Wintersemester 2004/2005

Flugblätter

Inhalt:

f-04-10-01 Bush und Kerry. Das Duell
f-04-10-02 Vor dem Gesetz. Herr Dräger und die Fakultäte (Gemeinsames Flugblatt mit der juso-Hochschulgruppe)
f-04-10-03 Die Sache mit dem „Ruck“. Herr Köhler und sein Weltbild
f-04-10-04 Semesteranfangszeitung der Liste LINKS
f-04-10-05 Verdrängung
f-04-10-06 Die Courage der Erkenntnis (Gemeinsames Flugblatt mit der juso-Hochschulgruppe)
f-04-11-01 Leerer Bauch studiert nicht gern. Zum Kampf für das Studentenwerk (Gemeinsame Zeitung mit der juso-Hochschulgruppe)
f-04-11-02 Die Wahl des Glaubens. Noch einmal: Bush
f-04-11-03 Die Dominanz des Krieges und Die Notwendigkeit des Friedens
f-04-11-04 Gefangene werden nicht gemacht. Der Krieg im Irak
f-04-11-05 (15 Jahre nach dem Sozialismus ist ...)
„Daß einst mein Land abwirft sein Sklavenjoch,
ich glaub daran, nein, ich erleb es noch.“
Michael Mäde liest Peter Hacks
f-04-11-06 Man spricht wieder sehr deutsch
f-04-12-01 Die Allianz der Vernunft. Warum wir zusammen mit dem Fachschaftsbündnis für den Akademischen Senat kandidieren (Gemeinsames Flugblatt mit der juso-Hochschulgruppe)
f-04-12-02 Tutti-Frutti ist rechts oder Die Verzweifelten tanzen zu ihren eigenen Ungunsten
f-04-12-03 Merkeleien. Die CDU fährt am rechten Rand
f-04-12-04 Nathan der Weise oder Erneut gegen drastische Vorurteile (Gemeinsames Flugblatt mit der juso-Hochschulgruppe)
f-04-12-05 Die zynische Normalität des Krieges
Broschüre Demokratisches Engagement und humanistische Aufklärung. Eine politische Bilanz II
(Dokumentation von Beschlüssen des Akademischen Senats und Grundsatzdokumenten aus der Legislatur 2004/2005, gemeinsam mit der juso-Hochschulgruppe) (PDF)
f-04-12-06 Geiz ist ungeil oder Etwas Besseres als Not wird sich schon irgendwie finden
f-04-12-07 1. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005: Solidarisch und selbstbewußt gegen staatlichen Dirigismus. Zum neuen „Fakultätengesetz“
f-04-12-08 Neues aus der „Pony-Bar“. Gegen das Stiften von gezielter Verwirrung (Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-04-12-09 Harmonie? Über ein kulturelles Phänomen
f-05-01-01 Armut ist die Katastrophe
f-05-01-02 2. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005: Was ist „die“ Wirtschaft?
f-05-01-03 Friedenswissenschaft: Neugierig auf Veränderung (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-01-04 3. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005: Blut, Öl und Heuchelei
f-05-01-05 „Mephisto“. Der Film eines Romans einer Karriere (Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-01-06 4. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005: Die Freiheit der Torheit oder Wer fürchtet sich vor der Mündigkeit?
f-05-01-07 Bildung für Alle ist die Aufgabe Aller! Gegen die Zerstörung der Bildungsreformen (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-01-08 5. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005: Das gesellschaftliche Individuum oder Ich und seinesgleichen
f-05-01-13 Opposition ist das Gebot der Vernunft (Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-01-14 Täuschungen und ihre Überwindung. Zu den Wahlen zum Studierendenparlament (SP)
f-05-01-16 Bedrohliche „Freiheit“ oder Was Bush und Merkel gemeinsam macht
f-05-02-01 Stärkung linker Politik. Zu den Ergebnissen der Wahlen zum Akademischen Senat (Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-02-02 BushRice. Die Werbetour für die fortgesetzte Kriegsführung
f-05-02-04 Unfreundlicher Besuch oder Die Freiheitsdrohungen des Mr. Bush
f-05-02-05 Der Besucher oder Krieg und Differenzen lassen sich nicht wegtoasten
f-05-03-01 „Kinder statt Inder“? Das Visa-Affären-Tam-tam
f-05-03-02 Verantwortung. (Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-03-03 Die Sache mit der Wahrheit. Bush bleibt Bush, da helfen keine Pillen
f-05-03-05 Was kostet die Vernunft? Der AS bekräftigt seine Ablehnung von Studiengebühren (Gemeinsames Flugblatt mit harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive)
f-05-03-06 Vergessen oder Dummheit macht frei
f-05-03-07 Neid? Sozialismus?
f-05-03-08 Institutionelle Tötung durch Verhungern und Verdursten

Bush und Kerry
Das Duell

„19
Ihre Maschinen nämlich, heißt es, liegen in riesigen Haufen
(den größten der Welt!)
Und rosten
Wie die Maschinen der alten Welt (in kleineren Haufen).“

Bertolt Brecht, „Verschollener Ruhm der Riesenstadt New York“, 1934.

US-amerikanische Flugzeuge haben wiederholt die irakische Stadt Falludscha bombardiert. Mehrere Menschen wurden getötet. Zwei zivile Häuser wurden vollständig zerstört. Freedom and democracy.

In den USA ist Wahlkampf. Das ist tradiertermaßen Showtime. Die tief ausgeprägte politische Polarisierung der Kontrahenten für die Präsidentschaft wird von Managern des Politmarketing, den Kommentatoren, vielen Lohnschreibern und manchen Fernsehkaspern an Körperhaltung, Mimik, Gestik, formaler Rhetorik und gespielter Souveränität gemessen. John Kerry hat das erste öffentliche Duell gewonnen. Die Umfragen bestätigen dies.

George W. Bush hat den Kriegsbogen deutlich bis zum Zerreißen überspannt. Trotz der geplatzten Lügen zur Legitimierung des Krieges und seiner weltpolitischen „Präventivstrategie“ hält er stur und beharrlich an der militärischen Operation fest. Er sieht eine Einheit zwischen dem Irak-Krieg und dem „Kampf gegen den islamischen Terrorismus“. Auch mit dem Wissen, Saddam Hussein besäße keine Massenvernichtungswaffen, würde er den Krieg gegen den Irak führen, wie er ihn geführt hat. Heaven help!

John Kerry – wohl angetrieben durch den internationalen Protest sowie getragen durch eine breite US-amerikanische Opposition gegen den Krieg, reaktionäre Politik, streng missionarische Religiosität und asoziale Lebensverhältnisse, – positioniert sich zu einer eindeutigeren Haltung und charakterisiert die Misere im Irak damit, sie habe mit „einer kolossalen Fehleinschätzung“ und einem „Übermaß an Selbstgewißheit“ zu tun. „Präventivstrategie“ und Unilateralismus werden so langsam durch den allgemeinen politischen Gegner George Bush's in Frage gestellt.

Der Wahlkampf in den USA hat eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit. 87 Prozent aller US-Bürger geben an, die politische Kontroverse permanent zu verfolgen. Das spiegelt die Bedeutung der Entscheidung.

Auch wenn hier zwei bürgerliche Lager miteinander kämpfen und der politische Sieg John Kerrys den Kriegskapitalismus der USA nicht wesentlich verändern würde, so sind doch bei einem Wahlvorsprung der (teilweise links-) liberalen Demokraten vor den rechtskonservativen Republikanern einige ernste Korrekturen der militärischen Außenpolitik, der restriktiven Innenpolitik sowie einige binnenpolitische soziale Sicherungen zu erwarten.

Es wäre zudem der positive Beweis erbracht, daß sich Kritik, Engagement und Opposition lohnen.

Wir bleiben gespannt.

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Gemeinsames Flugblatt von juso-hochschulgruppe und Liste LINKS

Vor dem Gesetz
Herr Dräger und die Fakultäte

„Vor dem Gesetz
Vor dem Gesetz steht ein Türhüter. Zu diesem Türhüter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. Aber der Türhüter sagt, daß er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne. Der Mann überlegt und fragt dann, ob er später werde eintreten dürfen. ›Es ist möglich,‹ sagte der Türhüter, ›jetzt aber nicht.‹“

Franz Kafka , „Vor dem Gesetz“, Teilparabel aus dem Roman „Der Prozeß“.

Der Herr Dräger ist gierig auf Fakultäten. Dabei hat er nicht die ehrwürdig-elitären fachlichen Haupteinrichtungen der Wissenschaften an der Universität im Sinn, sondern schlagfertig konkurrierende Betriebseinheiten, die willig ihre schnell verwertbare Arbeit feilbieten.

Für diese Handelskammerpolitik sollen die bisherigen Strukturen einer halbwegs demokratischen Massenuniversität mit ihrer Gruppenbeteiligung und den entsprechenden Mitbestimmungsgremien, die Ergebnis der Hochschulreform nach „'68“ sind, beseitigt werden.

Zu diesem Zwecke sollen die Fachbereiche und Institute sowie ihre Selbstverwaltungseinheiten aufgelöst werden. Die „Studien- und Forschungsstrukturen“ seien „zu kleinteilig parzelliert“. So lautet die sogenannte Begründung zu dem jüngst vorgelegten „Fakultätengesetz“, das der rechte Senat zur Diskussion bringt. An die Stelle der bisherigen Mitbestimmung auf so gut wie allen Ebenen soll der kapitalistische Zentralismus treten (bekannt aus Militär und Konzernen), indem Präsidium und die Dekane, welche der Präsident auswählen soll, die Universität nach den „Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit“ – man ist fast geneigt zu sagen: führen – managen sollen. Das habe dann „effektiv und effizient“ zu sein. Der Gesetzesentwurf liegt nun für eine Weile den Hochschulen zur Bewertung vor.

Welche andere Antwort als „Nein!“ ist hier vernünftig?

Der Widerstand dagegen, soll er nicht allein klagend sein, muß von einem Anspruch der Erweiterung demokratischer Rechte aller Universitätsmitglieder, einem kooperativen Verständnis der Interdisziplinarität, der sozialkritischen Verantwortung zur gesellschaftlichen Problemlösung, der Forderung nach bedarfsgerechter Finanzierung öffentlicher Einrichtungen, der notwendigen sozialen Absicherung der Studierenden, der gewollten Einheit von Forschung, Lehre, Studium und Selbstverwaltung ausgehen.

Der Entwurf ist so abzulehnen. Wir haben eigene Ansprüche und eine souveräne Perspektive.

Auf diese Weise macht die „Autonomie der Hochschulen“ einen vernünftigen Sinn.

„Me-ti lehrte: Umwälzungen finden in Sackgassen statt.“

Bertolt Brecht, „Me-ti/Buch der Wendungen“.

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Die Sache mit dem „Ruck“
Herr Köhler und sein Weltbild

„Bundespräsident Roman Herzog hat schon 1997 gesagt: ›Durch Deutschland muss ein Ruck gehen.‹ Er hatte Recht. Nur haben wir seitdem viel Zeit verloren. (...)
Uns allen muss dabei bewusst sein: der Umbau des Sozialstaates verlangt schon jetzt vielen Menschen in Deutschland vieles ab. Es gibt soziale Härten, weil Einschnitte Menschen treffen, die ohnehin nicht viel haben. Ich weiß das und wir alle sollten das wissen. Niemand kann seriös bereits nach kurzer Zeit neue Verteilungsspielräume versprechen. Umso mehr müssen wir darauf achten, dass alle Verantwortung tragen und Opfer bringen, und zwar entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit.“

Horst Köhler, Bundespräsident, in seiner Antrittsrede vor dem Deutschen Bundestag am 1. Juli 2004.

Die Sektkorken knallen in der Börse, wenn bei Massenentlassungen die Kurse der entsprechenden Unternehmen steigen...

Der relativ frisch gewählte Bundespräsident bemüht sich seit seiner Inthronisierung strebsam als klassisch konservativer Entertainer des Neoliberalismus. Die rührige Programmatik dazu ist in seiner Antrittsrede formuliert.

Herr Köhler liebt „unser Land“ und „unsere Heimat“. Dabei ist er traurig, wenn „die Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion nicht klappt“. Er ist wesentlich besorgt darum, ob die BRD „im globalen Wettbewerb weiter zurückfällt“. Er sieht „Amerika weiterhin als Hort der Freiheit“. „Die Agenda 2010 weist“ für ihn „in die richtige Richtung.“ „Ohne Kinder hat unser Land keine Zukunft.“ Und die Krönung: „Wir sind jetzt als ein Volk gefordert.“ That's it. Lieschen und Hans Müller sollen beeindruckt sein und sich stärker bescheiden.

Nun darf aus Gründen der Bewahrung und Steigerung der Ausbeutung selbstverständlich nicht gesagt werden, daß die Handelsbilanz der Bundesrepublik äußerst positiv ist und die BRD als sogenannter Exportweltmeister rangiert. Stattdessen soll mit mystischer Angst regiert werden. Für die 50-Stunden-Woche.

Die wahrheitsgemäße Erwähnung der Tatsache, daß durch die gestiegene Produktivität immer weniger Menschen in immer kürzerer Zeit immer mehr industriell herstellen können und daß damit der Wert der einzelnen Arbeitstätigkeit enorm steigt, hätte leider erhellenden und damit nahezu revolutionären Charakter. Die Arbeitszeiten sowie die Arbeitslosenzahlen könnten sinken und die Löhne steigen... Wer sich umdreht oder lacht, bekommt den Köhler gemacht.

Nun ist da noch die Sache mit dem „Volk“. Diese mentale Verwurstung fundamentaler sozialer Differenzen und kultureller Hierarchien hat schon geholfen, zwei Weltkriege zu führen. Sie ist so irre religiös wie „Heimat“ und „Nation“. Hier gibt es nicht Oben und Unten, nicht Links und Rechts, nicht Fortschritt und Rückschritt, nicht Vernunft und Betrug, sondern nur munter drauflos mit Gewinnen und Expansion. Mit Blut, mit Schweiß, mit Tränen – mit Opfern eben.

Wer dem Verzicht nicht trauen mag, sollte auf seinen kritischen Verstand vertrauen und sich für die eigene und allgemeine Emanzipation engagieren.

„Me-ti sagte: Denken ist etwas, das auf Schwierigkeiten folgt und dem Handeln vorausgeht.“

Bertolt Brecht, „Me-ti/Buch der Wendungen“.

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Semesteranfangszeitung der Liste LINKS

Die Angst hat kurze Beine

„Soziale Unordnung
›Was wünschen Sie zum Abendbrot?‹ fragte der Gefängnisdirektor den armen Sünder, der morgen früh am Galgen sterben sollte. ›Sie dürfen essen und trinken, was und wieviel sie wollen.‹
›Schade!‹ sagte der Delinquent. ›Schade!! Wenn Sie mich das drei Monate früher gefragt hätten, wär' der ganze Raubmord nicht passiert.‹“

Alfred Polgar, 1919.

 

„Wir sind die Verluste leid.“

Fritz Henderson, Chef von General Motors Europa.

Die Angst ist das Gegenteil der Freude. Sie ist zugleich das Mittel, mit dem allseits und allerorten Verzicht anerzogen werden soll. Die negative Schutz-Emotion wird mit der Standortkeule zu erzeugen versucht. Wenn Du nicht...

Der Arbeiter im allgemeinen und besonderen schmutzt, ist aufsässig und verlangt Lohn. Die Bezahlung der Arbeit ist ein Ausweis der Güte. Die arbeitenden Menschen nehmen dem gütigen Unternehmer oder seinem lächelnden Chef-Angestellten oder dem zählenden Aktienbesitzer den wohlverdienten Schlaf. Der Lohn ist das, was die Unternehmen in den Ruin treibt. Wenn vom Ruin noch etwas übrig geblieben ist, kommt der Staat und raubt den kläglichen Rest. Davon baut er, der Staat, dann Straßen, Schulen, Krankenhäuser und, wenn's denn sein muß, auch Museen und Theater. (Manchmal geht der Arbeiter da hin und lacht.) Die Aufträge vergibt der böse Staat dann wieder an ruinierte private Unternehmen.

Auch wenn der Arbeiter das produziert, was ein anderer Arbeiter konsumiert und selber kauft, was ebenso ein anderer Arbeiter hergestellt hat, ist er Schuld daran, daß alles so teuer ist. Diese Verurteilung wird dann ökonomischer Sachverstand, unternehmerische Meinungsfreiheit oder Sparzwang genannt.

Die Behauptung, daß angemessene Bezahlung die Produktion fördert und sichert sowie ein würdiges Leben möglich macht und daß hohe Unternehmenssteuern eine zivilisierte öffentliche Infrastruktur gewährleisten, die die allgemeine Lebensqualität befördert, sind allesamt schmutzige Lügen. Der Bundespräsident tritt diesen bösartigen Falschbehauptungen entschieden entgegen.

Die Angst hat kurze Beine...

Des Senators Pyramidenwelt

„DRÄGER: Es muß uns doch gelingen, eine Arbeitsmarktbefähigung zu vermitteln und zugleich ein Stück unseres Gesellschaftsbildes.“

Wissenschaftssenator Dräger, „Nur noch Maschinenbediener“, Streitgespräch in taz uni-extra, 9./10. Oktober 2004

Was „muß“ uns gelingen?

Das Gesellschaftsbild des Herrn Senator ist schlicht, streng gegliedert und leicht zu vermitteln: An oberster Stelle steht der „Standort“ (nicht militärisch oder biologisch, sondern: ökonomisch) – das ist neoliberale Verschleierungslyrik für: ortsansässige Großunternehmen mit ihren Profitinteressen. Diesen haben sich alle unterzuordnen. Die Wissenschaftsinstitutionen haben das entsprechende „Menschenmaterial“ zu liefern. Das formt dann die strenge Hand des Marktes.

Das sieht dann so aus: „Ich halte grundsätzlich eine gewisse Pyramide bei den Abschlüssen für richtig. Das hat mit der gestiegenen Bildungsbeteiligung zu tun. Als die wuchs, hat man erst den Magister als Zwischenabschluss eingeführt. Nie hat jemand gefordert, dass jeder Magisterabsolvent automatisch promoviert. Diese Pyramide setzt sich jetzt logisch fort und nicht jeder Bachelor-Absolvent sollte automatisch einen Master machen“ (a. a. O.). Dazu komme noch das ausschließliche dreigliedrige Schulsystem, und so nehme jeder den ihm zugewiesenen Platz in der Gesellschaft ein. Und: Wer nimmt unten, liegend, in der Pyramide Platz?

Die Universität mißt sich selbst eine deutlich konträre Aufgabenbestimmung zu, besonders klar gefaßt in ihrem Leitbild: „Wissenschaftliche Freiheit in gesellschaftlicher Verantwortung: Die Mitglieder der Universität wollen die universitären Aufgaben in der Verbindung von Forschung und Lehre, Bildung und Ausbildung in wissenschaftlicher Unabhängigkeit erfüllen. Sie wollen zur Entwicklung einer humanen, demokratischen und gerechten Gesellschaft beitragen und Frauen und Männern gleichen Zugang zu Bildung und Wissenschaft eröffnen.“ (Leitbild der Universität Hamburg, beschlossen am 30.04.1998)

Mit ihren aufklärerischen Möglichkeiten, der vorhandenen Substanz kritischer Wissenschaftstradition und der Selbstverpflichtung allgemeiner Nützlichkeit der wissenschaftlichen Praxis stehen die Mitglieder der Universität somit in besonderer Verantwortung, gegen die neoliberalen Dogma „natürlicher“ Ungleichheit, forcierte Konkurrenz und umfassende Profithörigkeit oppositionell zu wirken. Das ist vernünftig.

Aus Verfaßter Studierendenschaft und Akademischer Selbstverwaltung heraus ist mit den positiven und demokratischen Maßstäben der Überwindung sozialer Ungleichheit und weitreichender Partizipation Aller an der kooperativen Gestaltung einer „friedlichen und menschenwürdigen Welt“ (Leitbild) kämpferisch zu wirken. Dies beinhaltet auch eine verkürzte Amtszeit des Wissenschaftssenators. (Er darf dann Ägypten besuchen.) Hieran sollten sich alle beteiligen.

„Galilei: [?] ich halte dafür, daß das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht, die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern.“

Bertolt Brecht, Leben des Galilei

Dieses Ziel ist der Mühe Aller wert.

Nur Frieden ist vernünftig
Zur Aktualität einer prinzipiellen Aufgabe

„Wenn es Pflicht, wenn zugleich gegründete Hoffnung da ist, den Zustand eines öffentlichen Rechts, obgleich nur in einer ins Unendliche fortschreitende Annäherung wirklich zu machen, so ist der ewige Friede, der auf bisher fälschlich sogenannte Friedensschlüsse (eigentlich Waffenstillstände) folgt, keine leere Idee, sondern eine Aufgabe, die nach und nach aufgelöst, ihrem Ziele (weil die Zeiten, in denen gleiche Fortschritte geschehen, hoffentlich immer kürzer werden) beständig näher kommt.“

Immanuel Kant, „Zum ewigen Frieden“, 1795

 

„Jetzt haben wir die historische Chance, den Kreis noch weiter auszudehnen – zur Bekämpfung von Radikalismus und Terror mit Gerechtigkeit und Würde, zur Erlangung eines wahren, auf menschlicher Freiheit basierenden Friedens. [...]
Die Verpflichtungen, die wir eingehen, müssen Bedeutung haben. Wenn wir sagen ?ernste Konsequenzen', dann muß es um des Friedens willens ernste Konsequenzen geben. Und deshalb setzte eine Koalition von Nationen die gerechten Forderungen der Welt durch.“

George W. Bush vor der UN-Generalversammlung am 21. September 2004

Immanuel Kant hat schon vor über 200 Jahren erkannt, daß für das Erlangen friedlicher Verhältnisse die vernunftgeleitete, planvolle rechtliche Regulierung und Verständigung zwischen Menschen und Staaten notwendig ist.

Über dreihundert Jahre nach dem Beginn der Aufklärung soll uns weiterhin die „Wahrheit“ verkauft werden, daß um des Friedens willens Krieg geführt werden müsse. Als hätte die Menschheit ihr kollektives Bewußtsein verloren, als hätte es – allein im vergangenen 20. Jahrhundert – zwei Weltkriege sowie die Befreiung vom Faschismus und weitreichende Schlußfolgerungen für die Entmilitarisierung und Zivilisierung der internationalen Beziehungen nicht gegeben, stützt sich der selbst so ernannte Kriegspräsident Bush demagogisch auf den jahrhundertelangen Wunsch der Menschheit nach Frieden, um seine machtpolitisch bestimmten Interessen durchzusetzen.

Wir sind heute weit davon entfernt, „ewigen Frieden“ erreicht zu haben. Die kapitalistische Welt ist eine zunehmend kriegerische Welt – international und im Alltag der meisten Menschen.

Die hemmungslose Profitheckerei hemmt die Entfaltung positiver historischer Erfahrungen für die Schaffung humaner Lebensbedingungen. Jedoch wirkt das couragierte Engagement der weltweiten Friedensbewegung, kritischer Wissenschaftler und Künstler unaufhörlich für Aufklärung sowie sozialen und kulturellen Fortschritt. Gegen die Anmaßung der „Präventivschlagstrategie“ eines größenwahnsinnigen US-Präsidenten – die Freiheit sei ein Geschenk des Allmächtigen an alle Menschenkinder und er persönlich für ihre Erfüllung zuständig – sind die plumpen Kriegslügen (Massenvernichtungswaffen im Irak & Co.) offengelegt worden und Ansprüche für ein zivilisiertes Zusammenleben werden (wieder) entwickelt und offensiv vertreten.

An diese Ansprüche muß sich auch der nächste Präsident der Vereinigten Staaten messen lassen. In der Wahl zwischen dem dumpfen, reaktionär-christlichen Fundamentalismus Bushs, imperialistischem Terror und der brachialen Zerstörung der sozialen Sicherungssysteme einerseits und dem liberalen John Kerry, einer eher koordinierten internationalen Orientierung sowie gemäßigter Umverteilungspolitik sei den US-amerikanischen Wählern höchst mögliche Klarheit gewünscht. Im Fall eines Wahlsieges der Demokraten wären das Scheitern der „präventiven“ Kriegführung auch wahlpolitisch manifestiert und verbesserte Kampfbedingungen für gesellschaftlichen Fortschritt im Zentrum des Kapitalismus geschaffen.

Frieden bleibt (auch dann) Aufgabe der Vernünftigen.

Wir über uns

„Um sich gut zu wehren, muß man viel wissen. Man erobert auch keine Gesellschaft, bevor man sie kennt.“

Heinrich Mann, Die Macht des Wortes, 1936

Bücher
"Wenn der Mensch von den
Umständen gebildet wird, so
muß man die Umstände
menschlich bilden."

Karl Marx/Friedrich Engels,
„Die heilige Familie“
(1844/45), MEW 2, S.138.

Wer die Gesellschaft kennt, kann sie erobern.

Wissenschaftssenator Jörg Dräger versteht unter Eroberung nicht geistige Aneignung sowie Kultivierung der Gesellschaft und der Menschen, sondern die Unterordnung der Wissenschaft und ihrer Subjekte unter das kalte Diktat der abstrakten Profitsteigerung.

Im Widerspruch zur Kommerzialisierung der Hochschulen steht die Möglichkeit massenhafter wissenschaftlicher Qualifikation als wesentlicher Bestandteil demokratischer Entwicklung. Die kooperative Einsicht in Ursachen, Widersprüche, Wirkungszusammenhänge und Prozesse gesellschaftlicher Verhältnisse zur humanistischen Gesellschaftsveränderung steht den Gewinnen durch internationale Konkurrenz unversöhnlich gegenüber.

Für eine fortschrittliche Wissenschafts- und Gesellschaftsentwicklung haben wir uns im Dezember 1993 als Liste LINKS aus Linker Liste, Offener AusländerInnenliste und Fachschaftsaktiven konstituiert. Wir engagieren uns für egalitäre soziale Bedingungen, in denen Qualifikation, Verfügung und solidarische Kooperation Grundlage und Inhalt menschlicher Vergesellschaftung sind.

Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in der studentischen Interessenvertretung, in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung und in den außerparlamentarischen Bewegungen. In Fachschaftsräten, im AStA in der Fachschaftsrätekonferenz, in der Interessenvertretung ausländischer Studierender, im Studierendenparlament, im Akademischen Senat und seinen Ausschüssen sowie im „Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung“ und im „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ wirken wir gegen die Zurichtung öffentlicher Institutionen und ihrer Subjekte auf kapitalkonforme Servilität für den aufklärerischen und gesellschaftskritischen Einfluß der Mehrheit der Menschen zur Überwindung von Ausbeutung, Entfremdung und Konkurrenz, um die gleiche und freie Entfaltung Aller als Grundbedingung allgemeiner Entwicklung zu erreichen.

