Wintersemester 2009/2010

Flugblätter

Inhalt:

f-09-10-01 Banken und allgemeine Wohlfahrt? Eine Entgegnung auf Herrn Ackermann
f-09-10-02 Zur Präsidentenfindung: Aufgeklärtes Handeln oder Business as usual?
(Gemeinsames Flugblatt mit dem FachschaftsBündnis und harte zeiten:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!)
f-09-10-03 Hochschulsponsoring: Wie viel Wirtschaft verträgt die Uni?
f-09-10-04 Zeitung zum Semesteranfang Wintersemester 2009/2010
f-09-10-05 Vernunft? Ja, Vernunft! Zum neunzigjährigen Geburtstag der Universität Hamburg
(Gemeinsames Flugblatt mit dem FachschaftsBündnis und harte zeiten:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!)
f-09-10-06 Kommt die Ungleichheit wieder in Mode? Bemerkungen zu einer neuen Etappe
f-09-11-01 Zwei ungleiche 9. November: 1918 und 1938
(Gemeinsames Flugblatt mit dem FachschaftsBündnis und harte zeiten:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!)
f-09-11-02 Was sind „angemessene Luftschläge“?
Einige Überlegungen zum Krieg als prinzipiell unangemessene Handlung
f-09-11-03 Zuviel des Schlechten oder Der begrüßenswerte Drang zum Wechsel
f-09-11-04 Aus der Geschichte lernen: „Das siebte Kreuz“ – ein gutes Beispiel wider die Allmacht
(Gemeinsames Flugblatt mit dem FachschaftsBündnis und harte zeiten:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!)
f-09-11-05 Der Mitschnacker. Dieter Lenzen soll nun durch einen peinlichen Handstreich Präsident sein
(Gemeinsames Flugblatt mit dem FachschaftsBündnis und harte zeiten:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!)
f-09-11-06 Hirn verrenken – Karriere denken?
f-09-11-07 Oh Wunder – Bologna trifft auf die Wirklichkeit.
(Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen)
f-09-12-01 Der Kriegseinsatz in Afghanistan wackelt. Frieden bleibt notwendig
f-09-12-02 Hallo Weihnachten! Bedenkliches
f-09-12-03 Opposition für Humanität als Wahrheit
Programmatisches zur Wahl des Akademischen Senats
(Gemeinsames Flugblatt mit dem FachschaftsBündnis und harte zeiten:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!)
f-10-01-07 Lernen! oder Das Hamsterrad ist kein Fortbewegungsmittel
f-10-01-08 Nun wird's spannend. Zu den Wahlen des Studierendenparlaments
f-10-01-09 Gut gemeinte Ratschläge oder Die Wiederholung eines Fehlers ist ein doppelter Fehler
f-10-01-10 Ein deutliches Votum gegen unternehmerische Despotie:
Das Ergebnis der Wahlen zum Akademischen Senat
(Gemeinsames Flugblatt mit dem FachschaftsBündnis und harte zeiten:
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!)
f-10-02-01 Oh, Banken! oder Der Zauber der Heuchelei
f-10-02-02 Was soll nur diese Bescheidenheit? oder Mäßigung ist nur betreffs des Krieges sinnvoll
f-10-02-03 Ein rationales Gebot: Den Krieg in Afghanistan beenden
f-10-02-04 Guidos Karneval oder Wer fürchtet sich vor der Menschenwürde?
f-10-03-01 Klägliche Halbzeit von Schwarz-Grün. Die Bevölkerung befindet sich im Rückstand
f-10-03-02 Glanz und Gloria oder Butter bei die Fische? Zur Perspektive
f-10-03-03 Bachelor-/Master-Desaster: Nur echte Veränderungen bringen echte Heilung
f-10-03-04 Zynismus oder die Würde des Menschen? Eine umfassende Bildungsfrage

Banken und allgemeine Wohlfahrt?
Eine Entgegnung auf Herrn Ackermann

„SPIEGEL: Inzwischen erzielen viele Banken schon wieder hohe Gewinne. Ausgerechnet die Verursacher der Krise verdienen an den staatlichen Rettungsmaßnahmen und dem billigen Geld, das die Notenbanken zur Stabilisierung ins System pumpen. Sind Sie ein Krisenprofiteur?

Ackermann: Es ist klar, dass die Stabilisierung der Finanzmärkte und die Interventionen der Regierungen und Notenbanken geholfen hat. Sind wir deshalb Krisenprofiteure? Von den staatlichen Rettungsmaßnahmen profitieren doch alle und übrigens auch davon, dass viele Banken wieder Gewinne erzielen: Wir sind dadurch in der Lage, die Geschäfte der Industrie zu finanzieren, Arbeitsplätze zu schaffen beziehungsweise zu sichern, Steuern zu zahlen, Wachstum und Wohlstand zu fördern.“

Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, im „SPIEGEL-Gespräch“, „SPIEGEL“ 41/2009.

