bei einem Glas Wein mit dem Geschäftsführer oder dem Bereichsleiter ins Gespräch kommen können.“
Nina Trentmann, „Karriereplanung vom ersten Semester an“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung („FAS“), 26./27.11.'11, „Beruf und Chance“, S. C4.
„Manchmal sieht man Freunde wieder, die es zu etwas gebracht haben. Neid? Nein. Aber wenn man lange genug nachgedacht hat, warum sie einem so fremd und so unsympathisch geworden sind, so dürfte es wohl dieses sein: ihre süßliche Erfolgschnauze.“
Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.
Bei einem sogenannten Muss ist systematische Erinnerung nicht verkehrt: In Bertolt Brechts „Leben des Galilei“ (1938/1939) ist eine gewichtige Aussage, daß die Wissenschaft dazu dienen solle, den Menschen die Mühsal ihrer Existenz zu erleichtern.
Im Leitbild der Universität Hamburg (1998) sind nicht zuletzt Frieden und Gesundheit relevante Aufgaben bzw. Ziele der Wissenschaften.
Die (unnötige) Mühsal der Menschen ist zur Zeit recht hoch, mit der Gesundheit steht es auch nicht zum Allerbesten.
So scheint es nur angemessen, wenn die Geistes- und Kulturwissenschaften die menschenwürdigen sozialen Lebensansprüche ermitteln, die Naturwissenschaften die Heilung der Welt erforschen und die Medizin – statt der Rendite zu frönen – zu einer krankheitskritischen Humanwissenschaft wird. Dadurch und darin ist ein den Herausforderungen an eine vernünftige Gesellschaft angemessener Sinn der Wahrheitsfindung zu bestimmen.
Das ist mit der chronischen Unterfinanzierung der Hochschulen, mit Studiengebühren (noch nicht abgeschafft), mit dem Hamsterrad BaMa, den eingeschränkten Mitbestimmungsstrukturen und Dinner-Events schwer zu machen.
Insofern sind eine bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung, eine Aufstockung des BAföG, die Ausweitung der Demokratie sowie ein neu bestimmter verantwortungsvoller Gesellschaftsbezug der Wissenschaften notwendig für den „Kampf um die Zukunft!“, der am besten geschichtsbewußt und immer gegenwärtig ist.
Diese Herausforderungen gelten ebenso für die Arbeit in der Verfaßten Studierendenschaft und der Akademischen Selbstverwaltung.
Die Zukunft liegt in der gegenwärtigen Erkenntnis der in der Vergangenheit erreichten und auch unerreichten Möglichkeiten. Niemand ist zu stoppen, wer seine Lage ambitioniert erkannt hat. – Darin ist eine große Gemeinsamkeit enthalten. Wir können sie zum Ausdruck bringen.
„Kampf um die Zukunft –
Hamburgs Hochschulen retten!Seit langem sind Hamburgs Hochschulen stark unterfinanziert. Jetzt will der Senat die Hochschuletats um weitere 6–10 Prozent kürzen. Die Folge wäre ein massiver Abbau von Studienplätzen und die Zerstörung der Wissenschaftslandschaft.
Bildung und Wissenschaft für eine humane, demokratische und gerechte Gesellschaft machen wesentlich bessere Bedingungen erforderlich.
Mit meiner Unterschrift fordere ich den Hamburger Senat auf, die angekündigten Kürzungen im Hochschulbereich vollständig zurückzunehmen und den Ausbau des Hochschulwesens bedarfsdeckend staatlich zu finanzieren.“
Unterschriftenliste „Kampf um die Zukunft!“, 2011.
„Man verachtet keinen Baum wegen seiner unansehnlichen Blüte, wenn er wegen seiner Frucht zu schätzen ist.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Briefe, die neueste Literatur betreffend“, siebenter Brief, 18. Januar 1759.
Der Bürgerschaft wurden jüngst über 51.000 Unterschriften (s.o.) zu den abschließenden Haushaltsberatungen übergeben.
In dieser Tatsache kommt nicht nur das gemeinsame Wirken der Gruppen an der Uni, das gemeinsame Wirken der Hochschulen zum Ausdruck – und dabei sich nicht gegen andere Bereiche, z.B. Kultur, ausspielen lassen –, sondern auch der verantwortliche Bezug der Wissenschaften zur Gesellschaft.
Die „Schuldenbremse“ ist eine Entwicklungsbremse; eine Vermögensbremse ist erforderlich.
Gegenwart und Zukunft menschlich zu gestalten ist auch die Aufgabe der Verfaßten Studierendenschaft.
Der Studentenring gehört nicht nur zur CDU, sondern er ist auch so. Die schönste Forderung ist „...ein häufigeres Angebot von Klausuren“.
Pauken, pauken, pauken – und immer hübsch an den Standort denken (gerade stehen).
„Bürokratie und wilde Forderungen machen mehr kaputt.“
Staat, kritisches Engagement, Forderungen nach „mehr Geld und mehr Demokratie“ werden abgelehnt.
Vertreten wird die vollständige Liberalisierung („Wettbewerb“) von allem. Das ist chaotisch und unvernünftig.
Wollt ihr den totalen Markt? Ein Rufer in der Wüste.
Onkel Rösler hat kreuzbrave Nichtinnen und Neffen.
„... gestalten statt blockieren...“
„Kennenlerntreffen mit Punsch.“
Freiheit beinhaltet hier Unterwerfung. Ein Abgesang auf sich selbst.
Die Wirtschaft als solche ist wichtig (Aktien, Karriere, Weltgeltung).
Deshalb fordern sie: „Campus Card einführen“, „Studienbüro verbessern“ sowie Uni-Website und STiNE effektivieren.
Von gesellschaftlicher (ökonomischer) Krise und studentischer Interessenvertretung scheinen sie noch nichts gehört zu haben.
„Um Korrekturabläufe von Klausuren und Hausarbeiten zu beschleunigen sollen mehr Korrekturassistenten eingestellt werden.“ Alles muß seine Ordnung haben (Loriot hätte seine Freude daran).
Die Behauptung, sie hätten zur Abschaffung von Studiengebühren (2012/2013) beigetragen, ist unzutreffend.
Die Besetzer der anderen Art: „Im Studierenden Parlament haben wir dank euch als starke Wählerschaft im letzten Jahr drei Sitze besetzen dürfen!“
Sie achten aufs Geld: geringere Preise in der UKE-Mensa; „ausreichende Finanzierung der Universität“.
Zu aktuellen Problemen der Human-Medizin wird nichts gesagt.
Heinz Drews bleibt sich treu: „Geschichte, Wahrheit, Gerechtigkeit“. Konservativ-sozial mit nationaler Orientierung gegen die deutsche Diktatur von 1933–1945. Sehr harmonisch.
Wir haben Umbruch. Das geht daneben.
Hier wird mit zusammengewürfelten Forderungen (z.B.: „Studierendenausweis nicht länger aus Papier“) ein verlassenes Feld neu zu besetzen versucht.
Nicht wirklich hilfreich.
Man kommt nicht umhin zu sagen, hier ist einer neidisch auf uns.
Der Versuch einer liberalen Satire bleibt im Wust der Ungerichtetheit stecken.
Schmunzeln.
ist eine „heterogene Gruppe“, sie verweigert sich „jeder ideologischen Positionierung“ und ist für „Vielfältigkeit“. Everything goes.
Sie besetzen Stühle im AStA. Sonst sind sie nicht wahrzunehmen. Konformität ist auch ein Programm.
Hier wird mit „Kultur“ geworben (Pokern, Musik, Fußball usw.). Das Leben ist hart, da muß man irgendwie Spaß haben.
Politik hört sich anders an. „Freiräume“ sind langweilig (abhängen).
„Politik“ ohne Programm.
Irgendetwas zwischen Wahrheit und Lüge. (Himmel und Erde?)
Alles zerfließt.
Die psychedelische Liste, selbstberauscht: Sie wollen den AStA evaluieren und ggf. bestrafen.
Abgesehen vom fragwürdigen Sinn des Strafens – warum?, woher?, wohin?, wozu? Blinde Kuh.
Hamburgisch: Da is ja man kein Sinn in.
„Die Liste für Nicht(s)wähler*innen“
„Nichts ist uns heilig“.
Heilig muß niemandem etwas sein. Etwas von Bedeutung täte schon genügen.
Sie haben also die Gebühren befreit. Wovon eigentlich?
Die unauffälligen Kofferträgerkinder von nebenan kommen aus dem Johannes-Kahrs-Club und halten für machbar, was ihnen vorgeschrieben wird.
„Wir machen weiter.“
Die LatteMacchiatos (Warmgetränkler) sind inzwischen bei „vegetarischem und veganem Essen in den Mensen“ angekommen.
Sie wollen „geschlechtergerechte Sprache“, stellen den Hochschulrat in Frage und fordern „mehr bezahlbaren Wohnraum für Studierende“.
„Die Ergebnisse von staatlich finanzierter Forschung sollen für alle im Internet frei zugänglich sein.“
Das ist halbwegs ok.
Dieser Aufruf eines Kandidaten wendet sich gegen den Partikularismus der Fakultätslisten (Wiwi, EPB, Jura, Medizin, MIN und Geiwi).
Es wird geraten, zu prüfen und politisch zu wählen sowie dabei die vorhandenen Probleme (z. B. BaMa) zu berücksichtigen.
Wir begrüßen vor allem den dringlichen Lese-Hinweis.
Sie wollen „frei sein“, Transparenz schaffen und sind kritisch gegenüber dem Hochschulrat, dem amtierenden AStA und den Drittmitteln.
Frei von macht noch nicht klar: frei, wozu?
Auch auf offenem Meer, wo frische Winde wehen, benötigt man Karte und Kompaß.
Der Bogen spannt sich von der Kritik an BaMa, Studiengebühren, der Forderung nach tariflicher Bezahlung für studentische Hilfskräfte, der Ablehnung von Rüstungsforschung über studentische (Frei-) Räume bis hin zu veganem Essen in der Mensa.
Darunter versammelt sich ein Netzwerk von locker verbundenen Aktiven.
„Gemeinsam solidarisch für Veränderungen!“
Die Eckpunkte unserer jüngeren Schwester sind: „Für einen politischen AStA“, „Bildung für Alle“, „Selbstbestimmtes, solidarisches Lernen“, „Demokratisierung“, „Kritische Wissenschaft“, „Antidiskriminierung“.
Bildung für Alle als gesellschaftlich verantwortliche und mündige Entwicklung der Persönlichkeiten ist der Kern des Programms und Engagements mit grundlegender Reformorientierung.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Die authentisch aktiven, Kahrs-freien jusos:
„Wissen statt Spekulation“, gesellschaftskritisch, geschichtsbewußt –, Bildung als Aufklärung für echte Reformen.
Solidarität ist ein menschliches Bedürfnis.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Lächeln, sagen und auch preisen
Sind gemeinhin ihre Weisen,
Wähler einfach einzufangen,
Um ein Sitzchen zu erlangen.
Allerdings ist hier die Frage,
Wie man loswird jede Plage,
Die man selber kann erkennen
Und die Antwort auch benennen.
Darum sei wieder neu bedacht,
Was unser Leben besser macht –
Vernünftig heißt: klug und heiter;
Kritisch kommen wir stets weiter.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
„Die SPD ist die Partei der fleißigen Leute, die Partei der Arbeit. Daraus folgt zwingend auch eine sehr pragmatische Wirtschaftspolitik. (...) Die Haushaltskonsolidierung hat für uns alle Priorität. Klar ist, dass wir die Schuldenbremse einhalten wollen. Man kann auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt. Wir werden in Folge der Schuldenbremse aber darüber reden müssen, wie die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte maßvoll verbessert werden kann.“
O. Scholz (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, Interview mit dem „Tagesspiegel“, 4.6.'11.
„Die SPD hatte Wichtigeres zu tun; wenn in Deutschland ein Unheil im Anzug ist, dann steht die Bonzokratie dieser Partei da und setzt durch, daß im § 8 des Unheils statt ‚muß‘ die Worte ‚soll nach Möglichkeit‘ stehen. Es sind wackere Parlamentarier.“
Kurt Tucholsky, „Die Keuschheitsgürteltiere“, 1930.
Erstens: Der schwarz-grüne Senat hat viel Unheil angerichtet. Der sozialdemokratische Senat will aus diesen massiven Fehlern nur sehr sparsam lernen.
Zweitens: Hamburg ist seit ein paar hundert Jahren noch nie eine arme Stadt gewesen.
Drittens: Die Mehrheit der Bevölkerung muß selbst für das Allgemeinwohl sorgen.
In diesem Zusammenhang sind die Hochschulen eine politische Angelegenheit. Aufklärung oder Betriebswirtschaft.
Soziale Offenheit, demokratische Partizipation, solidarisches Lernen, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften – ausreichend öffentlich finanziert – stehen auf der Tagesordnung. Das ist ein praktischer Widerspruch zu Studiengebühren, Ba/Ma, Hochschulrat und negativ fortgesetzter Unterfinanzierung.
Emanzipation durch Bildung ist von großer Nützlichkeit. Positive Veränderungen sind ein gewachsenes Bedürfnis.
Auf diese Weise hat sich 1993 die Liste LINKS gegründet. Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich auf Dauer niemand entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
2. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2011/12
„SPIEGEL: Frau Vonn, Sie sind die erfolgreichste Skiläuferin der Gegenwart. Lässt der innere Antrieb, die Beste sein zu wollen, nicht irgendwann nach?
Vonn: Es wird eher schlimmer. Natürlich gibt es auch bei mir diese Tage, an denen ich morgens im Bett liege und denke, nee, heute nicht, heute bleibst du einfach liegen. Das hält ungefähr fünf Minuten an, dann schießt mir durch den Kopf: Die anderen trainieren bestimmt schon, los, auf! Ich verspüre den ständigen Drang, mehr machen zu müssen als die anderen.
SPIEGEL: Das klingt, als wäre es auf Dauer extrem anstrengend.
Vonn: Tja, ist es auch. Zeigen Sie mir einen Ausnahmeathleten, der nicht von dieser Angst getrieben wird, den Anschluss zu verlieren. Das beginnt schon in der Kindheit.“
Die US-amerikanische Skirennläuferin Lindsey Vonn im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 48/2011.
„Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt.“
Karl Marx, „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie/Einleitung“, 1844, Marx-Engels-Werke (MEW), S. 379.
Wann ist der Mensch ein Mensch?
Auch wenn behauptet wird, wir seien Papst, so regiert doch – zur Zeit noch – die Religion des Geldes.
Die Erfüllung der Glaubenssätze wird in Leistungspunkten gemessen: DAX (Deutscher Aktienindex), Spitzensportwettkämpfe, Bankerboni, Schulnoten und Bachelor/Master.
Als Antrieb dient, wie wir lesen konnten, die alltägliche Angst. Die Angst nämlich, den Anschluß zu verlieren, nicht mehr dazuzugehören.
Das Schüren dieser Angst geht nur auf, wenn es gelingt, die Menschen gegeneinander auszuspielen. In diesem großen Treiben wird auch weiter differenziert: Schwarz und weiß, Mann und Frau, alt und jung, dick und dünn, schief und gerade werden gegeneinander ausgespielt.
Jeder verfolge das große „Muß“, ganz für sich allein – gegen alle.
Dabei ist jeder stets ein Verfolgter. Doping ist in diesem Wettlauf gewollt, aber nicht erlaubt. Wenn jemand ertappt wird, bildet man eine Kommission. Danach geht es dann normal weiter.