Hinkelstein

Uni-Kneipen-Urgestein in der Bundesstraße 6
geöffnet Mo - Do: 17 bis 3 Uhr, Fr und Sa: 18 Uhr - open end; So: 19 - 3 Uhr
warme Küche täglich bis 1 Uhr – leckere Croques und frische Salate

„Geht man nach der gefühlten Zeit, dann gab es das ‚Hinkelstein‘ immer schon. Als sei der Name hier Programm – heißt doch so eine Kultur aus der Jungsteinzeit. Ganz so alt ist die Uni-Ur-Kneipe an der Bundesstraße zwar nicht, aber immerhin so alt, dass sich niemand mehr an das Gründungsjahr erinnert. ‚68 oder 69, da streiten sich die Geister‘, sagt Besitzer Jens Stegmann. Ihm gehört die Kneipe zusammen mit einem Kollegen erst seit sechs Jahren, aber auch das wirkt anders. Vielleicht, weil der Wirt so gut ins Ambiente passt, mit Rauschebart und Rattenschwanz, schwarzer Weste überm Jeanshemd und selbst gedrehter Zigarette in der Hand.[...] Angst, dass das Hinkelstein ganz aus der Mode käme, hat er nicht. Schließlich wüssten es die Stammgäste gerade zu schätzen, dass der Laden jeder Mode widersteht. Hipper, eleganter, szeniger werden? ‚Nö‘, sagt Stegmann und fasst sich schützend in den Rauschebart, ‚dann müsste ich mich ja auch verändern.‘“ (taz-unispezial)

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Verdrängung

„In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einem Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner Verwüstungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum? Weil sie zu viel Zivilisation, zu viel Lebensmittel, zu viel Industrie, zu viel Handel besitzt. Die Produktivkräfte, die ihr zur Verfügung stehen, dienen nicht mehr zur Beförderung der bürgerlichen Zivilisation und der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse; im Gegenteil, sie sind zu gewaltig für diese Verhältnisse geworden, sie werden von ihnen gehemmt; und sobald sie dies Hemmnis überwinden, bringen sie die ganze bürgerliche Gesellschaft in Unordnung, gefährden sie die Existenz des bürgerlichen Eigentums. Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen.“

Karl Marx/Friedrich Engels, „Manifest der kommunistischen Partei“, 1848.

Seit Sigmund Freud, seit hundert Jahren, ist das psychologische Phänomen der Verdrängung bekannt. Unangenehmes, Gefährliches, Bedrängendes, Peinliches wird aus der bewußten Wahrnehmung in dunklere Regionen des Bewußtseins geschoben. Situative Parallelen oder gedanklich-assoziative Erinnerungen können das Verdrängte wieder aus dem Ego-Keller hochholen. Dann kann man stärker verdrängen. „Die Psychoanalyse hat uns aber gelehrt: wenn das ursprüngliche Objekt einer Wunschregung infolge von Verdrängung verloren gegangen ist, so wird es häufig durch eine Reihe von Ersatzobjekten vertreten, von denen doch keines voll genügt.“ (Sigmund Freud, „Über die allgemeinste Erniedrigung des Liebeslebens“, 1912.) Die Versagung wird kompensiert mit Ikea, 'nem Bier und so; das ist dann Sachzwang oder Vergnügen – wer's anders für richtig hält, ist unrealistisch oder ein Spielverderber. Nächste Runde.

Die Realitätsabwehr kann aber auch kritisch reflektiert werden. Dabei kommt man dann sozialen Einschränkungen auf die Spur, die nicht nur für einen selbst gelten. Die Verständigung darüber lohnt sich. Die Angst weicht der Erkenntnis.
Der Mensch braucht für seine Existenz in der Gesellschaft Arbeit, Essen, Kleidung, Wohnung, Bildung, Kultur, soziales Miteinander und demokratische Partizipation zwecks seiner eigenen und gemeinsamen Angelegenheiten. Das ist in einer durch privaten wirtschaftlichen Gewinn dominierten Gesellschaft nur eingeschränkt und unter konkurrenzhaften Bedingungen möglich.

Der rechte Senat intensiviert diese Schwierigkeiten. Mit seiner „wachsenden Stadt“ wird politisch die Gewinnsteigerung begünstigt. Auf der Strecke bleiben die sozialen und kulturellen öffentlichen Einrichtungen. Sie werden abgebaut, umgebaut, kommerzialisiert und durch politische Diktate drangsaliert. Das betrifft auch die Hochschulen. Darüber wachen die strenge Polizei, der ewig lächelnde Bürgermeister und die unnachahmliche Springerpresse.
Dagegen hilft keine Verdrängung.

Wer sich hier die Welt schön färbt, läßt sie häßlich werden.
Wer sich die Welt häßlich färbt, übersieht die oppositionelle Alternative.
Sie besteht im vernünftigen Erkämpfen sozialer und demokratischer Erfordernisse, Möglichkeiten und Rechte.
Die rosa Brille wird so zum Ladenhüter mit Sonder-Rabatt.

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Gemeinsames Flugblatt von juso-hochschulgruppe und Liste LINKS

Die Courage der Erkenntnis

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wüteten die Nazis in einem organisierten Massenpogrom gegen die jüdische Bevölkerung: Über 1.300 Synagogen und Kultureinrichtungen wurden zerstört, Geschäfte und Wohnungen geplündert und über 25.000 jüdische Menschen allein in dieser Nacht verhaftet, gefoltert, ermordet.
Dieser barbarische Akt war kühl kalkuliert und geplant worden. Mit Lüge und Drohung wurde gehetzt für Gehorsam und Haß, geplant wurden Krieg und Zerstörung, beabsichtigt waren unbedingte Diktatur und unerbittliche Konzentration von Reichtum – auf die Spitze getrieben im Krieg und im 1942 bei der „Wannseekonferenz“ beschlossenen Holocaust. Die Enteignung jüdischer Unternehmen, die Ausbeutung in den Arbeitslagern und der Raub persönlicher Habe kamen dem Nazi-Staat und den dominierenden Unternehmen und Banken zugute.

Das Toben der Nazis war angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der Armut – verschärft durch den anhaltenden Sozialabbau – bis weit in demokratische Kreise verharmlost worden.
Auch an der Universität und unter der Studierendenschaft ist weggeschaut worden, wenn die Nazis, unterstützt von reaktionären Parteien, antidemokratischen Professoren und studentischen Verbindungen, gegen demokratische Wissenschaftler, aufrechte Kommilitonen oder mißliebige Mitarbeiter vorgingen. Es mangelte an der zivilen Courage, sich eindeutig und solidarisch gegen die Bedrohung zu wenden und sich für den Erhalt einer wertvollen humanistischen Institution der Erkenntnis und der Aufklärung einzusetzen, die auf der demokratischen Umwälzung von 1918 fußte.

Im antifaschistischen Aufbau nach der Befreiung vom Faschismus sollten Denazifizierung, Demilitarisierung und umfassende Demokratisierung die friedliche, allen Menschen nützliche Entwicklung fundieren. Der aufklärerische Gehalt der Wissenschaften und die demokratische Verfaßtheit der Hochschule mit starken Interessenvertretungen sind dafür wertvoll und von allen Demokraten couragiert zu verantworten.

Es ist die historische Verantwortung aller Mitglieder der Universität gegen das Auftreten von NPD, DVU und anderen rechtsextremen Demagogen für gleiche menschenwürdige soziale Bedingungen für alle Menschen einzutreten, das friedliche und humanistische Wesen der wissenschaftlichen Tätigkeit in gesellschaftlicher Verantwortung wahrzunehmen und zu stärken und sich für die Verteidigung und den Ausbau der Demokratie an der Universität einzusetzen.

Im übrigen sind wir der Auffassung, daß die studentischen Verbindungen zu verbieten sind.

Mahnwache
zum Jahrestag der Reichspogromnacht

Veranstaltet von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) und der Universität Hamburg
am Dienstag, den 9. November 2004,
auf dem Joseph-Carlebach-Platz, von 15.30 bis 16.30 Uhr

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Gemeinsame Zeitung von juso-hochschulgruppe und Liste LINKS

Leerer Bauch studiert nicht gern
Zum Kampf für das Studentenwerk

Bisher arbeitet das Studentenwerk für die sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Voraussetzungen eines sinnvollen Studiums. Dafür wurde die ehemalige Selbsthilfeeinrichtung in den 1970er Jahren in eine staatlich geförderte Anstalt öffentlichen Rechts umgewandelt. Für die erste soziale Öffnung der Hochschulen sollten soziale Benachteiligungen ausgeglichen werden. Auch das damals neu eingeführte BAföG (Vollzuschuß für 70 Prozent der Studierenden, auch für Schüler) war dabei zuträglich. Die relativ guten sozialen Bedingungen für Viele beförderten , kritische Wissenschaft zur Lösung gesellschaftlicher Probleme frei von sozialem Druck zu betreiben. Das Studentenwerk der 70er gehört deshalb zu den zentralen sozialen Voraussetzungen der demokratischen Massenuniversität. Eine weitgehend eigenverantwortliche Entwicklung des Studentenwerks in Selbstverwaltung durch Mitarbeiter, Studierende und Hochschulverwaltungen ist entsprechend in gruppen-demokratischen Gremien gewährleistet.

Die von Wissenschaftssenator Dräger beabsichtigte 50-Prozent-Kürzung der Studentenwerkszuschüsse soll diesen emanzipatorischen Ansatz beseitigen. Nicht mehr Menschen sollen an Hamburgs Hochschulen solidarisch lernen können. Nur paßgenau auf die Wirtschaft zugeschnittene Absolventen und Absolventinnen soll es geben. Diese von den Unis handzuverlesenden Studierenden jedoch sollen nach des Senators Vorstellungen unter erhöhtem sozialen Druck ihr Studium zügig und zielstrebig durchziehen. Neben Studiengebühren und anderen Drangsalierungswerkzeugen soll dafür das Studentenwerk zu einem Dienstleistungsbetrieb verbogen werden. Wer mehr zahlen kann soll mehr bekommen. Privatwirtschaftliche Konkurrenten, mit entsprechend niedrigen Löhnen, und gestrichene staatliche Subventionen sollen die Anpassung an die Konkurrenz befördern. Dafür soll massiver Personalabbau betrieben werden. Am Ende soll ein profitabler Cateringbetrieb mit Beratungszentrum für gestreßte Studierende stehen. Das ist zu verhindern!

Das Studentenwerk ist eine öffentliche Aufgabe, deshalb muß es staatlich gefördert und ausgebaut werden. Es fördert guten und preiswerten Wohnraum. Die Mensen sichern allen Studierenden schmackhaftes und zugleich preiswertes Essen. Die Sozial- und BAföG-Beratung des Studentenwerkes bietet Hilfe bei der Suche nach einer Lösung für individuelle soziale Probleme. Unabhängig von der unmittelbaren Bildungsinstitution und doch in der Hochschule angesiedelt, bietet sie Beratung frei von persönlichen Abhängigkeiten. Durch die Möglichkeit begrenzter Kreditvergabe zu günstigen Konditionen läßt sich häufig die Spitze des Drucks nehmen. Die beispielhaft skizzierte soziale Qualität des Studentenwerks muß also gefördert und ausgebaut werden.

Dafür müssen Studierende und Mitarbeiter des Studentenwerks solidarisch gegen den angedrohten Sozialkahlschlag aus Lohndrückerei, Kündigungen und Preiserhöhungen vorgehen. Der Rechtssenat versucht, seinen profitorientierten Totalumbau der Stadt durch Spaltung und Vereinzelung durchsetzungsfähig zu machen. Deshalb wird es darauf ankommen, die zahlreichen Proteste in der Stadt gegen die allen Kürzungen gemeinsame Verschärfung der sozialen Lage zur Profitmaximierung zu orientieren. Der gemeinsam von Universität, Studierenden, Angestellten und Gewerkschaften geführte Kampf für das Studentenwerk muß relevanter Teil werden. Gegen den Widerstand der Bevölkerung der Stadt haben Handelskammer und Senat schlechte Karten. Wissen verbindet und massenhafte Aufklärung wird materiell wirksam.

Der Akademische Senat hat für die Universität als Ganzes in einer ersten Stellungnahme die „Eckpunkte[n] für eine Novellierung des Gesetzes über das Studentenwerk Hamburg“ aus dem Hause Dräger scharf angegriffen und Empfehlungen ausgesprochen, die den Ausbau der Einrichtung überhaupt erst ermöglichen sollen. Im Folgenden dokumentieren wir diese im Wortlaut:

- D O K U M E N T I E R T -

Stellungnahme der Universität Hamburg zum Entwurf
„Eckpunkte für eine Novellierung des Gesetzes über das Studentenwerk Hamburg“
vom 28.10.2004 (mit 14:0:1 Stimmen beschlossen)
I. Präambel

Die Universität betont ihre Verantwortung für das Studium als Ganzes und ihr Eintreten für gute soziale und kulturelle Bedingungen ihrer Mitglieder. In Leitbild und Grundordnung sind als Maßstäbe dafür u.a. soziale Offenheit, die Bildung mündiger Bürger und ihr Beitrag zur Entwicklung einer humanen, demokratischen und gerechten Gesellschaft als Aufgabe und Verpflichtung ihrer Mitglieder verankert. Diese Verantwortung umfasst die Beratung und Auswahl der Studierenden beim Übergang von der Schule zur Hochschule ebenso wie alle Prozesse, die mit dem Lernen und Lehren verbunden sind, sowie den Übergang in das Berufsleben gestalten. Auch die Felder, die für die Lebensgestaltung der Studierenden von Bedeutung sind und derzeit vom Studentenwerk betreut werden, fallen in diesem Sinne in den Verantwortungsbereich.

Um dieser Verantwortung nachkommen zu können, hat sich innerhalb der Universität und in Kooperation mit externen Einrichtungen, wie Arbeitsamt, Studentenwerk etc., ein dichtes institutionelles Netz herausgebildet. Dieses System geht von der Grundlage aus, dass die Aufgaben von derjenigen Institution wahrgenommen werden, die auf dem jeweiligen Gebiet die höchste Kompetenz aufweist. Diese partnerschaftliche Aufgabenteilung hat sich über viele Jahre hinweg sehr gut bewährt. Es wird deshalb keine Notwendigkeit zu einer grundlegenden Änderung der herausgebildeten Struktur gesehen. Dem Studentenwerk obliegt dabei die Aufgabe, daß die Studierenden unabhängig von ihren Einkommensverhältnissen gute Studienbedingungen in den Bereichen Wohnen, Essen, BAFöG und Kulturelles vorfinden. Unter dieser Prämisse teilt die Universität die Auffassung, dass im Rahmen einer kritischen Überprüfung der Aufgabenerledigung auch Bereiche identifiziert werden können, die einer vertieften Kooperation und klaren Absprache bedürfen. Dafür sind die Gremien des Studentenwerks und der Hochschulen, in denen alle Gruppen vertreten sind, der geeignete Ort.

Universität und Studentenwerk sind in ihrer gemeinsamen Verantwortung für den Gesamtprozeß Studium mit ausreichenden Ressourcen durch den Staat auszustatten. Eine Übertragung der Verantwortung des Staates an Hochschulen und Studentenwerk unter gleichzeitiger Kürzung finanzieller Zuwendungen, wie in den Eckpunkten vorgesehen, wird abgelehnt.

Die Ergebnisse der 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, die ein drastisches Bild der schlechten sozialen Lage der Studierenden zeichnet, unterstreichen die Notwendigkeit zu einer erweiterten staatlichen Finanzierung.

II. Stellungnahme zu einzelnen Eckpunkten
1. Rechtsstellung, Trägerschaft

Die Universität hält es für richtig, das Studentenwerk als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts unter der Rechtsaufsicht der BWG zu belassen. Sie sieht auch in Zukunft keine Notwendigkeit für einen Wechsel von der staatlichen Trägerschaft in die Trägerschaft der Hochschulen und lehnt deshalb die für die Phase 2 geplante Überführung ab. Schon allein die Vielfalt der hamburgischen Hochschullandschaft erschwert die Zuordnung des Studentenwerks zu einzelnen Hochschulen bzw. die Einrichtung als „hochschulübergreifende“ gemeinsame Einrichtung aller Hochschulen.

Die Universität sieht auch keinen überzeugenden Grund, von der bisher ausgeübten Praxis des Kontrahierungszwanges mit Ausnahmen abzuweichen. Die Komplexität der Mensabetriebe und der Wohnheimbewirtschaftung sowie die Notwendigkeit von Mischkalkulationen erfordern einen Kontrahierungszwang. Anderenfalls bestünde die große Gefahr, dass viele Standorte aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen aufgegeben werden müssten. Erhebliche soziale Härten und starker Attraktivitätsverlust von vielen Standorten wären die Folge, unter denen auch das Profil der Universität zu leiden hätte.

2. Betreuungsbereich/Aufgaben

Die Universität unterstützt die in diesem Eckpunkt dargestellte Intention der Ausweitung der Beratungs- und Serviceleistungen auf Grund ihrer Bedeutung für den Studienerfolg. Sie begrüßt die vorgenommene positive Bewertung der bisherigen Aufgabenwahrnehmung auf der Grundlage einer bewährten Arbeitsteilung zwischen Universität und Studentenwerk.

Die Universität hält die soziale, gesundheitliche und kulturelle Förderung der Studierenden zum Ausgleich sozialer Unterschiede für notwendig. Die Beschränkung auf eine reine Bereitstellung unsubventionierter Serviceleistungen würde dem sozialen Auftrag des Studentenwerks nicht gerecht.

Die soziale Lage der Studierenden steht in unmittelbarem Zusammenhang mit einem erfolgreichen Studium. Die Erweiterung der Service- und Beratungsaufgaben unter der Voraussetzung entsprechender Kürzungen im Mensabereich gefährdet in unverantwortlicher Weise die erfolgreiche Entwicklung von Studentenwerk und Hochschule sowie ein gutes Studium.

Die Aufgaben- und Arbeitsteilung zwischen Hochschulen und Studentenwerk sollen wie bisher in Kooperation geklärt werden.

3. Zusammenarbeit Studentenwerk – Hochschulen

Eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit dem Studentenwerk wird auch von der Universität angestrebt. Hierzu bedarf es aber weder der Übertragung der staatlichen Steuerung auf die Hochschulen noch des Abschlusses von Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Die bisherigen Organe des Studentenwerks bieten ausreichend Möglichkeit, die – häufig divergenten – Interessen der Hamburger Hochschulen gegenüber dem Leistungsangebot des Studentenwerks auszugleichen und zu realisieren.

Soziale Leistungen sollen ein allgemein nützliches Studium und persönliche Entfaltung ermöglichen. Der Studienerfolg darf nicht umgekehrt zur Voraussetzung für den Erhalt sozialer Leistungen gemacht werden, sonst verdrängen existentielle Sorgen die wissenschaftlichen Motive des Studiums. Die Universität lehnt deshalb den Vorschlag des CHE Gutachtens 56 und der Eckpunkte ab, dass die Hochschulen zukünftig über das Angebot sozialer Leistungen des Studentenwerks um ihre Studierenden konkurrieren sollen. Die Lebensbedingungen aller Studierenden müssen über das Studentenwerk staatlich gefördert werden.

4. Organe des Studentenwerks

Als positives Erbe der Selbsthilfe und als Ausdruck des demokratischen und sozialen Anspruchs ermöglicht die mitgliedschaftliche Organisationsstruktur des Studentenwerks Mitarbeitern, Studierenden und Hochschulverwaltungen in demokratischen Gremien von der Wohnheimsselbstverwaltung bis zum Studentenwerksvorstand die weitgehend eigenverantwortliche Entwicklung des Studentenwerks. Die Eckpunkte würden die Mitglieder (Studierende, Mitarbeiter und Hochschulen) des Studentenwerks durch Hierarchisierung der Entscheidungsfindung und eine Beschneidung ihrer Rechte von der demokratischen Beteiligung an der Entwicklung des Studentenwerks ausschließen.

Alle Mitgliedergruppen des Studentenwerks sollten weiterhin über den Verwaltungsrat das Haushaltsrecht wahrnehmen können und dort wie bisher vertreten sein.

5. Wirtschaftsführung

Bei Aufrechterhaltung des staatlichen Finanzierungsniveaus hält die Universität die Gründung von Unternehmen durch das Studentenwerk zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht für erforderlich. Die angekündigte Reduzierung des staatlichen Finanzzuschusses führt zu einer deutlichen Senkung der sozialen Standards.

Kündigungen, Reduzierung der tariflichen Entlohnung um ein Drittel, Wegfall der Sonderleistungen und längere, unregelmäßige Arbeitszeiten stehen vielen Mitarbeitern des Studentenwerks bevor. Die Universität ist sich ihrer solidarischen Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern des Studentenwerks bewußt und lehnt Entlassungen und soziale Verschlechterungen ausdrücklich ab.

6. Finanzierung

Die Universität hält für die Erhöhung der Bildungsbeteiligung die bedarfsgerechte Erhöhung der direkten staatlichen Finanzierung der Hochschulen und des Studentenwerks für erforderlich, damit sie in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben auch weiterhin zu erfüllen. Eine Finanzierung des Studentenwerks indirekt über die Hochschulen, die Studierenden (z.B. über Studiengebühren oder Preissteigerungen) oder die Mitglieder (z.B. über Lohnsenkungen) lehnt die Universität ab.

- D O K U M E N T I E R T -

Solidaritätsadresse
der Studierenden der Universität Hamburg
an die Mitarbeiter des Studentenwerks

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der rechte Senat beabsichtigt, die Abwicklung des Studentenwerks als sozialstaatlicher Einrichtung der demokratischen Massenuniversität und seine Kommerzialisierung durch radikale Kürzungen, Lohnsenkungen, Preistreiberei, Entlassungen und Entdemokratisierung zu erreichen. Dagegen sollten wir uns gemeinsam wenden!
Wir meinen, daß das Studentenwerk – breit angelegt und ausreichend finanziell ausgestattet – nach sozialer Bedürftigkeit fördern soll, zur Verbesserung der Lebensbedingungen. Nur eine gute soziale Grundversorgung ermöglicht gesellschaftlich nützliche Bildung für alle.
Wir senden Euch daher unsere solidarischen Grüße zum Erhalt des Studentenwerks, verbunden mit der Aussicht verstärkter Zusammenarbeit im Engagement gegen die unsoziale Politik des Senats und für bedarfsgerechte Finanzierung, den Ausbau und die Demokratisierung der sozialstaatlichen Institutionen der Stadt.

Die Vollversammlung der Studierenden der Universität Hamburg, 4.11.2004

ver.di Hamburg ruft auf zum Umzug für eine solidarische Haushaltspolitik:

Demonstration („SPARneval“)
„Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten.“

Donnerstag, den 11. November 2004 um 16.16 Uhr
Start: Kurt-Schumacher-Allee, Höhe DGB-Haus

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Die Wahl des Glaubens
Noch einmal: Bush

„Die Einfalt hört ihm zu, mit starrverwandten Blicken,
Mit gierig offnem Mund, und beifallsreichem Nicken.
Sie glaubt, sie höre Gott; denn sie versteht ihm nichts,
Und was sie halb gemerkt, stützt sie auf ein: er spricht's.
Auch ich von ihr verführt, vom Hochmut aufgeblasen,
Hielt für die Wahrheit selbst ein philosophisch Rasen;
Worin der irre Kopf verwegne Wunder denkt,
Ein Königreich sich träumt, und seinen Traum verschenkt;
Die Schiff' im Hafen zählt, und alle seine heißet,
Bis ihn ein böser Arzt der Schwärmerei entreißet.“

Gotthold Ephraim Lessing, „Theologische und philosophische Schriften“/„Die Religion“, 1749.

Kriegspräsident Bush ist nach harten politischen Kämpfen, die weltöffentlich aufmerksam beobachtet wurden, mehrheitlich und dieses Mal legal in den USA bestätigt.

Der rationale Kern des erneuten Sieges ist: George W. Bush hat die Steuern auf Kapitalerträge und Dividende gesenkt, davon profitieren eindeutig die Aktionäre. Der Preis dafür ist ein für dieses Jahr zu erwartendes Haushaltsdefizit von 445 Milliarden Dollar. Er führt Krieg im Interesse der Rüstungs- und Ölindustrie. Abgesichert wird diese Politik im Innern mit harten Polizei- und Überwachungsmaßnahmen. Nach Außen wird die militärisch-ökonomische Expansion mit der Terrorismusbekämpfung legitimiert. Der wichtigste kulturelle Kitt für die massenhafte Mobilisierung von politischer Zustimmung ist die Angst, geleitet in christlich-fundamentalistische Frömmelei mit dem Glauben an braven Biedersinn und nationale Stärke. Der Präsident ist so simpel wie seine eigenen Glaubenssätze. Das gilt als aufrichtig. So ist die Zustimmung zu einer gesteigerten Ausbeutungs- und Kriegspolitik mittels massivem Finanzaufwandes bzw. Showkampfes erwirkt worden.

Kontrahent Kerry hat gelinde Alternativen: wirtschaftliche Fusionen und Übernahmen sollten strenger geprüft werden; schärfere Umweltstandards sollten durchgesetzt werden; Pharmaunternehmen sollten zu niedrigeren Preisen gezwungen werden; Steuersenkungen für US-Amerikaner, die mehr als 200.000 Dollar im Jahr verdienen, sollten zurückgenommen werden; diese Staatserträge sollten in das Gesundheits- und Bildungssystem gehen; der Unilateralismus der USA in der Außenpolitik – vorrangig gegenüber der UNO und den europäischen Staaten – sollte dem multilateralen Modus weichen.

Diese Gesamtalternative war, wenn auch tendenziell vernünftig, zu schwach gegenüber den massiven von Bush mit hohem propagandistischem Aufwand vertetenen Interessen. Die Glaubensideologie hat sich einstweilen als stärker denn die Vernunft erwiesen. Dennoch bleibt der Bush-Kurs in einem politisch polarisierten Land nach wie vor umstritten. Die internationale Friedensbewegung hat weiterhin gewichtige Aufgaben. Und: Michael Moore wird neue Filme drehen.

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Die Dominanz des Krieges
und
Die Notwendigkeit des Friedens

„Am Meer stehen die Öltürme. In den Schluchten
Bleichen die Gebeine der Goldwäscher. Ihre Söhne
Haben die Traumfabriken in Hollywood gebaut.
Die vier Städte
Sind erfüllt von dem Ölgeruch
Der Filme.“

Bertolt Brecht, „Hollywood-Elegien“, Gedichte 1939-1949.

Die irakische Stadt Falludscha wird in einer militärischen Großoffensive durch US-amerikanische Streitkräfte – assistiert durch Vasallenverbände des Irak – massiv angegriffen. Ein Großteil der 300.000 Einwohner (das sind gut 50.000 mehr als die der bundesdeutschen Stadt Braunschweig) ist mittlerweile aus der Stadt geflohen, in der schon viele zivile Gebäude, auch Krankenhäuser, bombardiert worden sind.

UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte in einem Brief an US-Präsident Bush, den britischen Ministerpräsidenten Blair und den irakischen Ministerpräsidenten Allawi die geplante Militäraktion kritisiert und darauf hingewiesen, daß sie den irakischen Zorn schüren und die für den Januar geplanten Wahlen unglaubwürdig machen würde.