Ist die Welt in bekömmlicher Ordnung?

In den Banken (auch der „Deutschen“) werden sich immer noch die Finger geleckt nach zu vergebenden Studienkrediten, die zur Bezahlung der Studiengebühren bzw. Finanzierung des Lebensunterhalts während des emsigen Studiums aufgenommen werden sollen...

Josef Ackermann gilt als eine der Galionsfiguren des internationalen Bankensystems. Er hält nach wie vor an dem Gewinnziel („Eigenkapitalrendite“) von 25 Prozent fest. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank geht davon aus, daß das Pleitegehen von konkurrierenden Banken auf dem Finanzmarkt die Gewinnmargen der Deutschen Bank verbessert. Sie ist schon jetzt mit einem Weltanteil von 21 Prozent des Derivatenhandels der größte Händler auf diesem Gebiet. Ihr Motto lautet: „Leistung aus Leidenschaft“.

Dieses globale Prinzip – Gewinne um jeden sozialen Preis respektive jede kulturelle Verrohung – hat ursächlich in die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise geführt, die in ihren Ausmaßen zwar politisch eingedämmt wurde, aber ihr Ende noch längst nicht gefunden hat.

Da ist es doch ein wenig verwunderlich, wenn Herr Ackermann diese wesentlich fortgesetzte Handlungsweise als Quelle und Garant der allgemeinen Wohlfahrt hinzustellen versucht und zudem empfiehlt, die Steuern (wg. Wachstum) zu senken sowie die staatlichen Ausgaben auch. Das heißt faktisch nichts anderes, als die Gewinne zu steigern und die sozialen Strukturen weiter schmerzlich zu reduzieren. Hier kann er sich herzlich mit Herrn Westerwelle die Hand schütteln.

Die Krise hat Adresse und Gesicht – und so ein eigentümliches Grinsen. „Der zentrale Orientierungspunkt ist hier der Gewinn.“ (Josef Ackermann, a.a.O.)

Da das Prinzip des puren Gewinns und die allgemeine Wohlfahrt in einem gewissen Gegensatz zueinander stehen, ist mehr denn je sinnvoll, sich für die Abschaffung der Studiengebühren einzusetzen.

Gleich wohl gehören angemessene Löhne, bedarfsgerechte Sozialleistungen und die Beendigung von Kriegen aller Art dazu.

Demokratie basiert auf unverstellter Einsicht und solidarischem Handeln. Der Weg aus der Krise ist in Klugheit gemeinsam zu gehen.

Die Fortsetzung des Systems Ackermann ist hingegen schädlich.

„Und gehts gut, so ist der Kapitalist ein tüchtiger Kerl, auch zeigt dies, daß die Wirtschaft nicht auf private Initiative verzichten kann. Gehts aber schief, so ist das ein elementares Ereignis, für das natürlich nicht der Nutznießer der guten Zeiten, sondern die Allgemeinheit zu haften hat. Wirf den Bankier, wie du willst: er fällt immer auf dein Geld.“

Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.

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Gemeinsames Flugblatt des Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!:
FachschaftsBündnis, harte zeiten und Liste LINKS

Zur Präsidentenfindung:
Aufgeklärtes Handeln oder Business as usual?

„Die Gesellschaft als Ganzes braucht Verbesserungen nicht weniger als der einzelne Mensch.“

Bertolt Brecht, „Über Gesetze“, Me-ti. Buch der Wendungen.

Ist Barak Obama ein Friedenspräsident? – Diese Frage beschäftigt die Welt.

Das international friedliche Zusammenleben als kulturelle Entfaltung auf sozial gesicherter Grundlage ist ein Menschheitsideal. Es wird nicht dadurch falsch, daß es vielfach negiert sowie als unrealistisch denunziert wird.

Die große Ambition – weltweite (atomare) Abrüstung, wirtschaftliche Kooperation, gesicherte natürliche Lebensgrundlagen, soziale Progression und innenpolitische Entmilitarisierung – verdient uneingeschränkt praktische Zustimmung.

In diesem Zusammenhang ist beispielsweise der friedensschaffende Beitrag desertierender US-Soldaten ungleich größer als der ihres obersten Befehlshabers.

Der Friedenspreis ist somit vor allem ein Signal an die US-amerikanische Reaktion, an ihren schädlichen Bellizismus. Es sind schon schlechtere Entscheidungen in Oslo gefällt worden.