Dieses rohe Spiel, das wesentlich den Geschäften dient, wird erst dann durchbrochen, wenn man geistig davon Abstand nimmt, durch die Reflexion der Welt Seinesgleichen wahrnimmt, dem Spiel neuen menschlichen Sinn gibt und sich mit anderen zusammenschließt, um die Bedingungen dieses schädlichen Treibens zu ändern.
Auf diese Weise läßt sich Wahrheit finden, lassen sich Kriege beenden, kann der Sozialstaat rekonstruiert werden, können die Mitmenschen bewegt werden, ist Demokratie eine Tatsache, gelingt Bildung als sinnvolle Angelegenheit und man ist nicht mehr so wund. Das Leben wird souveräner und heiterer. (Politik muß nicht schmutzig sein.)
Die Freude sei der Maßstab des Gelingens.
Kritische Humanität? Warum nicht?
„(...) Ich glaube, außer dem Monaco-Gerolstein, das versinken würde mit der Spielbank, auch Nizza – die vornehme, wie die abenteuernde Welt in den Wintermonaten dort – würde als fashionables Zentrum ohne die Spielbank zu Monte Carlo nicht sich erhalten. Und bei all dem, welche Kinderei solche Spielbank verglichen mit der Börse. (...)
Beste Grüße an alle.
Old Nick“
Karl Marx an seine Tochter Eleanor, 28. Mai 1882.
„Kampf um die Zukunft –
Hamburgs Hochschulen retten!Seit langem sind Hamburgs Hochschulen stark unterfinanziert. Jetzt will der Senat die Hochschuletats um weitere 6–10 Prozent kürzen. Die Folge wäre ein massiver Abbau von Studienplätzen und die Zerstörung der Wissenschaftslandschaft.
Bildung und Wissenschaft für eine humane, demokratische und gerechte Gesellschaft machen wesentlich bessere Bedingungen erforderlich.
Mit meiner Unterschrift fordere ich den Hamburger Senat auf, die angekündigten Kürzungen im Hochschulbereich vollständig zurückzunehmen und den Ausbau des Hochschulwesens bedarfsdeckend staatlich zu finanzieren.“
Unterschriftenliste „Kampf um die Zukunft!“, 2011.
„Man verachtet keinen Baum wegen seiner unansehnlichen Blüte, wenn er wegen seiner Frucht zu schätzen ist.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Briefe, die neueste Literatur betreffend“, siebenter Brief, 18. Januar 1759.
Der Bürgerschaft wurden jüngst über 51.000 Unterschriften (s.o.) zu den abschließenden Haushaltsberatungen übergeben.
In dieser Tatsache kommt nicht nur das gemeinsame Wirken der Gruppen an der Uni, das gemeinsame Wirken der Hochschulen zum Ausdruck – und dabei sich nicht gegen andere Bereiche, z.B. Kultur, ausspielen lassen –, sondern auch der verantwortliche Bezug der Wissenschaften zur Gesellschaft.
Die „Schuldenbremse“ ist eine Entwicklungsbremse; eine Vermögensbremse ist erforderlich.
Gegenwart und Zukunft menschlich zu gestalten ist auch die Aufgabe der Verfaßten Studierendenschaft.
Der Studentenring gehört nicht nur zur CDU, sondern er ist auch so. Die schönste Forderung ist „...ein häufigeres Angebot von Klausuren“.
Pauken, pauken, pauken – und immer hübsch an den Standort denken (gerade stehen).
„Bürokratie und wilde Forderungen machen mehr kaputt.“
Staat, kritisches Engagement, Forderungen nach „mehr Geld und mehr Demokratie“ werden abgelehnt.
Vertreten wird die vollständige Liberalisierung („Wettbewerb“) von allem. Das ist chaotisch und unvernünftig.
Wollt ihr den totalen Markt? Ein Rufer in der Wüste.
Onkel Rösler hat kreuzbrave Nichtinnen und Neffen.
„... gestalten statt blockieren...“
„Kennenlerntreffen mit Punsch.“
Freiheit beinhaltet hier Unterwerfung. Ein Abgesang auf sich selbst.
Die Wirtschaft als solche ist wichtig (Aktien, Karriere, Weltgeltung).
Deshalb fordern sie: „Campus Card einführen“, „Studienbüro verbessern“ sowie Uni-Website und STiNE effektivieren.
Von gesellschaftlicher (ökonomischer) Krise und studentischer Interessenvertretung scheinen sie noch nichts gehört zu haben.
„Um Korrekturabläufe von Klausuren und Hausarbeiten zu beschleunigen sollen mehr Korrekturassistenten eingestellt werden.“ Alles muß seine Ordnung haben (Loriot hätte seine Freude daran).
Die Behauptung, sie hätten zur Abschaffung von Studiengebühren (2012/2013) beigetragen, ist unzutreffend.
Die Besetzer der anderen Art: „Im Studierenden Parlament haben wir dank euch als starke Wählerschaft im letzten Jahr drei Sitze besetzen dürfen!“
Sie achten aufs Geld: geringere Preise in der UKE-Mensa; „ausreichende Finanzierung der Universität“.
Zu aktuellen Problemen der Human-Medizin wird nichts gesagt.
Heinz Drews bleibt sich treu: „Geschichte, Wahrheit, Gerechtigkeit“. Konservativ-sozial mit nationaler Orientierung gegen die deutsche Diktatur von 1933–1945. Sehr harmonisch.
Wir haben Umbruch. Das geht daneben.
Hier wird mit zusammengewürfelten Forderungen (z.B.: „Studierendenausweis nicht länger aus Papier“) ein verlassenes Feld neu zu besetzen versucht.
Nicht wirklich hilfreich.
Man kommt nicht umhin zu sagen, hier ist einer neidisch auf uns.
Der Versuch einer liberalen Satire bleibt im Wust der Ungerichtetheit stecken.
Schmunzeln.
ist eine „heterogene Gruppe“, sie verweigert sich „jeder ideologischen Positionierung“ und ist für „Vielfältigkeit“. Everything goes.
Sie besetzen Stühle im AStA. Sonst sind sie nicht wahrzunehmen. Konformität ist auch ein Programm.
Hier wird mit „Kultur“ geworben (Pokern, Musik, Fußball usw.). Das Leben ist hart, da muß man irgendwie Spaß haben.
Politik hört sich anders an. „Freiräume“ sind langweilig (abhängen).
„Politik“ ohne Programm.
Irgendetwas zwischen Wahrheit und Lüge. (Himmel und Erde?)
Alles zerfließt.
Die psychedelische Liste, selbstberauscht: Sie wollen den AStA evaluieren und ggf. bestrafen.
Abgesehen vom fragwürdigen Sinn des Strafens – warum?, woher?, wohin?, wozu? Blinde Kuh.
Hamburgisch: Da is ja man kein Sinn in.
„Die Liste für Nicht(s)wähler*innen“
„Nichts ist uns heilig“.
Heilig muß niemandem etwas sein. Etwas von Bedeutung täte schon genügen.
Sie haben also die Gebühren befreit. Wovon eigentlich?
Die unauffälligen Kofferträgerkinder von nebenan kommen aus dem Johannes-Kahrs-Club und halten für machbar, was ihnen vorgeschrieben wird.
„Wir machen weiter.“
Die LatteMacchiatos (Warmgetränkler) sind inzwischen bei „vegetarischem und veganem Essen in den Mensen“ angekommen.
Sie wollen „geschlechtergerechte Sprache“, stellen den Hochschulrat in Frage und fordern „mehr bezahlbaren Wohnraum für Studierende“.
„Die Ergebnisse von staatlich finanzierter Forschung sollen für alle im Internet frei zugänglich sein.“
Das ist halbwegs ok.
Dieser Aufruf eines Kandidaten wendet sich gegen den Partikularismus der Fakultätslisten (Wiwi, EPB, Jura, Medizin, MIN und Geiwi).
Es wird geraten, zu prüfen und politisch zu wählen sowie dabei die vorhandenen Probleme (z. B. BaMa) zu berücksichtigen.
Wir begrüßen vor allem den dringlichen Lese-Hinweis.
Sie wollen „frei sein“, Transparenz schaffen und sind kritisch gegenüber dem Hochschulrat, dem amtierenden AStA und den Drittmitteln.
Frei von macht noch nicht klar: frei, wozu?
Auch auf offenem Meer, wo frische Winde wehen, benötigt man Karte und Kompaß.
Der Bogen spannt sich von der Kritik an BaMa, Studiengebühren, der Forderung nach tariflicher Bezahlung für studentische Hilfskräfte, der Ablehnung von Rüstungsforschung über studentische (Frei-) Räume bis hin zu veganem Essen in der Mensa.
Darunter versammelt sich ein Netzwerk von locker verbundenen Aktiven.
„Gemeinsam solidarisch für Veränderungen!“
Die Eckpunkte unserer jüngeren Schwester sind: „Für einen politischen AStA“, „Bildung für Alle“, „Selbstbestimmtes, solidarisches Lernen“, „Demokratisierung“, „Kritische Wissenschaft“, „Antidiskriminierung“.
Bildung für Alle als gesellschaftlich verantwortliche und mündige Entwicklung der Persönlichkeiten ist der Kern des Programms und Engagements mit grundlegender Reformorientierung.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Die authentisch aktiven, Kahrs-freien jusos:
„Wissen statt Spekulation“, gesellschaftskritisch, geschichtsbewußt –, Bildung als Aufklärung für echte Reformen.
Solidarität ist ein menschliches Bedürfnis.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Lächeln, sagen und auch preisen
Sind gemeinhin ihre Weisen,
Wähler einfach einzufangen,
Um ein Sitzchen zu erlangen.
Allerdings ist hier die Frage,
Wie man loswird jede Plage,
Die man selber kann erkennen
Und die Antwort auch benennen.
Darum sei wieder neu bedacht,
Was unser Leben besser macht –
Vernünftig heißt: klug und heiter;
Kritisch kommen wir stets weiter.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
„Die SPD ist die Partei der fleißigen Leute, die Partei der Arbeit. Daraus folgt zwingend auch eine sehr pragmatische Wirtschaftspolitik. (...) Die Haushaltskonsolidierung hat für uns alle Priorität. Klar ist, dass wir die Schuldenbremse einhalten wollen. Man kann auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt. Wir werden in Folge der Schuldenbremse aber darüber reden müssen, wie die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte maßvoll verbessert werden kann.“
O. Scholz (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, Interview mit dem „Tagesspiegel“, 4.6.'11.
„Die SPD hatte Wichtigeres zu tun; wenn in Deutschland ein Unheil im Anzug ist, dann steht die Bonzokratie dieser Partei da und setzt durch, daß im § 8 des Unheils statt ‚muß‘ die Worte ‚soll nach Möglichkeit‘ stehen. Es sind wackere Parlamentarier.“
Kurt Tucholsky, „Die Keuschheitsgürteltiere“, 1930.
Erstens: Der schwarz-grüne Senat hat viel Unheil angerichtet. Der sozialdemokratische Senat will aus diesen massiven Fehlern nur sehr sparsam lernen.
Zweitens: Hamburg ist seit ein paar hundert Jahren noch nie eine arme Stadt gewesen.
Drittens: Die Mehrheit der Bevölkerung muß selbst für das Allgemeinwohl sorgen.
In diesem Zusammenhang sind die Hochschulen eine politische Angelegenheit. Aufklärung oder Betriebswirtschaft.
Soziale Offenheit, demokratische Partizipation, solidarisches Lernen, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften – ausreichend öffentlich finanziert – stehen auf der Tagesordnung. Das ist ein praktischer Widerspruch zu Studiengebühren, Ba/Ma, Hochschulrat und negativ fortgesetzter Unterfinanzierung.
Emanzipation durch Bildung ist von großer Nützlichkeit. Positive Veränderungen sind ein gewachsenes Bedürfnis.
Auf diese Weise hat sich 1993 die Liste LINKS gegründet. Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich auf Dauer niemand entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
„Wir sind nur – wenngleich wundervoll entworfene – Maschinen, die rein deterministisch arbeiten.“ (...)
„In Wirklichkeit jedoch ist es nur eine Theorie, dass wir verantwortlich für unser Handeln sind.“ (...)
„Der Mensch ist ein Tier, das dauernd unbewusst Geschichten erfindet.“
Der US-Hirnforscher Michael Gazzaniga im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 50/2011.
„Kein Bier, keine Süßigkeiten, turnen, früh aufstehen, Karlsbader Salz, durch den Tiergarten gehn, Spanisch lernen, eine ordentliche Bibliothek, Museum, Vorträge, Vaseline auf dem Waschtisch, keine Schulden mehr, Radio basteln – Energie! Hopla! Das wird ein Leben!“
Kurt Tucholsky, „Neues Leben“, 1926.
Wenn der graue Fatalismus in neuem Gewande daherkommt, ist kritische Aufmerksamkeit geboten.
Nur mal so rein logisch: Auch ein Wissenschaftler ist ein Tier, daß dauernd unbewußt Geschichten erfindet, nämlich die, daß es in Wirklichkeit nur eine Theorie sei, daß wir für unser Handeln selbst verantwortlich seien, da wir ja nur Maschinen seien, die rein deterministisch arbeiteten.
Determinismus: Der Mann mit der Rute ist also nicht nur der mit dem Bart, dem roten Mantel und dem großen Gabenbeutel oder bisweilen eine patriotische Frau (Bundeskanzlerin), sondern manchmal auch ein sogenannter Wissenschaftler, denn die feinsten Gründe für ausgemachten Blödsinn sind die wissenschaftlichen (siehe Ökonomen).
Immer wenn's brenzlig wird mit der Ordnung, dem Krieg oder den Geschäften, die ohne Roheit nicht zu machen sind, wird immer wieder neu etwas erfunden oder aus der guten alten Mottenkiste geholt – : die unruhigen Märkte, die Nation, der enge Gürtel, das Über-die-Verhältnisse-gelebt-haben, die Schuldenbremse mit Verfassungsrang, die Biologie, die Schlechtigkeit des Menschen als solche, der Verzicht als Tugend und ähnlich wüstes Zeug.
Da wir nun der kalendarischen Besinnlichkeit entgegengehen, sei gesagt, daß diese Nebelgebilde nicht in eine aufgeklärte Zeit mit mündigen, aufgeschlossenen, anspruchsvollen, lebensfrohen und nicht zuletzt auch solidarischen Menschen passen.
Die Tage des Vertrauens in Märchen sind gezählt. Trotz der Rute ist die Wahrheit möglich.
Daher baue man auf die Gründe des eigenen Unmuts über Unhaltbares. Dann ist auch zu sehen, wie sehr der Wille zur Veränderung geteilt wird. (Wenn nicht, hat man wenigstens dazugelernt.)
Insofern mag der Jahresübergang Begegnungen, Gespräche, Theaterbesuche, Lektüre, Gedanken beinhalten, die uns einer systematischen Verbesserung der sozialen Bedingungen näherbringen.
Zurück zum Anfang„Wir mögen eine Raserei gern mit ein wenig Philosophie bemänteln und finden es unserer Ehre eben nicht nachteilig, wenn man uns von einem dummen Streiche zurückhält und das Geständnis, falsch philosophiert zu haben, uns abgewinnet.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Hamburgische Dramaturgie“, siebzehntes Stück, 26.6. 1767.
3. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2011/12
„Tatsächlich haben einige zigtausend Finanzhändler in USA und Europa, dazu einige Ratingagenturen, die politisch verantwortlichen Regierungen zu Geiseln genommen. (...) Tatsächlich haben zwar die Regierungen der ganzen Welt 2008/2009 mit Garantien und mit dem Geld der Steuerzahler die Banken gerettet. Aber schon seit 2010 spielt diese Herde von hochintelligenten, zugleich psychoseanfälligen Finanzmanagern abermals ihr altes Spiel um Profit und Bonifikation.“
Helmut Schmidt, Rede auf dem Bundesparteitag der SPD am 4. Dezember in Berlin.