Allawi – his master?s voice – würdigte den Brief des UN-Generalsekretärs als wirr und unklar herab. Die militärischen Maßnahmen wurden seinerseits als notwendig gegen die Aufständischen bezeichnet.

Präsident Bush geht seinen Weg: „Wir müssen unser kompliziertes Steuerrecht reformieren, unnötige Schreibarbeit abschaffen und unsere Wirtschaft weltweit wettbewerbsfähig machen.“ (Radioansprache „an das amerikanische Volk“ vom 6.11.'04). Pure and simple.

Gestützt auch auf eine moral majority, wird der Kriegskurs einstweilen unbeirrt fortgesetzt.

Der britische Soziologieprofessor Richard Sennett (London School of Economics) sagt dazu: „Die amerikanische Mehrheit, die für Bush gestimmt hat, ist eine Fallstudie der Verdrängung: dass die Wirtschaft krankt, dass das Land isoliert ist, dass der Boden zu schwanken beginnt in Bushs Amerika, all das wird negiert. Stattdessen gibt es diese trügerische Gaukelei der so genannten traditionellen Werte.“ („Permanenter Alarm“, „SPIEGEL-Interview“, Nr. 46/2004.)

Trotz alledem bleiben auch die USA politisch polarisiert. Michael Moore (siehe Dokumentation) wird nicht der einzige sein, der, nachdem der erste Schock verarbeitet ist, weiter klugen und humorigen Widerstand leisten wird.

Auch die europäische sowie speziell die hiesige Friedensbewegung hat neue Aufgaben.

„Die Ideen darüber, wie man die neuen Produktionsmöglichkeiten benutzen könnte, sind nicht sehr entwickelt worden seit den Tagen, als das Pferd tun mußte, was der Mensch nicht konnte. Denken Sie nicht, daß in so mißlicher Lage jede neue Idee sorgfältig und frei untersucht werden sollte? Die Kunst kann solche Ideen klarer und sogar edler machen.“

Bertolt Brecht, „Anrede an den Kongreßausschuß zur Untersuchung unamerikanischer Betätigungen“, 1947.

Aus der Geschichte läßt sich lernen.

dokumentiert:

Michael Moore: 17 Gründe, sich nicht die Pulsadern aufzuschlitzen ...

deutsch

englisch

United for Peace and Justice: Don't Mourn, Organize

deutsch

englisch

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Gefangene werden nicht gemacht
Der Krieg im Irak

„Der Außenminister ist das Gesicht Amerikas in der Welt, und in Dr. Rice wird die Welt die Stärke, die Tugend und den Anstand unseres Landes erkennen.“

George W. Bush zur Nominierung von Condoleezza Rice als Außenministerin der USA.

 

„Das heißt nicht, daß wir aufgeben oder weggehen. Im Gegenteil: In dem Moment, in dem wir innehalten, um Atem zu holen und zur nötigen Ruhe zu kommen, beginnen wir bereits damit, die Lehren aus dieser Wahl und unserer jüngsten Vergangenheit zu reflektieren. In den kommenden Tagen und Wochen werden wir viele Analysen über das Geschehene zur Kenntnis nehmen. Wir wollen Euch ermutigen, Diskussionen über Ereignisse dieser Wahl und die weiteren Ziele unserer Bewegung zu organisieren.“

„Nicht Trauern, Organisieren“ Aktionsaufruf von „Vereinigt für Frieden und Gerechtigkeit“ (USA)

Die bewegten und bewegenden Bilder gingen um die Welt: Ein US-amerikanischer Soldat erschießt skrupellos einen wehrlosen und verletzt am Boden liegenden Iraker.

Der massive Militäreinsatz in der Stadt Falludscha hatte schon vorher nach offiziellen Angaben zu 1200 Toten auf Seiten der Rebellen geführt. Die zivilen Opfer werden nicht erwähnt. Hilfsorganisationen kommen nicht in die Stadt. Häuser, Moscheen und Infrastruktur sind zerstört. Die Stadt riecht nach Verwesung. Leichen liegen herum. Verwundete werden nicht medizinisch behandelt. Gefangene werden nicht gemacht...

Auf diesem Boden kann keine Demokratie entstehen. Durch brutale Zerstörung und Entmenschlichung werden Verzweiflung und Haß geschürt. Das Elend im Irak wird gesteigert fortgesetzt. Mr. Bush lächelt.

Condoleezza Rice – ebenfalls lächelnd – gehört eindeutig in die Reihe der politischen Falken. Sie ist eine heftige Befürworterin des Irak-Krieges und der sogenannten Führungsrolle der USA. Unilateralismus geht vor Multilateralismus. Krieg ist Nummer eins für die Nummer eins in der Welt.

Die US-amerikanische Friedensbewegung (siehe Zitat am Anfang und Dokumentation auf der Rückseite) nimmt den Ausgang der Wahlen nach einer ersten Enttäuschung nachdenklich und kämpferisch an. Der Sieg von Bush wird auf das systematische Produzieren von Angst zurückgeführt. Neu begründete und erweiterte Mobilisierungen gegen die Bush-Politik sollen dazu beitragen, den Irak-Krieg zu beenden. Der Kampf gegen die militärische Außenpolitik ist verbunden mit dem Engagement wider die innenpolitischen Repressionen sowie für mehr soziale Gerechtigkeit.

Diese kritischen Aktivitäten sind eine weltweite Angelegenheit. Die Friedensbewegung hat international Partner.

Der Einsatz für humane und aufklärerische Wissenschaften als demokratische Ausbildung bzw. die Opposition gegen die Drägeriaden ist auch ein Teil dieses Engagements.

dokumentiert:

Michael Moore: 17 Gründe, sich nicht die Pulsadern aufzuschlitzen ...

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United for Peace and Justice: Don't Mourn, Organize

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15 Jahre nach dem Sozialismus ist ...
„Daß einst mein Land abwirft sein Sklavenjoch,
ich glaub daran, nein, ich erleb es noch.“*
Michael Mäde liest Peter Hacks

„Er fing mit und bei Brecht an, verweilte lange bei Goethe, um schließlich Peter Hacks, der sozialistische Klassiker, zu werden.
Dieser literarische Lebensweg mutet noch heute seltsam an, da dieses Etikett ein Markenzeichen wurde, das dem Stückeschreiber allen zeitweiligen Boykotten zum Trotz, eine stetige Präsenz auf deutschen Bühnen ermöglichte. Hacks wurde gespielt, denn sein Witz, seine Originalität verdrängen häufig die Vorbehalte.“

Mario Scalla, „Klassiker“, Nachruf auf Peter Hacks, 5. September 2003.

 

Der Imperialismus, ein Vampir
Das Vieh ist tot und bleibts und hört, allein
Weil es noch Blut säuft, nicht auf, tot zu sein“

Peter Hacks, „Couplets“, aus: „Jetztzeit“, 1998.

Michael Mäde bezeichnet Peter Hacks als einen Klassiker, weil er die klassischen Formen beherrscht, sei es das Drama, die Komödie oder Lyrik.
Insbesondere in seinen Gedichten und Aphorismen läßt Hacks es dabei nie mangeln an scharfer Kritik gegenüber den Zeitläuften wie Zeitgenossen. Vor 1989 an den Unzulänglichkeiten des Sozialismus, immer an der Dekadenz des überreifen Kapitalismus, vor allem aber an jeder Form des Opportunismus:

„‚Wenn Du mir ein Märchen erzählst, lasse ich dich laufen‘, sagte der Storch zum Ochsenfrosch; denn er war schon satt genug. Was glaubt ihr, wie dem Ochsenfrosch die Reime aus dem Mund flossen?“

(Peter Hacks, „Das musikalische Nashorn“, 1998.)

So verspricht ein Abend mit dem schwarzen Humor von Peter Hacks herbes Verlachen der Verhältnisse. Die aktuellen Auseinandersetzungen um Frieden, soziale Egalität und nicht zuletzt humanistische Kultur und Wissenschaft können sich auch aus dieser Quelle speisen.

Im Dezember besteht die PDS 15 Jahre. Aus diesem Anlaß führen wir die Veranstaltungsreihe „15 Jahre nach dem Sozialismus ist...“ durch, die wir kulturvoll pointieren wollen mit der Peter-Hacks-Lesung von Michael Mäde. Michael Mäde war jahrelang Kulturschaffender in der DDR und arbeitet seit 1989 als freischaffender Autor (zuletzt erschien 2004 der Gedichtband: „Balance am Rand“). Politisch ist er engagiert für Internationalismus und eine stringente Friedenspolitik sowie als einer der Initiatoren des linken Zusammenschlusses „Sozialistischer Dialog / Geraer Dialog“ in und bei der PDS.

* Peter Hacks, „Dauer der Unterdrückung“, aus: „Jetztzeit“, 1998.

15 Jahre Jahre nach dem Sozialismus ist ...
„Daß einst mein Land abwirft sein Sklavenjoch,
ich glaub daran, nein, ich erleb es noch.“
*
Michael Mäde liest Peter Hacks

Dienstag, 23. November 2004, 18 Uhr
Phil-Turm (Uni-Campus), Hörsaal C, Von-Melle-Park 5

Eine Veranstaltung der Liste LINKS in Zusammenarbeit
mit der AG Studierendenpolitik der PDS HH

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Man spricht wieder sehr deutsch

„Die falschen Staaten von Europa: England, Frankreich, Spanien, Italien, Ungarn, Preußen, Estland, Lettland, Rumänien, Bayern. Die Grenzen stehen fest. Die richtigen Staaten von Europa: Arbeitslose, Arbeitsmänner, Arbeitgeber und Nutznießer fremder Arbeit. Die Grenzen fließen.“

Kurt Tucholsky, „Nationales“, 1924.

 

„Da Wettbewerb ein Garant unserer Freiheit und eine Triebfeder unseres Wohlstands ist, zählt es zu den Hauptaufgaben einer erfolgreichen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik, wo immer möglich aktiv Wettbewerb zuzulassen, ihn zu intensivieren und ihn vor Eingriffen zu schützen, die im Ergebnis zu weniger Wettbewerb führen.“

Politischer Leitantrag der CDU, „VI. Wachstum, das vom Wettbewerb lebt“ S. 52.

Den „Wettbewerb“ „vor Eingriffen schützen“...

Zunehmende „unternehmerische Freiheit“ bedeutet wachsende soziale Ungleichheit. Der Anteil aus Lohnentgelten am „Volkseinkommen“ liegt auf dem Stand von 1970. Bis zu dreistellige Steigerungsraten bei den Unternehmensgewinnen sind zu verzeichnen. Wegen der geringen Binnennachfrage ist die Wirtschaftsentwicklung, auch Konjunktur genannt, in einer chronischen Flaute. Die soziale Kluft ist wieder größer geworden. Armut, soziale Degradierung und die Verschuldung der Privathaushalte nehmen zu.

Da müssen ideologischer Kitt und Sündenböcke her, zumal wenn mit der Verschärfung der Politik, die dieses soziale Elend herbeigeführt hat, die Krise beantwortet werden soll und das Predigen von Verzicht allein noch nicht geholfen hat, die greinende Bevölkerung unterwürfig zu machen.

Es wird deshalb allerorten vom „Bankrott des Multikulturalismus“ (FAZ, 23.11.'04) gesprochen. Bärtige Muselmanen bedrohen unsere Sicherheit und Kopftuch tragende Frauen gefährden die Sittlichkeit des christlichen Abendlandes. (Wenn CDU-Vertreter von der Gleichberechtigung von Mann und Frau sprechen, sollte man einfach lachen.)

„Heimat“ und „Nation“ seien Themen, um die sich die Konservativen wieder mehr bekümmern müßten, meint der CDU-Innenminister von Brandenburg, General a.D. Jörg Schönbohm. Schon jetzt sei ein „emotionales Vakuum“ entstanden, das die Rechtsextremen in sozial unsicheren Zeiten ausnutzen würden. (Siehe „SPIEGEL“ 48/2004) Die stramm rechte CDU nutzt den rechtsextremen Rand für die nationale und ausländerfeindliche Stimmungsmache. „Wir haben nicht nur eine gemeinsame Sprache, sondern auch kulturelle Umgangsformen und Gesetze. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Basis der Gemeinsamkeit von Ausländern zerstört wird.“ (a.a.O.)

By the way: Was ist die „Basis der Gemeinsamkeit“ mit Herrn Schönbohm? Der Obrigkeitsstaat? Das Militär? Der Sozialabbau? Der feste Händedruck?

Auch die Verfassung der BRD wird als Werte-und-Normen-Knüppel geschwungen statt das Grundgesetz historisch bewußt – als Ergebnis der positiven Zäsur von 1945 – freiheitlich, gleichheitsorientiert und demokratisch zu interpretieren und anzuwenden.

Die gute alte geistige wie geistvolle Aufklärung, souveräne kulturelle Toleranz, das Handeln nach rationalen Gründen, soziale Gleichheit, demokratische Rechte und das Engagement für Frieden und soziokulturelle Entfaltung sind Ziele und wertvolle Inhalte, die dem Mystizismus der Konservativen energisch entgegenzusetzen sind.

„Ich habe schon gesagt, dass ich absolut nichts gegen eine verheiratete Frau im Range eines katholischen Kardinals hätte. Im Gegenteil! Und ich denke, dass es eines Tages vielleicht dazu kommen wird. Ähnlich wie bei den Botschaftern. Es war damals ein Skandal, als die Bolschewiki die Aleksandra Kollontaij als Botschafterin ins westliche Europa schickten. Sie war die erste weibliche Botschafterin der Neuzeit, und alle dachten: Das ist typisch Bolschewismus. Denen ist nichts heilig, was wir achten. Die wollen alles vernichten.“

(Sir Peter Ustinov, „Achtung! Vorurteile“, 2003, S. 144.)

Vernunft ist eine kritische und heitere Kategorie.

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Gemeinsames Flugblatt von
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS

Die Allianz der Vernunft
Warum wir zusammen mit dem Fachschaftsbündnis für den Akademischen Senat kandidieren

„Mit Namen wird sie [die Staatsform Athens], weil wir uns nicht auf eine Minderheit, sondern auf eine Mehrheit im Volke stützen, Volksherrschaft (Demokratie) genannt. Und es genießen auch alle für ihre eigenen Angelegenheiten vor den Gesetzen gleiches Recht [...] auch wird bei Armut keiner, der doch dem Volke Gutes zu leisten vermöchte, um der Geringheit seines Standes willen ausgeschlossen. Ein freier Geist herrscht in unserem Staatsleben und wirkt auch im täglichen Leben und Treiben aller gegenseitigen Beargwöhnung entgegen. [...] Auch für mancherlei Erholung des Geistes von allen Anstrengungen ist bei uns gesorgt, teils durch die Pflege von Kampfspielen und Festen während des ganzen Jahres, teils durch schöne, jedem offenstehende Anlagen, deren täglicher Genuß den Mißmut bannt.“

Thukydides: Leichenrede des Perikles, aus: ders.: Geschichte des Peleponnesischen Krieges (431 v. Chr.). (Thukydides war antiker Historiker, der in etwa zur gleichen Zeit lebte wie der athenische Staatsmann Perikles. Die Rede ist wahrscheinlich fiktiv.)

Die weitreichenden Anliegen einer allseitigen Demokratie haben eine lange Tradition.

Die neoliberale Doktrin ist dagegen ein Joch für die Universität – wer sich ihr fügt, ist ein Ochse in schwerem Geschirr.

Unter dem mißtönigen Geheule des „Bereichert Euch!“ soll die demokratische Massenuniversität mit ihren Entwicklungsstufen 1919/1945/1968 geschliffen und die Wissenschaft geistig verflacht werden. Der akademische Alltag soll durch Angst, Argwohn und Artigkeit beengt sein. Die Ablenkungs-Kultur soll auch auf dem Campus Vergessen bis zum Umfallen ‚bieten‘ – das ist das Gegenteil von „täglichem Genuß“. Aufklärung, demokratische Partizipation und Muße sollten eine Einheit bilden.

Wache Menschen in der Universität und in der Verfaßten Studierendenschaft wehren sich gegen die zentralen Angriffe des Rechtssenats auf die Hochschulen, dem folgsamen Büttel der Handelskammer. Doch auch in der Hochschule regen sich die scheinbaren Nutznießer rigider Wirtschaftspolitik.

Gegen die von manchen begrüßte Zerstückelung der Universität in konkurrierende Fakultäten tragen die Studierenden (und ihre Interessenvertretung AStA, Studierendenparlament, Fachschaftsräte) als die größte universitäre Gruppe eine besondere Verantwortung zum Erhalt und Ausbau der Hochschuldemokratie.

Wir, juso-hochschulgruppe und Liste LINKS, haben uns mit dem Fachschaftsbündnis zu den studentischen Wahlen für den Akademischen Senat zusammengeschlossen. Wir entwickeln in neuer Weise die gesellschaftskritische Kooperation als studentische Interessenrealisierung: Das unbedingte „Nein!“ gegen Studiengebühren, gegen die Zerschlagung der Universität, gegen Entwissenschaftlichung, Verschulung und wirtschaftskonforme Ausbildung – fein säuberlich getrennt nach Masse und Elite – sei verbunden mit dem Engagement für eine weitreichende, demokratische Hochschulreform als Teil gesamtgesellschaftlicher Veränderung.

Der Rückgriff auf Erkenntnisse und humanistische Maßstäbe der letzten 2.500 Jahre weitet den Blick und schafft Perspektive, daß die Menschheit sich in demokratischer und humanistischer Tätigkeit aus dem Status sozialer und vernunftfeindlicher Unmündigkeit befreie.

Die Dominanz der geilen Wirtschaft führt dagegen in die Barbarei. Nur die Republik der praktischen Vernunft ermöglicht die zukunftsfreudige Entwicklung der Menschen: sozial gleiche und politisch gleichermaßen mündige, engagierte Menschen, die sich verantwortlich für ihresgleichen begreifen und zum allgemeinen Nutzen über die öffentlichen Angelegenheiten reflektieren, beraten, entscheiden und so Nützliches realisieren. Bildung ist dafür zentral, um Einsicht und Erkenntnis und damit Motivation und Perspektive für gesellschaftlich verantwortliches Handeln zu schaffen – in Gegnerschaft zu Militarismus, Krieg und Rechtsextremismus, zu sozialer Bedrängung und politischer Einschränkung sowie zu den alltäglichen Bravheitsdogmen.

In der Republik der kritisch Lernenden ist der Mensch dem Menschen ein Freund.

Heureka – dafür kooperieren und kämpfen wir!

Die KandidatInnen
der Liste *E* / laufende Nr. *5* für die Wahl zum Akademischen Senat

HauptvertreterInnen und StellvertreterInnen

Olaf Walther
LINKS, Akademischer Senat (AS), Bundesverband studentische Kulturarbeit (BSK), Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi), PDS
Golnar Sepehrnia
JUSOS, AS, Studierendenparlament (StuPa), VVN/Bund der AntifaschistInnen, SPD

Christian Sauerbeck
FACHSCHAFTSBÜNDNIS (FSB), FSR Sinologie, Meta-FSR AAI, GeiWi-Fak-FSRe, Fachschaftsrätekonferenz (FSRK)
Kristian Glaser
LINKS, GEW, BdWi, PDS

Birgit Bachmayer
JUSOS, Ausschuß für Lehre und Studium (ALSt), FSR Sozialwissenschaften, Linke Gruppe ausländischer Studierender, SPD
Kerstin Fremder-Sauerbeck
FSB, FSRK-Referentin, FSR Ethnologie, GeiWi-Fak-FSRe, Fachbereichsrat (FBR) 09, Planungs- und Studienreformausschuß

Michael Schaaf
JUSOS, ALSt, Kuratorium des Instituts für Friedens- und Sicherheitsforschung an der Uni Hamburg, ver.di, SPD
Gunhild Berdal
LINKS, Linke Gruppe ausländischer Studierender, PDS (AG Frieden und weltweite Abrüstung)

Anja Post-Martens
LINKS, StuPa, ALSt, FSR Erziehungswissenschaft, PDS
Olga Fischer
FSB, Hochschulpolitische Referentin im AStA 2004, Politische Wissenschaft

Lorenz Gösta Beutin
FSB, AStA-HoPo-Referat 2004, FBR und ALSt FB 08, FSR Geschichte, GeiWi-Fak-FSRe, FSRK, ver.di
Jochen Rasch
JUSOS, AS-Haushaltsausschuß, GEW, SPD

Niels Kreller
JUSOS, FSRK-Referent, Jura, GEW, SPD
Till Petersen
LINKS, FSRK-Referent, FSR Erziehungswissenschaft, GEW, PDS (BAG Wissenschaftspolitik)

Saskia Mestern
LINKS, Linke Gruppe ausländischer Studierender, Politische Wissenschaft, GEW (Vorstand der Fachgruppe Hochschulen und Forschung), PDS (AG gegen Rechts)
Stefanie Meyer
FSB, Hochschulpolitische Referentin im AStA 2004, Kunstgeschichte

Jan (Rheinhold) Wischweh
FSB, FSRK-Referent, FSR Sozialwissenschaften, Informatik, BdWi
Tobias Berking
JUSOS, FSRK, FSR Chemie, ver.di, SPD

Rörd Hinrichsen
LINKS, FSR Geschichte, PDS (AG gegen Rechts)
Ayla Kiran
JUSOS, Geschichte, SPD

Malte Klingforth
LINKS, FSRK, FSR Geschichte, PDS (AG gegen Rechts)
Alexandra Jaeger
JUSOS, FSRK, FSR Geschichte, SPD

Ihno Goldenstein
FSB, FBR 08, Institutsrat und ALSt Historisches Seminar, FSR Geschichte, OE-Koordinator
Gunnar Zimmermann
Geschichte

Henning Henschel
FSRK, FSR Chemie
Félix Rufino López
VWL, Ex-WiWi-Aktionsgruppe

Luise Albers
JUSOS, Ev. Theologie, SPD
Carina Miriam Löhr
FSR Evangelische Theologie, FSRK

Hjalmar Rehberg
Medizin
Marek Pyko
Geschichte

Birthe D. Haak
Tarifinitiative der studentischen Beschäftigten (TarifIni), Archäologie, ver.di
Martin Solterbeck
JUSOS, Erziehungswissenschaft, SPD

Holger-Urs Rammelberg
FSR Chemie
Sonja Staack
JUSOS, Chemie, TarifIni, BdWi, ver.di, SPD

Steffen Kugler
LINKS, Politische Wissenschaft, PDS (AG gegen Rechts)
Timo Fischer
Hochschule für Musik und Theater

Björn Oellers
SJD – Die Falken
Ulrike Rosa Bracker
SJD – Die Falken, Erziehungswissenschaft

Ralf Heß
JUSOS, Geschichte, SPD
Kenan Mujkic
JUSOS, Physik, SPD

Nele Dunsing
Ex-FrauenLesbenRat, Politische Wissenschaft
Alice J. Otto
JUSOS, Romanistik, SPD

Dennis Lemke
JUSOS, Erziehungswiss., GEW, SPD
Viktor Altergott
JUSOS, Jura, SPD

Alf-Thomas Epstein
Nicaragua-Initiative der Uni, Lateinamerikastudien, Geschichte, ver.di, SPD
Tinta Schmieden
Geschichte, Volkskunde

Raoul Machalet
Politische Wissenschaft, BdWi, Zeitschrift für sozialistische Politik und Wissenschaft (spw), ver.di, SPD
Lilian Hatje
JUSOS, Politische Wissenschaft, SPD

Ekke Martin Wöhl
JUSOS, Politische Wissenschaft, SPD
Marco Sievers
SJD – Die Falken

Daniel Biesenbender
JUSOS, Politische Wissenschaft, SPD
Sebastian Mietzner
JUSOS, Jura, SPD

Frank Strutz-Pindor
JUSOS, Wirtschaftsrat der Verfaßten Studierendenschaft, SPD
Jan Greve
SPD

Joachim Weber
AG längere Zeit Studierende, Jura
Birger Tagge
Medizin

Roman-Raffaele Chirico
Mathematik, Marxistische Abendschule (MASCH), ver.di, PDS
Gerd Wnuck
Mathematik

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Tutti-Frutti ist rechts
oder
Die Verzweifelten tanzen zu ihren eigenen Ungunsten

„Millionen von unterernährten, korrumpierten, verzweifelt geilen, wütend vergnügungssüchtigen Männern und Frauen torkeln und taumeln dahin im Jazz-Delirium. Der Tanz wird zur Manie, zur idée fixe, zum Kult. Die Börse hüpft, die Minister wackeln, der Reichstag vollführt Kapriolen. Kriegskrüppel und Kriegsgewinnler, Filmstars und Prostituierte, pensionierte Monarchen (mit Fürstenabfindung) und pensionierte Studienräte (völlig unabgefunden) – alles wirft die Glieder in grausiger Euphorie.“

Klaus Mann, „Der Wendepunkt/ Ein Lebensbericht“, Viertes Kapitel „Unordnung und frühes Leid“ – 1923-1924, 1949, S. 125.

Menschen sind eine Ware – Frauen in besonderer Weise

Ehrgeizige Studenten laden – nicht ohne einen gewissen Sexismus – zur sogenannten Law Business Health Party ein. Sie fand im Audi Max der Universität statt. Das sei die „Party für Juristen, Wiwis und Mediziner“. Sie ist ein Marketingevent für die „Juraliste“, die „WiwiListe“ und die „Pferdestall GmbH“.

Saufen, Gedanken und Beine verrenken, Grölen, Abschleppen im Baßgedröhn... bis zum Abwinken – alles im zentralen Hörsaal der Uni.

Die „Juraliste“ und die „WiwiListe“ sind konservative studentische Wahlvereine an zwei konservativ dominierten Fachbereichen. Recht und Wirtschaft spielen (mehrheitlich) zur Zeit keine rühmliche Rolle in der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Listen wurden ins Leben gerufen, um unter dem Deckmantel der „sachorientierten Hochschulpolitik“ die Geschäftsentwicklung der „Pferdestall GmbH“ zu stärken und um emanzipatorische, demokratische, soziale sowie gesellschaftskritische Hochschulpolitik einzuschränken. Ihre mehr oder minder verborgene Weltanschauung ist wirtschaftskonform, sie sind orientiert am braven Studieren und am biederen Alltag einer umfassenden Anpassung an die Gegebenheiten. Aufklärung, Kritik, progressive Gestaltung der sozialen Verhältnisse geraten seitens dieser Konservativen in den Ruch der „Ideologie“. Dazu paßt – wie der Arsch auf den Eimer – die Kultur einer lärmenden Vergnügungsfreizeit, die den Verstand und die Möglichkeiten einer entfalteten Genußästhetik betäuben soll. Die Angleichung trägt häßliche Züge.

Sie, die opportunistischen Listen, sind die studentische Agenturen der Drägerpolitik an der Uni. Dazu gehört auch die gewollte Kommerzialisierung der Campus-Kultur.

Kultur ist eigentlich hingegen die genußvolle Souveränität der bewußten Sinne. Sie ist Erkenntnis, Kunstverständnis, die Ästhetik einer klugen solidarischen Lebensweise; sie ist kritisches Engagement gegen soziale Beschränkungen und die Dekadenz des Vergessens bzw. die taumelnde Konkurrenz. Sie beinhaltet allgemeine Menschenfreundlichkeit.