Für die verantwortungsvolle Durchsetzung humanistischer Ziele bedarf es aber aufgeklärter kritischer Bewegungen in der Gesellschaft. Darin hat „Universität“ eine positive geistige Aufgabe.

Bekommt die Universität Hamburg nun also – nach dem hiesigen Scheitern der strikt uneinsichtigen Frau Auweter-Kurtz – einen demokratischen Präsidenten resp. eine demokratische Präsidentin?

Wird für die Überwindung der strukturellen Unterfinanzierung und die Gebührenfreiheit gekämpft?

Werden die progressiven Ansätze in der Friedens-, Konflikt-, Klima- und Bildungsforschung universitär und gesellschaftlich verallgemeinert?

Ist egalitäre argumentative Verständigung der Modus der Weltaneignung für die erfreuliche Entwicklung der Institution?

Oder wird – wie es Hochschulrat, Präsidium und der etwas unambitionierte Akademische Senat nahelegen – die Auslieferung der Universität an die private Wirtschaft moderiert fortgesetzt? Die inneruniversitäre Konkurrenz und Machtpolitik vertieft? Der humane Nutzen gesellschaftskritischer Wissenschaften, die Partizipation, die Notwendigkeit sozialen Fortschritts negiert?

Das bisherige Verfahren zur Präsidentenfindung berücksichtigt nur unzulänglich gewonnene Erkenntnisse und Ansprüche. Gespräche und Auswahl hinter verschlossenen Türen sowie die Beteiligung einer Head-Hunter-Firma (Egon Zehnder Int.) sind einer demokratischen Institution immer noch vollständig unangemessen. „Wissenschaftliche Qualifikation“, „Leitungs- und Gremienerfahrung“, „internationale“ Vernetzung und „Kommunikationskompetenz“ (Text der Stellen-Ausschreibung) sind keine ausreichenden Kriterien für die Suche nach einer verantwortungsbewußten kooperativen Persönlichkeit.

Die Kämpfe der vergangenen Semesters für die Re-Demokratisierung der Hochschule, die vernünftige Erweiterung der Universität an ihrem derzeitigen Ort („Uni bleibt!“), für solidarisches Lernen und nicht zuletzt Gebührenfreiheit haben die Aussicht dafür geschaffen, einen vernünftigen Neubeginn zu wagen.

Erst die große Ambition ist dem gemeinsamen wie individuellen Handeln eine souveräne und sinnvolle Orientierung.

Die Qualität der präsidialen Leitung hängt wie immer von der anspruchsvoll demokratisch engagierten Hochschulöffentlichkeit ab. Auch deshalb müssen das Anhörungsverfahren und die Diskussionen zur Präsidentenfindung, die für November/Dezember geplant sind, noch durch den Akademischen Senat für alle geöffnet werden.

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Hochschulsponsoring:
Wie viel Wirtschaft verträgt die Uni?

„Manuel Rez, Student im vierten Semester BWL [an der Uni Mannheim] und Sprecher der Fachschaft, gehört zu den Studenten, die besonders von der Großzügigkeit der Stifter profitieren. Um sich Nachwuchskräfte zu sichern, spenden Unternehmer deutlich lieber für Ökonomik oder Biotechnologie als für Ethnologie und Skandinavistik. In Mannheim entfallen allein auf die BWL-Fakultät fünf der sechs Stiftungslehrstühle. Rez hält das alles nicht für ein Problem. Im Endeffekt gehe das Humboldtsche Bildungsideal zwar schon irgendwie verloren. Der BWL-Student betrachtet das Thema aber eher pragmatisch als idealistisch: ‘Solange Geld in die Kassen der Uni kommt, können wir Studenten nur davon profitieren.’“

„Hochschulsponsoring: Wie viel Wirtschaft verträgt die Uni?“, „Frankfurter Allgemeine hochschulanzeiger /Karriere Studieren“, Oktober 2009, S. 79f.

 

„Wir sind keine Römer, wir rauchen Tabak.
Ein jedes Volk hat seinen Geschmack,
Ein jedes Volk hat seine Größe;
In Schwaben kocht man die besten Klöße.“

Heinrich Heine, „Zur Beruhigung“, 1844.

Da haben wir nun den Salat – „im Endeffekt“. Wenn sich „die“ Wirtschaft die Professoren, die Hörsäle, den wissenschaftlichen Nachwuchs kauft – somit auch Wissen und Gewissen –, wird flugs das Humboldtsche Bildungsideal zum alten Plunder erklärt und gedankenlos über Bord geworfen. Die Wissenschaft geht stiften – gewissermaßen baden. In Baden-Württemberg.