„Was passiert eigentlich, wenn alle versuchen, gleichzeitig zu sparen? Zunächst fallen die Zinsen, denn keiner will mehr investieren. Das Wachstum sinkt und damit die Steuereinnahmen. Damit der Staat sein Defizitziel nicht gefährdet, kommt eine neue Sparrunde. Und so geht es lustig weiter, jahrein, jahraus. Genau das war die Lektion der Großen Depression [1929ff.], die man in Deutschland weitgehend aus dem Diskurs verbannt hat. Sie hat uns gelehrt, was passiert, wenn alle das machen, was Merkel und Sarkozy jetzt vorschlagen.“
Wolfgang Münchau, „Das Sparen nicht zu Ende gedacht“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 7.12.'11, S.24.
Helmut Schmidt darf das: Er darf im Fernsehstudio rauchen und er darf auf dem SPD-Parteitag – jedenfalls in gewichtigen Ausschnitten – wegweisend die Wahrheit sagen.
Banken sind räuberisch, zumindest ihr leitendes Personal handelt unausgesetzt entsprechend; Regierungen werden damit erpresst – wenn dem Treiben kein Einhalt geboten wird, geht der organisierte Wahnsinn weiter.
Geboten seien dagegen die starke Regulierung des Bankensektors, die europäische Solidarität sowie die politische Orientierung an den Werten „Freiheit, Gerechtigkeit , Solidarität“. Gewarnt wird vor „Heinrich Brünings Deflationspolitik 1930/32“: „Sie hat eine Depression und ein unerträgliches Ausmaß an Arbeitslosigkeit ausgelöst und damit den Untergang der ersten deutschen Demokratie eingeleitet.“
Die SPD hat Schwierigkeiten, aus diesen Hinweisen verbindliche Konsequenzen zu ziehen; die Grünen auch; Schwarz-Gelb erst recht.
Ebenso die „Financial Times Deutschland“ („FTD“), kein Zentralorgan der „Occupy-Wallstreet“-Bewegung, ihr Autor Münchau (s.o.), nicht als böser Marxist bekannt, warnt vor der schädlichen Wiederholung historischer Fehler bzw. vor der Selbststrangulierung des Staates und der Zerstörung der Investitionsfähigkeit der Wirtschaft.
Merkozy sind aber auf dem Wege dahin – zum Schaden für alle Griechen dieser Welt.
Gleichwohl ist die internationale Opposition – außerhalb von Regierungen und Parlamenten – dagegen groß. (Auch Bankangestellte beteiligen sich, anonym, mit profunden Kenntnissen aus dem Innenleben der Geschäfte, an dieser Bewegung.)
Das kritische Engagement richtet sich gegen die Zerstörungsmacht der Finanzgeschäfte – auch gegen die Führung von Kriegen – und fordert stattdessen Bildung, Gesundheit, Kultur, auskömmliches Wohnen und ein besseres Leben für Alle.
Bei dem Diktat der „Schuldenbremse“ sind diese gemeinsamen Einsichten, Forderungen und entsprechenden Aktivitäten auch in Hamburg relevant: Im „Kampf um die Zukunft“, für die Akademische Selbstverwaltung sowie die studentische Interessenvertretung.
Bedacht sei:
„General, der Mensch ist sehr brauchbar.
Er kann fliegen und er kann töten.
Aber er hat einen Fehler:
Er kann denken.“Bertolt Brecht, „Svendborger Gedichte“, 1939.
„Kampf um die Zukunft –
Hamburgs Hochschulen retten!Seit langem sind Hamburgs Hochschulen stark unterfinanziert. Jetzt will der Senat die Hochschuletats um weitere 6–10 Prozent kürzen. Die Folge wäre ein massiver Abbau von Studienplätzen und die Zerstörung der Wissenschaftslandschaft.
Bildung und Wissenschaft für eine humane, demokratische und gerechte Gesellschaft machen wesentlich bessere Bedingungen erforderlich.
Mit meiner Unterschrift fordere ich den Hamburger Senat auf, die angekündigten Kürzungen im Hochschulbereich vollständig zurückzunehmen und den Ausbau des Hochschulwesens bedarfsdeckend staatlich zu finanzieren.“
Unterschriftenliste „Kampf um die Zukunft!“, 2011.
„Man verachtet keinen Baum wegen seiner unansehnlichen Blüte, wenn er wegen seiner Frucht zu schätzen ist.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Briefe, die neueste Literatur betreffend“, siebenter Brief, 18. Januar 1759.
Der Bürgerschaft wurden jüngst über 51.000 Unterschriften (s.o.) zu den abschließenden Haushaltsberatungen übergeben.
In dieser Tatsache kommt nicht nur das gemeinsame Wirken der Gruppen an der Uni, das gemeinsame Wirken der Hochschulen zum Ausdruck – und dabei sich nicht gegen andere Bereiche, z.B. Kultur, ausspielen lassen –, sondern auch der verantwortliche Bezug der Wissenschaften zur Gesellschaft.
Die „Schuldenbremse“ ist eine Entwicklungsbremse; eine Vermögensbremse ist erforderlich.
Gegenwart und Zukunft menschlich zu gestalten ist auch die Aufgabe der Verfaßten Studierendenschaft.
Der Studentenring gehört nicht nur zur CDU, sondern er ist auch so. Die schönste Forderung ist „...ein häufigeres Angebot von Klausuren“.
Pauken, pauken, pauken – und immer hübsch an den Standort denken (gerade stehen).
„Bürokratie und wilde Forderungen machen mehr kaputt.“
Staat, kritisches Engagement, Forderungen nach „mehr Geld und mehr Demokratie“ werden abgelehnt.
Vertreten wird die vollständige Liberalisierung („Wettbewerb“) von allem. Das ist chaotisch und unvernünftig.
Wollt ihr den totalen Markt? Ein Rufer in der Wüste.
Onkel Rösler hat kreuzbrave Nichtinnen und Neffen.
„... gestalten statt blockieren...“
„Kennenlerntreffen mit Punsch.“
Freiheit beinhaltet hier Unterwerfung. Ein Abgesang auf sich selbst.
Die Wirtschaft als solche ist wichtig (Aktien, Karriere, Weltgeltung).
Deshalb fordern sie: „Campus Card einführen“, „Studienbüro verbessern“ sowie Uni-Website und STiNE effektivieren.
Von gesellschaftlicher (ökonomischer) Krise und studentischer Interessenvertretung scheinen sie noch nichts gehört zu haben.
„Um Korrekturabläufe von Klausuren und Hausarbeiten zu beschleunigen sollen mehr Korrekturassistenten eingestellt werden.“ Alles muß seine Ordnung haben (Loriot hätte seine Freude daran).
Die Behauptung, sie hätten zur Abschaffung von Studiengebühren (2012/2013) beigetragen, ist unzutreffend.
Die Besetzer der anderen Art: „Im Studierenden Parlament haben wir dank euch als starke Wählerschaft im letzten Jahr drei Sitze besetzen dürfen!“
Sie achten aufs Geld: geringere Preise in der UKE-Mensa; „ausreichende Finanzierung der Universität“.
Zu aktuellen Problemen der Human-Medizin wird nichts gesagt.
Heinz Drews bleibt sich treu: „Geschichte, Wahrheit, Gerechtigkeit“. Konservativ-sozial mit nationaler Orientierung gegen die deutsche Diktatur von 1933–1945. Sehr harmonisch.
Wir haben Umbruch. Das geht daneben.
Hier wird mit zusammengewürfelten Forderungen (z.B.: „Studierendenausweis nicht länger aus Papier“) ein verlassenes Feld neu zu besetzen versucht.
Nicht wirklich hilfreich.
Man kommt nicht umhin zu sagen, hier ist einer neidisch auf uns.
Der Versuch einer liberalen Satire bleibt im Wust der Ungerichtetheit stecken.
Schmunzeln.
ist eine „heterogene Gruppe“, sie verweigert sich „jeder ideologischen Positionierung“ und ist für „Vielfältigkeit“. Everything goes.
Sie besetzen Stühle im AStA. Sonst sind sie nicht wahrzunehmen. Konformität ist auch ein Programm.
Hier wird mit „Kultur“ geworben (Pokern, Musik, Fußball usw.). Das Leben ist hart, da muß man irgendwie Spaß haben.
Politik hört sich anders an. „Freiräume“ sind langweilig (abhängen).
„Politik“ ohne Programm.
Irgendetwas zwischen Wahrheit und Lüge. (Himmel und Erde?)
Alles zerfließt.
Die psychedelische Liste, selbstberauscht: Sie wollen den AStA evaluieren und ggf. bestrafen.
Abgesehen vom fragwürdigen Sinn des Strafens – warum?, woher?, wohin?, wozu? Blinde Kuh.
Hamburgisch: Da is ja man kein Sinn in.
„Die Liste für Nicht(s)wähler*innen“
„Nichts ist uns heilig“.
Heilig muß niemandem etwas sein. Etwas von Bedeutung täte schon genügen.
Sie haben also die Gebühren befreit. Wovon eigentlich?
Die unauffälligen Kofferträgerkinder von nebenan kommen aus dem Johannes-Kahrs-Club und halten für machbar, was ihnen vorgeschrieben wird.
„Wir machen weiter.“
Die LatteMacchiatos (Warmgetränkler) sind inzwischen bei „vegetarischem und veganem Essen in den Mensen“ angekommen.
Sie wollen „geschlechtergerechte Sprache“, stellen den Hochschulrat in Frage und fordern „mehr bezahlbaren Wohnraum für Studierende“.
„Die Ergebnisse von staatlich finanzierter Forschung sollen für alle im Internet frei zugänglich sein.“
Das ist halbwegs ok.
Dieser Aufruf eines Kandidaten wendet sich gegen den Partikularismus der Fakultätslisten (Wiwi, EPB, Jura, Medizin, MIN und Geiwi).
Es wird geraten, zu prüfen und politisch zu wählen sowie dabei die vorhandenen Probleme (z. B. BaMa) zu berücksichtigen.
Wir begrüßen vor allem den dringlichen Lese-Hinweis.
Sie wollen „frei sein“, Transparenz schaffen und sind kritisch gegenüber dem Hochschulrat, dem amtierenden AStA und den Drittmitteln.
Frei von macht noch nicht klar: frei, wozu?
Auch auf offenem Meer, wo frische Winde wehen, benötigt man Karte und Kompaß.
Der Bogen spannt sich von der Kritik an BaMa, Studiengebühren, der Forderung nach tariflicher Bezahlung für studentische Hilfskräfte, der Ablehnung von Rüstungsforschung über studentische (Frei-) Räume bis hin zu veganem Essen in der Mensa.
Darunter versammelt sich ein Netzwerk von locker verbundenen Aktiven.
„Gemeinsam solidarisch für Veränderungen!“
Die Eckpunkte unserer jüngeren Schwester sind: „Für einen politischen AStA“, „Bildung für Alle“, „Selbstbestimmtes, solidarisches Lernen“, „Demokratisierung“, „Kritische Wissenschaft“, „Antidiskriminierung“.
Bildung für Alle als gesellschaftlich verantwortliche und mündige Entwicklung der Persönlichkeiten ist der Kern des Programms und Engagements mit grundlegender Reformorientierung.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Die authentisch aktiven, Kahrs-freien jusos:
„Wissen statt Spekulation“, gesellschaftskritisch, geschichtsbewußt –, Bildung als Aufklärung für echte Reformen.
Solidarität ist ein menschliches Bedürfnis.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Lächeln, sagen und auch preisen
Sind gemeinhin ihre Weisen,
Wähler einfach einzufangen,
Um ein Sitzchen zu erlangen.
Allerdings ist hier die Frage,
Wie man loswird jede Plage,
Die man selber kann erkennen
Und die Antwort auch benennen.
Darum sei wieder neu bedacht,
Was unser Leben besser macht –
Vernünftig heißt: klug und heiter;
Kritisch kommen wir stets weiter.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
„Die SPD ist die Partei der fleißigen Leute, die Partei der Arbeit. Daraus folgt zwingend auch eine sehr pragmatische Wirtschaftspolitik. (...) Die Haushaltskonsolidierung hat für uns alle Priorität. Klar ist, dass wir die Schuldenbremse einhalten wollen. Man kann auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt. Wir werden in Folge der Schuldenbremse aber darüber reden müssen, wie die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte maßvoll verbessert werden kann.“
O. Scholz (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, Interview mit dem „Tagesspiegel“, 4.6.'11.
„Die SPD hatte Wichtigeres zu tun; wenn in Deutschland ein Unheil im Anzug ist, dann steht die Bonzokratie dieser Partei da und setzt durch, daß im § 8 des Unheils statt ‚muß‘ die Worte ‚soll nach Möglichkeit‘ stehen. Es sind wackere Parlamentarier.“
Kurt Tucholsky, „Die Keuschheitsgürteltiere“, 1930.
Erstens: Der schwarz-grüne Senat hat viel Unheil angerichtet. Der sozialdemokratische Senat will aus diesen massiven Fehlern nur sehr sparsam lernen.
Zweitens: Hamburg ist seit ein paar hundert Jahren noch nie eine arme Stadt gewesen.
Drittens: Die Mehrheit der Bevölkerung muß selbst für das Allgemeinwohl sorgen.
In diesem Zusammenhang sind die Hochschulen eine politische Angelegenheit. Aufklärung oder Betriebswirtschaft.
Soziale Offenheit, demokratische Partizipation, solidarisches Lernen, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften – ausreichend öffentlich finanziert – stehen auf der Tagesordnung. Das ist ein praktischer Widerspruch zu Studiengebühren, Ba/Ma, Hochschulrat und negativ fortgesetzter Unterfinanzierung.
Emanzipation durch Bildung ist von großer Nützlichkeit. Positive Veränderungen sind ein gewachsenes Bedürfnis.
Auf diese Weise hat sich 1993 die Liste LINKS gegründet. Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich auf Dauer niemand entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
„Wir denken heute Abend deshalb auch an diejenigen, die sich weit weg von zu Hause für Frieden, Sicherheit und menschenwürdige Lebensbedingungen einsetzen, gerade an unsere Soldatinnen und Soldaten. Sie leisten nämlich einen Beitrag dazu, dass unsere Welt besser wird.“
Weihnachtsansprache 2011 von Bundespräsident Christian Wullf (CDU).
„Ob Ihnen das gefällt oder nicht – es geht immer und überall nur darum, aus Geld mehr Geld zu machen. (...)
Moral ist überall hinderlich, wo es um Wettbewerb und Erfolg geht.“
Hilmar Kopper, Vorstandssprecher der Deutschen Bank von 1989 bis 1997, im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 52/2011.
Die reichen Freunde des ehemaligen Ministerpräsidenten von Niedersachsen, seine luxuriösen – gleichwohl preisgünstigen – Ferienaufenthalte, der zinsniedrige Häuslebauerkredit, das Baden in Prominenten-Events, damit die enge Verzahnung von Wirtschaft und Politik (inklusive Hofnarren und -närrinnen aller Art), die in CDU- und FDP-Kreisen besonders häufig ist -, davon soll hier nicht lange die Rede sein. – Denn das ist zwar nicht schön und dient wenig dem Allgemeinwohl, ist aber – mehr oder weniger verdeckt – üblich. Der CDU-Politiker wurde (wird?) eben behandelt wie ein „gehobener Privatkunde“.