Das ist der Wert der Wachsamkeit.

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Merkeleien
Die CDU fährt am rechten Rand

„Aber auch in einem Wirtschaftssystem, in dem die Gier nach Geld die Hirne der Menschen zerfrisst, nimmt die Würde des einzelnen immer größeren Schaden und kommen immer mehr Menschen unter die Räder. In England bekommen Menschen, die älter sind als 80 Jahre, keine Bypassoperation, kein künstliches Hüftgelenk, und sie werden vom Dialyseapparat abgeschaltet, es sei denn, sie haben genügend private Finanzen, um dies finanzieren zu können. Diese Selektion nach Alter und Einkommen ist auch in Deutschland weit vorangeschritten und ist ein moralisches Desaster.“

Heiner Geissler, „Zurück zur sozialen Marktwirtschaft“, Kommentar in der „Financial Times Deutschland“, 2.12.'04, S. 26. Heiner Geissler war CDU-Generalsekretär und von 1982 bis 1985 Bundesminister für Familie und Gesundheit.

 

„Wir machen es grundlegend anders, damit es grundlegend besser wird.“

Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag in Düsseldorf – eine rechte Kampfansage an die amtierende Bundesregierung.

Zwei Stunden lang hat Angela Merkel (sogar) die Delegierten der CDU und die anwesenden Journalisten mit ihrer launigen und nationalistischen Abschlußrede malträtiert.

Die Leitidee der Suada heißt „Leistungspatriotismus“. Das ist der zähe dunkle Kitt für die sogenannte grundlegende Reformpolitik.

(Als Wende-Okkupierte ist sie stolz darauf, nunmehr von Deutschland reden zu dürfen, was ihr früher in der DDR verboten gewesen sei. Die Ärmste.)

Im Kern sind die konservativ gewollten „Reformen“ schnöde darauf zurückzuführen, daß die CDUCSU-Bagage die Zerstörung der Sozialsysteme noch erheblich heftiger betreiben will als die amtierende rot-grüne Zentralverwaltung der Bundesrepublik. Gesundheit, Bildung und Kultur sollen bis auf Kernelemente kommerzialisiert und privatisiert werden. Der rechte Kampf gilt darüber hinaus den Gewerkschaften und allen, welche sozialen Fortschritt vertreten.

Für das unvernünftige Erbringen von Opfern war schon immer der aggressive Nationalismus gut. Unter der ideologischen Beseitigung von gravierenden sozialen wie kulturellen Differenzen, wurde stets die Mehrheit der Bevölkerung drangsaliert und häufig in den Krieg getrieben.

Diese rechte Tradition reicht von der Bismarck'schen Reichsgründung über das Wilhelminische Kaiserreich bis in das faschistische Hitlerregime.

Die positive historische Zäsur von 1945 brachte das Grundgesetz mit dem Sozialstaatsgebot, der Sozialverpflichtung des Eigentums, das (mittlerweile stark eingeschränkte) Asylrecht, die rechtliche Gleichheit, die Abschaffung der Todesstrafe, das Verbot von Angriffskriegen (gegen das de facto verstoßen wird) und die Möglichkeit der Sozialisierung von Eigentum; ferner wurden die Mitbestimmung in Aufsichtsräten und Betrieben, die Sozialsysteme, bedarfsnahe Lohneinkommen, Arbeitszeitverkürzungen mit partiellem Lohnausgleich und die demokratisierende Hochschulreform erkämpft. Verbunden waren diese sozialen Auseinandersetzungen meist mit dem Engagement gegen Krieg und der Opposition gegen rechtsextreme und neofaschistische Kräfte bzw. Tendenzen in der Gesellschaft.

Das soll nun nach CDU-Art wieder alles anders werden. Zu diesem Zweck fährt die Kapitalpartei hart am rechten Rand. Dort ist der Abgrund nahe. Nur durch Gegensteuern kriegt die Republik die Kurve.

Kritische Aufmerksamkeit und Widerstand sind deshalb geboten.

„Michel! fürchte nichts und labe

Schon hienieden deinen Wanst,

Später liegen wir im Grabe

Wo du still verdauen kannst.“

Heinrich Heine, „Erleuchtung“.

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Gemeinsames Flugblatt von juso-hochschulgruppe und Liste LINKS

Nathan der Weise
oder
Erneut gegen drastische Vorurteile

„Tempelherr:
Der Aberglaub, mit dem wir aufgewachsen,
Verliert, auch wenn wir ihn erkennen, darum
Doch seine Macht nicht über uns. –Es sind
Nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten.“

G.E. Lessing, „Nathan der Weise“, 1779.

 

„Ich sage jetzt ganz bewußt, daß wir alle Integration als etwas viel zu Leichtes angesehen haben. Vor fünf Jahren bin ich noch massiv beschimpft worden, daß ich die Leute zwangsgermanisieren will. Aber wir müssen sagen, wer auf Dauer in Deutschland lebt, muß die deutsche Sprache lernen, er muß auch die Bereitschaft haben, sich in unsere Kultur, in unser Wertesystem zu integrieren, er muß unser Gesellschaftsmodell voll akzeptieren.“

Günther Beckstein, Innenminister, Bayern, 2004(!).

Zwischen Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) und Günther Beckstein (59 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus und 55 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes) bestehen so manche Unterschiede.

Der eine war Aufklärer und Humanist – leider viel zu früh verstorben – kurz vor der französischen Revolution von 1789, der andere war und ist Reaktionär, ideologischer Scharfmacher und entsprechend konsequenter Innenminister eines Bundeslandes.

Der einschlägige CSU-Recke ist einer der Mitbetreiber des anschwellenden konservativen Halali auf alle Errungenschaften der Moderne, der Demokratie, des sozialen Fortschritts und der Aufklärung – schlicht: der vernünftigen humanen Entwicklung.

Wer gern Kriege führen und den Polizeiknüppel schwingen läßt, wer den Sozialstaat schleifen will (siehe auch: O.v. Beust), die Arbeit„nehmer“ schlecht und gewollt zu tariflichem Freiwild erklärt, der, ja, der braucht die tradierten alten Sündenböcke für die massive Ablenkung von den progressiv änderbaren Übeln.

Die aktuellen Schandtiere (dunkle Muselmanen und kopftuchtragende Frauen) jagt er nicht mehr, mit allen Sünden beladen, in die Wüste, sondern in die Erwerbslosigkeit, die kulturelle Verachtung, in den Bibelunterricht, zum Deutschpauken und zum Schwur auf die Verfassung (von der, im Ernst, der stramme Konservative sowieso wenig hält!). Mit mystischem Trotz gegen Vernunft, Demokratie und soziale Rechte wird wieder die Nation in der wirtschaftlich-sozialen Krise polternd beschworen; Ordnung, Sauberkeit, Fleiß, Demut, Bescheidenheit, Fremdenhaß sollen wieder den klebrigen Kitt für gesellschaftliche Risse bilden. Dieser Vorgang bedroht alle. Daher sind auch alle gefordert, sich diesem Angriff zu stellen.

Vergewissern wir uns also lieber und dagegen der Aufklärung.

Sie bietet relevante Anhaltspunkte für Kritik und Opposition gegen die organisierte Unvernunft. Ein besseres Leben läßt sich somit erkennen und erstreiten.

Filmabend:
„Nathan der Weise“

ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen von
Gotthold Ephraim Lessing
(1729-1781)

in einer filmisch dokumentierten Aufführung
des Deutschen Theaters zu Berlin;
in der Hauptrolle Dieter Mann.

Mit einer kurzen Einführung in Wirken und Werk Lessings von Dr. Wolfgang Beutin, Literaturwissenschaftler, Dozent und Autor.

Freitag, den 17.12.2004, 19 Uhr,
im Café Paranoia,

Rm W 132 des Werkstattgebäudes der Erziehungswissenschaft, am Ende der Binderstraße

„Nathan der Weise“ ist seit 1945 ununterbrochen im Spielplan des Deutschen Theaters.

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Die zynische Normalität des Krieges

„Hat man bemerkt, daß gewisse Staatsmänner auf ihren Photographien nicht wissen, wohin mit den Händen? Sie scheinen das Gefühl zu haben, daß es von ihren Händen rötlich träufelt. Meistens verstecken sie diese unter einem Hut, und den halten sie quer über die Mitte des Körpers, was gleichfalls seinen Sinn haben dürfte.“

Heinrich Mann, „Das ewig Komische“, 1934.

Noch vier weitere Jahre soll die Besatzung des Irak nach der Auffassung des US-Kriegsministers Donald Rumsfeld dauern. Als einer der wenigen der Bush-Regierung darf Rumsfeld – überzeugter Imperialist und politisch Hauptverantwortlicher für Folter und Kriegsverbrechen – seinen Posten behalten. Sein wichtigstes Ziel für die kommende Amtszeit: die „Befriedung des Irak“. Das will er vor allem durch eine Erhöhung der Zahl der US-Soldaten von 138 000 auf 150 000, weitere Militäraktionen wie in der Stadt Falludscha und die Inszenierung einer Parlamentswahl zur Legitimation der Besatzung im Januar erreichen.

Mit friedlicher Zivilisation hat das nichts zu tun: im November gab es die meisten toten US-Soldaten seit Anfang des Krieges, die Gewalt greift immer weiter um sich, Falludscha und andere Städte sind nach wie vor heiß umkämpft und die Bevölkerung ist weitgehend ohne Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, Wasser und Strom. Folterungen und Mißhandlungen von Gefangenen gehen weiter. Selbst die eigenen Geheimdienste weisen schon lange auf die Gefahr einer weiteren Eskalation der Lage hin; der CIA-Chef im Irak, der neulich ein Jahr lang durch das Land gereist ist, warnt davor, daß die Situation entgleisen und sich auf absehbare Zeit nicht wieder stabilisieren könne. Doch dafür sind wiederum die aufgestockten Besatzungstruppen da, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen...

Dieser Teufelskreis von Gewalt und Angst hat System. „Shock and awe“ – die Strategie des Einschüchterns und Gefügigmachens – gibt es nicht erst seit den Bombenangriffen auf Bagdad im März 2003. Schon 1998 entwickelten die neokonservativen Washingtoner „Falken“ um Dick Cheney, Paul Wolfowitz & Co. das „Projekt des neuen amerikanischen Jahrhunderts“, in dem sie ihre Strategie darlegten, nach der nunmehr beendeten Systemkonkurrenz ohne Rücksicht auf andere Staaten oder die UNO die Welt beherrschen zu wollen. Erst der „11. September“ lieferte die willkommene Rechtfertigung dafür, eine „Achse des Bösen“ auszumachen, eine „Koalition der Willigen“ zu schmieden und loszuschlagen. „Wer nicht für uns ist, ist für die Terroristen“ drohte Kriegspräsident Bush und wollte damit Kritik, Einsicht in die Ursachen und Widerstand mit ideologischem und machtpolitischem Druck im Keim ersticken und Krieg zur zynischen Normalität erklären.

Doch die weltweite Friedensbewegung und eine große Mehrheit der Weltbevölkerung haben gezeigt, daß sie nicht bereit sind zu akzeptieren, daß Unterordnung, Konkurrenz und Krieg maßgeblich für die Entwicklung der Menschheit sein sollen. Den „Krieg gegen den Terror“ können nur die Rüstungskonzerne, rechtskonservative Politiker und die Ölindustrie gewinnen. Durch Frieden können alle anderen Menschen gewinnen, wenn die Forderungen – Abzug der Truppen, Wiederaufbau auf Kosten der Kriegsherren, soziale Entwicklung und politische Souveränität des Irak – mit Nachdruck immer wieder durch die internationale Friedensbewegung auf die politische Tagesordnung gesetzt werden und internationale Solidarität zum Maßstab eines widerständigen Alltags gemacht wird. Vollständige Abrüstung, zivile Konfliktregulierung, soziale Gleichheit, humanistische Bildung sowie demokratische und kulturelle Entfaltung sind lohnenswerte Ziele der Mehrheit aller Bevölkerungen.

Vier weitere Jahre Besatzung sind vier zu viel. Und Mr. Bush hat mindestens ein Problem: nach seiner Wiederwahl ist er auf die (politische) Akzeptanz und die (militärische) Unterstützung anderer Staaten im Irak angewiesen. Sinnvoll und vernünftig ist, daß er damit nicht durchkommt. Humanitäre, demokratische und zivilisierende Maßnahmen müssen Vorrang erhalten.

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Geiz ist ungeil
oder
Etwas Besseres als Not wird sich schon irgendwie finden

„Der Neoliberalismus ersetzt die Sozialstaatlichkeit und damit den Anspruch einer umfassenden Daseinsvorsorge des Staates für seine Bürger durch institutionalisierte Armenpflege, denn soziale Gerechtigkeit oder Maximierung der Bedürfnisbefriedigung sind keine mit der spontanen Ordnung kompatiblen Zwecke.“

Herbert Schui, „Neoliberalismus – Der Versuch, die Konzentration von Einkommen und Vermögen zu legitimieren“, in: „Geld ist genug da/Reichtum in Deutschland“, 1997, S. 118.

 

„Keine Gesellschaft kann auf Dauer bestehen, wenn sie dem Reichtum einiger weniger Vorrang gegenüber der Armut der Mehrheit gibt.“

Peter Ustinov, „Der Markt frißt seine Kinder“, 1997.

Der Verbraucher als solcher kränkelt durch merkwürdige Neigungen: „Als Volumenhersteller leidet VW besonders unter der Konsumzurückhaltung in Deutschland.“ (FAZ, 15.12.'04)

Alle, die mit mehr oder weniger Volumen als VW herstellen, werden ihren Kram immer schwieriger los; der Konsument hat „Konsumzurückhaltung“. Das ist wie Verstopfung, Höhenangst oder diese merkwürdige Mischung aus Peinbeklemmung, Ärgeraufwallung und Lachschütteln bei Merkel-Reden.

Was ist bloß los mit und in „Deutschland“?

Eindeutig: wir haben zu wenig „Ruck“ und zu wenig „Patriotismus“ im Leibe; uns fehlen Glaube, Leistungswille, Lohnverzicht, Kauflust, glänzende Augen und Aufopferungsbereitschaft.

Nun steht Weihnachten vor der Tür.

Selbst im „SPIEGEL“ wird zugegeben: „Die Reichen hierzulande werden ständig reicher, die Armen ärmer.“ (Drumherum werden 14 Seiten über „Konsumzurückhaltung“ geschrieben.) Porsche verkauft sich gut, VW und Opel schlechter. Da staunt der Laie und der Fachmann weiß auch keinen Rat.

Wie gesagt, Weihnachten steht vor der Tür. Ein Fest mit eingebautem Harmonie- und Geschenk- bzw. Einkaufsgebot. Je mehr Vermögen – im doppelten Wortsinn – und Neigung dazu fehlen, desto mehr wird gegen den legitimen Argwohn der Propagandadruck durch schreiende Reklame, drängende Familienworte und willige Lohnschreiber erhöht. Auch Bundespräsident und Bundeskanzler dürfen hier nicht fehlen.

Der Argwohn hat aber recht: Sing-Sang-Pling-Plang, vulgär süßlicher Glühweinduft, flirrende Lichter, knarrende Patriotismusworte und die bemüht heiteren Verheißungen des Warenzirkus' können schwerlich darüber hinwegtäuschen, daß die Welt nicht so ganz in Ordnung ist. Bedacht eigenwillige Ablehnung ist hier angemessen.

Ein souveräner Abstand zu den aktuellen Geboten der Verwirrung, gedankenvolle Muße für ein paar Tage und ordnende Überlegungen für die mögliche kritischere Gestaltung der eigenen Bedingungen entgegen den Zumutungen dieser Zeit mögen förderlich sein, die Feiertage und ihr Drumherum halbwegs vernünftig und menschlich zu durchschreiten.

Geiz ist ungeil.

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1. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005

Solidarisch und selbstbewußt gegen staatlichen Dirigismus
Zum neuen „Fakultätengesetz“

„Es ist leichter, selbst hartherzige Menschen zu Tränen zu rühren, als um Sympathie für Studenten zu werben oder Philister zu veranlassen, bei der Rettung alter Kulturdenkmäler zu helfen.“

Peter Ustinov, „Dear Me“, Erinnerungen, 1990, S.350.

Zivile Courage, demokratisches Engagement und wissenschaftliche Kooperation bilden erfahrungsgemäß den Ausgangspunkt jeder vernünftiger Universitätsreform bzw. entsprechender Debatten und Aktivitäten.

Insbesondere seit den späten sechziger Jahren – auch in Schlußfolgerung aus der historischen Mitverantwortung der deutschen Hochschulen für die faschistischen Verbrechen und die Planung sowie die Ermöglichung des Zweiten Weltkrieges – bilden Transparenz und produktiver Meinungsstreit, gleichberechtigte Kooperation der wissenschaftlich Tätigen, soziale Offenheit und der allgemeine Nutzen kritischer Erkenntnisse die egalitären entwicklungsleitenden Maßstäbe der akademischen Kultur.

Dieser Orientierung der Wissenschaft und ihrer verantwortungsbewußten Praxis widerspricht die Politik der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit fortwährend:

Durch die fiskalischen Eingriffe und administrativen Verordnungen der Wissenschaftsbehörde werden Möglichkeiten demokratischen Zusammenwirkens, der Erhalt und Ausbau gesellschaftlich relevanter Fächer(gruppen) sowie die soziale Offenheit der Universität massiv beeinträchtigt. Realen gesellschaftlichen Erfordernissen kritischer Erkenntnis entgegen wird die empfindliche Reduzierung der sprach-, geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächer verlangt, das Studienplatzangebot vermindert und dirigistisch auf die wissenschaftliche Vereinseitigung der Universität zu kurzfristig wirtschaftlich verwertbarer Forschung und Berufsausbildung hingewirkt.

Der kürzlich vorgelegte Entwurf für eine Neuordnung des Hamburgischen Hochschulgesetzes („Fakultätsgesetz“-Entwurf) zielt in diesem Rahmen auf die Separierung der Universitätsgliederungen und die Isolation ihrer Mitglieder. Verschärfte Konkurrenz und Entsolidarisierung sind so Zweck und Mittel, die – nach allgemein gültigen vernünftigen Maßstäben falsche – Anpassung von Lehre, Studium, Forschung und Selbstverwaltung an partikulare ökonomische Interessen durchzusetzen. Willkürliche Auswahl der Studierenden beim Hochschulzugang, die bis zu Verboten gereifte Absage an gruppen-demokratische Selbstverwaltung und ihre nochmals verschärfte Ersetzung durch wissenschaftsferne „Managementstrukturen“ sowie die strukturelle Trennung von Forschung, Lehre, Studium und Selbstverwaltung sollen alle zu Getriebenen machen.

Die Atomisierung der Universität, die Entsolidarisierung ihrer Mitglieder und die systematische Anti-Vernunft der Senatspolitik sind umfassend in Frage zu stellen. Dagegen ist sich des gemeinsamen Interesses einer humanistischen Entwicklung – auch der Wissenschaften – zu vergewissern und die vernünftige Verständigung als Grundlage für die gemeinsame Verbesserung der sozialen Lage zu verwirklichen. So kann den Bedrängungen durch den Senat souverän begegnet werden. Die kooperative Erarbeitung von sinnvollen Aufgaben, aufklärerischen Inhalten und beteiligungsorientierten Organisationsstrukturen von Bildung und Wissenschaft sowie die gemeinsame Reflexion gesellschaftlicher Herausforderungen in den Hochschulen sind hierfür neu zu fundieren und zu erstreiten.

In der Auseinandersetzung mit dem „Fakultätsgesetz“ muß dies heißen:

- Die gleichberechtigte Kooperation der in Forschung, Lehre, Studium und Selbstverwaltung Tätigen ist unbedingt zu verteidigen und auszubauen. Nur durch diese bewußt gestaltete egalitäre Einheit kann der demokratische sowie kritische Bezug der Wissenschaft auf gesellschaftliche Probleme mit dem Ziel allgemeiner sozialer Wohlfahrt mehr und mehr erreicht werden.

- Die institutionelle Einheit der Universität als gemeinsame Einrichtung der Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften ist dabei notwendige Bedingung, um auf dem entwickelten Niveau einer widersprüchlichen Zivilisation und komplexer gesellschaftlicher Arbeitsteilung zu fortschrittlichen Erkenntnissen und entsprechenden Handlungsergebnissen zu gelangen. Zugleich ist dieser Zusammenhang Ausdruck und Voraussetzung des Anspruchs auf umfassende und allseitige Entwicklung mündiger Menschen. In Verbindung mit diesen humanistischen Maßstäben muß die fächerunabhängige Kooperation inhaltlich fundiert und erweitert werden.

- Eine weitere und gründliche soziale Öffnung der Hochschul- und Bildungswesens bleibt unabwendbare gesellschaftliche Notwendigkeit. Sie ist die Alternative zu den devotionsgebietenden Auswahlverfahren.

 

Solidarität und der Maßstab allgemeiner Nützlichkeit des eigenen Tuns bilden die Grundlage für die Überschreitung der individuellen Bedrängung und eröffnen die erweiterte Perspektive gemeinsamer positiver gesellschaftlicher Veränderungen.

Es bleibt dabei: Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?

Wider die Wirrnis
Wir und die anderen

Sortierende Anmerkungen zu allen kandidierenden Listen

Die Alternative zur Angst
Wir über uns

Kurze Selbstdarstellung

Die KandidatInnen zur SP-Wahl

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Gemeinsames Flugblatt von harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS

Neues aus der „Pony-Bar“
Gegen das Stiften von gezielter Verwirrung

„TOP Fragen an das Präsidium
(...)
2. der Präsident weist zu den vorab schriftlich eingereichten Fragen von Herrn Walther und Frau Sepehrnia darauf hin, dass
- die Bereitstellung von öffentlich geförderten Arbeitsgelegenheiten im Rahmen von ‚Hartz IV‘, sog. 1-E-Jobs für Langzeitarbeitslose, zurzeit mit den Personalräten der Universität abgestimmt werde. Er sehe dadurch keine Gefährdung in Bezug auf einen Ersatz/Abbau der in der Universität vorhandenen Arbeitsplätze. Auf Nachfrage von Herrn Walther hält der Präsident für möglich, die Abstimmungsergebnisse im Akademischen Senat zu erörtern.
- Vizepräsident Prof. Dr. Fischer und Kanzler Nettekoven den Beteiligten der ‚Pferdestall-Initiative‘ dargelegt haben, dass die Universität größten Wert darauf lege, dass die Kandidaturen zu studentischen Gremien nicht mit Funktionen bzw. Aktivitäten der ‚Pferdestall-GmbH‘ verbunden werden.

Niederschrift der Sitzung des Akademischen Senats vom 16.12.'04.

An dieser Stelle – und auch andernorts nicht – soll keinesfalls für die Gehorsamkeit gegenüber dem Uni-Präsidium votiert werden.

Wenn allerdings etwas Vernünftiges gesagt respektive unternommen wird, dann soll in den meisten Fällen davon berichtet und positiv darauf Bezug genommen werden.

Das Präsidium will – auf seine Art – „Campusbelebung“ und Imagepflege; die Mägde und Knechte der „Pferdestall-GmbH“ wollen – auf ihre Art – „fun“ und so und soziale Absicherung. Über die relativ neu eingerichtete „Marketing-GmbH“ der Uni reichen beide sich die Hand. So weit, so schlecht.

Da die Buben und Mädels vom „Pferdestall“ es etwas zu weit mit dem Wahlmarketing getrieben und auf das Gaspedal gedrückt haben, tritt das Präsidium ein wenig auf die Bremse. So stark, so gut.

Im Zentrum der Betriebsgründung, des studentischen Start up auf dem Campus steht das „Kulturkombinat“. Dazu sind vorrangig die konservativen Wahlvereine „Jura-Liste“ und „Wiwi-Liste“ gruppiert. (Diese Trias hat am 3.12. im Audimax eine sogenannte Law-Business-Health-Paty als Aufreiß-Event zur Wahlwerbung und – möglicherweise – zur Aufbesserung der Wahlwerbekasse organisiert.)

Die dazugehörige „Mediziner(Fachschafts)Liste“ beginnt sich ein wenig zu emanzipieren, bleibt aber fachbereichsborniert.

Die Listen „Mathematik, Informatik, Natur- und Geowissenschaften MIN“, „Sprach- und Geisteswissenschaften“, „Liste Erziehungswissenschaften“ (diese mit kleiner Eigenständigkeit) gehören ebenso dem Ensemble der Werbung für die Betriebsgründung an. Stimmung für Stimmensammeln für unternehmerische Selbstbehauptung..., auf der Basis der Fakultätenkonkurrenz.

Studentische Interessenvertretung ist das nicht, sondern der aufklärungsfeindliche und gegendemokratische Mißbrauch der Verfaßten Studierendenschaft.

Die Angriffe des rechten Senats auf die (halbwegs) demokratische Massenuniversität und die engagiert auszubauenden Ansätze des „Bildung für Alle“ bedürfen der gedankenreichen Opposition gegen die zunehmende Kommerzialisierung des gesellschaftlichen Lebens und der Hochschulen. Das ist aktuell wie perspektivisch der beste Sinn und der vernünftigste Zweck studentischer Interessenvertretung.

Deshalb: Kommilitoninnen und Kommilitonen – nehmt Abstand vom Betrug!

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Harmonie?
Über ein kulturelles Phänomen

„Die Retrowelle ist bei den fünfziger Jahren angekommen. Unübersehbar. Schon seit einem Jahrzehnt hangeln sich die Modemacher und die Designer durch die Vergangenheit. (...)

Aber es war eben nicht nur die Zeit der weitschwingenden Petticoats, der ersten Braun-Musikanlagen für zu Hause, den sogenannten Schneewittchensärgen: Die Fünfziger waren in Deutschland auch ein muffiges Jahrzehnt.“

„Kultur SPIEGEL“, „Alles auf Anfang“, Heft 1/Januar 2005, S. 10.

 

„Ich glaube, der Mensch ist am Ende ein so freies Wesen, daß ihm das Recht, zu sein, was er glaubt zu sein, nicht streitig gemacht werden kann.“ (745)

Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft L – 1796-1799.

Die Welt ist hart, das füttert die Fluchtgedanken. Sie wandern bis in „ein muffiges Jahrzehnt“.

Die fünfziger Jahre waren das entscheidende Jahrzehnt der kapitalistischen Restauration von Wirtschafts- und Sozialordnung in der gerade gegründeten Bundesrepublik (1949) nach der Befreiung vom Faschismus durch die Anti-Hitler-Koalition (USA, UDSSR, England) von 1945.

Sie waren die Dekade des strengen CDU-Staates Adenauerscher Prägung mit dem Wiedereinsatz alter Eliten in Wirtschaft, Justiz, Politik, Militär und Wissenschaft; mit Westanbindung, Wiederbewaffnung und KPD-Verbot.