Brav und bieder an Deck, was sollen da die Einheit von Forschung, Lehre und Universität? Wer setze schon auf vernunftgeleitete Mündigkeit und Allgemeinbildung? Auf aufgeklärte Menschen, die sich für Frieden, Gerechtigkeit, den Austausch der Kulturen, bilden und einsetzen? Die ein vernünftiges Verhältnis zu den Mitmenschen, zu Natur und Gesellschaft entwickeln?

Was soll eine Universität, die, frei von staatlichem Zwang und wirtschaftlichen Interessen die freie Studienwahl und -organisation ermöglicht? Deren interdisziplinärer Austausch von Wissen und Erkenntnissen zwischen den Fächern eine integrative Verbindung erhält durch die gemeinsamen Grundlagen der Philosophie? Nehmen wir hinzu die gesellschaftlich verantwortliche Selbststeuerung der entsprechenden Institution?

Wieviel rationale, soziale und kooperative Verantwortung verträgt also die Universität?

Wie wenig davon sein kann, hat jedenfalls die letzte Präsidentin sehr anschaulich und spürbar bewiesen. Das konservative Handeln im neoliberalen Rahmen geht stets hinter die humanistischen Ansprüche Wilhelm von Humboldts (1767-1835) zurück. Die sklavische Nähe zur Wirtschaft trägt feudale Züge. Zur Beruhigung besteht wenig Anlaß.

Die Hochschulen und die Gesellschaft können also in umfassender Weise eine Renaissance der Vernunft vertragen.

„Denn das Wort ist der Feind des Geheimnisvollen
und ein grausamer Verräter der Gewöhnlichkeit.“

Thomas Mann, „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“, 1954.

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Zeitung zum Semesteranfang Wintersemester 2009/2010

Das Prinzip Rockefeller:
Ewig? Für alle gültig?

„Das Erstreben von Reichtum wird ihm zum wichtigsten Ziel.
Dass der Ölmarkt dabei Chancen bietet, weiß Rockefeller schon früh. Doch der Markt ist jung, und in Amerika existieren zahlreiche kleine Raffinerien, die miteinander konkurrieren. Öl ist eben Öl und kann leicht durch ein Konkurrenzprodukt ersetzt werden. Hier gilt: Der Billigste gewinnt. Rockefeller erkennt schnell, dass mit Öl nur auf eine Weise ein großes Geschäft zu machen ist: indem man selbst groß ist. (...)
Auf neuen Märkten schnell groß werden und die Konkurrenz aus dem Weg boxen: Das ist auch das umstrittene Erfolgskonzept von Konzernen wie Microsoft, wenn auch mit anderen Methoden.“

Lisa Nienhaus, „Der Größenwahn des John D. Rockefeller“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 18.10'09, S. 48. Der Artikel ist die fünfte Folge der Reihe „Wie wir reich wurden“ in der Rubrik „Geld & Mehr“.

 

„Hollywood
Jeden Morgen, mein Brot zu verdienen
Gehe ich auf den Markt, wo Lügen verkauft werden.
Hoffnungsvoll
Reihe ich mich zwischen die Verkäufer.“

Bertolt Brecht, Gedichte 1939-1949.

Die „FAS“ kann es nicht lassen: „Wie wir [!] reich wurden“ – vom Hilfsbuchhalter (der Rockefeller einst war) zum Milliardär, zum damalig reichsten Mann der Welt. Etwas skrupellos zwar, aber tüchtig, asketisch und findig.

In späteren Jahren setzte Rockefeller sein Vermögen teilweise für Wohltätigkeitszwecke ein – für Schulen, Bibliotheken und Universitäten. Eine Erfolgsgeschichte, die letztlich milde stimmen und als Beispiel für persönlichen Erfolg gelten soll.

Diese Geschichte ist allerdings ohne die schmutzige Mühsal der Arbeiter auf den Erdölfeldern geschrieben.

Hatten sie wenigstens Zeit, ein Buch in die Hand zu nehmen?

ExxonMobil, ein Partikel aus der 1911 auf Gerichtsbeschluß hin zerteilten „Standard Oil“ (das Rockefeller-Unternehmen hatte Ende des 19. Jahrhunderts 90 Prozent des US-amerikanischen Ölmarktes unter Kontrolle), gehört heute zu den größten Unternehmen der Welt und erzielt jährlich einen Reingewinn von gut 40 Milliarden Dollar.

Zu diesen Zwecken werden heutzutage bekanntlich immer noch Kriege unternommen.

Eine Erfolgsgeschichte?

Jedenfalls gilt dieses Prinzip als dominante Kraft der Globalisierung und hat in eine tiefe internationale Krise von Wirtschaft, Finanzen, Sozialbeziehungen und menschlicher Kultur geführt.