Wichtiger als der etwas peinliche Vordergrund dieser Sperenzchen ist der Hintergrund, sind die Gründe dieser Verbindungen.
Der amtierende Bundespräsident votiert offen für den Krieg.
Weniger offen als sein Amtsvorgänger Horst Köhler spricht er von den Kriegsabsichten bzw. -ursachen. Der nicht weniger peinliche Köhler legte immerhin, was zu seinem Rücktritt führte, offen, daß es in Afghanistan um Rohstoffe, Rohstoffwege, geostrategische Relevanz gehe. Wulff hingegen behauptet, daß der Krieg dazu diene, daß unsere Welt besser werde.
Da ist der klassische Banker Hilmar Kopper, der jahrelang der größten bundesdeutschen Privatbank vorstand, gerader und unverblümter: „Jeder kann in einer freien Gesellschaft machen, was er will – auch Wetten abschließen oder sein Geld verbrennen.“ (a.a.O.)
Diese normalste aller normalen Normalitäten ist aber zunehmend ins Wanken geraten.
Kriege werden mittlerweile ebenso deutlich mehrheitlich abgelehnt wie die Skrupellosigkeit der großen globalen zerstörerischen (Finanz-)Geschäfte. Stattdessen wachsen die sozialen, kulturellen, demokratischen, d.h. zivilen, Ansprüche und werden aktiv artikuliert.
Der geltungssüchtige und biedere CDU-Mann Wulff dürfte also der nächste Bundespräsident sein, der vor dem Ende seiner Amtsperiode abtritt. Die Geltung der konservativ-liberalen Bundesregierung erodiert weiter. Neue politische Konstellationen entstehen.
Das ist zu befördern und zu begrüßen.
Zurück zum Anfang„In wenigen Stunden ist es genau zehn Jahre her, als sich viele von uns gleich um Mitternacht am Bankautomaten die ersten Scheine des Euro geholt haben. Seitdem hat der Euro unseren Alltag einfacher und unsere Wirtschaft stärker gemacht. In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 bewahrte er uns vor Schlimmerem.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Neujahrsansprache zum Jahreswechsel 2011/2012, 31. Dezember in Berlin.
„In Frankreich ist der Mut höflich und gesittet, und die Ehrlichkeit trägt Handschuh' und zieht den Hut ab. In Frankreich besteht auch der Patriotismus in der Liebe für ein Geburtsland, welches zugleich auch die Heimat der Zivilisation und des humanen Fortschritts. Obgedachter deutscher Patriotismus hingegen bestand in einem Hasse gegen die Franzosen, in einem Hasse gegen Zivilisation und Liberalismus.“
Heinrich Heine, Vorrede zum ersten Band des „Salon“, Paris, 17. Oktober 1833.
Die Bundeskanzlerin hat gesprochen. Sie benutzte für das große ganze Gemeinsame das Zitat von Heinrich Heine: „Deutschland – das sind wir selber.“ (aus der oben genannten Schrift).
Sie wies hin auf schwierige Zeiten – auch auf Herausforderungen für die Bundesregierung -, lobte das Volk für seinen „Fleiß“ und seine „Unermüdlichkeit“, dankte den Polizisten und Soldaten, grenzte sich vom Rechtsextremismus ab (da ist wohl noch viel aufzudecken), sprach sich für die Stärkung der Familien aus – und zitierte Heine. „Deutschland, das sind wir selber.“ (Richtige Zeichensetzung.)
„Wir“, was ist das?
Mehrheitlich, auch aus Überzeugung nicht: Hohe Staatsfunktionäre (z. B. Bundeskanzlerin), Banker (z. B. Kopper oder Ackermann), Fabrikbesitzer (Quandt oder so), Konservative (zuweilen Plagiatoren), Liberale (absterbender Ast), Papst (grober Anachronismus), Krieger (verschiedentlich bewaffnet) und Talkshowgäste (zu jeder Tageszeit).
Der „Rest“, der dann noch bleibt, bildet die landestypische Mehrzahl und ist begründetermaßen unzufrieden.
Die Kanzlerin sieht es als „unsere“ Pflicht an, „die Werte unserer offenen und freiheitlichen Gesellschaft entschlossen zu verteidigen – jederzeit und gegen jede Form von Gewalt.“
Dagegen ist zu sagen, daß nicht nur die Werte, sondern auch die Strukturen und die Praxis einer sozialen, zivilen, solidarischen und demokratischen Gesellschaft gegen jede unterschiedlich stark ausgeprägte Form von Gewalt – seien es Kriege, (Neo-)Faschisten, die Zerstörung der Umwelt, die Einschränkung demokratischer Rechte, Hartz IV, Bachelor/Master und auch die Verdrehung von Heine durch die Bundeskanzlerin – errungen bzw. verteidigt werden müssen.
Dadurch und damit läßt sich ein authentisches Wir – ganz im Sinne Heines – konstituieren. So ist der Dichter wieder auf die Füße gestellt: „Denn wenn den Franzosen die landesherrlichen Plackereien so ganz unerträglich werden oder auch nur etwas allzu stark beschwerlich fallen, dann kommt ihnen doch nie in den Sinn, die Flucht zu ergreifen, sondern sie geben vielmehr ihren Drängern den Laufpaß, sie werfen sie zum Lande hinaus und bleiben hübsch selber im Lande, mit einem Wort, sie fangen eine Revolution an.“
Heinrich Heine, a.a.O.
Bewegung
Wenn nur das Jahr bald neu begönne,
Wär' man geneigt, gewöhnt, man könne,
Das Neue routiniert beginnen,
Gleich Wasser in geformten Rinnen.
Da dies wohl leider nicht so ist,
Auch Wasser stets ein and'res ist;
Wenn wir die Dinge wollen lenken,
Bleibt nur eins übrig: Wieder denken.
4. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2011/12
„So darf auch der Pessimismus mal seinen Nutzwert zeigen: als mäßigender Gegenspieler des optimistischen Leichtsinns.“
Manfred Dworschak, „Zaubertrank der Zuversicht“, „SPIEGEL“ (Titel), Nr. 1/2012.
„Freude
Freude soll immer schweigen.
Freude soll offen sich zeigen.
Freude soll lachen, glänzen und singen.
Freude soll danken ein Leben lang.
Freude soll dir die Seele durchschauern.
Freude soll weiterschwingen.
Freude soll dauern.
Ein Leben lang.“Joachim Ringelnatz (1883-1934)
Der „SPIEGEL“ ist ein liberales Wochenblatt (eine schwierige Position). Hier wird schwer gedacht.
Wie soll nun alles weitergehen?
In seiner ersten Ausgabe des neu angebrochenen Jahres wird per Aufmacher („Lebenskunst Optimismus * Zwischen Zuversicht und Schönfärberei“) die Frage gestellt, ob (zu viel) Hoffnung nicht gefährlich sei. Nach neun Seiten wird die Antwort gegeben: Sowohl als auch. Ungeklärt bleibt ebenso, ob Zuversicht angeboren sei oder von den Umständen abhängig; woher, wohin, warum bleiben genauso unbeantwortet. Alles bleibt offen: liberal ist im liberalen Sinne nicht nur liberal, sondern auch liberal.
Dabei ist die Frage der Hoffnung so wichtig, wie sie relativ einfach zu beantworten ist:
Wahrheit
Lügen haben bekanntlich kurze Beine und dienen nicht nur der Kriegführung, sondern auch der primitiven Vorteilsnahme (Bundespräsident).
Mit politischer Kompetenz hat das wenig zu tun. Aufklärung ist die eindeutige Alternative.
Kritik
Die gemachten gesellschaftlichen Bedingungen sind nicht menschenwürdig. Der Kaiser ist nackt. Tiefgreifende Veränderungen sind notwendig: Zivil, sozial, kulturell und demokratisch. Eine kollektive Aufgabe.
Solidarität
Konkurrenz (aller gegen alle) und Isolation sind eine moderne Zivilisationskrankheit. Heilung entsteht durch sinnvolles Zusammenwirken vernünftig orientierter Menschen. Politik bekommt dadurch ein anderes Gesicht.
Freude
Wahrheit, Kritik und Solidarität vorausgesetzt, ist die Freude an der eigenen Produktivität der Maßstab des individuellen bzw. gemeinsamen Gelingens.
Historisches Bewußtsein
Nichts muß sein und bleiben, wie es ist. Dabei helfen historische Erfahrungen sowie historische Erkenntnisse.
Als ein Beispiel sei hier die humanistische Orientierung des 17jährigen Karl Marx anempfohlen:
„Die Hauptlenkerin aber, die uns bei der Standeswahl leiten muß, ist das Wohl der Menschheit, unsere eigne Vollendung. Man wähne nicht, diese beiden Interessen könnten sich feindlich bekämpfen, das eine müsse das andre vernichten, sondern die Natur des Menschen ist so eingerichtet, daß er seine Vervollkommnung nur erreichen kann, wenn er für die Vollendung, für das Wohl seiner Mitwelt wirkt.
Wenn er nur für sich schafft, kann er wohl ein berühmter Gelehrter, ein großer Weiser, ein ausgezeichneter Dichter, aber nie ein vollendeter, wahrhaft großer Mensch sein.“
Karl Marx, „Betrachtung eines Jünglings bei der Wahl eines Berufes“ (Abiturientenarbeit, Deutscher Aufsatz), 1835.
„Kampf um die Zukunft –
Hamburgs Hochschulen retten!Seit langem sind Hamburgs Hochschulen stark unterfinanziert. Jetzt will der Senat die Hochschuletats um weitere 6–10 Prozent kürzen. Die Folge wäre ein massiver Abbau von Studienplätzen und die Zerstörung der Wissenschaftslandschaft.
Bildung und Wissenschaft für eine humane, demokratische und gerechte Gesellschaft machen wesentlich bessere Bedingungen erforderlich.
Mit meiner Unterschrift fordere ich den Hamburger Senat auf, die angekündigten Kürzungen im Hochschulbereich vollständig zurückzunehmen und den Ausbau des Hochschulwesens bedarfsdeckend staatlich zu finanzieren.“
Unterschriftenliste „Kampf um die Zukunft!“, 2011.
„Man verachtet keinen Baum wegen seiner unansehnlichen Blüte, wenn er wegen seiner Frucht zu schätzen ist.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Briefe, die neueste Literatur betreffend“, siebenter Brief, 18. Januar 1759.
Der Bürgerschaft wurden jüngst über 51.000 Unterschriften (s.o.) zu den abschließenden Haushaltsberatungen übergeben.
In dieser Tatsache kommt nicht nur das gemeinsame Wirken der Gruppen an der Uni, das gemeinsame Wirken der Hochschulen zum Ausdruck – und dabei sich nicht gegen andere Bereiche, z.B. Kultur, ausspielen lassen –, sondern auch der verantwortliche Bezug der Wissenschaften zur Gesellschaft.
Die „Schuldenbremse“ ist eine Entwicklungsbremse; eine Vermögensbremse ist erforderlich.
Gegenwart und Zukunft menschlich zu gestalten ist auch die Aufgabe der Verfaßten Studierendenschaft.
Der Studentenring gehört nicht nur zur CDU, sondern er ist auch so. Die schönste Forderung ist „...ein häufigeres Angebot von Klausuren“.
Pauken, pauken, pauken – und immer hübsch an den Standort denken (gerade stehen).
„Bürokratie und wilde Forderungen machen mehr kaputt.“
Staat, kritisches Engagement, Forderungen nach „mehr Geld und mehr Demokratie“ werden abgelehnt.
Vertreten wird die vollständige Liberalisierung („Wettbewerb“) von allem. Das ist chaotisch und unvernünftig.
Wollt ihr den totalen Markt? Ein Rufer in der Wüste.
Onkel Rösler hat kreuzbrave Nichtinnen und Neffen.
„... gestalten statt blockieren...“
„Kennenlerntreffen mit Punsch.“
Freiheit beinhaltet hier Unterwerfung. Ein Abgesang auf sich selbst.
Die Wirtschaft als solche ist wichtig (Aktien, Karriere, Weltgeltung).
Deshalb fordern sie: „Campus Card einführen“, „Studienbüro verbessern“ sowie Uni-Website und STiNE effektivieren.
Von gesellschaftlicher (ökonomischer) Krise und studentischer Interessenvertretung scheinen sie noch nichts gehört zu haben.
„Um Korrekturabläufe von Klausuren und Hausarbeiten zu beschleunigen sollen mehr Korrekturassistenten eingestellt werden.“ Alles muß seine Ordnung haben (Loriot hätte seine Freude daran).
Die Behauptung, sie hätten zur Abschaffung von Studiengebühren (2012/2013) beigetragen, ist unzutreffend.
Die Besetzer der anderen Art: „Im Studierenden Parlament haben wir dank euch als starke Wählerschaft im letzten Jahr drei Sitze besetzen dürfen!“
Sie achten aufs Geld: geringere Preise in der UKE-Mensa; „ausreichende Finanzierung der Universität“.
Zu aktuellen Problemen der Human-Medizin wird nichts gesagt.
Heinz Drews bleibt sich treu: „Geschichte, Wahrheit, Gerechtigkeit“. Konservativ-sozial mit nationaler Orientierung gegen die deutsche Diktatur von 1933–1945. Sehr harmonisch.
Wir haben Umbruch. Das geht daneben.
Hier wird mit zusammengewürfelten Forderungen (z.B.: „Studierendenausweis nicht länger aus Papier“) ein verlassenes Feld neu zu besetzen versucht.
Nicht wirklich hilfreich.
Man kommt nicht umhin zu sagen, hier ist einer neidisch auf uns.
Der Versuch einer liberalen Satire bleibt im Wust der Ungerichtetheit stecken.
Schmunzeln.
ist eine „heterogene Gruppe“, sie verweigert sich „jeder ideologischen Positionierung“ und ist für „Vielfältigkeit“. Everything goes.
Sie besetzen Stühle im AStA. Sonst sind sie nicht wahrzunehmen. Konformität ist auch ein Programm.
Hier wird mit „Kultur“ geworben (Pokern, Musik, Fußball usw.). Das Leben ist hart, da muß man irgendwie Spaß haben.
Politik hört sich anders an. „Freiräume“ sind langweilig (abhängen).
„Politik“ ohne Programm.
Irgendetwas zwischen Wahrheit und Lüge. (Himmel und Erde?)
Alles zerfließt.
Die psychedelische Liste, selbstberauscht: Sie wollen den AStA evaluieren und ggf. bestrafen.
Abgesehen vom fragwürdigen Sinn des Strafens – warum?, woher?, wohin?, wozu? Blinde Kuh.
Hamburgisch: Da is ja man kein Sinn in.
„Die Liste für Nicht(s)wähler*innen“
„Nichts ist uns heilig“.
Heilig muß niemandem etwas sein. Etwas von Bedeutung täte schon genügen.
Sie haben also die Gebühren befreit. Wovon eigentlich?
Die unauffälligen Kofferträgerkinder von nebenan kommen aus dem Johannes-Kahrs-Club und halten für machbar, was ihnen vorgeschrieben wird.
„Wir machen weiter.“
Die LatteMacchiatos (Warmgetränkler) sind inzwischen bei „vegetarischem und veganem Essen in den Mensen“ angekommen.
Sie wollen „geschlechtergerechte Sprache“, stellen den Hochschulrat in Frage und fordern „mehr bezahlbaren Wohnraum für Studierende“.
„Die Ergebnisse von staatlich finanzierter Forschung sollen für alle im Internet frei zugänglich sein.“
Das ist halbwegs ok.
Dieser Aufruf eines Kandidaten wendet sich gegen den Partikularismus der Fakultätslisten (Wiwi, EPB, Jura, Medizin, MIN und Geiwi).