Sie waren die Zeit der normativen Sekundärtugenden Ordnung, Fleiß, Pünktlichkeit und Sauberkeit, über die Oskar Lafontaine in einer bissigen Entgegnung auf Helmut Schmidt einmal bemerkt hat, mit ihnen ließe sich auch ein KZ leiten. (Er hat sich später dafür entschuldigt.)

Nach Krieg und beginnendem Wiederaufbau sollte wieder für das Bruttosozialprodukt in die Hände gespuckt werden. Die bösen Jahre vorher lagen unter einem harten Tabu des Vergessens.

Für die kulturelle Harmonie hatten Heimatfilme und Schlager zu sorgen. In der privaten Sphäre sorgten die kluge Hausfrau (mit „Dr. Oetker“ und so), Gummibaum und Nierentisch für die sprichwörtliche Gemüt-lichkeit.

(Gleichwohl sollte nicht vergessen werden, daß in den Fünfzigern auch die Montanmitbestimmung erkämpft wurde und daß die Sozialstaatlichkeit, die Verpflichtung des Eigentums zum Allgemeinwohl und das Verbot von Angriffskriegen in das Grundgesetz geschrieben worden sind.)

Das Comeback der Fünfziger in Outfit, innenräumlichen Gestaltungselementen und entsprechend biederer Haltung nimmt positiven Rückgriff auf dieses Jahrzehnts des Verdrängens. (Siehe auch: „Pony Bar“)

Was soll das Ganze? Die Welt ist hart, das füttert die Fluchtgedanken. Das eigenständige Begreifen der sozialen Verhältnisse und ihre allgemein nützliche Gestaltung ist flüchtend nicht möglich.

Flucht ist eine gehetzte Bewegung. Eher sollte ein bewußter Bezug auf die Gegenwart sowie die kritische Distanz zu den bieder machenden Elementen der bundesrepublikanischen Gründerjahre entwickelt werden. Das Befolgen des Harmoniegebots erzeugt Betäubung.

Es gibt Besseres zu tun.

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Armut ist die Katastrophe

Würde des Menschen
Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen;
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst.“

Friedrich Schiller

Wenn Menschen hungers an den Strand hetzen, um die durch die erste Flutwelle herangespülten Fische einzusammeln, dann ist die nächste Tsunami-Welle der Grund dafür, daß sie ins Meer gezogen werden – die behebbare Ursache ihres vermeidbaren Todes liegt aber in ihrem sozialen Elend. (Im Unterschied dazu hat das Industrieland Japan ein aufwendiges Frühwarnsystem.)

Südostasien ist eine in Unterentwicklung gehaltene Region. IWF und Weltbank verteilen gnädig Kredite gegen politische Auflagen, die den Großunternehmen der Welt die Tore öffnen. Die Menschen in den Fabriken erhalten Almosen als Lohn und arbeiten unter inhumanen Arbeitsbedingungen. Die so herausgepreßten Gewinne gehen nicht einmal in die jeweilige Volkswirtschaft ein, sondern werden in die „westlichen“ Konzernzentralen zurück- und an die glückseligen Großaktionäre weitergegeben.

In Südostasien regieren oder regierten Diktaturen – aufgebaut, gestützt und angeleitet von der CIA -, die den Krieg gegen die eigene Bevölkerung, Angst und Hoffnungslosigkeit verbreiten. Bürgerkriege rivalisierender Mafia-Fraktionen oder der religiös, ethnisch oder sonstwie verbrämte Kleinkrieg von Regionalfürsten sind jahrzehntelanger Alltag. Auf dieser Grundlage können sich weder Industrie noch soziale Wohlfahrt entwickeln. Die Infrastruktur wird wesentlich nur aufgebaut, damit die Bevölkerung sich für den Tourismus von großen Reiseveranstaltern und internationalen Hotelketten vielfältig verdingen kann.

Gerhard Berz, Georisikoforscher bei der Münchner Rück, dem weltgrößten Rückversicherungskonzern: „Ich würde gefühlsmäßig sagen, daß der wirtschaftliche Schaden (durch den Tsunami) deutlich im zweistelligen Milliardenbereich liegt.“ (FAZ, 29.12.'04.) Für sich rechnet die Münchner Rück mit einem Tsunami-Schaden von schätzungsweise 100 Millionen Euro, was den erwarteten Rekordgewinn für 2004 von 1,8 Milliarden Euro nicht beeinträchtigen werde. In den Küstengebieten der betroffenen Länder seien wenig Versicherungen abgeschlossen worden, so die zahlenzynische Rechnung der Versicherer. Jan Egeland, UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten, hat im Zusammenhang mit der Lage in Südostasien kritisch darauf hingewiesen, daß die USA, deren Präsident unbeeindruckt von der Krise beschwichtigende Worte aus seinem Weihnachtsurlaub abgibt, mit 0,14 Prozent Entwicklungshilfe (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) den letzten Platz unter den Industrienationen einnehmen. Allein Indonesien hat dagegen Auslandsschulden in Höhe von 70 Milliarden Euro.

Die zerstörte Region braucht schnelle und umfassende humanitäre Hilfe unter der Aufsicht der UN, vor allem mit Medikamenten, Trinkwasser und Ernährung – für hunderttausende Menschen auf Monate hinaus. Das Militär sowie Versicherungs-, Touristik- und andere Wirtschaftsagenten sind dabei hinderlich. Die ärmsten Länder müssen aus der Schuldenfalle gänzlich und bedingungslos befreit werden und durch die UN ausreichend Mittel zur industriellen und infrastrukturellen Entwicklung ohne politische Bedingungen (der neoliberalen Doktrin) erhalten. Das ist die Voraussetzung für eine menschenwürdige Perspektive in demokratischer Selbstverwaltung.

Was ist ein Seebeben gegen die Erschütterungen der Aktienkurse in der Wall Street? Was kann die Wucht eines Windsturms gegen Beton und die Kunst der stabilen Architektur ausrichten? Wie langsam sind Springfluten gegenüber der Blitzesschnelle der Telekommunikation?

Mit der Armut wird die größte Katastrophe beseitigt.

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2. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005

Was ist „die“ Wirtschaft?

„Die Geschäftsaussichten der deutschen Wirtschaft sind ausgezeichnet. Wir haben die Stagnation der vergangenen Jahre überwunden und unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit ausgebaut. Deutsche Produkte sind weltweit begehrt wie kaum zuvor. ‚Made in Germany‘ ist und bleibt ein Markenzeichen und ein Verkaufsschlager auf dem Weltmarkt.“

Gerhard Schröder, „Die deutsche Wirtschaft ist leistungsfähig“, „Handelsblatt“, 30. Dezember 2004.

 

„Wenn der (Aufschwung) ausbleibt, liegt das zum einen daran, dass die Deutschen einem reformerischen Selbstverständnis folgen, das wie nirgends und nie zuvor auf Entbehrung setzt: 2005 wird an den Renten, der Sozial- und Arbeitslosenhilfe geknapst; Kinderlose müssen mehr in die Pflegeversicherung zahlen, Raucher mehr Tabaksteuer und Arbeitnehmer ihre Zahnkronen und Brücken ab Juli selbst versichern. Da die Löhne kaum steigen, werden die verfügbaren Einkommen am Ende kaum höher liegen als 2004. Bonjour Tristesse.“

Thomas Fricke, „Neues Jahr – neue Baustelle“, „Financial Times Deutschland“, 30. Dezember 2004.

„Um des erzielten Resultats nicht verlustig zu gehen, um die Früchte der Zivilisation nicht zu verlieren,  sind die Menschen gezwungen, von dem Augenblick an, wo die Art und Weise  ihres Verkehrs  den erworbenen Produktivkräften nicht mehr entspricht, alle ihre überkommenen Gesellschaftsformen  zu ändern.“ Karl Marx, Brief an P. W. Annenkow, 1846

Wer hat Angst vorm bösen Wolf?

Was ist „die“ Wirtschaft?

Das sind plump agitierende Verbandsfunktionäre (Rogowski, Dreyer); mehr im Stillen Geld häufende und zählende Großaktionäre der soundsovielten Generation (Schickedanz, Quand); reiche Privatleute mit negativ spektakulärer Familienvergangenheit (Thurn und Taxis, Flick); wohlbestallte, feuernde und manchmal gefeuerte, oberste leitende Angestellte (Manager) – das sind technische Kennzahlen von Aktienkursen, Gewinnmargen und Exportüberschüssen.

Der Kanzler ist ein weiser Mann, er stellt eine „leistungskräftige deutsche Wirtschaft“ fest. Teutonien ist „Exportweltmeister“.

Wem nützt es? Siehe oben.

„Hartz IV soll drei Millionen Arbeitslose motivieren“. (FAZ, 3.1.2005)

Hartz IV bedeutet, (nicht nur) die Erwerbslosen politisch unter Druck zu setzen, sie materiell einzuschränken, sie kulturell zu degradieren; das bedeutet auch, sie für die negativen Folgen der gesellschaftlichen Eigentumsverhältnisse und die Misere einer grob verfehlten Wirtschafts-, Sozial- und Steuerpolitik als Sündenbock verantwortlich zu machen.

Der Kapitalismus ist eine seit ca. 200 Jahren existierende Gesellschaftsordnung, durch die die menschliche Industrialisierung hervorgebracht worden ist. Spätestens mit den zwei brutalen Weltkriegen des zwanzigsten Jahrhunderts ist deutlich geworden, daß mittlerweile der private Besitz der zentralen Mittel und Quellen des gesellschaftlichen Reichtums und der Profit als Treibstoff der allgemeinen Entwicklung zerstörerisch und hemmend wirken für das Wohlbefinden der Mehrheit der Menschen.

Immer wieder neue kollektive Anstrengungen – geistiger und politischer Art – haben dazu geführt, Ausbeutung, Konkurrenz und Entfremdung einzuschränken, zu regulieren oder gar – zeitweilig – zu überwinden.

Gesellschaftlich sinnvolle Arbeit, Bildung, Kultur und Gesundheit für Alle, demokratische Partizipation in allen gesellschaftlichen Bereichen und ein rationales Austauschverhältnis mit der Natur stehen nach wie vor auf einer vernünftigen Agenda der Menschheit.

Diese Aufgaben ergeben auch einen orientierenden Sinn für die zufriedenstellende Entwicklung der Wissenschaften.

Damit hätte auch die Verfaßte Studierendenschaft gut zu tun.

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Friedenswissenschaft:
Neugierig auf Veränderung

„In Wirklichkeit ruft unsere eigene Aufrüstung in anderen Ländern jene Situation hervor, mit der die Anhänger unserer Rüstung ihr Programm zu begründen suchen.“

(Albert Einstein in einer Rede in New York am 27. 4. 1948)

Als im April 1957 angesichts des sich verschärfenden Gegensatzes zwischen den Systemen in Ost und West 18 Naturwissenschaftler, darunter Otto Hahn, Werner Heisenberg und Carl Friedrich v. Weizsäcker, in der sogenannten „Göttinger Erklärung“ vor der atomaren Bewaffnung der Bundesrepublik warnten und erklärten, sie selbst wären nicht bereit, sich an der Herstellung, Erprobung oder am Einsatz von Atomwaffen zu beteiligen, war dies ein ungeheurer Vorgang. Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß tobte angesichts dieser Parteinahme für die Friedensbewegung, und Bundeskanzler Adenauer, der kurz zuvor noch Atomwaffen als „nichts weiter als die Weiterentwicklung der Artillerie“ bezeichnet hatte, mußte daraufhin einlenken und sich öffentlich für weltweite atomare Abrüstung aussprechen.

Für viele der 18 Wissenschaftler war der Schritt, sich an der politischen Debatte zu beteiligen, eine Konsequenz aus ihrer eigenen Tätigkeit während des Zweiten Weltkrieges. Unter faschistischem Kommando hatten sie – zum Glück erfolglos – die zivile wie militärische Nutzung der Atomenergie erforscht. Mit Entsetzen nahmen sie 1945 die unmenschlichen Auswirkungen der ersten Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki zur Kenntnis. Die Ideologie von der unpolitischen Wissenschaft war erschüttert wie nie zuvor.

Und dennoch ist der teuflische Pakt zwischen Wissenschaftlern, die sich um Fakten, Formeln und Meßmethoden kümmern und die Entscheidung über die gesellschaftlichen Zwecke, Ziele und Nutzanwendungen ihrer Forschungen anderen überlassen, und denjenigen, die wissenschaftliche Tätigkeit auf die unmittelbaren Zwecke profitabler Interessen und Machtpolitik hart beschränken und deformieren, weiterhin und gegen die historischen Lehren wirksam. Auch heute bedeutet das Krieg und Unterentwicklung für große Teile der Menschheit.

Einer derjenigen, die diesen Selbstverkauf nie akzeptierten, war Albert Einstein, dessen Todestag sich 2005 zum fünfzigsten Mal jährt. Aus Angst vor einer deutschen Atombombe selbst einer der Initiatoren des US-amerikanischen Atombombenprogramms, setzte er sich nach dem Zweiten Weltkrieg als Teil der weltweiten Friedensbewegung für vollständige Abrüstung, Entmilitarisierung und soziale Entwicklung ein. Auf die Frage, was ihn zu seiner wissenschaftlich-politischen Tätigkeit befähige, erklärte er in einem Brief 1952: „Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig.“ – Die Neugier, zu erkennen, wie die gesellschaftlichen Verhältnisse menschlicher zu gestalten sind, und der Mut, diese Erkenntnisse zu verbreiten, sind es, die einen Menschen zum Wissenschaftler und einen Wissenschaftler zum Menschen machen. Derart verbindliche Erkenntnis ist bewegend für ihre solidarische Realisierung.

Die Universität Hamburg besetzt in diesen Tagen die neu geschaffene, bundesweit erste und nach Carl Friedrich v. Weizsäcker benannte Professur für „Naturwissenschaft und Friedensforschung“. Von der Besetzung und zukünftigen Arbeit dieser Professur wird mit abhängen, inwieweit der Anspruch nach humanistischer Erkenntnis und friedensengagierter Aufklärung in der Universität verankert werden kann. Deshalb rufen wir auf, sich an den Anhörungen der Bewerber für diese Professur am 6. und 7. Januar zu beteiligen (siehe Kasten vorne).

Bewerbungsvorträge für die Carl Friedrich v. Weizsäcker-Professur „Naturwissenschaft und Friedensforschung“, Fachbereich Chemie (Martin-Luther-King-Platz 6), Nordflügel der Bibliothek
Donnerstag, 6. Januar:
- 09:30 Uhr, Jürgen Altmann, Essen: „Akustisch-seismischer Nachweis von Raketenstarts für die kooperative Frühwarnung vor Nuklearangriff“
- 10:30 Uhr, Martin Kalinowski, Wien: „Messung von atmosphärischer Radioaktivität zur Verifikation von Rüstungskontrollabkommen“
- 11:40 Uhr, Götz Neuneck, Hamburg: „Weltraumbewaffnung und die Möglichkeiten präventiver Rüstungskontrolle“
- 12:40 Uhr, Annette Scharper, Frankfurt: „Nukleare Transparenz – die Voraussetzung für weitere Abrüstung“
Freitag, 7. Januar:
- 09:30 Uhr, Jan van Aken, Hamburg: „Neue Ansätze zur Verifikation des Biowaffen-Übereinkommens“
- 10:30 Uhr, Jürgen Scheffran, Berlin: „Raketen, Abwehr, Weltraumrüstung – Technische Faktoren und Möglichkeiten der Rüstungskontrolle im Weltraum“
- 11:40 Uhr, Wolfgang Liebert, Darmstadt: „Präventive Vermeidung von Proliferationsgefahren und der Umgang mit kernwaffenrelevanten Materialien“

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3. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005

Blut, Öl und Heuchelei

„Diejenigen, die den Slogan ‚Kein Blut für Öl‘ für unästhetisch, simpel und ökonomistisch-verkürzt halten, müssen nach der Wahl (in den USA) zur Kenntnis nehmen, dass es sehr wohl ums Öl geht. Den Kriegsgrund der Zerstörung von bedrohlichen Massenvernichtungswaffen haben die Waffeninspektoren der US-Armee widerrufen müssen. Der andere, eigentlich edlere Grund, nämlich den Irakern nach der Entmachtung von Saddam die Demokratie bringen zu wollen, entlarvt sich als bluttriefender Zynismus. Die Aussage, einen vorbildlichen Staat für die gesamte arabische Welt im Irak zu errichten, löst angesichts der Kriegsverbrechen bestenfalls Kopfschütteln aus.“

Elmar Altvater, „Öl-Empire“, „Blätter für deutsche und internationale Politik“, 1'05, S. 66.

„Wenn wir es dahin bringen, daß die große Menge die Gegenwart versteht, so lassen die Völker sich nicht mehr  von den Lohnschreibern der Aristokratie zu Haß und Krieg verhetzen,  das große Völkerbündnis,  die heilige Allianz der Nationen, kommt zustande, wir brauchen aus wechselseitigem Mißtrauen keine stehenden Heere von vielen hunderttausend Mördern mehr zu füttern, wir benutzen zum Pflug ihre Schwerter und Rosse, und wir erlangen Friede und Wohlstand und Freiheit.“ Heinrich Heine, „Französische  Zustände“ - Vorrede, 1832

Infolge von Kritik aus In- und Ausland hat die US-Regierung ihre Hilfsgelder für die Tsunami-Opfer in Asien von 35 Millionen auf 350 Millionen Dollar erhöht. Von seiner Ranch in Texas gab George W. Bush zum Besten: „Wir sind eine sehr großzügige, gutherzige Nation.“ (By the way: Japan hat eine Katastrophenhilfe von 500 Millionen Dollar zugesagt.)

Hier herrscht großmächtige ethische Verwahrlosung vor, denn, wie nicht nur die Kommentatoren in den USA mutmaßen, sondern auch der ehemalige US-Botschafter in Jakarta, Robert Barry, offen ausspricht, handelt es sich hier um eine relativ billige Maßnahme, das Image der US-Politik aufzumöbeln.

Das Ansehen von „Number One“ hat arg gelitten. Der räuberische Krieg gegen den Irak, die offene Mißachtung der Vereinten Nationen, der Unilateralismus in einer dringend auf Kooperation angewiesenen Welt haben den Glanz von „freeedom and democracy“ matt werden lassen.

Die kriegerische „Präventivstrategie“ der stramm konservativen US-Regierung sieht vor, jedes Land nach freier Willkür und fern aller internationalen Regularien überfallen zu können, da nach Belieben Bedrohungsannahmen konstruiert werden sollen.

Diese Eroberungsdoktrin gilt Ländern mit Öl- und Gasquellen, Pipelinetrassen und Tankerrouten – und nicht willfährigen Regimes.

Das große Geschäft, reaktionäre Politik und militärisches Handeln gehen hier imperialistisch Hand in Hand. Das alles wird zusätzlich noch religiös verbrämt und mit einem enormen patriotischen Propagandarummel begleitet.

Die vorgesehenen Wahlen im Irak sind eine Farce, wenn allein z.B. das US-amerikanische Truppenkontingent demnächst auf 200.000 Soldaten aufgestockt werden soll.

Frieden ist und bleibt besonders in diesem Zusammenhang die einzige echte Alternative. Der Abzug aller Truppen aus dem Irak wäre der erste Schritt in die richtige Richtung. Die Begleichung der Kriegsschäden durch die Besatzer ein zweiter. Der Wiederaufbau der Infrastruktur sowie der Ölförderanlagen und Industriebetriebe ein dritter. Die Einrichtung von Bildungs-, Gesundheits- und Kultureinrichtungen – einschließlich der Rückgabe entwendeter Kulturschätze – ein vierter. Die Durchführung von Wahlen und die Konstituierung eines Verfassungskonventes unter UN-Hilfe ein fünfter.

Hierfür darf gepfiffen und getrommelt werden. Der richtige Ort ist an der Seite der US-amerikanischen Friedensbewegung.

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„Mephisto“
Der Film eines Romans einer Karriere

„Mephistopheles:
Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär's, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz, das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.“

(Johann Wolfgang v. Goethe, „Faust 1“.)

Im „Mephisto“ von Klaus Mann ist ein versessen künstlerischer Mitläufer des Nazi-Regimes charakterisiert. Das Werk steht konzentriert gegen die Anpassung.

„Warum schrieb ich meinen Roman ‚Mephisto‘? Das dritte Buch, das ich im Exil – 1936 – veröffentlichte, handelt von einer unsympathischen Figur. (...)

War es der Mühe wert, über eine solche Figur einen Roman zu schreiben? Ja; denn der Komödiant wird zum Exponenten, zum Symbol eines durchaus komödiantischen, zutiefst unwahren, unwirklichen Regimes, der Mime triumphiert im Staat der Lügner und Versteller.

‚Mephisto‘ ist der Roman einer Karriere im Dritten Reich.“

(Klaus Mann, „Der Wendepunkt/ Ein Lebensbericht“, 1949, rororo TB, S. 336.)

Das Buch fand rege öffentliche Anteilnahme. In der DDR wurde es 1956 neu aufgelegt.

In der BRD wurde die Schurkenerzählung 1965 neu ediert und schon 1966 auf Antrag der Erben von Gustaf Gründgens (der 1963 verstorben war) gerichtlich verboten. Die sarkastische Erzählung war zu heikel für das westliche Nachkriegsdeutschland. Eine Verfassungsbeschwerde des Verlages von 1971 war nicht erfolgreich. Mit einigem Abstand zum Geschehen konnte der Roman 1981 dann doch veröffentlicht werden.

Im selben Jahr erschien der gleichnamige Film des ungarischen Regisseurs István Szabó. Auch hier wird der ehrgeizige Lebensweg eines ruhmsüchtigen Schauspielers bis in den (deutschen) Faschismus entfaltet.

Die Rolle des Hendrik Höfgen ist im Film weniger diabolisch und boshaft angelegt als im Roman von Klaus Mann. Klaus Maria Brandauer spielt die Hauptrolle des Opportunisten verunsicherter und gehetzter.

Gleichwohl kommt ebenso wie in der literarischen Explikation die gefährliche Problematik der sogenannten reinen Kunst und das höchst Heikle des schauspielerischen Ehrgeizlings, der sich nicht durch umstehende Brutalität und Zerstörung respektive eindringliche Ratschläge von Freunden und Kollegen von seinem karrieristischen Egowahn abbringen läßt, sehr eindrücklich zum Ausdruck.

Und heute?

Die dekadente Zuspitzung der Karriere im Faschismus bleibt auch aktuell noch ein Lehrstück.

„A-Politik, das bedeutet einfach Anti-Demokratie, und was das heißen will, auf welche selbstmörderische Weise sich der Geist dadurch zu allem Geistigen in Widerspruch setzt, das kommt erst in bestimmten akuten Situationen höchst leidenschaftlich an den Tag.“

(Thomas Mann, „Kultur und Politik“, 1939.)

Aufklärerische Verantwortung und kritische Vernunft als bewußte eigene Gesellschaftlichkeit sind stets eine menschliche Herausforderung.

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4. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005

Die Freiheit der Torheit
oder
Wer fürchtet sich vor der Mündigkeit?

„Allein das Denken, sagt man, hat im Kriege doch viel zu bedeuten. Bei dem Führer schon, aber ein Denken soldatischer, nicht philosophischer Art; im übrigen braucht es Tagediebe, Hurenwirte, Straßenräuber, Meuchelmörder, Bauernschädel, Strohköpfe, Schuldenbrüder und derlei Hefe der Menschheit zu diesem heldischen Metier, nur keine Philosophen, die nach Lampe riechen.“

Erasmus von Rotterdam (1466-1536), „Das Lob der Torheit“, 1509.

Die aus den Fugen geratenen Verhältnisse verlangen – profitierenderseits – nach immer mehr Kitt. Gar mancher liefert ihn.

Das sei nun also die „Freiheit der Wissenschaft“: „Experimente zeigen, dass jeder Entscheidung, und halten wir sie noch so sehr für unseren eigenen Willen, zuvor wichtige Vorentscheidungen vorausgegangen sind – und zwar unbewusst. Wir bekommen davon überhaupt nichts mit.“ (Der Neurobiologe Gerhard Roth, Leiter des Institutes für Hirnforschung an der Universität Bremen, im „SPIEGEL-Streitgespräch“ mit dem Philosophen und Moraltheologen Eberhard Schockenhoff, in „SPIEGEL“ Nr. 52/2004.)

Roth hält den „freien Willen“ des Menschen für eine Illusion, lediglich für ein Gefühl von Freiheit. „Praktische Freiheit ist gefühlte Freiheit.“ (a.a.O.) Der Mensch sei gesteuert von seinem Unterbewußtsein, seinen Genen, seinen Trieben. Das ist seltsam, Professor Roth. Das ist die programmatische Gegenaufklärung und soziale Verantwortungslosigkeit. Ein Anti-Kant also. Der Mensch wird somit ideologisch in seine selbstverschuldete Unmündigkeit zurückverbannt. Es seien alle Objekte höherer Mächte, die auch in uns wohnen.

Auf diese behauptete Weise hat der Mensch, die Menschheit keine Geschichte, keine Entwicklung, kein erkennbares und veränderbares Dasein, keine unterschiedlichen sozialen Interessen, keine verschiedenen weltanschaulichen respektive politischen Positionen – also: Vernunft und Gestaltung, rational überprüfbare Entscheidungen, verstandesgeleitete Kooperation perdu!

Alles, was unvernünftig wie veränderungswürdig ist auf dieser vermaledeiten (menschlich unmenschlichen) Welt, wird für quasi natürlich, für ewig und unveränderbar erklärt. Amen?

Kriege (s.o.) gehören zu den massiven Grundtorheiten der Menschheitsgeschichte. Davon können auch die Glücksverheißungen, die an Tütensuppen, Instantkaffee und Wassermargarine gebunden werden, zwar kurzzeitig ablenken aber wenig ändern. Abrüstung hilft hier auf Dauer.

Ein bißchen mehr Demokratie dürfte wohl auch gewagt werden. Ebenso sind gesellschaftlich sinnvolle Arbeit und soziale Absicherung auch nicht von Schaden für die allgemeine Wohlfahrt.

Die Freiheit der Einzelnen besteht in der Befreiung Aller.

„Die einzig praktisch mögliche Befreiung Deutschlands ist die Befreiung auf dem Standpunkt der Theorie, welche den Menschen für das höchste Wesen des Menschen erklärt.“

(Karl Marx, Einleitung „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“, 1844, MEW 1, S. 391.)

Der Mensch ist ein vernunftbegabtes und kulturelles Wesen. An seiner Kultur dürfte – nicht zuletzt auch mittels der Wissenschaften – noch ein wenig gearbeitet werden. Niemand sollte hinter die Aufklärung zurückfallen.

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Wahlen zum Akademischen Senat:
Einwurf in die aufgestellten Urnen noch möglich bis zum 18. Januar /
Abgabe beim Wahlamt (Moorweidenstr. 18) noch bis zum 20. Januar

Bildung für Alle ist die Aufgabe Aller!
Gegen die Zerstörung der Bildungsreformen

Es ist leichter, selbst hartherzige Menschen zu Tränen zu rühren, als um Sympathie für Studenten zu werben oder Philister zu veranlassen, bei der Rettung alter Kulturdenkmäler zu helfen.