Das hindert manche wie beispielsweise die Vulgärliberalen der FDP nicht daran, diese Methode der Mehrheit der Bevölkerung dringlich anzuempfehlen und sie zum Regierungshandeln machen zu wollen. Die „Freiheit“ ist zur sozialen Skrupellosigkeit deformiert worden. Die Rechnung soll die Allgemeinheit zahlen. Der Verdruß steigt mit jeder Mahnung.

Um dieser berechtigten Verärgerung Vernunft, Richtung und gemeinsame Handlungsbedeutung, also praktische Entfaltung zugeben, hilft die gute alte Tante Aufklärung: Krieg ist nicht Frieden, individueller Reichtum nicht allgemeine Wohlfahrt, der Ellenbogen nicht die geistreiche Hand, Studiengebühren nicht sozial, Ba/Ma kein intellektuelles Vergnügen, das Hamsterrad kein Fortbewegungsmittel.

Geistiger Widerstand gegen scheinbare Unabänderlichkeiten weitet den praktischen Horizont. Entdeckungen lohnen sich.

„Der Blick des Forschers fand
Nicht selten mehr, als er zu finden wünschte.“

Gotthold Ephraim Lessing, „Nathan der Weise“, Zweiter Aufzug/Siebter Auftritt, 1779.

Auch gewendeter Mist bleibt Mist.
Der Bachelor muß weg.

„Unabhängig davon, ob die öffentlich geäußerten Kritikpunkte in jedem Fall, an jeder Hochschule und in allen Bundesländern zutreffend sind, spiegeln sie doch eine nicht unerhebliche Skepsis in Teilen der akademischen Öffentlichkeit hinsichtlich des Bologna-Prozesses wider.[…] Die Kultusministerkonferenz hat sich zum Ziel gesetzt, adäquat und schnell auf die vorgebrachten Kritikpunkte zu reagieren und die Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses gemeinsam mit den Hochschulen voranzutreiben.“

„Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses“, Beschluß der 327. Kultusministerkonferenz am 15.10.2009

 

„Die Länder empfehlen daher den Hochschulen nachdrücklich, Studieninhalte und zu erwerbende Kompetenzen mit möglichen künftigen Arbeitgebern zu diskutieren, ihre Alumni in die Weiterentwicklung der Studiengänge einzubinden und Absolventinnen und Absolventen auch auf die Option der beruflichen Selbstständigkeit vorzubereiten.“

(a. a. O.)

Der Bachelor ist ohne Zweifel ein bildungs- und wissenschaftspolitisches Desaster.

Starre Module und Fristen, unentwegte Prüfungen und benotete Hausarbeiten sowie allgegenwärtige Kontrolle durch Anwesendheitslisten und die Gouvernante STiNE machen das Studium in etwa so erquicklich wie einen matschigen Gelände-Parcours in der Grundausbildung der Bundeswehr.

Der gänzlich unproduktive, zusätzliche Verwaltungs-, Prüf- und Korrekturaufwand streßt auch die Mitarbeiter und Lehrenden, und die privatwirtschaftliche Akkreditierung der Studiengänge drückt auf die ohnehin zu knappen Etats der Hochschulen.

Wissenschaftliche Kooperation, erfreulicher Erkenntnisgewinn, gesellschaftlich verantwortungsvolle Forschung und Lehre sowie die Bildung kritisch-mündiger Menschen können so nicht gedeihen.

Gegen den Bachelor-Master-Terror richtete sich deshalb ganz wesentlich der Bildungsstreik im Sommersemester und zwang die wissenschaftsverantwortlichen Bundes- und Landesminister zur Reaktion.

Wenn nun die Milderung von „Prüfungsdichte“, „Anwesendheitspflicht“ und „Strukturierung“ des Studiums, erleichterter „Wechsel zwischen den Hochschulen“ und die stärkere Nutzung der „Bandbreite von Regelstudienzeiten“ (bis zu acht Semester im Bachelor) in Aussicht gestellt werden, soll zugleich aber das Mist-Systems doch noch gerettet werden – inklusive des Grundfehlers der rein ökonomischen Verwertbarkeit.

Von Anfang an war Ziel der verordneten Einführung des Bachelor-/Master-Systems, durch formale Vorgaben zur inhaltlichen Neuausrichtung der Studiengänge zu nötigen. Weil die Hochschulen nicht Ort humanistischer Bildung sondern der Marktzubringer profitabel verwertbarer höherqualifizierter Arbeitskräfte („Humankapital“) werden sollte, waren verkürzte Studienzeit, Credit-Points und modulportionierte Bildungshappen die Mittel der Wahl, um im Studium nur noch das lernen zu lassen, was zur unmittelbaren Berufsbefähigung nötig erscheint. Die Akademiker der neuen Zeit sollen qualifiziert genug sein, um die Schlote rauchen zu lassen, aber jeglicher Allgemeinbildung beraubt werden, die kritische Gedanken beinhaltet.