Es wird geraten, zu prüfen und politisch zu wählen sowie dabei die vorhandenen Probleme (z. B. BaMa) zu berücksichtigen.
Wir begrüßen vor allem den dringlichen Lese-Hinweis.
Sie wollen „frei sein“, Transparenz schaffen und sind kritisch gegenüber dem Hochschulrat, dem amtierenden AStA und den Drittmitteln.
Frei von macht noch nicht klar: frei, wozu?
Auch auf offenem Meer, wo frische Winde wehen, benötigt man Karte und Kompaß.
Der Bogen spannt sich von der Kritik an BaMa, Studiengebühren, der Forderung nach tariflicher Bezahlung für studentische Hilfskräfte, der Ablehnung von Rüstungsforschung über studentische (Frei-) Räume bis hin zu veganem Essen in der Mensa.
Darunter versammelt sich ein Netzwerk von locker verbundenen Aktiven.
„Gemeinsam solidarisch für Veränderungen!“
Die Eckpunkte unserer jüngeren Schwester sind: „Für einen politischen AStA“, „Bildung für Alle“, „Selbstbestimmtes, solidarisches Lernen“, „Demokratisierung“, „Kritische Wissenschaft“, „Antidiskriminierung“.
Bildung für Alle als gesellschaftlich verantwortliche und mündige Entwicklung der Persönlichkeiten ist der Kern des Programms und Engagements mit grundlegender Reformorientierung.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Die authentisch aktiven, Kahrs-freien jusos:
„Wissen statt Spekulation“, gesellschaftskritisch, geschichtsbewußt –, Bildung als Aufklärung für echte Reformen.
Solidarität ist ein menschliches Bedürfnis.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Lächeln, sagen und auch preisen
Sind gemeinhin ihre Weisen,
Wähler einfach einzufangen,
Um ein Sitzchen zu erlangen.
Allerdings ist hier die Frage,
Wie man loswird jede Plage,
Die man selber kann erkennen
Und die Antwort auch benennen.
Darum sei wieder neu bedacht,
Was unser Leben besser macht –
Vernünftig heißt: klug und heiter;
Kritisch kommen wir stets weiter.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
„Die SPD ist die Partei der fleißigen Leute, die Partei der Arbeit. Daraus folgt zwingend auch eine sehr pragmatische Wirtschaftspolitik. (...) Die Haushaltskonsolidierung hat für uns alle Priorität. Klar ist, dass wir die Schuldenbremse einhalten wollen. Man kann auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt. Wir werden in Folge der Schuldenbremse aber darüber reden müssen, wie die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte maßvoll verbessert werden kann.“
O. Scholz (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, Interview mit dem „Tagesspiegel“, 4.6.'11.
„Die SPD hatte Wichtigeres zu tun; wenn in Deutschland ein Unheil im Anzug ist, dann steht die Bonzokratie dieser Partei da und setzt durch, daß im § 8 des Unheils statt ‚muß‘ die Worte ‚soll nach Möglichkeit‘ stehen. Es sind wackere Parlamentarier.“
Kurt Tucholsky, „Die Keuschheitsgürteltiere“, 1930.
Erstens: Der schwarz-grüne Senat hat viel Unheil angerichtet. Der sozialdemokratische Senat will aus diesen massiven Fehlern nur sehr sparsam lernen.
Zweitens: Hamburg ist seit ein paar hundert Jahren noch nie eine arme Stadt gewesen.
Drittens: Die Mehrheit der Bevölkerung muß selbst für das Allgemeinwohl sorgen.
In diesem Zusammenhang sind die Hochschulen eine politische Angelegenheit. Aufklärung oder Betriebswirtschaft.
Soziale Offenheit, demokratische Partizipation, solidarisches Lernen, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften – ausreichend öffentlich finanziert – stehen auf der Tagesordnung. Das ist ein praktischer Widerspruch zu Studiengebühren, Ba/Ma, Hochschulrat und negativ fortgesetzter Unterfinanzierung.
Emanzipation durch Bildung ist von großer Nützlichkeit. Positive Veränderungen sind ein gewachsenes Bedürfnis.
Auf diese Weise hat sich 1993 die Liste LINKS gegründet. Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich auf Dauer niemand entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
„Wir brauchen dringend eine neue Bildungsoffensive.
Dabei geht es nicht nur um die Schulbildung, sondern auch um die Lehre an den Universitäten. Auch die akademische Bildung sollte sich mehr als bisher an den Erfordernissen der Arbeitswelt orientieren. Sonst werden wir bald mehr Universitätsabsolventen bekommen, die zwar viel wissen, aber nichts können.“
Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Gesellschafter des Haferflockenherstellers Kölln, am Rande des Neujahrsempfanges des „Hamburger Abendblattes“, zitiert nach der Ausgabe vom 10.1.'12, S. 23.
„Wir brauchen neue Vorstellungskraft, eine neue Definition von der Bedeutung des Fortschritts, eine neue Definition von Freiheit, Gleichheit, Zivilisation und Glück auf Erden. Die Zeit des uneingeschränkten Individualismus ist vorbei. Dabei plädiere ich gar nicht für eine moralische Erneuerung oder appelliere an die gute Seite des Menschen. Ich sage nur: So wie die Dinge aussehen, wird etwas geschehen. Europa ist nur der Anfang.“
Die indische Schriftstellerin Arundhati Roy im Gespräch mit der „Zeit“, 15.12.'11.
Die Lokaltante „Hamburger Abendblatt“ hatte zum „Neujahrsempfang“ geladen – viele Leute, die sich entweder für wichtig halten oder verpflichtet sahen, kamen. (Frau Wulff war auch da. Aber das ist ein anderes Thema.)
Am Rande wurde Herr Driftmann (s.o.) zur Entwicklung des Bildungssystems befragt.
Nun mag Haferflocken (Armenkost, Schonkost, Kalorienlieferant im Bodybuilding) essen, wer will, das ist eine Geschmacksfrage.
Aber der kalte Brei, den uns der Präsident des DIHK servieren möchte, bedarf denn schon der kritischen Ablehnung.
Das Ba-/Ma-System mit seiner Konkurrenz, seiner Hetze, seiner Isolation, seinem äußerst schnell verdauendem Lernen, seinen Restriktionen, seiner Flachheit, seiner Verpunktung ist rundum gescheitert. – Somit auch die vermeintliche Berufsorientierung.
(Selbst wenn sie gelänge, wäre sie falsch; das ist keine Wissenschaft, keine Lösung real existierender Probleme, keine Bildung mündiger Menschen.)
Was not tut, ist vielmehr eine Grundreformierung von Forschung, Lehre, Lernen – Bildung -, die sich an einem humanistischen Imperativ für die Zivilisationsentwicklung ausrichtet.
Der Ausgang der Menschheit aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit (Immanuel Kant) sowie die progressive Veränderung aller Bedingungen, unter denen der Mensch ein unterdrücktes Wesen ist (Karl Marx) und ebenso die Erleichterung der Mühsal der menschlichen Existenz (Bertolt Brecht) seien die schon bekannten aber wieder neuen bzw. angemessenen Wegmarken der Bildungs-, Gesellschafts- und Persönlichkeitsentwicklung.
Dafür und nicht für Renditen oder Konjunkturen müssen Ba und Ma von Grund auf reformiert, die Studiengebühren baldigst abgeschafft, die demokratischen Partizipationsmöglichkeiten erweitert, Inhalte und Methoden der Wissenschaften kritisch verändert werden.
Dieser schönen Aufgabe sollten sich auch der AStA und die akademische Selbstverwaltung mit Freude widmen.
Brei war gestern.
Zurück zum Anfang„Wenn die Kaufleute minderwertige Waren verkaufen und hohe Preise verlangen können; wenn man die Besitzlosen dazu zwingen kann, für wenig hart zu arbeiten; wenn man die Erfindungen mit Gewinn von den Menschen abhalten kann; wenn man die Familienmitglieder in Abhängigkeit halten kann; wenn man durch Gewalt etwas erreichen kann; wenn Betrug nützt; wenn Findigkeit Vorteile bringt; wenn Gerechtigkeit Nachteile verursacht – dann ist man egoistisch.
Wenn man keinen Egoismus haben will, dann muß man nicht gegen ihn reden, sondern einen Zustand schaffen, wo er unnötig ist.“
Bertolt Brecht, „Über die Vergänglichkeit“, Me-ti * Buch der Wendungen, entstanden im Exil der 1930er Jahre.
5. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2011/12
„Außerhalb der altehrwürdigen Mauern spielten die Märkte verrückt, getrieben von Gier und Panik der Anleger. Drinnen lernten derweil die Studenten, dass ‘die unsichtbare Hand’ des Marktes laut Adam Smith, Papst der Ökonomen, immer zu einem Gleichgewicht führe. Effizient seien die Märkte zudem, erklärten ihnen die Professoren, perfekt ausbalanciert durch Konkurrenz, Angebot und Nachfrage. Die Studenten büffelten sich durch klassische mathematische Modelle, in denen ausschließlich rationale Akteure existieren – willkommen in der Welt des Homo oeconomicus.“
Miriam Olbrisch / Michaela Schießl, „Warum bringt uns keiner Krise bei?“, „UniSPIEGEL“ 6/2011.
„24
Die Wissenschaft, stets unser Wissen mehrend
Welches dann wieder unser Elend mehrt
Verehre man wie die Religion, die unsere
Unwissenheit vermehrt, und die man auch verehrt.“Bertolt Brecht, „Ballade von der Billigung der Welt“, 1934.
Selbst Thomas Straubhaar, Chef des Hamburger Welt-Wirtschafts-Instituts (HWWI), noch bis vor kurzem einer der vielen Priester des Neoliberalismus, drückt die Realität bzw. das kritische Engagement auch von Studierenden zur harten (positiven) Revision seiner Lehre: Man müsse „den Mythos von der Effizienz der Finanzmärkte zertrümmern“, man brauche „eine politische Ökonomie 3.0“. (Siehe oben, a.a.O.) Auch habe kritische Wissenschaft kaum Chancen gegen den mainstream im Ranking der Publikationen bzw. bei Berufungen auf eine wissenschaftliche Stelle.
Das Problem kommt in der Namensgebung einer studentischen Gruppe, die sich in Heidelberg gegründet hat, um dazu beizutragen, daß die dortige Wirtschaftswissenschaft eine andere (realistischere) Richtung einschlägt, zum Ausdruck: „Arbeitskreis postautistische Ökonomie“.
Abgeschlossen und entfernt von relevanten Fragen und Problemen, Aufgaben und Herausforderungen des tatsächlichen gesellschaftlichen Lebens – sozial und positionell widersprüchlich -, werden Modelle gelehrt, die selber zu den Problemen globalen Ausmaßes geführt haben (siehe Brecht).
Anstatt sich die produktive Ambition einer menschenwürdigen Zivilisationsentwicklung zu eigen zu machen – friedlich, demokratisch, sozial und kooperativ -, wird, bislang, den Diktaten „der Märkte“ (Aktien, Renditen) gefolgt. (Das Gleiche gilt übrigens für den mainstream von Politik, Medien und dümmlicher Bespaßung.)
Dieses Dogma stößt mittlerweile an harte Grenzen: Zum einen wissen die Verantwortlichen trotz aller gegenteiligen Inszenierungen nicht weiter, zum anderen ruft dieser Geschäftstaumel weltweit immer mehr begründeten Widerstand hervor.
Es ist also mittlerweile erwiesen, daß es richtig ist, den „Experten“ zu mißtrauen, sich selbst zum Experten zu machen, sich mit anderen gleichen Ansinnens zusammenzutun, Erkenntnisse zu verbreiten, Forderungen aufzustellen und so zur Verbesserung der gesellschaftlichen Lebensbedingungen beizutragen. Auch in der Wissenschaft. Der Gedanke geht der Tat voraus.
„Die Frage des Menschen selbst, seines Standes und Staates, steht als fordernde Gewissensfrage vor unser aller Augen, und unsere empfundene Aufgabe, den Begriff der Humanität, der zur leeren Worthülse, zu akademischem Gerümpel geworden war, mit neuem Inhalt zu füllen.“
Thomas Mann, „Deutschland und die Demokratie“, 1925.
„Kampf um die Zukunft –
Hamburgs Hochschulen retten!Seit langem sind Hamburgs Hochschulen stark unterfinanziert. Jetzt will der Senat die Hochschuletats um weitere 6–10 Prozent kürzen. Die Folge wäre ein massiver Abbau von Studienplätzen und die Zerstörung der Wissenschaftslandschaft.
Bildung und Wissenschaft für eine humane, demokratische und gerechte Gesellschaft machen wesentlich bessere Bedingungen erforderlich.
Mit meiner Unterschrift fordere ich den Hamburger Senat auf, die angekündigten Kürzungen im Hochschulbereich vollständig zurückzunehmen und den Ausbau des Hochschulwesens bedarfsdeckend staatlich zu finanzieren.“
Unterschriftenliste „Kampf um die Zukunft!“, 2011.
„Man verachtet keinen Baum wegen seiner unansehnlichen Blüte, wenn er wegen seiner Frucht zu schätzen ist.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Briefe, die neueste Literatur betreffend“, siebenter Brief, 18. Januar 1759.
Der Bürgerschaft wurden jüngst über 51.000 Unterschriften (s.o.) zu den abschließenden Haushaltsberatungen übergeben.
In dieser Tatsache kommt nicht nur das gemeinsame Wirken der Gruppen an der Uni, das gemeinsame Wirken der Hochschulen zum Ausdruck – und dabei sich nicht gegen andere Bereiche, z.B. Kultur, ausspielen lassen –, sondern auch der verantwortliche Bezug der Wissenschaften zur Gesellschaft.
Die „Schuldenbremse“ ist eine Entwicklungsbremse; eine Vermögensbremse ist erforderlich.
Gegenwart und Zukunft menschlich zu gestalten ist auch die Aufgabe der Verfaßten Studierendenschaft.
Der Studentenring gehört nicht nur zur CDU, sondern er ist auch so. Die schönste Forderung ist „...ein häufigeres Angebot von Klausuren“.
Pauken, pauken, pauken – und immer hübsch an den Standort denken (gerade stehen).
„Bürokratie und wilde Forderungen machen mehr kaputt.“
Staat, kritisches Engagement, Forderungen nach „mehr Geld und mehr Demokratie“ werden abgelehnt.
Vertreten wird die vollständige Liberalisierung („Wettbewerb“) von allem. Das ist chaotisch und unvernünftig.
Wollt ihr den totalen Markt? Ein Rufer in der Wüste.
Onkel Rösler hat kreuzbrave Nichtinnen und Neffen.
„... gestalten statt blockieren...“
„Kennenlerntreffen mit Punsch.“
Freiheit beinhaltet hier Unterwerfung. Ein Abgesang auf sich selbst.
Die Wirtschaft als solche ist wichtig (Aktien, Karriere, Weltgeltung).
Deshalb fordern sie: „Campus Card einführen“, „Studienbüro verbessern“ sowie Uni-Website und STiNE effektivieren.
Von gesellschaftlicher (ökonomischer) Krise und studentischer Interessenvertretung scheinen sie noch nichts gehört zu haben.
„Um Korrekturabläufe von Klausuren und Hausarbeiten zu beschleunigen sollen mehr Korrekturassistenten eingestellt werden.“ Alles muß seine Ordnung haben (Loriot hätte seine Freude daran).
Die Behauptung, sie hätten zur Abschaffung von Studiengebühren (2012/2013) beigetragen, ist unzutreffend.