(Peter Ustinov, „Dear Me“, Erinnerungen, 2004, S. 350.)

Seit Anfang der 1970er Jahre wird an deutschen Hochschulen gebührenfrei studiert; das erste Mal seit dem Mittelalter und der langen Geschichte der Ordinarienuniversität. Zwar stellte sich die Hamburger Universität schon durch den positiven historischen Einschnitt von 1945 in die Tradition humanistischer Aufklärung und knüpfte damit an den Widerstand der Weißen Rose und die Tätigkeit zahlreicher humanistischer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Weimarer Zeit an, die durch den Faschismus gebrochen wurde. Die eindeutige Überwindung der starren Ordinarienuniversität gelang erst mit der Studentenbewegung von 1968. Diese erkämpfte die soziale Öffnung der Hochschulen mit BAföG und Gebührenfreiheit, demokratische Mitbestimmung und eine problemkritische Orientierung in den Wissenschaften. Friedensbewegung, Gewerkschaften und linke Parteien erkämpften maßgeblichen gesellschaftlichen Fortschritt: Betriebliche Mitbestimmung, das grundgesetzliche Verbot von Angriffskriegen, die Entspannungspolitik und Lohnsteigerungen wurden beispielsweise in dieser Zeit erwirkt. Die soziale Öffnung der Hochschulen war ein Teil dieser Entwicklung und damit ein Beitrag zur Demokratisierung der Bundesrepublik.

Erst seit Mitte der 1990er Jahre wird von neo-konservativer Seite die Neueinführung von Studiengebühren wieder offensiv gefordert. Gerichtet ist sie gegen den kritischen Gesellschaftsbezug der Wissenschaften und gegen das Engagement vieler Studierender in den Gremien der akademischen und studentischen Selbstverwaltung für die Weiterentwicklung der positiven Ansprüche von 1945 und 1968. Darum bilden die soziale Auslese und die Disziplinierung der Studierenden eine Einheit: Sie seien Konsumenten vorgefertigter Inhalte und nicht demokratisch gleichberechtigte Mitglieder der Hochschulen; nur wer zahlt, der zählt. Jeder sonst senke demütig sein Haupt, denn er schmarotze am Gemeinwohl und überhaupt: Wer den eigenwilligen Blick über die Grenzen einer unwissenschaftlichen „Berufs“-Ausbildung hinaus wagt, soll mit Strafgebühren gebändigt werden. Als gesellschaftliche Norm gilt das Einzel-Interesse der privaten Ökonomie an benutzbaren Arbeitskräften. Deshalb formiert sich bundesweit dagegen nicht allein studentischer Widerstand; die Frage der Gebührenpflichtigkeit des Hochschulstudiums ist schwer umkämpft.

Die Universität Hamburg vertritt seit Jahren durch ihre zentralen Gremien (Konzil, Großer Senat, Akademischer Senat) die Ablehnung von Studiengebühren. Im Mai 2003 hat der erste Rechtssenat dementgegen mit seiner Novelle des Hamburgischen Hochschulgesetzes die gesetzliche Wiedereinführung von Studiengebühren (insbesondere für längere Zeit Studierende) erreicht. „Das Wirken für ein gebührenfreies Studium als Voraussetzung zur Bildung mündiger Menschen, zur Verwirklichung des Rechts auf wissenschaftliche Bildung und für den chancengleichen Zugang zu Bildung und Wissenschaft ist der Universität Aufgabe und Verpflichtung“, beschloß dagegen der Akademische Senat im Dezember 2003. In Einheit mit den studentischen Protesten gelang es den linken Studierendenvertretern im Akademischen Senat darüber hinaus, die Universität zu bewegen, die Erhebung der Strafgebühren bis nach der Neuwahl des politischen Senats im Frühjahr 2004 zu verzögern – mit Aussicht auf eine baldige Gesetzesänderung nach einem Regierungswechsel. Als dieser nicht gelang, hat der Akademische Senat auf Initiative der Studierenden gegen den Kurs der Wissenschaftsbehörde auf eine möglichst „soziale, transparente und gerechte“ Durchführung der Gebührenerhebung gedrungen, so daß bis heute knapp 3000 von 7000 vermeintlich gebührenpflichtigen Studierenden befreit werden konnten.

Gebührenfreies Studium, soziale Absicherung, bewußt-kooperatives Lernen, kritischen Gesellschaftsbezug und demokratische Beteiligung aller müssen politisch erkämpft werden. Organisierte studentische Bewegung als Teil gesellschaftlicher Opposition und eine unbeirrte Anti-Dräger-Politik der Universität sind dafür wesentliche Elemente. „Wissenschafts“-Senator Jörg Dräger gilt bundesweit als Vorreiter neoliberaler Hochschulpolitik; gerade hier in Hamburg kann daher ein Durchbruch für eine Tendenzwende erreicht werden, wenn der politische Senat mit der Zurichtung der Hochschulen an dem Widerstand der Universität politisch scheitert. Und bis dahin lassen sich mit dieser Perspektive weiter und besser Bedingungen schaffen, der Drägerschen Absicht der Vertreibung aller unbraven Studierenden von der Universität die Wirkung zu nehmen.

Geschichte wird gemacht! Und zwar von mündigen Menschen.

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5. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2005

Das gesellschaftliche Individuum
oder
Ich und seinesgleichen

„Das kühle Pathos, das die liberale Haltung begleitet, ist ein Pathos der Distanz – dass die Menschen aufgerufen sind, sich selbständig in der Welt zu orientieren; dass sie – zum Zwecke eines geglückten Daseins unter ihresgleichen – ohne ideologische Satzungen auskommen mögen; dass sie keinen Gesetzen unterworfen sein sollen, die ein absolutes Recht gegen das Recht der individuellen Lebensführung beanspruchen. Insofern er gegen jede Façon von totalisierender und totalitärer Weltanschauung antritt, beweist der Liberalismus hier seine kämpferische Seite; einstmals gegen die Gewalt von Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus; heute gegen den Terror, der sich aus dem religiösen Fundamentalismus speist.“

Martin Meyer, „Öffentlichkeit und Aufklärung/Zum Verhältnis von Liberalismus und Publizistik“, „Neue Zürcher Zeitung“, Jubiläumsausgabe zum 225jährigen Bestehen, 12.1.'05, S. J3.

 

„(18) Pflicht für jeden
Immer strebe zum Ganzen und kannst du selber kein Ganzes
Werden, als dienendes Glied schließ' an ein Ganzes dich an.“

„(23) Der Schlüssel
Willst du dich selber erkennen, so sieh wie die andern es treiben,
Willst du die andern verstehn, blick in dein eigenes Herz.“

Friedrich Schiller, „Tabulae Votivae“, Gedichte 1795 - 1802.

Werte Liberale,

die Menschheit ist schon längst, strenggenommen seit ihrem Bestehen, ein böses überindividuelles Kollektiv. Kein Mensch kommt alleine zurecht. Andere haben Voraussetzungen für andere geschaffen. Die menschliche Geschichte ist ein mühevoller und widersprüchlicher Prozeß der kulturellen Menschwerdung des Menschen über viele gesellschaftliche Stufen hinweg. Dabei ist die kapitalistische Gesellschaft wahrlich nicht der Weisheit letzter Schluß.

By the way: Auch in der möglicherweise liberalen Schweiz wachsen keine Bananen oder Zitronen auf den Bergwiesen; ebenso kommt das Kapital auf den Banken des allzu beschaulichen Landes nicht aus den unergründlichen Tiefen heimischer Seen.

So gut wie alle Institutionen respektive Personen, die seit Jahrhunderten mit religiösen Weltanschauungen arbeiten, sind in ihrer langen Geschichte nicht frei von Dogmatismen und Verbrechen. George W. Bush gilt als ein religiöser Mensch.

Die Aufklärung des 18. Jahrhunderts, auf die sich der NZZ-Autor (s. o.) – Schiller unterschreitend – vollmundig beruft, war der neuzeitliche Versuch, der Vernunft allgemein menschliche bzw. gesellschaftliche Geltung gegen die hierarchische und mystisch verklärte Ständeordnung zu verschaffen. Die bürgerliche Gesellschaft wurde aus dem Feudalismus heraus erkämpft.

Rationalität war das Treibmittel für sozialen Fortschritt. Fortschritte wurden geschaffen in Produktion, Handel, Staatsaufbau, durch die formalen gleichen Rechte, in den Künsten und Wissenschaften. Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen wurde dadurch nicht und bislang weltweit nicht überwunden.

Die menschliche Welt ist nach 1989 nicht friedlicher, sozialer, demokratischer und humaner geworden. Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen wurde ausgeweitet und intensiviert.

Rationalität, in Einheit von Freiheit und Gleichheit, sollte wieder die Substanz werden für positive allgemeine Veränderungen, die der Mehrheit der Menschen nützlich sind und von ihnen selber errungen werden.

Dafür ist zu denken und zu handeln. Im solidarischen Verständnis der Mitmenschen und damit des eigenen Werts für andere sowie der eigenen Würde im verantwortlichen sozialen Wirken ist die individuelle Freiheit beinhaltet.

Eine zweite Aufklärung ist möglich. Das ist ein geglücktes Dasein mit seinesgleichen.

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Opposition ist das Gebot der Vernunft

„Mit der Vielfalt und Tradition ihrer Fächer und Bildungsangebote versteht sich die Universität Hamburg als Tor zur Welt der Wissenschaft. (...) Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung. (...)
Die Mitglieder der Universität wollen die universitären Aufgaben in der Verbindung von Forschung und Lehre, Bildung und Ausbildung in wissenschaftlicher Unabhängigkeit erfüllen. Sie wollen zur Entwicklung einer humanen, demokratischen und gerechten Gesellschaft beitragen und Frauen und Männern gleichen Zugang zu Bildung und Wissenschaft eröffnen.“

(Aus dem Leitbild der Universität Hamburg)

Selbst gesetzte Aufgabe der Universität Hamburg ist es, in Forschung und Lehre für sozial verantwortliches Handeln und für eine friedliche weltweite Entwicklung und internationale Zusammenarbeit zu wirken. Soweit sie das tut, erfüllt sie ein dringendes gesellschaftliches Erfordernis. Die Tendenz der systematischen Zerstörung dieser gesellschaftlich sinnvollen Arbeit durch die wissenschaftsfeindliche Politik Herrn Senators Dräger ist eine Zumutung für alle Mitglieder der Universität und eine Schädigung ihrer allgemeinen Aufgabenerfüllung und damit der Allgemeinheit.

Der sinnvolle gesellschaftliche Bedarf an wissenschaftlicher Bildung und Forschung ist nicht aus privat-wirtschaftlichen Anforderungen zu ermitteln. Er ist abgeleitet aus den wissenschaftlichen, kulturellen, sozialen und technischen Entwicklungen der ganzen Gesellschaft und dem verantwortlichen Umgang mit ihnen.

Die Offenheit des Hochschulzugangs, die selbst-bewußte demokratische Autonomie der Hochschulen und der vernünftige Umgang des Staates mit Wissenschaft und Kultur sind Kennzeichen einer demokratischen und sozial entwicklungsorientierten Gesellschaft. Bildung, Forschung und Lehre müssen dafür vom Menschen als soziales Wesen, von der allseitigen Entwicklung seiner Bedürfnisse und von der erweiternden Verfügungstätigkeit über die Quellen des gesellschaftlichen Reichtums ausgehen.

Erforderlich dafür ist: Wissenschaftliche Arbeit unbedrängt von privatwirtschaftlichen Ertragsanforderungen, sozial verantwortliches und solidarisches Lernen, die breite Partizipation bei der Bestimmung der Aufgaben und Methoden von Forschung, Lehre und Studium, die allseitige Entfaltung des Interesses der Lernenden und Forschenden und dafür die Entwicklung kooperativer Neugier aus allen Disziplinen.

Durch restriktive Finanzpolitik und Verfahrensverschleppungen gängelt die Behörde die Universität, damit diese den Abbau von Gremien und die betriebswirtschaftliche Fakultätenbildung übernimmt; desgleichen das Diktat der Einführung restriktiver, gestufter Abschlüsse (BA/MA), die allgemeinbildende Anteile im Studium und den Zugang zu umfassender wissenschaftlicher Bildung massiv einschränken sollen. Studiengebühren und Auswahlverfahren sollen die Studierenden einschüchtern und zu einem gemäß den Ansprüchen der privaten Wirtschaft normierten Lernverhalten nötigen. Mit der Einschränkung der Rechte der Verfaßten Studierendenschaft soll verantwortliche und selbst-bewußte Interessenvertretung der Studierenden unterbunden werden.

Von Wissen schaffen, solidarischem Lernen und sozial Nützlichem ist das weit entfernt.

Wo Unsinn, Plage und Bedrängung zur politischen Methode werden, ist der Widerstand der gesamten Universität, aller Mitglieder und Gruppen sowie diverser Organisationen vornehme Pflicht. Niemand sollte sich hier der kritischen Wachsamkeit und des politischen Engagements für vernünftige Entwicklung entschlagen.

Die getätigten und geplanten Restriktionen sind strikt zurückzuweisen.

Opposition ist das Gebot der Vernunft.

„Nun geht es weiter, nächste Episode. Fragt sich nur, in welcher Richtung es weitergeht. Die hängt von uns ab; an jedem Wendepunkt hat man die Wahl.“

(Klaus Mann, Der Wendepunkt, Ein Lebensbericht, 1949.)

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Täuschungen und ihre Überwindung
Zu den Wahlen zum Studierendenparlament (SP)

„Die ökonomischen Formen, unter denen die Menschen produzieren, konsumieren, austauschen, sind also vorübergehend und historisch. Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte ändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Produktionsweise ändern sie alle ökonomischen Verhältnisse, die bloß die für diese bestimmte Produktionsweise notwendigen Beziehungen waren.“

Karl Marx an P. W. Annenkow, 28. Dezember 1846.

Die Wahlbeteiligung ist im Verhältnis zum letzten Jahr nahezu gleich geblieben. Der leichte Rückgang bei der Briefwahl konnte durch die Urnenwahl wieder ausgeglichen werden – und das ist gut so, denn hier kann informierter entschieden werden.

Die Unübersichtlichkeit der Lage spiegelte sich in der Kandidatur von 23 Listen. Allerlei Verwirrtes und somit Verwirrendes war dabei. Alleine auf sich gestellt fällt schon deswegen die Wahl schwer, weil von leicht durchschaubarer Programmatik schwerlich die Rede sein kann.

Die Listen, die ihre Politik zahm und zahnlos in den Grenzen der zu bildenden Fakultäten klientelistisch öffentlich definiert haben – in den meisten Fällen ohne jegliche Aktivität für studentische Interessen bzw. ohne vernünftige Verankerung in der Arbeit der Fachschaftsräte –, sind auch kleinstökonomische Zweckverbände zur Hand-in-Hand-Unterstützung für die „Pferdestall GmbH“ („Kulturkombinat“, „Wiwi-Liste“, „Jura-Liste“, „Mediziner(Fachschafts)Liste“, „Mathematik, Informatik, Natur- und Geowissenschaften MIN“, „Sprach- und Geisteswissenschaften“, „Liste Erziehungswissenschaft“). Das Dräger'sche „Teile und Herrsche“ zeigt hier seine Wirkung.

Der rechte Namensklau der „Realos“ von der juso-hochschulgruppe und die linke Etikettierung der konservativeren „Fachschaftsliste“ gegenüber dem Fachschaftsbündnis haben manche Wahl in die falsche Richtung verirrt.

Ein dynamisches Aufklärungsengagement linker Listen hat allerdings dagegen Orientierung in den wenig honorig sowie absichtsvoll produzierten Irrungen und Wirrungen schaffen können.

Dieses vernunftbildende Wirken hat insgesamt die senatskritischen Listen für eine deutliche studentische Interessenvertretung gestärkt.

Die linken Listen im Gesamt (drei Vertreterinnen/Vertreter von der HWP kommen durch die Integration in die Universität dem SP hinzu) sind stärker als der „Pferdestall“-Block.

Die stärkste Liste auf der gesellschaftskritischen Seite ist der „Regenbogen“. Er konnte gegenüber einer schwächelnden GHG seinen Stimmenanteil merklich ausbauen. Deshalb ist dieser Gruppe eine gestiegene Verantwortung für die AStA-Bildung und eine gediegen vernünftige Politik der Verfaßten Studierendenschaft zugewachsen.

Ein linker AStA ist nötig und möglich.

Die Auseinandersetzung um Studiengebühren, um die Fakultätenbildung, mit dem rechten Senat überhaupt; die soziale Öffnung der Hochschulen, die Demokratisierung der Selbstverwaltung, der kritische und problemlösende Gesellschaftsbezug der Wissenschaften, das kooperative und solidarische Lernen machen eine progressive studentische Interessenvertretung erforderlich. Gegen Hetze und Oberflächlichkeit.

Eine Kultur der freudigen Vernunft auf dem Campus kann durchaus auch ein sinnvolles Ergebnis sein.

„Intellektuelle als Handelnde werden umso stärker sein, je mehr sie gelernt haben. Sie werden auch umso einiger sein. Streitsucht und Absonderung sind die Gebrechen unzuverlässiger Intellekte. Solche sind vor der Gewalt der Machthaber noch immer zusammengebrochen: jede Eigenart war vergessen, sobald sie gefährlich wurde. Gefestigte Köpfe rollen nicht so leicht.“

Heinrich Mann, „Führung“, in: „Die neue Weltbühne“. Prag-Zürich-Paris, Nr. 7 vom 14. Februar 1935.

Ergebnisse der Wahlen zum SP 2005
Liste Stimmen Prozente Sitze
  20052004 20052004 20052004
Liste Links 275316 3,403,54 11
Jusos - harte zeiten 229430 2,834,82 12
Fachschaftsbündnis 330685 4,087,68 23
Regenbogen 973860 12,029,64 43
St. Pauli* 200225 2,472,52 01
Fachschaftsliste 618686 7,637,68 33
Grüne Hochschulgruppe 7461647 9,2218,46 37
Medizinerliste 473636 5,847,13 22
Erziehungswissenschaft 227- 2,80- 1-
Sprach- und Geisteswiss. 833- 10,29- 4-
Kulturkombinat 242414 2,994,64 12
MIN 346- 4,27- 2-
Jura-Liste 540603 6,676,76 32
WiWi-Liste 735980 9,0810,98 34
Juso-Hsg / Realos 461501 5,695,61 22
LUST 231317 2,853,55 11
RCDS 336504 4,155,65 22

* St. Pauli fehlen zwei Stimmen zur Überschreitung der 2,5%-Hürde. Eine Nachzählung ist beantragt.

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Bedrohliche „Freiheit“
oder
Was Bush und Merkel gemeinsam macht

„Es gibt nur eine Kraft in der Geschichte, die die Herrschaft von Haß und Groll brechen, die Anmaßung von Tyrannen entlarven und die Hoffnung der Aufrechten und Toleranten belohnen kann: das ist die Kraft, die aus der Freiheit der Menschen entspringt.
(...)
In diesem Jahrhundert verkünden die Vereinigten Staaten überall und für alle Menschen auf der Welt Frieden.“

George W. Bush, Antrittsrede zur US-amerikanischen Präsidentschaft.

Bekannt und beweisbar ist: die Bush-Administration führt Krieg.

Irak und Afghanistan sind bereits überfallen und besetzt. Bürgerkriege und soziales Elend sind die Folgen in den eroberten Ländern.

Iran, Nordkorea und Kuba droht unter dem neuen Schreckenszeichen der „Tyrannei“ gesteigerte politisch-ökonomische Drangsal und militärische Gewalt. Im Innern des USA-Landes bedeutet dies: restriktive Sicherheitsgesetze, in vielen Bundesstaaten die Todesstrafe, vermehrte Steuergeschenke an die Reichen, die volle Privatisierung schon geringer Sozialversicherungsleistungen, fanatische Religion. Angeboten werden: „sich um einen Nachbarn kümmern und vom Wege Abgekommenen mit Liebe umgeben.“ (A.a.O.)

Was hat das mit „Freiheit“ zu tun?

Fragen wir Angela Merkel: „Die Sorge um die innere Standfestigkeit der westlichen Demokratie in der Auseinandersetzung mit den Staaten des sozialistischen Lagers war für Friedrich August von Hayek eine der beiden Antriebskräfte zu seinem Werk ›Verfassung der Freiheit‹. Die andere war die Befürchtung einer schleichenden Erosion der Grundlagen einer freiheitlichen Gesellschaft im Zuge des ungezügelten Ausbaus des Wohlfahrtsstaates und vorherrschender staatsinterventionistischer Politikkonzepte in vielen Industrieländern Anfang der 70er Jahre. Diesen Befürchtungen musste nach Hayeks Auffassung durch eine immer aufs Neue erforderliche Vergewisserung der geistigen Grundlagen einer freiheitlichen Gesellschaft entgegengetreten werden.“ (Angela Merkel, „Das Prinzip individuelle Freiheit“, „Financial Times Deutschland“, 19.1.'05, S. 26. F. A. v. Hayek ist der verstorbene Papst des Neoliberalismus.)

Die Merkel Angela hat sich den Kapitalismus voll reingezogen. Nun ist sie high.

Freiheit ist hier die totale Freiheit von Profit und Eigentum, auf dem die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen basiert.

Land und Produktionsanlagen in Bevölkerungshand sind per se ein Schwerstverbrechen – gegen die „Freiheit“.

Vollbeschäftigung stranguliert die Aktienmärkte. Öffentliche solidarische Sicherungssysteme nehmen dem Unternehmer sein Wohlbefinden. Humane Arbeitsbedingungen, Tarifabschlüsse, Pausenzeiten, Urlaubsregelungen, Mitbestimmung am Arbeitsplatz gar sind nicht sklavengerecht. Staatliche Investitionslenkung ist Terror. Militärischer Krieg gilt in dieser Denk- und Handlungsart als probates Mittel zur Sicherung von Rohstoffquellen und Absatzmärkten. (Die CDU vertritt ferner programmatisch den Einsatz der Bundeswehr im Innern.) Hier liegt also die politische und mentale Verwandtschaft zwischen George W. Bush und Angela Merkel.

Beiden sei gesagt, genau das Gegenteil ist richtig: Frieden ist Abrüstung. Soziale Gleichheit, volle demokratische Partizipation, allgemeine Wohlfahrt und Aufklärung sind Freiheit. (Dazu gehört unter anderem die Gebührenfreiheit jeglicher Ausbildung.) Alles andere ist die gewalttätige Fortschreibung der Unmündigkeit.

Freiheit ist auch das konsequente Infragestellen der „Freiheit“.

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Gemeinsames Flugblatt mit dem Fachschaftsbündnis und harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive

Stärkung linker Politik
Zu den Ergebnissen der Wahlen zum Akademischen Senat

„Wir müssen es uns abgewöhnen und damit aufhören, Kultur als enzyklopädisches Wissen aufzufassen, wobei der Mensch nur als Gefäß betrachtet wird, das gefüllt und befrachtet werden muß mit empirischen Daten, rohen und zusammenhanglosen Fakten, die er in seinem Hirn wie in den Spalten eines Nachschlagewerks in eine Ordnung zu bringen habe, um dann bei jeder Gelegenheit auf die von der Außenwelt kommenden Reize antworten zu können. [...]
Kultur ist etwas ganz anderes. Sie ist Organisation, Disziplin des eigenen inneren Ich, sie ist Besitzergreifen von der eigenen Persönlichkeit, sie ist Gewinn eines höheren Bewußtseins, durch das man den eigenen historischen Wert, die eigene Funktion im Leben, die eigenen Rechte und Pflichten zu begreifen vermag.[...]
Der Mensch ist vor allem Geist, das heißt historische Schöpfung und nicht Natur.“

Antonio Gramsci, „Il Grido del Popolo“, 29. 01. 1916

Bei den Wahlen der drei studentischen Vertreter im Akademischen Senat hat die gemeinsame Liste von Fachschaftsbündnis, jusos und Liste LINKS mit Abstand die meisten Stimmen auf sich vereinen können. Die produktiv streitbare Einheit von konsequentem Humanismus, weitreichender sozialer und kultureller Gesellschaftsperspektive, daraus abgeleitetem reformpolitischem Wirken und hohem Engagement für eine kritische hochschulpolitische Praxis ist eindeutig bestätigt worden. Hiermit ist ein klares Votum für verschärfte Opposition gegen den Rechtssenat und seine Politik der Zerstörung, Einschränkung und Einschüchterung ausgesprochen worden. Eine gewichtige Position.

Die Pferdestall GmbH will auch den Akademischen Senat für aggressive Lobbyarbeit für ihr kleinunternehmerisches Projekt des scheinfröhlichen Abfeierns individuellen Durchwurschtelns in der Konkurrenz nutzen. Sie schickte dafür in diesem Jahr gleich zwei Listen ins Rennen:

Die eher aus dem Konservativen und Rechtsliberalen sammelnde gemeinsame Klientelismus-Gruppe aus WiWi-Liste, Jura-Liste und Mediziner-Liste erheischte zwar das zweitbeste Ergebnis, hat jedoch gegenüber dem Vorjahr an Stimmen eingebüßt. Hier schlägt sich die Aufklärung über die Täuschungsmanöver und Ambitionen des Pferdestalls positiv nieder. Trotzdem noch eine studentische Vertretung im AS.

Auf die eher wohlmeinend kritischen Wähler zielte die gemeinsame Kandidatur der SprachGeistKultur-, MathematikInformatikNaturwissenschaft und Erziehungswissenschaftsliste. Hier wurden reichlich Stimmen erschlichen, indem man sich an das erfolgreiche Engagement der linken Gruppierungen und der kritischen Fachschaftsräte gegen die Drägerschen Kürzungspläne insbesondere im Sprach-, Geist- und Kulturwissenschaftlichen Bereich ranhängte. Dieses Manöver hat einen Sitz ermöglicht, verpflichtet jedoch zur Opposition mindestens gegen die Drägersche Ausprägung der Konkurrenzpolitik. Wir sind gespannt.

Die rechten SPDler von den „Realos“ konnten diesmal mit dem geklauten Namen der juso-hsg einige Stimmen mehr ergattern, bleiben aber wie die rechtsliberalen Kommilitonen von der LUST ohne Sitz im AS und weiterhin irrelevant in der akademischen Selbstverwaltung. Die Regierungsjugend vom RCDS ist wiederholt nicht angetreten.

Die Wahlbeteiligung konnte gegenüber dem Vorjahr erneut gesteigert werden. Hier zeigt sich die erhöhte Aufmerksamkeit für das notwendige Engagement gegen Studiengebühren, Fakultätenbildung und rigide Studienstrukturen, für die Relevanz des Akademischen Senats als politisch orientierende Institution gegen die Entdemokratisierung durch Hochschulrat und Managementstrukturen sowie für die prinzipielle Opposition der Hochschule als Gesamtinstitution gegen die Senatspolitik.