Diese konzeptionelle Dequalifizierung bleibt falsch – da helfen keine Beruhigungspillen.

Bachelor-Physiker werden nicht klügere Gedanken zur notwendigen Entsorgung von Atomwaffen und -kraftwerken haben, Creditpoint geplagte Pädagogen werden keine humaneren Lehrer, soziale Gerechtigkeit wird nicht befördert durch Kurzzeit-Betriebswirte.

Der Bachelor-Wahnsinn gehört gestoppt. An seine Stelle trete eine inhaltliche Studienreform, die ihren Ausgang in einem verantwortungsvollen Problembezug auf die Gesellschaft sowie den Maßstab hat, das kooperatives Lernen Freude machen darf. Die beste Sofortmaßnahme ist, allen derzeitigen Bachelor-Studierenden den Wechsel in die fortgesetzten Magisterund Diplom-Studiengänge zu ermöglichen.

Die KMK-Reaktion auf die Bildungsproteste ist eine Eröffnung zur verstärkten Attacke gegen die marktkonforme Wissenschaft und zur Erweiterung emanzipatorischer Ansprüche.

Der Preis
oder
Ein Auftrag für tatsächlichen Frieden

„Obama hat als Präsident ein neues Klima in der internationalen Politik geschaffen. Multilaterale Diplomatie steht wieder im Mittelpunkt, mit besonderem Gewicht auf die Rolle, die die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen spielen. Dialog und Verhandlungen sind hier die bevorzugten Mittel, um auch die schwierigsten internationalen Konflikte zu lösen.“

Aus der Begründung des Nobel-Komitees am 9. Oktober 2009.

Warum erregt die Verleihung des Friedensnobelpreises an US-Präsident Barack Obama die Gemüter rund um die Welt?

Auf der einen Seite hetzen Republikaner und andere Rechte bis Rechtsextreme, die ihre reaktionäre Hilflosigkeit nicht verkraften können, daß die USA nun von einem Demokraten und aufgeklärten, „unpatriotischen“ Menschen, der zudem noch schwarz (Igitt!) ist, regiert wird. Sie laufen Sturm gegen jegliche Form von Konjunkturpaketen und die Gesundheitsreform – Krankenversicherung für alle sei sozialistisch – und beschimpfen den Präsidenten wahlweise als Hitler oder Stalin. Ronald Reagan und nicht Obama habe den Preis verdient. Das Militär erhöht den Druck und fordert 40 000 weitere Soldaten, um im Afghanistan- Krieg zu siegen. Insbesondere in diesen Kreisen wird vertreten, es komme nicht auf „weiche“ Friedens-Worte, sondern auf harte Kriegs-Taten an.

Liberale Kräfte dort wie hierzulande mahnen, die Erwartungen zu dämpfen, weil Ansprüche wie eine atomwaffenfreie Welt, Frieden im Nahost und internationale Zusammenarbeit sowieso unrealistisch seien. Sie möchten Obama scheitern sehen, weil sich gemäß ihrer Mutlosigkeit sowieso nichts zum Besseren ändern soll.

Berechtigt ist der kritische Einwand, daß der Friedenspreis ausgerechnet an den Oberbefehlshaber der US-amerikanischen Streitkräfte verliehen wurde, der den desaströsen Krieg in Afghanistan ausgeweitet hat und fortsetzt. Klar ist: Allein der Abzug aller Truppen kann Frieden überhaupt erst ermöglichen. (Und selbstverständlich hätte die Friedensbewegung sowohl die Würdigung als auch das Geld viel eher verdient).

Dennoch: Kann es sein, daß das Nobel-Komitee in der Richtungsentscheidung, wie es mit der krisenerschütterten Welt weitergeht, mit der Preisverleihung die Realisierung des Friedens befördern will?

Wir sollten die internationale Entmilitarisierung als Auftrag begreifen, das heißt uns intensiver für die Beendigung aller Kriege und die Zivilisierung internationaler Verhältnisse einzusetzen. Die Welt braucht „in der Tat“ Abrüstung, Demilitarisierung und eine neue Kultur der Verständigung und der Kooperation.

Die Befreiung von der Bedrohung durch Atomwaffen bedarf des Einsatzes aller Menschen – weltweit. Der Kampf dafür findet überall statt – auf der Straße, am Arbeitplatz, in den Schulen, in Gewerkschaften und Parteien und in den Hochschulen, in Seminaren wie in der Mensa. Auf diese Weise wird wirkungsvoll Hoffnung geschaffen. Durch einen neuen Anlauf.