Die Besetzer der anderen Art: „Im Studierenden Parlament haben wir dank euch als starke Wählerschaft im letzten Jahr drei Sitze besetzen dürfen!“
Sie achten aufs Geld: geringere Preise in der UKE-Mensa; „ausreichende Finanzierung der Universität“.
Zu aktuellen Problemen der Human-Medizin wird nichts gesagt.
Heinz Drews bleibt sich treu: „Geschichte, Wahrheit, Gerechtigkeit“. Konservativ-sozial mit nationaler Orientierung gegen die deutsche Diktatur von 1933–1945. Sehr harmonisch.
Wir haben Umbruch. Das geht daneben.
Hier wird mit zusammengewürfelten Forderungen (z.B.: „Studierendenausweis nicht länger aus Papier“) ein verlassenes Feld neu zu besetzen versucht.
Nicht wirklich hilfreich.
Man kommt nicht umhin zu sagen, hier ist einer neidisch auf uns.
Der Versuch einer liberalen Satire bleibt im Wust der Ungerichtetheit stecken.
Schmunzeln.
ist eine „heterogene Gruppe“, sie verweigert sich „jeder ideologischen Positionierung“ und ist für „Vielfältigkeit“. Everything goes.
Sie besetzen Stühle im AStA. Sonst sind sie nicht wahrzunehmen. Konformität ist auch ein Programm.
Hier wird mit „Kultur“ geworben (Pokern, Musik, Fußball usw.). Das Leben ist hart, da muß man irgendwie Spaß haben.
Politik hört sich anders an. „Freiräume“ sind langweilig (abhängen).
„Politik“ ohne Programm.
Irgendetwas zwischen Wahrheit und Lüge. (Himmel und Erde?)
Alles zerfließt.
Die psychedelische Liste, selbstberauscht: Sie wollen den AStA evaluieren und ggf. bestrafen.
Abgesehen vom fragwürdigen Sinn des Strafens – warum?, woher?, wohin?, wozu? Blinde Kuh.
Hamburgisch: Da is ja man kein Sinn in.
„Die Liste für Nicht(s)wähler*innen“
„Nichts ist uns heilig“.
Heilig muß niemandem etwas sein. Etwas von Bedeutung täte schon genügen.
Sie haben also die Gebühren befreit. Wovon eigentlich?
Die unauffälligen Kofferträgerkinder von nebenan kommen aus dem Johannes-Kahrs-Club und halten für machbar, was ihnen vorgeschrieben wird.
„Wir machen weiter.“
Die LatteMacchiatos (Warmgetränkler) sind inzwischen bei „vegetarischem und veganem Essen in den Mensen“ angekommen.
Sie wollen „geschlechtergerechte Sprache“, stellen den Hochschulrat in Frage und fordern „mehr bezahlbaren Wohnraum für Studierende“.
„Die Ergebnisse von staatlich finanzierter Forschung sollen für alle im Internet frei zugänglich sein.“
Das ist halbwegs ok.
Dieser Aufruf eines Kandidaten wendet sich gegen den Partikularismus der Fakultätslisten (Wiwi, EPB, Jura, Medizin, MIN und Geiwi).
Es wird geraten, zu prüfen und politisch zu wählen sowie dabei die vorhandenen Probleme (z. B. BaMa) zu berücksichtigen.
Wir begrüßen vor allem den dringlichen Lese-Hinweis.
Sie wollen „frei sein“, Transparenz schaffen und sind kritisch gegenüber dem Hochschulrat, dem amtierenden AStA und den Drittmitteln.
Frei von macht noch nicht klar: frei, wozu?
Auch auf offenem Meer, wo frische Winde wehen, benötigt man Karte und Kompaß.
Der Bogen spannt sich von der Kritik an BaMa, Studiengebühren, der Forderung nach tariflicher Bezahlung für studentische Hilfskräfte, der Ablehnung von Rüstungsforschung über studentische (Frei-) Räume bis hin zu veganem Essen in der Mensa.
Darunter versammelt sich ein Netzwerk von locker verbundenen Aktiven.
„Gemeinsam solidarisch für Veränderungen!“
Die Eckpunkte unserer jüngeren Schwester sind: „Für einen politischen AStA“, „Bildung für Alle“, „Selbstbestimmtes, solidarisches Lernen“, „Demokratisierung“, „Kritische Wissenschaft“, „Antidiskriminierung“.
Bildung für Alle als gesellschaftlich verantwortliche und mündige Entwicklung der Persönlichkeiten ist der Kern des Programms und Engagements mit grundlegender Reformorientierung.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Die authentisch aktiven, Kahrs-freien jusos:
„Wissen statt Spekulation“, gesellschaftskritisch, geschichtsbewußt –, Bildung als Aufklärung für echte Reformen.
Solidarität ist ein menschliches Bedürfnis.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
Lächeln, sagen und auch preisen
Sind gemeinhin ihre Weisen,
Wähler einfach einzufangen,
Um ein Sitzchen zu erlangen.
Allerdings ist hier die Frage,
Wie man loswird jede Plage,
Die man selber kann erkennen
Und die Antwort auch benennen.
Darum sei wieder neu bedacht,
Was unser Leben besser macht –
Vernünftig heißt: klug und heiter;
Kritisch kommen wir stets weiter.
Gemeinsame Liste (2) zum Akademischen Senat:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation (BAE!).
„Die SPD ist die Partei der fleißigen Leute, die Partei der Arbeit. Daraus folgt zwingend auch eine sehr pragmatische Wirtschaftspolitik. (...) Die Haushaltskonsolidierung hat für uns alle Priorität. Klar ist, dass wir die Schuldenbremse einhalten wollen. Man kann auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt. Wir werden in Folge der Schuldenbremse aber darüber reden müssen, wie die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte maßvoll verbessert werden kann.“
O. Scholz (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, Interview mit dem „Tagesspiegel“, 4.6.'11.
„Die SPD hatte Wichtigeres zu tun; wenn in Deutschland ein Unheil im Anzug ist, dann steht die Bonzokratie dieser Partei da und setzt durch, daß im § 8 des Unheils statt ‚muß‘ die Worte ‚soll nach Möglichkeit‘ stehen. Es sind wackere Parlamentarier.“
Kurt Tucholsky, „Die Keuschheitsgürteltiere“, 1930.
Erstens: Der schwarz-grüne Senat hat viel Unheil angerichtet. Der sozialdemokratische Senat will aus diesen massiven Fehlern nur sehr sparsam lernen.
Zweitens: Hamburg ist seit ein paar hundert Jahren noch nie eine arme Stadt gewesen.
Drittens: Die Mehrheit der Bevölkerung muß selbst für das Allgemeinwohl sorgen.
In diesem Zusammenhang sind die Hochschulen eine politische Angelegenheit. Aufklärung oder Betriebswirtschaft.
Soziale Offenheit, demokratische Partizipation, solidarisches Lernen, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften – ausreichend öffentlich finanziert – stehen auf der Tagesordnung. Das ist ein praktischer Widerspruch zu Studiengebühren, Ba/Ma, Hochschulrat und negativ fortgesetzter Unterfinanzierung.
Emanzipation durch Bildung ist von großer Nützlichkeit. Positive Veränderungen sind ein gewachsenes Bedürfnis.
Auf diese Weise hat sich 1993 die Liste LINKS gegründet. Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich auf Dauer niemand entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
„Zu viel Ungleichheit schadet nicht nur den Armen und zerstört die Träume der Mittelschicht, sie behindert auch Produktivität und Wachstum.“
Bill Clinton, „Wohltätigkeit allein reicht nicht“, „Serie Kapitalismus in der Krise“ (9), „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 24.1.'12, S. 24.
„Elsaß und Lothringen kann ich freilich dem deutschen Reiche nicht so leicht einverleiben, wie ihr es tut, denn die Leute in jenen Ländern hängen fest an Frankreich wegen der Rechte, die sie durch die französische Staatsumwälzung gewonnen [1789ff.], wegen jener Gleichheitsgesetze, die dem bürgerlichen Gemüte sehr angenehm sind, aber dem Magen der großen Menge dennoch vieles zu wünschen übrig lassen.“
Heinrich Heine, „Deutschland – Ein Wintermärchen“ (Vorwort); Hamburg, den 17. September 1844.
Die Schlecker-Ära (schmuddelig, Lohndumping, Gewinnmaximierung um jeden Preis) gerät schmählich an ihr Ende.
Den Clinton-Satz (s.o.) in Heine übersetzt kann heißen: Soziale Ungleichheit schadet nicht nur der Mehrheit der Menschen, zerstört Nerven und Umwelt, sie behindert auch Kooperation und Produktivität sowie eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung.
Die 19. Sonderauswertung des Studierendenwerks Hamburg hat ermittelt, daß die wachsende soziale Ungleichheit in der Gesellschaft sich auch fortgesetzt auf die Studienverhältnisse auswirkt: „Die soziale Hierarchie ist deutlich: Gehobener und hoher Familienhintergrund bedeuten finanzielle Sicherheit durch Elternleistungen. Niedriger und mittlerer Familienhintergrund bedeuten finanzielle Unsicherheit, Zwang dazu zu verdienen und möglichst günstig zu leben, weniger Zeit fürs Studium, auch mit BAföG.“ 59 Prozent der Studierenden kommen aus Haushalten mit akademischem Background.
Auch (mindestens) Nebenjobs gehören zur alltäglichen Normalität – 70 Prozent der Studierenden jobben ca. 10 Stunden die Woche, zusätzlich zu gut 36 Stunden „Studium“ die Woche.
Neben Bachelor, Master und STiNE sind ebenso die sozialen Beschränkungen für die Entfaltung von mündigen und gesellschaftlich verantwortlichen Persönlichkeiten keineswegs gut.
Wirkliches Lernen, demokratisches Engagement und Lebensfreude sind dadurch erheblich eingeschränkt.
Deshalb ist die Wiederbelebung und Verwirklichung des Grundgedankens eines bedarfsdeckenden und elternunabhängigen BAföG als Vollzuschuß auf der politischen Tagesordnung einer vernünftigen Bildungs- und Wissenschaftspolitik.
Eine hamburgische Reform auf diesem Wege ist beispielsweise die Erhöhung des öffentlichen Zuschusses für das Studierendenwerk (mindestens) auf den Stand zur Zeit vor den CDU-Senaten. Dann wären Wohnen und Essen wieder erheblich günstiger. Wer darbt, studiert nicht gern.
Mit irgendwas muß ja verbindlich begonnen werden.
Zurück zum Anfang„Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.“Heinrich Heine, ebenda.
„Ist denn kein Unterschied zwischen Gerechtigkeit und Schinderei?“ (247)
Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft C, 1772-1773.
Mit nahezu 8.000 Studierenden konnte – trotz Ba-/Ma-Terror und alledem – eine bemerkenswerte Beteiligung an den SP-Wahlen erreicht werden.
Das Ergebnis insgesamt bietet gute Voraussetzungen, einen AStA studentischer Interessenvertretung (kritischer Gesellschaftsbezug der Wissenschaften, echte Grundreformierung von BaMa, Re-Demokratisierung der Uni, soziale und kulturelle Interessenvertretung der Studierenden) zu bilden.
Die Rösler-Jugend (Liberale Hochschulgruppe/LHG) ist nicht mehr im SP vertreten. Der RCDS stagniert konservativ bei zwei Sitzen. Die beharrenden Fakultätslisten (Jura, Wiwi, Med.) erodieren. Die Fakultätslisten der „Mitte“ (GeiWiss und EPB) haben leicht verloren. Die sogenannten Jusos (Realos) konnten nicht so recht aus dem Scholz-Bonus ihren Vorteil ziehen und bleiben beim (Sitze-)Ergebnis vom letzten Mal. Die Campus-Grünen wurden für ihre Beteiligung an einem apathischen AStA nicht belohnt (minus 208 Stimmen).
Da die fortschrittlichere Seite des Parlaments insgesamt hinzugewinnen konnte, ist nunmehr ein besserer AStA möglich und erforderlich.
Das BAE! (Bündnis für Aufklärung und Emanzipation; Liste LINKS, harte Zeiten, Fachschaftsbündnis) steigt leicht mit 86 Stimmen.
Die neu angetretenen pirat*inn*en ziehen mit zwei Sitzen erstmalig ins SP ein.
SDS und Regenbogen blieben bei kleinen Verlusten relativ stabil.
Ein „Weiter so!“ im AStA, mit müder Verwaltung und mattem Blendwerk, ist also nicht mehr möglich. („Langweilig ist noch nicht ernsthaft.“ Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1931.)
Da die dringlichen Veränderungen (BaMa etc.) vor der Türe stehen und der SPD stets Beine zu machen sind, sollte mit einer guten AStA-Bildung baldigst begonnen werden.
Jede Schinderei muß ein Ende finden.
(in Klammern die Veränderung zum Vorjahr)
Liste | Stimmen | Prozent | Sitze* | |||
---|---|---|---|---|---|---|
Liste LINKS | 516 | (+140) | 6,51 | (+1,65) | 3 | (+1) |
harte zeiten – ju. soz. | 201 | (-56) | 2,53 | (-0,79) | 1 | (-1) |
Fachschaftsbündnis | 204 | (+2) | 2,57 | (-0,04) | 1 | (+/-0) |
SDS | 495 | (-61) | 6,24 | (-0,94) | 3 | (+/-0) |
Regenbogen/AL | 850 | (-70) | 10,72 | (-1,17) | 5 | (-1) |
pirat*inn*en | 354 | (n.a.) | 4,46 | (n.a.) | 2 | (n.a.) |
politisch wählen! | 10 | (-11) | 0,13 | (-0,15) | 0 | (+/-0) |
CampusGrün | 1089 | (-208) | 13,73 | (-3,03) | 7 | (-1) |
nihil.-hedon. Liga | 116 | (n.a.) | 1,46 | (n.a.) | 0 | (n.a.) |
Psycho-Erzieher | 25 | (n.a.) | 0,32 | (n.a.) | 0 | (n.a.) |
Team Finale! | 30 | (n.a.) | 0,38 | (n.a.) | 0 | (n.a.) |
Realos („Juso-hsg“) | 1143 | (+103) | 14,41 | (+0,97) | 7 | (+/-0) |
Die EPB-Liste | 335 | (+89) | 4,22 | (-1,05) | 2 | (+/-0) |
Die Geisteswiss.-liste | 454 | (-183) | 5,73 | (-2,51) | 3 | (-1) |
Liste Linker | 20 | (n.a.) | 0,25 | (n.a.) | 0 | (n.a.) |
his verjus | 8 | (-14) | 0,10 | (-0,18) | 0 | (+/-0) |
MIN-Liste | 428 | (n.a.) | 5,40 | (n.a.) | 3 | (n.a.) |
Die Medizinerliste | 438 | (-49) | 5,52 | (-0,77) | 3 | (+/-0) |
JuraListe | 237 | (-58) | 2,99 | (-0,82) | 2 | (+/-0) |
wiwi-Liste | 436 | (-188) | 5,50 | (-2,57) | 3 | (-1) |
Liberale-Hsg (LHG) | 183 | (-45) | 2,31 | (-0,64) | 0 | (-1) |
Unabhängig | 18 | (n.a.) | 0,23 | (n.a.) | 0 | (n.a.) |
RCDS | 340 | (+72) | 4,29 | (+0,82) | 2 | (+/-0) |
Wahlbeteiligung | 7980 | (+180) | 20,2 | (+0,1) |
n.a. = im Vorjahr nicht angetreten
* inklusive 50 Enthaltungen/ungültige Stimmen.
Nicht mehr angetreten sind „Grün“ und „Liste ausländische Studierende“.