Die erweiterete Perspektive vernunftgeleiteten Agierens, die genauere Erkenntnis der eigenen Lage sowie der Möglichkeiten positiver Veränderung, die Intensivierung kooperativer Handlungsfähigkeit durch begründete Positionierung und kulturvollen Streit bilden die notwendig zu entwickelnde Handlungsweise gegen die Bedrängungen. Daran ist zu arbeiten – im AS, in der Verfaßten Studierendenschaft und im Alltag von Studium, Freundeskreis, Lehre, Forschung und Verwaltung.

Ergebnis der Wahlen zum Akademischen Senat 2005

(im Vergleich die Wahlen zum Akademischen Senat 2004, n.a. = nicht angetreten, * = Summe)

Liste Stimmen Prozente Sitze
Gemeinsame Liste Fachschaftsbündnis, jusos und Liste LINKS 864 (+194) 33,9 (+7,1) 1 (+/-0)
Jura-, Wirtschaftswissenschaften-, Mediziner-Liste 654 (-60) 25,7 (-2,8) 1 (+/-0)
SprachGeistKultur-, MatheInformatikNaturwiss., ErzWiss.-Liste 600 (n.a.) 23,5 (n.a.) 1 (+1)
Realos (rechte SPDler) 315 (+127) 12,4 (+5,1) 0 (+/-0)
LUST (FDPler) 115 (+31) 4,5 (+1,1) 0 (+/-0)
GHG, Fachschaftsliste* (beide Listen dieses Jahr nicht angetreten) n.a. (-829*) n.a. (-33,1*) n.a. (-1*)
Wahlbeteiligung: 2548 (+46) 6,6 (+0,2)  
Dokumentiert: Zum Geleit VI, Hamburg, den 12. Januar 2005
(Zum Geleit: regelmäßige Thesen zu aktuellen Themen von den linken Studierenden an die AS Mitglieder)
Benimm?!
oder
Der klare Kurs zu den Mitmenschen
1) Verhaltenheit

„Nicht Zutreffendes streichen
Was deine Stimme so flach macht
so dünn und so blechern
das ist die Angst
etwas Falsches zu sagen

oder immer dasselbe
oder das zu sagen was alle sagen
oder etwas Unwichtiges
oder Wehrloses
oder etwas das mißverstanden werden könnte
oder den falschen Leuten gefiele
oder etwas Dummes
oder schon Dagewesenes
etwas Altes

Hast du es denn nicht satt
aus lauter Angst
aus lauter Angst vor der Angst
etwas Falsches zu sagen

immer das Falsche zu sagen?“

Hans Magnus Enzensberger, „Die Furie des Verschwindens“, Gedichte, 1980.

Die jüngere Entwicklung macht unsicher – Gewonnenes, Gewohntes, Geschätztes wird zerbrochen, aufgelöst. Das Neue wirkt bedrängend. Wer den Kopf aus dem Fenster reckt, wird ausgelacht. Weitermachen. Schweigen. Innerlich sprechen. Verbittern? Wieder sprechen? Und: Widersprechen? Andere, weil anderes entdecken?

2) Gereiztheit

„Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, aber nicht den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber war die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht's mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er ›Guten Tag‹ sagen kann, schreit ihn unser Mann an: ›Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!‹“

Paul Watzlawick, „Anleitung zum Unglücklichsein“, „Die Geschichte mit dem Hammer“, 1990, S. 37f.

Wer in das Dasein von Nachbarn, Kollegen und Mitgliedern derselben Einrichtung per se den Feind hineinphantasiert, hat gegen die Drangsale und ihre Verursacher sowie die Verantwortlichen schon verloren. Die Möglichkeiten des befreienden Erkennens und Zusammenwirkens sind so selbstverschuldet vertan. Der Beschimpfte steht da und kann das hilfreiche Werkzeug nicht geben.

3) Konfliktfähigkeit

„29. Lerne Widerspruch ertragen! Sei nicht kindisch eingenommen von Deinen Meinungen! Werde nicht hitzig noch grob im Zanke! Auch dann nicht, wenn man Deinen ernsthaften Gründen Spott und Persiflage entgegensetzt! Du hast, bei der besten Sache, schon halb verloren, wenn Du nicht kaltblütig bleibst und wirst wenigstens auf diese Art nie überzeugen.“

Adolph Freiherr von Knigge, „Über den Umgang mit Menschen“, Erstes Kapitel – „Allgemeine Bemerkungen und Vorschriften über den Umgang mit Menschen“, 1790.

Erkenntnisgewinnung braucht Position, Argument, Streit, Widerlegung, Einsicht und handelndes Übereinkommen.
Danach: Innehalten, Überprüfung, Neugewinnung von Einsichtsschärfe und erweiterte Befähigung zum kooperativen Tätigsein.
Der gemeinsame Nutzen ist das – kontrovers gewonnene – Gemeinsame.

4) Rationale Heiterkeit

„Ich kenne keinen blendenden Stil, der seinen Glanz nicht von der Wahrheit mehr oder weniger entlehnet. Wahrheit allein gibt echten Glanz und muß auch bei Spötterei und Posse, wenigstens als Folie, unterliegen.“

Gotthold Ephraim Lessing, „Anti-Goeze – Zweiter“, 1778.

Die Eleganz des Gedankens besteht in seiner Zutreffendheit und Schaffung von Perspektive. Die Wahrheit steht im Einklang mit dem allgemeinen Nutzen. Sie muß gegen Drohungen und Einschränkungen aller Art gewonnen werden. Ehrlich ist, wer über Hemmnisse und Gegnerschaften zur Vernunft spricht. Spott sei den Verschleierungen. Der rationale Zugang zu den Mitmenschen ist dauerhaft heiter.

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BushRice
Die Werbetour für die fortgesetzte Kriegsführung

„Der Präsident hat wahrlich ehrgeizige Ziele für die amerikanische Außenpolitik formuliert und das Außenministerium muss in dieser Zeit, in der die Diplomatie so wichtig für die Festigung des in den vergangenen Jahren Erreichten und zur Umsetzung der Ziele für eine freiere und wohlhabendere Welt ist, eine Führungsposition einnehmen. (...)
Dies ist eine großartige Zeit für die Vereinigten Staaten. Es ist eine große Zeit für das internationale System. Wir benötigen Verbündete, die in der vor uns liegenden großen Sache an unserer Seite stehen und ich freue mich darauf, mit Ihnen auf dieses Ziel hin zu arbeiten.“

Condoleeza Rice, Antrittsrede zum Amt der US-amerikanischen Außenministerin am 27.1.'05.

 

„Für den Internationalen Strafgerichtshof stimmten 120 Staaten, 21 enthielten sich der Stimme, sieben waren dagegen – unter ihnen die USA, die sich so in der Gesellschaft von Irak, Iran und China befanden. Das überrascht kaum, denn auch die Konvention für die Rechte des Kindes, ein viel weniger umstrittenes Dokument, ist von allen Nationen ratifiziert worden – mit Ausnahme von Somalia und den USA. Offenbar glaubt die Weltpolizei, manches besser beurteilen zu können als der Rest der Welt.“

Sir Peter Ustinov, „Ein Wiedersehen mit Kaiser Nero“, 17. Juli 1999.

Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt:

Der Irak-Krieg kostet die US-amerikanischen Steuerzahler 1 Milliarde Dollar die Woche. Neben einem enormen Handelsbilanzdefizit hatte das Haushaltsdefizit der USA im letzten Jahr eine Rekordhöhe von 431 Milliarden Dollar (3,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts/BIP). Für den Etatentwurf von 2006 soll mit starken Kürzungen in den Bereichen Agrarsubventionen, Zuschüsse an die Krankenversicherung, Bildung und Umweltschutz das Haushaltsdefizit gesenkt werden. Eine Einschränkung der Kriegsführung ist nicht vorgesehen. Die Rentenversicherung soll privatisiert werden.

Vor diesem Hintergrund hat die Außenministerin ihre goodwill-tour für eine grundlegend zweifelhafte Sache unternommen: Lachen mit dem Bundeskanzler, Heucheln im Nahen Osten – und vorsichtiges Wandeln auf dem schwierigen Parkett in Frankreich.

Da die erforderliche Legitimationsbasis für die machtpolitischen Absichten und Ergebnisse der Präventivstrategie räuberischer Kriegsführung in der Welt rissig geworden ist, ist die bemühte Diplomatie gefragt, um die Zustimmung für die politische und ökonomische Eroberung angestrengt wieder einzuholen.

Weniger die finanzielle Unterstützung – wer die entsprechende Macht hat, kann auch gesteigerte Kosten und Zusatzbelastungen für die Bevölkerung durchsetzen – noch der militärische Beistand – für die größte Armee der Welt – sind hier besonders gefragt, sondern die internationale politische Rechtfertigung der Besetzungen und Besatzungen.

Deshalb reist Mr. Bush am 23. Februar nach Mainz (!). Eine Reise nach Berlin wäre wohl politisch zu riskant.

Während der „Rede zur Lage der Nation“ am 3.2.'05 von George W. Bush saßen hinter ihm die Eltern von Byron Norwood, einem in Irak gestorbenen Feldwebel der US-amerikanischen Marineinfanterie. Süß und ehrenvoll sei es, für das sogenannte Vaterland zu sterben.

„Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Kriege getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.“

Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.

Es muß nicht dazu kommen.

Für den Bush-Besuch ist am 23. Februar eine zentrale Demonstration in Mainz geplant. Busfahrkarten gibt es für 23 EUR im Café Brigittenstraße 5 jeden Sonntag von 13 bis 18 Uhr und montags ab 19 Uhr.

Am 22. Februar, wenn Bush europäischen Boden betritt, soll es ausgehend vom Bundesausschuß Friedensratschlag in Kassel bundesweit dezentrale Aktionen unter dem Motto „Wir pfeifen auf Bush!“ geben. Das Hamburger Forum ruft zu einer Demo auf, und zwar um 17.30 Uhr vom Ida-Ehre-Platz zum US-Generalkonsulat.

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Unfreundlicher Besuch
oder
Die Freiheitsdrohungen des Mr. Bush

„Indem sie ihre Wirtschaft flexibler, innovativer und wettbewerbsfähiger machen, werden die Vereinigten Staaten die wirtschaftliche Führungsrolle auf der Welt beibehalten.“

George W. Bush, „Bericht zur Lage der Nation“, 2.2.'05.

 

„Wenn laufend vorhergesagte Anschläge ausbleiben, so erfüllen die Vorwarnungen wenigstens den Zweck, die Angst wach zu halten. Die Angst erlaubt, weiter zu rüsten und noch mehr zu überwachen. Noch sehen die USA ihre moralische Führerschaft in Abhängigkeit von der Überzeugungskraft ihrer Botschaft, die Welt werde vom Bösen verfolgt und könne nur in williger Unterordnung unter ein stetig erstarktes Amerika der Hölle entkommen. Mit der Schwächung oder dem Verlust des Bösen entfiele das Notwehrargument, das im Falle des Irak gerade noch funtkionierte, um die partielle Duldung eines vermeintlich präventiven Angriffskrieges durchzusetzen.“

Horst-Eberhard Richter, „Die Unfreiheit des Schreckens“, „Freitag“, 18.2.'05, S. 3.

Wenn einer eine Reise macht, dann muß er was erleben.

Das ist kein Witz – der US-amerikanische Kriegspräsident kommt nach Mainz.

„Zur Lage der Nation“/USA (vulgo: Imperialismus): Mit viel Schmonzette und Schmirlande vorgetragen, bedeutet dies Senkung der Steuern für das Kapital, die (weitere) Privatisierung und Kommerzialisierung der Gesundheitsvorsorge und der Rentenversicherung, die Verschärfung der Einwanderungsbedingungen (mit befristeten, niederen Arbeitskontrakten), die Forcierung der medizinischen Forschung (ohne embryonale Stammzellen), „saubere Atomkraft“, die Fortsetzung der innenpolitischen Repression durch das Ministerium für „homeland-security“, das ideologische Bauen auf EheFamilieVaterlandNachbarschaftshilfeReligion und nicht zuletzt das offensive Verleugnen sozialer Widersprüche und ihrer Nutznießer.

Außenpolitisch wird gesteigert Syrien und dem Iran gedroht, Nordkorea und Kuba sind nicht von der Agenda der „Tyrannei“ gestrichen. „Freiheit“ ist hier die geplant willkürliche Drohung. Der Gipfel der Rede: Durch dieses Programm seien die Sklaverei, der Faschismus und der Kommunismus besiegt worden. Heaven help!

Mit diesem schweren politischen Horrorpaket besucht der Präsident die Nato-Staaten, die EU-Länder und die Bundesrepublik.

Der Präsident säuselt und schleimt. Er benötigt dringend internationale Legitimation für seinen extrem konservativen ökonomischen Kriegskurs. Je mehr die Fassade bröckelt, desto mehr Kitt wird angebracht. Das ist schwierig bei etwas anders gelagerten geschäftlichen Interessen in Europa und einem merklich sozialer regulierten Modell des Kapitalismus.

Zudem macht auch einem George W. Bush die internationale Friedensbewegung für die Rechtfertigung der asozialen, undemokratischen und militaristischen Politik zu schaffen. Der Expansionismus ist nicht wohlgelitten.

Zu diesem Zweck und in diesem Sinne hat jede örtliche Aktivität globalen und aufklärerischen Charakter.

Das „Böse“ ist ein „Notwehrargument“, das leicht widerlegt werden kann.

Dienstag, 22. Februar:
Bundesweit Proteste gegen den Bush-Besuch.

In Hamburg: Demonstration
17.30 Uhr: Ida-Ehre-Platz -> US-Generalkonsulat.

Mittwoch, 23. Februar:

Zentrale Anti-Bush-Demonstration in Mainz.

Busfahrkarten gibt es für 23 EUR im Café Brigittenstraße 5
(Sonntag 13-18 Uhr, Mo ab 19 Uhr.)

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Der Besucher
oder
Krieg und Differenzen lassen sich nicht wegtoasten

„Die Vollstreckung der Todesstrafe wäre mit den Grundsätzen eines Kulturstaates nicht vereinbar, weil die Heiligkeit des Lebens höher steht als die schwankenden Forderungen der Sitte, deren Kodifikation das Gesetz darstellt. Der moderne Nationalstaat ist kein Kulturstaat: er nimmt nicht nur Mördern das Leben, sondern auch Unschuldigen, die zwangsweise in Uniformen gesteckt werden, um für die Interessen von Kaufleuten und Beamten getötet zu werden, ohne selbst etwas dabei gewinnen zu können.“

Kurt Tucholsky, „Der Mörder und der Staat“, Antwort auf eine Umfrage, 1928.

In Texas gilt gottesfürchtig nach wie vor die Todesstrafe. George Bush ist eins mit den Gesetzen dieses US-amerikanischen Bundeslandes, deren Gouverneur er einst war. Krieg gehört strukturell zu den rauhen Sitten des Imperialismus. (Mit der rechtlichen Kodifizierung ist es damit seit 1945 und der Gründung der UNO schwieriger geworden. Seit 1991, den Zeiten Bush Seniors, findet eine revidierende Verlotterung der Anwendung internationalen Rechts zur Eindämmung von Kriegen statt.) Die Alternative zwischen Krieg und Frieden ist geistig-kulturell und politisch als grundsätzlicher Gegensatz schwer umkämpft.

Mainz war eine von Polizei, Militär, Geheimdiensten und strengem Protokoll besetzte Stadt.

Trotzdem haben, nach offiziellen Angaben, 12.000 Friedensfreunde, Kriegsgegner und Globalisierungskritiker und Opponenten gegen reaktionäre Politik in dem Städtchen demonstriert, während der Welt erster Kriegsherr zu Besuch gewesen ist.

Der Besuch selbst war auf unduldsam gefühlvolle Weise werbend. Heuchelei ist, wenn man, lächelnd bissige Absichten kaschierend, Friedliches und Kooperatives vortäuscht. Der Bundeskanzler hat diese Show mitgespielt. Die Europäische Union wird gebraucht bei der (bei dieser) machtpolitischen globalen Ordnungspolitik der USA, die BRD hat dabei eine relevante politische Legitimationsrolle. (Die Kriegsdrohung gegen den Iran ist nach wie vor keineswegs vom Tisch!)

Trotz all der inszenierten Schwanftelei sind die Differenzen zur mehrheitlichen EU-Politik nicht gering: die EU schließt einen Militärschlag gegen den Iran aus; Frankreich und die Bundesrepublik wollen sich weiterhin nicht im Irak militärisch engagieren und halten sich ebenso bei der Beteiligung an den Kriegskosten zurück; die EU will das Waffenembargo gegen China aufheben, um selbst Waffen verkaufen zu können; mit dem größten Umweltverschmutzer USA gibt es Differenzen hinsichtlich internationaler Abkommen zur Reduzierung von industriellen Umweltgiften; die USA lehnen aus klar eigennützigen Gründen den Internationalen Strafgerichtshof (ISG) ab; die EU-Staaten lehnen das Gefangenenlager auf Guantanamo, wo internationales Recht gebrochen wird, ab.

Insgesamt ist im EU-Europa eher die politische Einsicht – auch unter dem Einfluß der Friedensbewegung und anderer sozialer Bewegungen – institutionalisiert, daß vorrangig mit Panzern etc. weder die Welt zu regieren sei, noch daß durch Waffen aller Art die besten Geschäfte zu realisieren seien.

Die Friedensbewegung hat das großmächtige Theater in Mainz merklich kritisch begleitet. Das ist die Fortsetzung allemal wert.

Freiheit, Gleichheit und Solidarität sind der Weg zum Frieden.

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„Kinder statt Inder“?
Das Visa-Affären-Tam-tam

„Ackermann: Nicht alle wollen übernommen werden, so wie wir auch nicht übernommen werden wollen. Zum Tangotanzen gehören zwei. Kleinere Übernahmen haben wir aber immer gemacht, in der Schweiz, in Amerika, und das werden wir auch weiterhin tun. Wir haben genügend Kapital.“

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, „SPIEGEL“-Gespräch, Nr. 9/2005.

 

„Früher pflegten wir zu sagen: Der gesellschaftliche Überbau muß sich der radikalen Veränderung an der ökonomischen Basis anpassen.“

Gerhard Schröder im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, 27.2.'05.

Der Banker sagt: „Wir haben genügend Kapital.“ Der Kanzler sagt, sie müßten sich „immer schneller anpassen“ – das haben sie, die jungen Sozialisten von „'68“ ff., früher bestimmt nicht (so) gesagt oder gemeint.

Joseph Fischer ist nicht auf Anhieb ein Sympath: Die leiblich-stimmliche Präsenz der sattsamen Etablierung ist Ausdruck eines ergebenen politischen Wandels der Haltungen und Meinungen, die zu kritik-günstigeren Zeiten noch vollmundig vertreten wurden. Zum Beispiel die Verkehrung des Pazifismus in „Menschenrechtsinterventionismus“ für den Krieg gegen Jugoslawien sei nicht vergessen.

Und dennoch: Gerade dann, wenn der NRW-Rüttgers von der CDU, der Erfinder von „Kinder statt Inder“, Mitglied einer professionellen Bevölkerungsbetrugsorganisation, am lautesten Krakeel macht und „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ ruft (eine ehemalige, wider Willen realsatirische Sendung des ZDF mit Eduard Zimmermann, wo die Nachbarn und Zuschauer Omas Handtaschenräuber anzeigen oder fangen sollten – Udo Nagel wird seine ungetrübte Freude daran gehabt haben), dann gehört so manches gehörig zurechtgerückt.

Prostitution, Menschenhandel, Erniedrigung, Geschäfte mit allem und mit allen, je nach Konjunktur und Rendite, gehören zur binnenstaatlichen und der internationalen Realität des Kapitalismus wie die neudreisten Sprüche des Herrn Ackermann und seiner Kollegen aus der Ausbeutungsbranche.

Die sozialpolitische Realität bzw. Lebensqualität hat sich in der Ukraine und anderen Staaten nach dem Zerfall der Sowjetunion nicht verbessert.

Da nimmt es nicht wunder, wenn die hochindustrialisierte BRD, trotz des abenteuerlichen Minimierens sozialer Errungenschaften, ein gewünschtes Einreiseland ist. Diese Not wird allerorten dann zwielichtig ausgenutzt. (Wobei noch keiner der Nationalismus und Rassismus schürenden Heuler nachgewiesen hat, wieviel mehr denn nun geneppt, geschleppt und prostituiert würde und wer oder was dafür ursächlich verantwortlich ist.)

Es ist Wahlkampf, d.h. die Zeit für Machtkämpfe und Ablenkungen – was letztlich eins ist.

„Zum Tangotanzen gehören zwei.“ Da hat Josef Ackermann – wenn man von der Musikgruppe absieht – ausnahmsweise recht. Es kommt allerdings darauf an, wer „führt“. Das könnte der Chef, der möglicherweise eine Tanzschule besucht hat, wissen.

Aufklärung, sozialer Fortschritt und allgemeine Wohlfahrt oder dunkle Mystik, Denunziation und die faktische Brutalität rücksichtslos steigender Aktienkurse?

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Gemeinsames Flugblatt von
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS

Verantwortung.

„Vor uns liegt, wenn wir richtig wählen, eine beständige Ausweitung von Glück, Wissen und Weisheit. Sollen wir stattdessen den Tod wählen, bloß weil wir unsere Streitereien nicht vergessen können? Wir wenden uns als Menschen an unsere Mitmenschen: Erinnert Euch Eures Menschseins und vergeßt alles andere! Wenn Ihr das vermögt, dann öffnet sich der Weg zu einem neuen Paradies. Könnt Ihr es nicht, dann droht Euch allen der Tod.“

Russel-Einstein-Manifest, 9.7.1955

Als vor 60 Jahren, am 6. August 1945, im strahlend blauen Himmel über Hiroshima die Atombombe explodierte, verloren in einem einzigen Augenblick über hunderttausend Menschen ihr Leben, weitere hunderttausende Menschen erlagen in der Folgezeit den Verbrennungen und Strahlenschäden. Mit dem „Manhattan Project“ (Kosten über 2 Mrd. US-Dollar, rund 150.000 Mitarbeiter) hatten namhafte Naturwissenschaftler im Dienste militärischer Machtpolitik die Kräfte, die die Welt in ihrem Innersten zusammenhalten, zur destruktiven Nutzung freigesetzt. Angesichts der selbst mithervorgebrachten Zerstörungsgewalt bereuten viele Wissenschaftler bald ihre Mitwirkung und bekämpften fortan jede Entwicklung sowie den weiteren Einsatz von Atomwaffen.

Die Erschließung der Kernkräfte durch die Naturwissenschaften macht die Frage, wem die Wissenschaft nutzt, zur Menschheitsfrage. Seit der Zündung der Atombombe ist die objektive Notwendigkeit, die ideologische und praktische Trennung von „freier“ Forschung und ihrer politisch zweckbestimmten Anwendung zu überwinden, auf brutale Weise unleugbar bewiesen. Wissenschaft muß die Verantwortung für die kultivierte Fortexistenz und Entwicklung der menschlichen Gattung realisieren.

Die geplante Kooperation des Fachbereichs Physik der Universität mit dem Forschungsreaktor II in München-Garching (FRM II) im Rahmen eines Sonderforschungsbereichs für Nanotechnologie bricht hart mit diesem Grundsatz.

Mit dem Forschungsreaktor umgeht das CSU-regierte Land Bayern den von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie. Weil durch diesen Aus-stieg insbesondere die Siemens AG um ihre „internationale Wettbewerbsfähigkeit“ auf dem profitablen Gebiet der Kernenergie fürchtet, nutzte sie ihre Position im Hochschulrat der TU München, um den Forschungsreaktor zu initiieren und den Auftrag für den Bau zu erhalten. Für ihr Geschäft dient der Siemens AG die zivile Nutzung als akademisches Deckmäntelchen. Doch wie bei allen anderen Kernreaktoren sind auch beim Betrieb dieses Forschungsreaktors Strahlung und Störfälle bis hin zum GAU nicht auszuschließen; die Entsorgung des Atommülls ist ungeklärt. Und vor allem: Der Forschungsreaktor wird mit hochangereichertem atomwaffenfähigen Uran betrieben.

Die stufenweisen Beseitigung aller zivilen Nutzung dieses Urans war bereits international vereinbart; waffenfähiges Uran wäre so perspektivisch aus dem Handel zu ziehen. Dies bedeutete den immensen politischen Fortschritt, im Sinne des Atomwaffensperrvertrags die weitere Entwicklung und Verbreitung von Atomwaffen zu erschweren. Mit dem Betrieb des Forschungsreaktors ist nun die zivile Nutzung des hochangereicherten Urans wieder gängige Praxis und wird durch die BRD auch international wirksam positiv sanktioniert.

Um so erforderlicher ist es, daß die Universität als Ganze ihre soziale, ökonomische und ökologische Verantwortung wahrnimmt und sich für die Überwindung von Atomenergienutzung, die Abschaffung von Atomwaffen und die Unterbindung profitsüchtiger, undemokratischer Einflußnahme auf staatliche Entscheidungen engagiert. Mit seiner Entscheidung, die Zusammenarbeit mit dem FRM II abzulehnen und damit der Unterwanderung der atomaren Abrüstung und des Atomausstiegs entgegenzutreten, hat der Akademische Senat der Universität diese Verantwortung wahrgenommen*.

Die Überwindung der Zerstörung der menschlichen Gesellschaft durch Krieg, Konkurrenz und Profitstreben ist jedoch von so zentraler Bedeutung, daß die Schaffung einer friedlichen Welt leitend für alle Wissenschaften werden muß.

Die Kooperation der Universität Hamburg mit dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) und die Einrichtung einer Professur für „Naturwissenschaft und Friedensforschung“ sind hierfür richtige Ansätze.

Der Kampf für die beständige Ausweitung von Wissen und Weisheit gerichtet auf soziale Gleichheit, allgemeine humane Gesundheitsversorgung sowie sinnvolle Bildung, Kultur und Arbeit für Alle als Grundlage dauerhaften Friedens ist Angelegenheit aller Hochschulmitglieder.

Die Kooperation als gesellschaftliches Prinzip der Nützlichkeit gegen das geschäftliche Prinzip der ausschaltenden Konkurrenz ist heirfür förderlich.

* dokumentiert: Beschluß des Akademischen Senats vom 17.02.2005

Verantwortung ist konkret: Keine Kooperation mit "München Garching"!

Der Akademische Senat fordert die an dem Sonderforschungsbereich "Magnetismus vom Einzelatom zur Nanostruktur" beteiligten Wissenschaftler auf, von einer Nutzung des Forschungsreaktors in München (Garching) abzusehen und stattdessen z.B. auf Spalationsquellen** zurückzugreifen, um beschleunigte Neutronen für die Untersuchung von Nanostrukturen zu erhalten.

 

**Spalationsquellen sind ein alternatives Verfahren zur Beschleunigung von Neutronen ohne die damit verbundenen Gefahren und Probleme von Kernreaktoren.

Dokumentiert: Geleit VIII, Hamburg, den 2.3.05
(Zum Geleit: regelmäßige Thesen von den linken Studierenden an die AS-Mitglieder)
Wohin des Wegs?
1) Ewig auf und ab?