„Wenn Menschen widerstehen, handeln Tatsachen.“

Heinrich Mann, 1936.

Die Liste Links trifft sich Freitags, 15 Uhr,
im studentischen Café der Erziehungswissenschaft.
(Im Souterrain des schwarzen Würfels)

Keuschheit und Demut:
Schwestern von gestern.
Ein Ausblick

„Tui Hoo hatte keinen Respekt vor Denkmälern. Nicht etwa, weil sie feist waren und rotlackierte Fingernägel hatten – nein, Tui Hoo war kein Spießbürger, der sich über seinen Nachbarn aufregte, weil er einen komischen Hut trug. Er verkehrte häufig mit Damen, die Zigarren rauchten und heiser waren wie Gießkannen, oder mit Männern, die Ohrringe trugen und deren Hosenbeine weit waren wie Frauenkleider. Nein, kleinlich war Tui Hoo nicht.“

Wolfgang Borchert, „Tui Hoo“.

Bücher
„Wenn der Mensch
von den Umständen
gebildet wird, so muß
man die Umstände
menschlich bilden.“

Karl Marx/Friedrich Engels,
„Die heilige Familie“
(1844/45), MEW 2, S.138.

Frischer Wind ...

Das vernünftige Mißtrauen, das gegenüber einer bestimmten Politik, falschen und leeren Versprechungen sowie gegenüber den Banken bzw. dem Casinokapitalismus wächst, sollte auch auf die entsprechende Hochschulpolitik und die Personen, die sie zu verantworten haben, übertragen werden.

Alle politischen Deformen, die nach neoliberaler Doktrin an den Hochschulen verübt worden sind (Studiengebühren, gestufte Abschlüsse, Reduzierung der Mitbestimmungsstrukturen), haben sich als schädlich für die Wissenschaftsentwicklung respektive für die Lernenden und Lehrenden sowie für die Wirkung der Wissenschaften auf die Gesellschaft erwiesen.

Eine Neuschaffung von menschenwürdigen Bedingungen in Studium, Lehre, Forschung und Selbstverwaltung/Interessenvertretung ist deshalb eindeutig erforderlich.

Die Beseitigung der Studiengebühren sowie des Bachelor-/Master-Terrors gehört dazu. (Ein lascher AStA ist ebenso unerträglich.) Die Wissenschaften sind den Erfordernissen eines vernünftigen Lebens anzunähern. Kritisches Denken und Handeln sind dafür unerläßlich.

Ein solches Verständnis war konstitutiv für die Gründung der Liste LINKS 1993. Durch Solidarität ist eine bessere Welt.

Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, in den Ausschüssen des Akademischen Senats, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.

Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich niemand auf Dauer entziehen.

„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“

Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.

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Gemeinsames Flugblatt des Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!:
FachschaftsBündnis, harte zeiten und Liste LINKS

Vernunft? Ja, Vernunft!
Zum neunzigjährigen Geburtstag der Universität Hamburg

„Wo ehemals die klassische Bildung als ein heiterer Selbstzweck gegolten hatte, den man mit Ruhe, Muße und fröhlichem Idealismus verfolgte, da waren nun die Begriffe Autorität, Pflicht, Macht, Dienst, Karriere zu höchster Würde gelangt, und der ›kategorische Imperativ unseres Philosophen Kant‹ war das Banner, das der Direktor Wulicke in jeder Festrede bedrohlich entfaltete. Die Schule war ein Staat im Staate geworden, in dem preußische Dienststrammheit so gewaltig herrschte, daß nicht allein die Lehrer, sondern auch die Schüler sich als Beamte empfanden, die um nichts als ihr Avancement und darum besorgt waren, bei den Machthabern gut angeschrieben zu stehen...“

Thomas Mann, „Buddenbrooks“, 1901.

Mit steif-humorloser Festlichkeit wurde dieser Tage im Rathaus der Gründung der Universität gedacht. Studierende und (kritische) Öffentlichkeit wurden vorsichtshalber nicht eingeladen. Das ist ein spießiges Programm.

Die nach der politischen Revolution am 1. April 1919 gegründete Universität implizierte hingegen das Erbe der Aufklärung als geistig-kulturellen Auftrag für die Errichtung der jungen Demokratie gegen Krieg, Militarismus, Diktatur und soziale Not.