„Für das reibungslose Funktionieren des komplexen Netzwerks unter der Schädeldecke ist es entscheidend, dass die Nervenzellen formbar oder plastisch sind. Doch ständiger Stress stört das Gefüge. Er erhöht den Spiegel von Stresshormonen im Körper und verändert die Aktivität bestimmter Gene im Gehirn. Als Folge davon verkümmern Zellen, oder es werden keine neuen gebildet. Dadurch sinkt der Stoffwechsel in bestimmten Arealen; das Gehirn stumpft ab. (...) Aber nicht nur Chemie, Bewegung und Strom, sondern auch Psychotherapien hinterlassen Spuren in den grauen Zellen. Menschen mit Depressionen können sich die Formbarkeit des Hirns, unter Anleitung eines guten Therapeuten, zunutze machen. Indem sie Gedankengänge gezielt einüben, stimulieren sie bestimmte Hirnregionen und normalisieren auf diese Weise das gestörte Netzwerk.“
Jörg Blech, „Schwermut ohne Scham“ „SPIEGEL“ (Titel), 6/2012.
„(...) Welch ein Verderb für die Kultur und den Geist sind die Kriege! Das hilflose Erliegen des freien Geistes vor den ‘Taten’ der Staatsmänner ist erbärmlich zu sehen. Übrigens habe ich 1914 dieselbe Depravierung [Verschlechterung] mitgemacht. (...)“
Thomas Mann, Tagebucheintrag vom 27.6.1936.
In der (wissenschaftlichen) Medizin wird für die Praxis immer mehr die Frage diskutiert, wie sich Burnout (prinzipielle Erschöpfung) und Depression (prinzipielle Niedergestimmtheit) voneinander unterscheiden und entsprechend unterschiedlich behandeln lassen.
Zwar führen beide psychische Erkrankungen zur Handlungsunfähigkeit der betroffenen Person, und beide Einschränkungen gehen wesentlich auf (negativen) Stress zurück, aber Depressionen sind die schwerere und gefährlichere Erkrankung und bedürfen der intensiveren und sorgfältigeren Behandlung.
Eine Fehldiagnose kann eine falsche Behandlung – mit Leiden für die Patienten – zur Konsequenz haben. (Manche Mediziner halten allerdings einen behandlungswürdigen Burnout für dasselbe wie eine Depression. Auf jeden Fall sind die Beeinträchtigungen miteinander verwandt, die Grenzen fließend.)
Einigkeit besteht in der Anerkennung der Tatsache, daß die psychischen Erkrankungen enorm zugenommen haben.
Neu ist, daß darüber öffentlich gesprochen und reflektiert wird und daß weitere Wege und Formen der Therapie außerhalb der reinen pharmazeutischen Behandlung gewählt werden.
Alt ist, daß das Problem in den Menschen hineinverlagert und mechanisch (formbares „Hirn“, s.o.) betrachtet wird. Der Mensch soll funktionieren.
Falsch ist, daß die Ursachen und Bedingungen, die zu den Krankheiten führen, in Diagnose und Therapie so gut wie keine Rolle spielen.
In einer Gesellschaft, wo die Prinzipien survival of the fittest bzw. the winner takes it all hohe negative Bedeutung haben, wo Konkurrenz, Leistungsdruck, Mobbing und rüpeliger Alltag das menschliche Wohlbefinden belasten bzw. Perspektivarmut den Horizont beschränkt und Gemeinsinn, Fairneß, Kollegialität wie Solidarität erst wieder im Wachsen begriffen sind, ist dringend erforderlich, die sozialen Verhältnisse menschlich zu gestalten.
(Das spricht keineswegs gegen die akute, möglichst pharmafreie, Behandlung! Beide Wege – mit gleicher Tendenz – sollten beschritten werden.)
Nur so läßt sich die Lebensfreude wiedergewinnen. Dabei entsteht echter Humor nicht aus der Bejahung des Falschen, sondern durch die Verneinung der Deformation.
Zurück zum Anfang„Warum nicht? Was haben Sie denn gegen das Lachen? Kann man denn auch nicht lachend sehr ernsthaft sein? Lieber Major, das Lachen hält uns vernünftiger als der Verdruß.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Minna von Barnhelm“, „Minna“ zum „Major von Tellheim“, Vierter Aufzug/Sechster Auftritt, 1767.
„SPIEGEL: Den Sensationserfolg bei der letzten Bundestagswahl verdanken Sie auch der Tatsache, dass viele Leute damals keine zweite Große Koalition wollten. Nach menschlichem Ermessen wird es bei der kommenden Wahl keine schwarz-gelbe Mehrheit mehr geben. Warum sollten bürgerliche Wähler noch FDP wählen?
Westerwelle: Freiheit vor Gleichheit, Privat vor Staat, Erwirtschaften vor Verteilen – diese Klarheit gibt es nur bei der FDP. Ich bin ein rheinischer Optimist. Konrad Adenauer hat an seinem 90. Geburtstag die Glückwünsche seiner früheren Minister entgegengenommen: ‚Herr Bundeskanzler, wir wünschen Ihnen noch zehn gute Jahre.‘ Er soll geantwortet haben: ‚Man soll Gottes Gnade nicht so enge Grenzen setzen‘.“
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) im Gespräch mit dem „SPIEGEL“, Nr. 7/2012.
„Denn ein Wort oder eine bestimmte Wortfärbung oder -wertung gewinnen erst da innerhalb einer Sprache Leben, sind erst da wirklich existent, wo sie in den Sprachgebrauch einer Gruppe oder Allgemeinheit eingehen und sich eine Zeitlang darin behaupten.“
Victor Klemperer, „‚LTI‘ * Lingua Tertii Imperii * Die Sprache des Dritten Reiches“, 1946 (1991), „VII Aufziehen“, S. 54.
„Sprache des Siegers...man spricht sie nicht ungestraft, man atmet sie ein und lebt ihr nach.“
Ebenda, „XXVIII Die Sprache des Siegers“, S. 212.
„Gnade Gottes“: Die Anrufung jenes höheren Wesens, welches wir verehren sollen, geschieht immer dann, wenn irdische Gründe nicht in Sicht sind oder zur Verfügung stehen.
Die FDP hat Anfang Februar ihre „Freiheitsthesen“ veröffentlicht, die auf ihrem Parteitag in Karlsruhe, im April diesen Jahres, als neues Grundsatzprogramm verabschiedet werden sollen.
Sie wenden sich, realitäts- und entwicklungsresistent, gegen die „bevormundete Anspruchsgesellschaft“ und proklamieren eine „dynamische, faire und offene Bürgergesellschaft“, „in der möglichst jeder von der eigenen Leistung leben kann.“
Die FDP hockt bockig auf dem deformierten Freiheitsbegriff: „Unser Auftrag ist die Freiheit“.
Von dort aus wendet sie sich gegen gegen den klassischen Konservatismus (Staat und Kirche) sowie insbesondere gegen die Linken (bzw. das FDP-Bild davon), nämlich gegen die „ökologisch egalitäre Denkrichtung“ und gegen „Gleichmacherei“.
Im letzten größten Abschnitt ihres Glaubensbekenntnisses – nicht im Sinne von meinen, sondern von Religion – „Chancen für freie Menschen“ geht es nur noch um „Wachstum“, beispielsweise: „Wachstum ist Leben“.
Damit wiederholt die kleine Partei das, was als Ideologie, Politik und gesellschaftliche Wirtschaftspraxis zu einer weltweiten Krise mit großen Verheerungen geführt hat. Auf diese Weise wird ebenso die progressive Einheit von Freiheit, Gleichheit und Solidarität programmatisch zerstört.
Freiheit, idealtypisch als aufgeklärte Partizipation an gesellschaftlicher Gestaltung; Gleichheit, im Besten soziale Egalität zur persönlichen Entfaltung; Solidarität, menschlicherweise die Kooperation in der Überwindung der Mühsal – diese Einheit ist rational erforderlich, wenn eine humane Gesellschaft verwirklicht werden soll. (Was hier und da im historischen Prozeß ja auch gelungen ist. Wäre dies nicht der Fall, säßen wir, auch Herr Westerwelle, noch in Höhlen oder wären gar nicht mehr vorhanden.)
Aus diesen Gründen ist der Budenzauber mit der „Freiheit“ abzulehnen und – individuell wie gesellschaftlich – zu verlassen.
Zurück zum Anfang„Dies ist, glaube ich, die Fundamentalregel allen Seins:
‚Das Leben ist gar nicht so. Es ist ganz anders.‘“Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1925.
„Von allen Dingen, die Sie heute gesagt haben und in die Sie Ihre Wünsche und Glückwünsche gekleidet haben, ist mir am Wichtigsten, dass die Menschen in diesem Lande wieder lernen, dass sie in einem guten Land leben, dass sie lieben können. Weil es ihnen die wunderbaren Möglichkeiten gibt, in einem erfüllten Leben Freiheit zu etwas und für etwas zu leben. Und diese Haltung nennen wir Verantwortung. Und dass Menschen auf den unterschiedlichsten Ebenen beruflich oder politisch wieder neu Vertrauen gewinnen müssen darin, dass sie Kräfte haben, die wir bei unseren Vorfahren gesehen haben, die uns aus Krisen herausgeführt haben. Und die wir uns selber manchmal nicht mehr zutrauen. Das ist für mich mit Händen zu greifen.“
Joachim Gauck, Ansprache nach seiner Präsidentschaftsnominierung, zitiert nach tagesschau.de, 20.2.'12.
„Die leitenden Staatsmänner und Generale übernehmen ›die Verantwortung‹ für das Schicksal, das sie den Völkern auferlegen.“
Alfred Polgar, „Verantwortung“, 1919.
Die schwarz-gelbe Koalition auf Bundesebene war dem Bruch nahe, als die FDP durch pure Erpressung erreichte, daß „Ex-Stasijäger“ (Zeitungsjargon) Joachim Gauck zum Bundespräsidenten vorgekürt wurde. Hätte die Kanzlerin nicht nachgegeben, wären Neuwahlen und eine „Große Koalition“ (CDUSPD) die Folge gewesen.
Da die Kanzlerin aber aus taktischen Gründen des Machterhalts nachgab, entstand eine noch größere Koalition (CDUCSUSPDFDPGrüne), die mit vielleicht zehn Personen eine zentrale staatspolitische Entscheidung traf. Verantwortung? Demokratie? Freiheit?
Der Kandidat, von dem selbst die „FAZ“ sagt, daß „seine Aufforderung zu bürgerschaftlichem Engagement“ „eine durch und durch konservative Grundierung“ habe (Günter Nonnenmacher, „Nun doch Gauck“, 20.2.'12.), ist wahrlich ein streng rechter Geistlicher, der „Freiheit“ als die Freiheit der Eliten eng definiert.
Deshalb kommt auch die „Financial Times Deutschland“ zu folgender Bewertung: „Gauck dagegen ist kein Sozialdemokrat, er ist nie einer gewesen, auch 2010 nicht, als der Hype um den Wulff-Herausforderer die Partei mitriss und ihr den Verstand vernebelte.“ (...) „Die SPD wird ihren Kandidaten jetzt erst richtig kennenlernen.“ (Thomas Steinmann, „Gabriels Auswärtssieg“, 21.2.'12.)
Pastor Gauck setzt nicht nur die DDR mit der Weltkriegs-und Hitler-Diktatur gleich, sondern befürwortet folgerichtig den Krieg gegen Afghanistan, nennt die Occupy-Bewegung „sehr albern“, wertet ähnlich die praktische Kritik an den Hartz-IV-Gesetzen ab, bescheinigt dem Salon-Rassisten Sarrazin „Mut“ und äußert sich herablassend über die vorgezogene Begrenzung der Laufzeit von Atomkraftwerken. Dieses geschlossene konservative Weltbild ist ein starker Kontrapunkt zu allen Erkenntnissen, Errungenschaften und Bewegungen, die in der Bundesrepublik eine erfreuliche Renaissance erleben. (Insofern könnten auch Sozialdemokraten und Grüne ein wenig aufwachen.)
Wenn überhaupt das Amt des Bundespräsidenten einen Sinn machen soll, ist dieser Kandidat eine glatte Fehlbesetzung. Freiheit, wie gesagt, ohne Gleichheit und Solidarität ist keine.
Politik bleibt so lange schmutzig, so lange sie ein Geschäft ist.
Das läßt sich nur ändern, wenn immer mehr Menschen die menschenwürdige Gestaltung der Gesellschaft zur eigenen Angelegenheit machen.
Zurück zum Anfang„Aus der Weisheit Gottes manche Sachen schließen zu wollen, ist nicht viel besser, als es aus seinem eignen Verstand zu tun.“ (101)
Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“ Heft C, 1772-1773.
„1992, als die Erinnerung an die Rivalität von Kapitalismus und Sozialismus noch lebendig war, assoziierten 48 Prozent der Bürger Kapitalismus mit Freiheit, heute nur noch 27 Prozent. Assoziationen mit Fortschritt sind im selben Zeitraum sogar von 69 auf 38 Prozent zurückgegangen, die Verbindung mit Ausbeutung dagegen von 66 Prozent auf 77 Prozent gestiegen.“
Renate Köcher, „Das Unbehagen am Kapitalismus“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („Deutsche Fragen – deutsche Antworten“), 22.2.'12., S. 5.
„SPIEGEL: Würden Sie höhere Steuern akzeptieren, etwa auf Spitzeneinkommen, Erbschaften oder Kapitalgeschäfte?
Oetker: Nein. Ich bin kein Anhänger solcher Initiativen und finde durchaus, dass die Steuern für Unternehmer in Deutschland hoch genug sind. Man kann darüber hinaus ja auch auf freiwilliger Basis viel Gutes tun.“
Der Unternehmer Arend Oetker im Gespräch mit dem „SPIEGEL“, Nr. 9/2012.
Obwohl das konservative Allensbacher Meinungsforschungsinstitut (s.o.) ermittelt hat, daß der Anteil der Bevölkerung, der die eigene Lage schlecht oder eher schlecht bewertet, (konjunkturbedingt) auf 11 Prozent gesunken ist, besteht die zentrale Aussage der Untersuchung in der Bewertung durch Renate Köcher, daß es nahe liege, „die Signale der letzten Monate als Beginn einer breiteren systemkritischen Bewegung zu deuten.“
(Schwarz-Gelb hat nach der parallelen Wahl-Befragung die Mehrheit auf der Bundesebene verloren; die FDP liegt chronisch unter der 5-Prozent-Hürde; SPD, Grüne, LINKE und Piraten erreichen zusammen 56 Prozent – was sicher keine Koalition ist –; die politische Gesamtkonstellation geht nach links.)
Das Familienunternehmen „Dr. August Oetker KG“ (seit 1891; Nahrungsmittel, Getränke, Schiffahrt, Finanzwesen, Hotelgewerbe und Verlagswesen), am meisten bekannt durch Pudding- und Backpulver, mittlerweile ein erfolgreicher Mischkonzern mit über 25.000 Mitarbeitern, gehörte einst zu den Unterstützern der Nazis (beispielsweise im „Freundeskreis Reichsführer-SS“ [Heinrich Himmler]), prosperierte auch in der Nachkriegszeit (nach 1945), weitete seine ökonomischen Aktivitäten aus und machte 2010 einen Umsatz von fast 9,5 Milliarden Euro.
Wenn ein repräsentativer Vertreter dieses Konzerns meint, es seien nicht höhere Unternehmens- und/oder Kapitalsteuern zu zahlen, um die Krise zu bewältigen bzw. begründeten Forderungen nachzukommen, ist das nicht nur unangemessen, sondern auch eine besondere Art der Kampfansage.