„Till
Till Eulenspiegel zog einmal
mit andern über Berg und Tal.
Sooft als sie zu einem Berge kamen,
ging Till an seinem Wanderstab
den Berg ganz sacht und ganz betrübt hinab;
allein, wenn sie berganwärts stiegen,
war Eulenspiegel voll Vergnügen.
‚Warum‘, fing einer an, ‚gehst du bergan so froh,
bergunter so betrübt?‘ — ‚Ich bin‘, sprach Till, ‚nun so.
Wenn ich den Berg hinuntergehe
so denk ich Narr schon an die Höhe,
die folgen wird, und da vergeht mir denn der Scherz;
allein, wenn ich berganwärts gehe:
So denk ich an das Tal, das folgt, und faß ein Herz.‘“

Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769).

 

„Die Narren sind in der ganzen Welt platt und frostig und ekel; wann sie belustigen sollen, muß ihnen der Dichter etwas von dem Seinigen geben. (...)
Er muß sie aufputzen; er muß ihnen Witz und Verstand verleihen, das Armselige ihrer Torheiten bemänteln zu können; er muß ihnen den Ehrgeiz geben, damit glänzen zu wollen.“

Gotthold Ephraim Lessing, „Hamburgische Dramaturgie“, Zweiundzwanzigstes Stück, 1776.

Eulenspiegel bricht die Erwartungen einer spontanen Reaktionsweise und Stimmung, indem er eine Krümmung weiterdenkt und damit die Kraft für den Aufstieg gewinnt. Die Betrübnis während des Abstiegs hat geringere (negative) Folgen als die Freude Motor ist zur Zeit des Erklimmens. Des Narren Wahrheit sprengt die Beengung der scheinbaren Zwangsläufigkeit. Ein zusätzliches Wanderziel könnte alle Bögen überbrükken. Die vernünftige Antizipation bewegt alle nützlichen Handlungen.

2) Wer schaut hin und zieht Konsequenzen?

„Auf der Straße liegt ein toter Mann. Der Deutsche legt ihn rechts; der Engländer prüft, ob er sich etwa das Leben genommen hat; der Franzose klebt ihm eine Stempelmarke auf den Bauch – und Mussolini läßt auf alle Fälle dementieren, er sei es gewesen.“

Kurt Tucholsky, „Nationales“, 1924.

Im Zweifel ist's Mussolini gewesen. Dem ist durch Beiseitelegen, durch die unverbrüchlich mißgünstige Annahme der finalen Selbstschädigung oder die amtlich-korrekte Behandlung der Sache Mensch nicht beizukommen. Der mutmaßliche Gewalttäter hat schlechte Gründe, die ernsthaft kritisch fundiert abzulehnen sind. Wer Zweifel hat, möge sich prüfen. Das mögliche Morden ist zu verhindern.

3) Wenn heute...

„Wenn damals die deutsche Intelligenz alles, was Namen und Weltnamen hatte, Ärzte, Musiker, Schriftsteller, Künstler, sich wie ein Mann gegen die Schande erhoben, den Generalstreik erklärt, manches hätte anders kommen können, als es kam.“

Thomas Mann am 7. September 1945 an Walter von Molo zur Begründung seines Exils.

Auch ohne „Weltnamen“ mögen sich alle, deren Aufgabe das Geistige, Künstlerische und Humane ist, gegen die „Schande“, die in absichtsvoller Verdummung, Gewalt und Dekultivierung besteht, zu jeder – auch zu schaffenden – Gelegenheit erheben. Diese Gemeinschaft ist wirksam.

Möge manches anders kommen, als es soll.

4) Nahe Ferne

„Glückliche Fahrt
Die Nebel zerreißen, / Der Himmel ist helle,
Und Äolus löset / Das ängstliche Band.
Es säuseln die Winde, / Es rührt sich der Schiffer.
Geschwinde! Geschwinde! / Es teilt sich die Welle,
Es naht sich die Ferne; / Schon seh ich das Land!“

J. W. v. Goethe, Lyrische Dichtungen, Weimar 1794-1797.

Der neue Mut zur Aufklärung bläht die Segel eines jeglichen Schiffs. Die ganze Crew ist dann froh. Das Handeln erhält durch die ergebnisreiche Wahrheitsfindung einen erweiterten Sinn. Auch wenn das auf der Hand liegende einstweilen verlacht wird, ist das Vorhandensein der Erkenntnis nicht zu eliminieren. Hie und da steht auf der Begreifensfläche ein nackter Kaiser und ist kleiner als vorher gemeinhin angenommen. Das Volk lacht und findet freudentränig Gefallen an der wahren Größe der Macht. So ist das Schaffen auf Du und Du mit der Emanzipation durch allgemein würdige Menschlichkeit. Unerreichtes ist näher gerückt.

Wer will diese Hoffnung verneinen?

Sitzung des Akademischen Senats
Donnerstag, 10. März, 14 Uhr, im AS-Sitzungssaal, Uni-Hauptgebäude, ESA 1, Rm 308

Auf der Tagesordnung steht unter anderem erneut die Behandlung des studentischen Antrags auf Ablehnung von Studiengebühren. Eine positive Entscheidung durch den AS wäre eine erheblicher Erfolg für den Kampf um das gebührenfreie Studium, wenn der politische Senat zukünftig den Hochschulen die Gebührenerhebung freistellen will. Studentische Öffentlichkeit ist erwünscht.

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Die Sache mit der Wahrheit
Bush bleibt Bush, da helfen keine Pillen

„Das ist eine völlig neue Wirklichkeit. Sie bringt Aufruhr, Konflikt, Feindschaft und zeigt sich bisweilen als Terrorismus. Unsere eigene Politik, besonders im Nahen Osten, hat dazu geführt, dass sich dieser Terrorismus auch direkt gegen die Vereinigten Staaten wendet. Aber als Terrorismus lässt sich das ganze Ausmaß des Problems nicht definieren, und deshalb würde ich sagen, dass wir uns nicht in einer Phase des globalen Kampfes gegen den Terrorismus befinden. Diese Formulierung einigt unsere Feinde und trennt unsere Freunde, anstatt umgekehrt unsere Freunde zu einen und unsere Feinde zu spalten. Wenn wir vom Krieg gegen den Terrorismus sprechen, dann wird es schwer, die moderaten Araber zu ermutigen. Nicht zu übersehen ist die Gefahr, dass wir uns gegen die gesamte islamische Welt stellen. Vor allem aber entspricht diese Politik nicht mehr den Bedürfnissen einer Welt, in der Milliarden Bürger zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit aktiv am politischen Geschehen teilnehmen.“

Zbigniew Brzezinsky, „Im Sog der Demagogen“, Im Gespräch, „Freitag“ 9, 4.3.'05, S. 7. (Z. Brzizinsky war während der Präsidentschaft Jimmy Carters von 1976-1980 Leiter des Nationalen Sicherheitsrates der USA und galt als Hardliner in der Außenpolitik – besonders gegenüber der Sowjetunion und den Ländern der sog. Dritten Welt.)

Nach ihrer Befreiung aus der irakischen Geiselhaft ist die italienische Journalistin Giuliana Sgrena, die für die Zeitungen „Il Manifesto“ und „Die Zeit“ arbeitet, von US-amerikanischen Soldaten mit einem Kugelhagel begrüßt worden. Sie wurde schwer verletzt, der Geheimdienstagent Nicola Calipari, der sich vor sie warf, wurde getötet.

Der italienische Ministerpräsident Berlusconi spielt – kriegsbeteiligt – den Vorgang herunter, Mr. Bush drückt – kriegsherrlich – sein Bedauern aus. Italienische Demonstranten und linke Oppositionsparteien fordern den Abzug der italienischen Truppen aus dem Irak.

Die Brutalität des Krieges ist unendlich. Das ist nun mal seine „Natur“. Da diese „Natur“ menschengemacht ist, so ist sie Politik – also veränderbar, je nach Inhalt des Handelns und Interesse der Akteure bzw. Auftraggeber.

Die Firma „Halliburton“, der der jetzige Vize-Präsident der USA, Dick Cheney, einst vorstand, kassiert im Zusammenhang mit dem Krieg gegen den Irak 1,7 Mrd. US-Dollar von der Bush-Regierung, davon 710 Mio. US-Dollar für die Instandsetzung und den Betrieb der Ölproduktion. Dieses Privatunternehmen rekrutiert sein „Sicherheitspersonal“, auch für den Irak, besonders aus der Militärdiktatur Kolumbien. Diese hochbezahlten (7000 US-Dollar monatlich plus Lebensversicherung) strikten Soldaten sollen Öl- und Gaspipelines und Mitarbeiter von Privatunternehmen in Bagdad, Mossul, Falludscha und Basra bewachen. Solche Menschen zögern nicht lange mit dem konsequenten Gebrauch der Waffe. Hier erhalten Krieg und Besatzung eine dekultivierende Steigerung. Das Wort Demokratie bekommt auf diese Weise zynische Züge.

Z. Brzezinsky fordert in dem zitierten Gespräch die Entwicklung des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses, den Rückzug der Truppen aus dem Irak, die „Normalisierung der Beziehungen zum Iran“, die „Verbesserung der Beziehungen zu den Europäern und zu den Japanern“. Dies sei ein langwieriger aber ein notwendiger Prozeß, „eine Agenda, die unseren Blick auf die politischen und nicht zuletzt auf die moralischen Dilemmata lenkt, die aus der Ungleichheit erwachsen.“

Ungleichheit ist also das Übel. Aus der Gleichheit entsteht Frieden. Das sei die Aufgabe von Milliarden.

Hamburger Ostermarsch
Gegen Militarisierung und Krieg
Für eine Friedensstadt Hamburg

Ostermontag, 28. März 2005
12 Uhr: Auftakt, Friedenskirche Altona (Otzenstr.)
14 Uhr: Abschluß, Mahnmal Nikolaikirche (Ost-West-Str.)

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Gemeinsames Flugblatt von
harte zeiten – junge sozialisten & fachschaftsaktive und Liste LINKS

Was kostet die Vernunft?
Der AS bekräftigt seine Ablehnung von Studiengebühren

„Was nichts kostet, erfreut sich bekanntlich keiner besonderen Wertschätzung. Dieser Mangel drückt sich insbesondere darin aus, dass Leistungsnachweise hierzulande nicht als selbstverständliches Ergebnis der Teilnahme an Seminaren betrachtet, sondern oft nur nach Lust und Laune erworben werden.“

Unimagazin „YouSee“, 25. Januar 2005, Plädoyer für Studiengebühren von Prof. Dr. Dorothea Frede, Philosophisches Seminar der Universität Hamburg

 

„So wird denn, was wir früher ausgeführt haben, auch mit dem jetzt Dargelegten übereinstimmen: was für einen jeden seinem eigentümlichen Wesen nach das Entsprechende ist, das ist für jeden auch das Wertvollste und Erfreulichste. Für den Menschen also ist es dasjenige Leben, das der denkenden Vernunft entspricht, wenn doch diese am meisten der Mensch selber ist. Dieses Leben ist also auch das glückseligste.“

Aristoteles, „Nikomachische Ethik“

Beauftragt, im Universitätsmagazin ein Plädoyer für Studiengebühren zu halten, erzählt Frau Frede, ihres Amtes Professorin der Philosophie mit C4-Besoldung, – mit Verlaub – grobe Oberflächlichkeiten.

Was nichts kostet, läßt sich bekanntlich nicht verkaufen. Nun denn. Krankheiten sind insbesondere für Obdachlose eine große Freude seit der Praxisgebühr; Krieg ist besser als Frieden, weil uns jede Bombe Millionen kostet und Frau Frede schätzt die „Bummelstudenten“, weil die den Hochschulen den dürftigen Etat aufbessern. Eine andere bekannte Weisheit lautet, das Denken sei – wegen des Schädelumfangs – vorzugsweise den Pferden zu überlassen. So hartnäckig werden Irrtümer verbreitet und tradiert.

Gesellschaftlicher Fortschritt ist nicht, wie uns die neoliberalen Ideologen und Technokraten glauben machen wollen, Ergebnis der besinnungslosen Leistungskonkurrenz beißender und isolierter Individuen.

Wissenschaftliche und kulturelle Errungenschaften, Erkenntnisse über die Welt und den Menschen, über mögliche und notwendige Veränderungen sowie ihre materielle Verwirklichung sind stets Ergebnisse vernunftgeleiteter Kooperation. Verantwortliches Lernen ist ein wertvoller Prozeß.

Studiengebühren hingegen sind darauf gerichtet, Wissenschaft zur Ware zu degradieren, die schnöde gekauft und verkauft wird. Ein jeder solle sich dahin beugen, sich als „neutraler“ Träger des Wissens bestmöglich zu verkaufen. Soziale Offenheit der Ausbildung, Allgemeinbildung, Interdisziplinarität, human nützliche Studien, solidarisches Lernen und die Partizipation an der studentischen / akademischen Selbstverwaltung würden so stark eingeschränkt.

Dieser erniedrigenden Perspektive für die Hochschulentwicklung hat der Akademische Senat der Uni Hamburg erneut eine Absage erteilt und – nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil gegen ein bundesweites Verbot von Studiengebühren und artikulierten Begehrlichkeiten des Hamburger Senats – seine schon mehrfach beschlossene Ablehnung von Studiengebühren bekräftigt.

Um den Kampf gegen die Gebühren erfolgreich zu führen, können sich jedoch noch mehr und mehr Menschen ihrer Vernunft tätig bedienen.

Aufklärung dafür bedarf hohen Engagements.

Opposition gegen tumbe Beschränkung hat hohen Wert.

*dokumentiert: Beschluß des Akademischen Senats vom 10.03.2005

Der Akademische Senat bekräftigt seine Ablehnung von Studiengebühren.

Der Akademische Senat bekräftigt seinen Beschluß vom 24. Juni 2004*. Er beauftragt den ALSt gemeinsam mit dem Widerspruchsausschuß, dem für Lehre und Studium zuständigen Vizepräsidenten sowie der Verwaltung die bisherigen Erfahrungen bei der Befreiung von Studiengebühren kritisch auszuwerten. Dies geschehe besonders in Hinblick darauf, inwieweit dem formulierten Anspruch genüge getan werden konnte und welche Verbesserungen für die weitreichende Befreiung potentiell Gebührenpflichtiger vorzunehmen sind, insbesondere welche Regelungen in der Satzung zur Befreiung von Studiengebühren verbessert werden können. Die entsprechenden Vorschläge unterbreitet der ALSt so bald als möglich dem AS und dem Präsidium.

 

[*„Bei der Auslegung der Regelungen der ‚Satzung der Universität Hamburg zur Befreiung von Studiengebühren‘ folgt sie [die Universität] dabei dem in der Präambel festgelegten Grundsatz, ihr Möglichstes dafür zu tun, dass kein Studierender und keine Studierende aus sozialen, finanziellen, gesundheitlichen, studienbedingten, persönlichen oder sonstigen wichtigen Gründen genötigt ist, sein Studium zu beenden.“ Aus einem Beschluß des Akademischen Senats vom 24. Juni 2004]

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Vergessen
oder Dummheit macht frei

„Die Toten von Treblinka sind nicht dazu da, daß sich die Deutschen eine neue Identität beschaffen können.“ (...)
„Jede Generation muß ihre eigenen Erfahrungen des Unheils machen.“ (...)
„Eine Gesellschaft ohne Vergessen wäre unerträglich. ... Groll und Unversöhnlichkeit vergifteten ihr Leben. Davon befreit das Vergessen. Es entbindet die Menschen von den Folgen ihres Tuns.“

Wolfgang Sofsky, „Erinnern und Vergessen“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, 6.3.'05, S. 16. Der Autor ist Professor für Soziologie. Er lebt in Göttingen.
„Die Göttinger Sieben“ waren Professoren der Universität Göttingen (unter ihnen die Gebrüder Jakob und Wilhelm Grimm), die gegen die widerrechtliche Aufhebung der hannoverschen Verfassung von 1833 durch den 1837 zur Regentschaft gekommenen reaktionären König Ernst August II. protestierten und deshalb außer Amt gesetzt und zum Teil des Landes verwiesen wurden. Sie galten deutschlandweit als Opfer fürstlicher Willkür und als Vertreter einer freiheitlichen Gesinnung. Wolfgang Sofsky gehört wohl nicht in diese Tradition.

 

„Der heutige Tag ist / ein Resultat des gestrigen.
Was dieser gewollt hat, / müssen wir erforschen,
wenn wir zu wissen wünschen, / was jener will.“

Heinrich Heine (1797-1856).

Der deutsche Professor (der Soziologie) will wieder einen „Schlußstrich“ ziehen; kein „Nie wieder!“, fort mit „Wehret den Anfängen!“ – Vergessen...

Der Autor preist ferner in seinem Artikel den „Menschen ohne Gedächtnis“, der unbefangen in den Tag hineinleben dürfe, und wertet dagegen zynisch den „Erinnerungsmensch(en)“ ab, der nur noch ganz in der Vergangenheit leben könne. Im Abgang des Elaborats verringert Sofsky das Erinnern lediglich auf die Scham, die nur ein „privates, egozentrisches Gefühl“ sei. Das Lernen aus der Geschichte kennt der Göttinger Soziologe nicht. Die Bewegtheit gegenüber menschlichen Zerstörungen gigantischen Ausmaßes ist dem Dogmatiker des Vergessens fremd.

Treblinka ist ein Ort in Polen. In dem von der SS kommandierten Lager wurden vom Juli 1942 bis zum Oktober 1943 mehr als 700.000 Menschen planmäßig auf bestialische Art ermordet, vor allem Juden, Roma und Sinti. Die kalkuliert organisierte Massenvernichtung von Menschen war Teil der Weltunterjochungspolitik des deutschen faschistischen Regimes. Das Bündnis der Eliten (Schwerindustrie, Junkertum und Militär) hatte sich zusammengetan, um mit brutaler Gewalt den sozialen Fortschritt zu eliminieren und andere Länder zu erobern und zu beherrschen. Das läßt sich nicht wegsoziologisieren.

Ebensowenig läßt sich leugnen, daß die Anti-Hitler-Koalition (Großbritannien, Sowjetunion, USA), die Welt vom Faschismus befreit hat, besiegelt am 8. Mai 1945. Exilierte und Widerstandkämpfer haben gleichfalls gegen dieses organisierte Verbrechen gewirkt.

Ein historisches Faktum ist gleichwohl, daß nach dem Sieg über den Faschismus eine friedliche, demokratische, humane und sozial gerechte Welt entstehen sollte, bei der nicht nur Schlimmes verhindert, sondern grundlegend Menschengerechteres entstehen sollte. Das Potsdamer Abkommen und die Gründung der UNO sind dafür profunde Beispiele.

Diese systematischen und berechtigten Erwartungen sind aktuell alles andere als erfüllt. Krieg und Elend sind nicht überwunden.

Wer Vernunft, Aufklärung, historisches Lernen und die Notwendigkeit humanen Fortschritts wider engagiertes Wissen leugnet, sollte sich schwerwiegend prüfen und seine Lehrbefugnis bezweifeln.

„A-Politik, das bedeutet einfach Anti-Demokratie, und was das heißen will, auf welche selbstmörderische Weise sich der Geist dadurch zu allem Geistigen in Widerspruch setzt, das kommt erst in bestimmten akuten Situationen höchst leidenschaftlich an den Tag.“

Thomas Mann, „Kultur und Politik“, 1939.

Mensch-Sein ist ohne Verantwortung nicht zu haben.

Hamburger Ostermarsch
Gegen Militarisierung und Krieg
Für eine Friedensstadt Hamburg

Ostermontag, 28. März 2005
12 Uhr: Auftakt, Friedenskirche Altona (Otzenstr.)
14 Uhr: Abschluß, Mahnmal Nikolaikirche (Ost-West-Str.)

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Neid?
Sozialismus?

„Mit der Veröffentlichungspflicht wird der Sozialismus auf den Vorstandsetagen eingeführt.“

Wendelin Wiedeking, Porsche-Chef zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Offenlegung von Vorstandsgehältern.

 

„Wer weniger Geld hat als wir, dem fehlen die materiellen Voraussetzungen, das Leben voll zu genießen. Sicherlich schlummern auch im Arbeiter unerlöste kulturelle Bestrebungen, aber Sie müssen nicht vergessen, Herr Ministerialrat, die Tiefergestellten wollen vielleicht, aber sie können nicht. Ich bitte Sie, was haben denn diese Leute für Interessen!“

Kurt Tucholsky, „Ausflug zu den reichen Leuten“, 1927.

Die Aufregung war groß, als Bundesjustizministerin Zypries den Gesetzentwurf zur Offenlegung von Vorstandsgehältern börsennotierter Konzerne der Öffentlichkeit vorlegte.

Zu den pointiertesten Reaktionen gehörte die von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking (s.o.). (Wenn es diesen Namen nicht schon gäbe, müßte man ihn unbedingt erfinden.)

Porsche hat als Autoproduzent im kleinen Luxusbereich gute Absätze, macht erkleckliche Gewinne und ist an der Börse positiv notiert. Am meisten Erfolg hat das Unternehmen mit dem Modell „Cayenne“, das mit Preisen von 50.000 bis über 100.000 Euro gern von gut betuchten älteren Herren – wegen des bequemen Einstiegs und der hohen Sitzposition – gekauft und zur Hälfte des Absatzes in die USA exportiert wird.

Was aber sei nun die Einführung von „Sozialismus auf den Vorstandsetagen“?

Ganz abgesehen davon, daß sich Sozialismus gewiß nicht „einführen“ läßt und auf der Managementebene schwer vorstellbar ist, kommt in der Wiedekingschen Schreckensphantasie zum Ausdruck, daß es in der BRD (und anderswo) mit den sozialen und kulturellen Verhältnissen nicht zum Besten steht. Bei einerseits steigenden Gewinnen, Exportweltmeisterschaft, Vorstandsgehältern in Millionenhöhe, diversen Besitzmilliardären und andererseits Millionen Erwerbslosen, Sozialhilfeempfängern, bedrängten öffentlichen Haushalten, privater Verschuldung, verrottender öffentlicher Infrastruktur etc. mag die Bevölkerung, der große Lümmel, wohl auf dumme Gedanken kommen.

Sozialer und kultureller Fortschritt, bishin zur Infragestellung des privaten Besitzes gesellschaftlichen Reichtums, d.h. Abrüstung, Entmilitarisierung, Rüstungskonversion, zivile Konfliktregulierung, Schuldenerlaß gegenüber der sogenannten Dritten Welt; der Ausbau von sozialen Sicherungssystemen, von Bildungs-, Kultur- und Gesundheitseinrichtungen; die volle Demokratisierung auch „der“ Wirtschaft könnten durchaus zu diesen despektierlichen Gedanken und Forderungen gehören, die durch entsprechende Aktivitäten Nachdruck erhalten könnten.

Seitens des leitenden Managements darf und soll dieses Teufelswerk nicht sein. Daher rührt eigentlich die Aufregung und wird mit dem Schreckenswort Sozialismus raunend belegt. Die Legitimationsbasis der Ungleichheit ist ein schwankender Boden.

In diesem Sinne hat auch Horst Köhler gesprochen, der mit der nostalgischen Beschwörung der 50er Jahre (VW Käfer und Ludwig Erhard) und der Anrufung der Nation („patriotische Verantwortung“) Wahlkampf für die CDU und die Unternehmensverbände gemacht hat.

„Der unbeirrbare Stumpfsinn, mit dem diese Kapitalisten ihre törichte Geldpolitik fortsetzen, immer weiter, immer weiter, bis zur Ausblutung ihrer Werke und ihrer Kunden, ist bewundernswert. Alles, was sie seit etwa zwanzig Jahren treiben, ist von zwei fixen und absurden Ideen beherrscht: Druck auf die Arbeiter und Export.“

Kurt Tucholsky, „Die Herren Wirtschaftsführer“, 1931.

Die Parallelen zur Weimarer Republik sind unübersehbar. Die Verschleierungen sind zu durchschauen.

Institutionelle Tötung durch
Verhungern und Verdursten

„Der Mensch ist im wörtlichsten Sinne ein zoon politikon (gesellschaftliches Lebewesen), nicht nur ein geselliges Tier, sondern ein Tier, das nur in der Gesellschaft sich vereinzeln kann. Die Produktion der Einzelnen außerhalb der Gesellschaft – eine Rarität, die einem durch Zufall in die Wildnis verschlagnen Zivilisierten wohl vorkommen kann, der in sich schon die Gesellschaftskräfte besitzt – ist ein ebensolches Unding als Sprachentwicklung ohne zusammen lebende und zusammen sprechende Individuen.“

Karl Marx, Einleitung zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, S. 616.

Die Welt ist aus den Fugen.

Es ist schon eine originär kapitalistische Eigenart des aktuellen Menschen, sich und seinesgleichen danach zu bemessen, was er ökonomisch wert ist. Was kostet er/sie? Was bringt er/sie ein? Wer ist mehr wert?

Diese „Eigenart“ nimmt immer neue Auswüchse an.

Der Wachkomapatientin Terri Schiavo ist nach 15 Jahren Behandlung auf gerichtlichen Beschluß die Magensonde entfernt worden, damit sie, amtlich besiegelt, verhungert und verdurstet. Dieser Mensch hat aus eigener Kraft geatmet, die Augen geöffnet und den Kopf gewendet. Dennoch wird behauptet, Terri Schiavo habe nicht gelebt. Dieser Zustand entspricht der Lage vieler tausender Wachkomapatienten in der Welt. (Einige erwachen daraus auch wieder.) Diese besondere Form der Ohnmacht ist Leben und bedarf der Betreuung und Pflege und Hoffnung auf Besserung.

Deswegen haben sich auch der Vorsitzende des Marburger Bundes, Montgomery, und der Präsident der Bundesärztekammer, Hoppe, aus ärztlich-ethischer Sicht unbedingt für den Lebenserhalt von Wachkomapatienten ausgesprochen. Das habe „unbedingten Vorrang“.

In Zeiten des neoliberalen Diktats brutaler Verwertungsökonomie, die nur noch in Restbeständen an dem Allgemeinwohl orientiert ist, findet ebenso wie vermehrte Kriegshandlungen und „feindliche Übernahmen“ die Auffassung vom „nicht lebenswerten Leben“ Verbreitung – alt = Schrott, eingeschränkt = wertlos. Bestimmte öffentliche populistische Äußerungen von sozialdarwinistisch gestimmten Youngsters aus CDU und FDP gingen bereits in diese Richtung. Die Diskussion um die sogenannten Patientenverfügungen trägt diese Züge. Die Einschränkung kostenintensiver Behandlungen bei älteren Menschen wird zunehmend medizinische Praxis. Gesetzliche Einschränkungen dieser Weise drohen.

Dagegen ist der Mensch das „wert“, was die Gemeinschaft (auch medizinisch) ihm Gutes tun kann, damit er weitgehend uneingeschränkt der Gemeinschaft erhalten bleibt, um so dieser wieder kulturell und sozial förderlich sein zu können. Eine solche aufgeklärte Option ist human und muß in jeglicher Praxis bewiesen werden. Wissenschaft, Medizin und politisch Handelnde haben hier eine besondere Verantwortung.

Leben ist nicht Sterben!

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Jakobinersperling