Steuern an den richtigen Stellen zu erhöhen bedeutet hingegen, sinnvolle Ausgaben für Soziales, Bildung, Kultur, Gesundheit und Verkehrswesen einsetzen zu können. Diese Maßnahmen verbesserten die allgemeinen gesellschaftlichen Lebensbedingungen und wären darüber hinaus volkswirtschaftlich förderlich.
Dafür ist es richtig, die „systemkritische Bewegung“ weiter zu entwickeln und verbindlich zu machen. Die Möglichkeiten sind stets Teil der Wirklichkeit. Die aktive Opposition zu den Übeln ist die logische Konsequenz aus der Kritik an den Einschränkungen, zu denen auch die „Schuldenbremse“ gehört.
Zurück zum Anfang„[Gerhard] Cromme erhielt im Jahr 2010 für seine drei Aufsichtsratsmandate bei Allianz, Siemens und ThyssenKrupp 915.400 Euro – rund 15 Prozent mehr als im Jahr davor. Dem Image der Eliten in Deutschland hilft vielleicht auch das nicht unbedingt, wobei man fairerweise sagen muss: Die Karikaturen und Inszenierungsprofis sind glücklicherweise nicht typisch, die Rebellen und Wohltäter leider nicht, die Abzocker, Trickser und Kriminellen beruhigenderweise nicht.“
Markus Dettmer, Katrin Elger, Martin U. Müller, Thomas Tuma: „Trio infernale“ in der Serie „Die Reichen“, „SPIEGEL“ Nr. 10/2012.
„Wir, Völker aller Kontinente, vereinigt in der Versammlung der Sozialen Bewegungen, die während des Thematischen Sozialforums “Krise des Kapitalismus, soziale und ökologische Gerechtigkeit„ realisiert wird, kämpfen gegen die Ursachen einer systemischen Krise, die sich in Form einer Wirtschafts-, Politik-, Ernährungs- und Umweltkrise ausdrückt und das Überleben der Menschheit in Gefahr bringt. Die Entkolonisierung der unterdrückten Völker und die Bekämpfung des Imperialismus sind die wichtigsten Herausforderungen für die sozialen Bewegungen der ganzen Welt.“
Abschlußerklärung des Weltsozialforums, 28.1.2012.
Der „SPIEGEL“ versucht sich in der Charakterisierung der Reichen.
Hier gibt es, wie zitiert, „Karikaturen“, „Wohltäter“, „Abzocker“, aber auch Schüchterne, Bescheidene, Sattsame, Realisten und ebenso Lernresistente.
Menschen – Individuen – wie Du und Ich? Ja und nein – aber eher nein.
Aber darauf kommt es weniger an. Die Schere zwischen Arm und Reich, die Kriegsgesellschaft, die universelle Krise ist ein systemisches, ein strukturelles Problem, das die gesamte Menschheit betrifft. Insofern gelingt uns mit dem Verständnis für Unternehmerpersönlichkeiten (wie sehr sich der Hamburger Reeder Peter Krämer auch positiv von den anderen seiner Gruppe unterscheiden mag) ganz und gar kein geistiger bzw. praktischer Fortschritt.
Da ist selbst der genannte Gerhard Cromme weiter: „Der Kapitalismus erlebt eine echte Krise. Und es ist eine Vertrauenskrise.“ (A.a.O.) Er führt diese Tatsache auf den politischen Zwang zurück, daß der Staat, also das Gros der Steuerzahler, für die desaströs mißlungenen Zockereien der Finanzwirtschaft einspringen muß. In diesem Fall ist also für das Gros der Menschen Mißtrauen besser als Vertrauen. Und dieses Mißtrauen wächst.
Desgleichen wachsen das Bewußtsein und das Engagement dafür, daß Kriege beendet werden müssen, daß Finanzgeschäfte streng reguliert gehören, daß Kapitalerträge deutlich höher besteuert werden müssen, daß Arbeit auch einen Lohn braucht, daß Demokratie und Mitbestimmung ausgeweitet werden, daß Arbeit nicht krank macht und die Umwelt nicht zerstört wird sowie daß öffentliche Aufgaben auch in die öffentliche Hand gehören. Dies ist eine weltweite Bewegung.
Diese globale Entwicklungskontroverse betrifft auch Bildung und Wissenschaft. Ist der lernende Mensch „Humankapital“ oder mündiges, verantwortliches und kooperatives Subjekt? Hamsterrad oder froh motivierte Produktivität?
Diese Alternative ist ist relevant bei BaMa, der Hochschulfinanzierung, der erweiterten Rekonstruktion demokratischer Strukturen, den Inhalten der Wissenschaften und nicht zuletzt bei der Bildung eines neuen AStA.
„Der Kampf für die Stärkung von Bildung, Wissenschaft und Technologie als öffentliche und dem Dienste der Völker unterstehende Güter, sowie die Verteidigung von traditionellem Wissen, werden unvermeidbar, sobald diese der Kommerzialisierung und der Privatisierung ausgesetzt werden.“
Abschlußerklärung des Weltsozialforums, 28.1'12.
Zurück zum Anfang„Der ehemalige Geldbesitzer schreitet voran als Kapitalist, der Arbeitskraftbesitzer folgt ihm nach als sein Arbeiter; der eine schmunzelnd und geschäftseifrig, der andre scheu, widerstrebsam, wie jemand, der seine eigne Haut zu Markte getragen und nichts andres zu erwarten hat als die – Gerberei.“
Karl Marx, „Das Kapital“, Bd.1 (Hamburg 1867/1890), Marx-Engels-Werke (MEW), S. 191.
„Buymyface.com heißt folgerichtig auch ihre Website. Kunden können dort ihre Werbung schalten, die in diesem Monat noch 400 Pfund pro Monat kostet, im April wird man schon 100 Pfund mehr berappen müssen. Moyse und Harper malen sich dafür gegenseitig das Logo des Kunden aufs Gesicht und zeigen sich damit in der Öffentlichkeit – im Theater, auf Demos, bei Festivals und Live-TV-Auftritten.“
Jochen Wittmann, „In your face!“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 14.3.'12, S. 24.
„Vier Jahre nach dem Crash und all den Sonntagsreden von den neuen Spielregeln für die Finanzbranche ist der Ton bei Goldman offener denn je. Hier wird völlig unverkrampft gerühmt, wer schlichten Gemütern komplexe Produkte mit unermesslichen Risiken aufschwatzt, wer Kollegen an Ruchlosigkeit übertrifft und möglichst schnell Kasse macht. Marxisten werden bei der Lektüre der Smithschen Enthüllungen lachen: Im größten Geldhandelshaus der Welt soll es tatsächlich um das Anhäufen von Geldbergen gehen?“
Nils Minkmar, „Mister Smith * Späte Einsicht“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 14.3.'12.
Ed Moyse und Ros Harper sind zwei junge Absolventen der traditionellen britischen Elite-Universität Cambridge. Nach ihrem Studium hatten sie durch Studiengebühren eine Schuldsumme von 50.000 Pfund (ca. 60.000 Euro) abzutragen. Da ihnen – begreiflicherweise – so kein Startkapital zur Gründung eines Unternehmens zur Verfügung stand, kauften sie sich nach einigen Überlegungen für 100 Pfund einen gediegenen Schminkkasten und bemalten ihre Gesichter – anstatt sie gerben zu lassen – als Werbeträger. 31.000 Pfund haben sie sich auf diese Weise mittlerweile zusammengeschminkt. Der Consultingkonzern Ernst & Young z.B. gehört inzwischen zu den Sponsoren von „Buymyface“. Nils Minkmar (s.o.) hat recht: Karl Marx und diejenigen, die seine Analysen auch aktuell für triftig halten, können prinzipiell weder einverstanden damit noch erstaunt darüber sein, welche skurrilen Blüten der „sich selbst verwertende Wert“ in der Gesellschaft treibt.
In diesem Fall bewegen die enormen Studiengebühren Harper und Moyse dazu, sich das menschliche Antlitz als Werbeträger zu verunstalten. Das Bezahlstudium ist also nicht nur eine soziale Barriere für die wissenschaftliche Bildung, sondern ebenso eine kulturelle Formierung der Persönlichkeiten – im Studium und danach.
In Hamburg – ein Ergebnis von intensivem Engagement – sollen die Studiengebühren zum kommenden Wintersemester fallen. Insofern ist diese Tatsache auch eine Rückgewinnung menschlicher Würde. Jetzt kann akut über ein bedarfsgerechtes BAföG sowie eine angemessene öffentliche Förderung des Studierendenwerks (Mensa und Wohnen) ernsthaft nachgedacht werden. Der „Markt“ ist gnadenlos. Sozialer Fortschritt ist menschlich. Niemand soll verunstaltet sein.
Zurück zum Anfang„Gauck teilt in weiten Teilen den Freiheitsbegriff der FDP, auch wenn er ihn klüger vermitteln kann als die Partei selbst. Die Gerechtigkeitsund die Sozialstaatsdebatte seien nicht unterversorgt, sagt Gauck. Deshalb will er auch als Bundespräsident nicht von der Freiheit als seinem Lebensthema abrücken.“
Stefan Berg, Markus Feldenkirchen, Jan Fleischhauer, Konstantin von Hammerstein, „Apostel der Freiheit“, „SPIEGEL“ (Titel), 12/2012.
„Wie steht es mit den Aktienmärkten? Der massiv überbewertete DAX ist ein Zeichen dafür, dass die Investoren wirklich nicht mehr wissen, wo sie ihr Geld noch anlegen sollen.“
Wolfgang Münchau, „Halb so schlimm“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 21.3.'12, S. 24.
„Der Knecht singt gern ein Freiheitslied
Des Abends in der Schenke:
Das fördert die Verdauungskraft
Und würzet die Getränke.“Heinrich Heine, „An einen politischen Dichter“, 1843.
Der pastorale Paternalismus, mit dem der frisch gebackene Bundespräsident die Occupy-Bewegung oder den Protest gegen die Hartz-IV-Zumutungen abkanzelt, ist schon vor seiner Wahl sprichwörtlich geworden.
Sein Freiheitsbegriff ist antisozial. „Freiheit“ und „Verantwortung“ gelten dem Bestehenden.
Sie sind die Bejahung des Krieges, der großen Geschäfte, der Finanzspekulationen, der großen sozialen Verwerfungen und der Bravheit des Spießbürgers.
„Freiheit“ ist ohne Gerechtigkeit oder gar (soziale) Gleichheit. „Verantwortung“ ist beschränkt auf das nächste soziale Umfeld und die Gesellschaft als Ganzes – so wie sie ist bzw. geschöntermaßen erscheinen soll.
„Brüderlichkeit“ resp. Solidarität als kooperatives kritisches und progressives Wirken für zivile/friedliche, soziale, demokratische und somit kultivierte gesellschaftliche Lebensbedingungen ist aus der pastoralen Präsidialität konzeptionell eliminiert.
Das macht seinen gesamtpolitischen Sinn, der auch in der Bewunderung für die USA zum Ausdruck kommt: „Das heißt, ich bewundere nicht alles in allem, aber bestimmte Elemente eines Ja zum Vorfindlichen, die finde ich großartig.“ Komprimiert: Ja=artig. Klein, nicht groß.
Damit ist auch die kulturelle Funktion dieses Amtsinhabers, der durch eine Mehr-Parteien-Koalition installiert wurde, deutlich: Die Bevölkerung – der große Lümmel, der langsam frecher wird – soll sich begnügen und das für Freiheit halten.
So soll nur die Bejahung, nicht die Verneinung oder gar die Alternative, gedacht und entsprechend danach gehandelt werden.
Diese Rechnung ist allerdings gegen die Tatbestände sowie die mündigkeitsfähigen Menschen gemacht.
Krieg ist nicht Frieden, Burnout kein Indikator für sinnvolle Arbeit, soziale Ungleichheit kein positiver Maßstab für den „Zustand“ einer Gesellschaft.
Der begründete Unmut wird weiter wachsen, Gauck wird rudern müssen.
Zurück zum Anfang„Und die Leute werden uns schon verstehen, wenn wir ihnen sagen, daß sie in der Folge alle Tage Rindfleisch statt Kartoffeln essen sollen und weniger arbeiten und mehr tanzen werden. – Verlassen Sie sich darauf, die Menschen sind keine Esel. – “
Heinrich Heine an Heinrich Laube, Paris, den 10. Julius 1833.
„Die Leute müssen sagen: Den mögen wir, der ist umgänglich.“ „Ich schreibe ganz deutlich: Fleiß, Fleiß, Fleiß.“ „Ich habe mit Leistungssport begonnen. Das hat mir gezeigt: Mit viel Training, mit viel Arbeit kann man besser werden. Das habe ich dann aufs Berufliche übertragen.“ „Wir leben in einem gerechten und sehr fairen Land. Wer seine Leistung bringt, der wird auch seinen Aufstieg schaffen.“ „Wenn jemand einen DAX-Vorstandsvorsitzenden kennt, dann kann es sein, dass man sagt: Den holen wir, dadurch haben wir den Zugang. Das ist doch ganz normal!“
Carsten Maschmeyer (Aufsteiger, Spekulant) im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“), 25.3.'12.
„Manchmal sieht man Freunde wieder, die es zu etwas gebracht haben. Neid? Nein. Aber wenn man lange nachgedacht hat, warum sie einem so fremd und so unsympathisch geworden sind, so dürfte es wohl dieses sein: ihre süßliche Erfolgschnauze.“
Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.
Trotz Krise, Sinn-Armut, Reduktion des Sozialstaates, Erwerbslosigkeit, prekärer Beschäftigungsverhältnisse, Burnout und alledem – was ist es denn nun? Fleiß? Leistungssport? Schleimerei? Vitamin B(eziehungen)? Kennen wir einen DAX-Vorstandsvorsitzenden?
Leben wir „in einem gerechten und sehr fairen Land“?
Wir staunen.
Das stets frisch geföhnte System Maschmeyer – mal mit, mal ohne Bart – empfiehlt, lächelnd die Hühnerleiter (meist besch...) hinaufzuklettern. Wer die bekleckerten Sprossen nicht zu erklimmen vermag – oder gar Zweifel an derartiger Bewegung hegt -, ist nach dieser glatten Weltsicht schlicht ein Versager.
Der geschniegelte Neoliberalismus, der als Partei auf die Ein-Prozent-Marke zusteuert, beantwortet alle Fragen, Probleme, Zweifel und die Herausforderungen der Zeit ähnlich wie die katholische Kirche: Schuld und Schande sind in den Individuen zu suchen. Abbitte ist stets zu leisten. Frieden fängt bei uns selber an – nicht mit dem Abzug der Truppen beispielsweise aus Afghanistan. Die Welt wird nicht in Frage gestellt. Amen?
Hier findet ein sehr bemühtes und geistig wenig anspruchsvolles bzw. ansprechendes Aufbäumen statt, das sich gegen auf der Hand liegende Tatsachen wendet: Kein Mensch, der wachen Sinnes durch die Welt geht, kann diese als friedlich, angenehm kultiviert, sozial gerecht, wahrhaft demokratisch, mit einem Wort: menschenwürdig bezeichnen.
An der Realisierung menschlicher Bedingungen und Möglichkeiten ist aber energisch zu arbeiten. – Und daran wird auch gearbeitet. „Wenn Menschen widerstehen, handeln Tatsachen.“ (Heinrich Mann) Das ist der Sinn vons Janze. Die Musik des Lebens.
Die Maschmeyers können gut und gerne geprostet auf ihren Kontaktpartys abstürzen. So sei es.
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