Gut 90 Jahre später ist – wieder einmal – der gesellschaftliche Rahmen zu eng geworden, um den humanistischen Bildungs- und Forschungsauftrag der Wissenschaften verwirklichen zu können. Die geschäftliche Fremdbestimmung von Bildung und Wissenschaft, die Übernahme von hohlen „Effizienz“-Dogmen und schnödem Marketing hat allen geschadet: selektive Studiengebühren und restriktive Studienstrukturen sind schlicht Entfaltungshindernisse. Die konkurrenzhafte Mittelvergabe und -besoldung und die damit verbundene Bürokratie beengen faires, kooperatives und verantwortungsbewußtes Handeln. Das Gesundbeten profitabler Verhältnisse, die fade empirische Beschreibung der politischen Oberfläche, die Biologisierung bzw. Pathologisierung von sozialen Strukturen und kulturellen Haltungen, das „Recht“ des Durchsetzungsstarken, „Bildung“ als performatives Markttraining, teures Entertainment für Film, Funk, Fernsehen und sogenannte Zeitungen, eine weitgehend sinnentleerte Sprachpaukerei und eine bestenfalls vorwissenschaftliche, anti-kritische Berufsfeldorientierung (ABK) sollen als der Weisheit letzter Schluß gelten. Die Krise ist in der Universität angekommen.

Um da herauszukommen, muß die Universität stattdessen einen kulturellen Beitrag zum vernunftgemäßen Aufrichten gegen den organisierten Irrationalismus, also gegen Kriege aller Art, wider geistige und blinkende Verflachung und gegen das Gebot der dogmatischen Verwertungshierarchie leisten:

Was sind somit aktuelle Schlußfolgerungen aus der weitgehend demokratischen Gründungsgeschichte der Universität, den produktiven Konflikten zwischen bornierten Kaufleuten, aufgeklärten Bürgern und der bewegenden Erhebung der Arbeiterbewegung? Wie gelingt die Überwindung von profitbestimmten Diktaten als aufgeklärt befreiendes Eingreifen in die Gesellschaft? Wie kann das humanistische Erbe der Menschheit, wie können wissenschaftlichtechnische, soziale und politische Errungenschaften für die Allgemeinheit angeeignet, weiter entwickelt und verbreitet werden?

Wie kann die „hohe Schule der Gesellschaft“ Erkenntnisse über den gesellschaftlichen Menschen für mündiges, kooperatives und verallgemeinerbares Handeln deutlich, souverän nachvollziehbar und produktiv machen?

Aus der Geschichte läßt sich lernen: Humanität und Aufklärung manifestieren sich seit jeher in den Kämpfen für die soziale, kulturelle und demokratische Entfaltung der Menschheit.

Freiheit, Gleichheit und Solidarität sind eine unerschöpfliche Quelle.

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Kommt die Ungleichheit wieder in Mode?
Bemerkungen zu einer neuen Etappe

„Der Neid verdüstert den Lebenshorizont, anstatt ihn zu erweitern. Seine besondere Negativität hat ihn im Laufe der Jahrhunderte immer wieder zu einem nützlichen Instrument für politische Bewegungen und Revolutionäre gemacht, die im Namen der nebulösen sozialen Gerechtigkeit soziale Gleichheit unter Ausschaltung von Freiheit herstellen wollten. (...) Die Fixierung auf Umverteilung und Gleichheit lähmt aber die produktiven Kräfte. Im schlimmsten Fall macht sie alle ärmer.“

Franz Kromka, „Der Neid in der Gesellschaft“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 26.10'09, S. 12. Der Autor ist Professor för Soziologie an der Uni Hohenheim und Verfasser des Buches „Markt und Moral. Neuentdeckung der Gründerväter“.

 

„58
Und das Lernen des Schauspielers muß zusammen mit dem Lernen der anderen Schauspieler, sein Aufbau der Figur mit dem Aufbau der anderen Figuren vorgenommen werden. Denn die kleinste gesellschaftliche Einheit ist nicht der Mensch, sondern zwei Menschen. Auch im Leben bauen wir uns gegenseitig auf.“

Bertolt Brecht, „Kleines Organon für das Theater“, 1954.

Pünktlich im unmittelbaren Anschluß an die Präsentation des Koalitionsvertrages von Schwarz-Gelb, die auch unvergeßlich mit einem aufgedreht feixenden Guido Westerwelle sowie der Bekanntmachung einer bunt nach Machtproporz gewürfelten Riege von Ministerinnen und Ministern einherging, wird nun also wieder gepfiffen, gesungen und getrommelt, daß die wahrnehmbaren Übel unabänderlich oder eine reine Charakterfrage seien.

Der „Neid“ – eigentlich: die Kritik an überwindenswerten sozialen Unterschieden, die ursächlich ein menschliches Problem darstellen – sei eine schlechte Eigenschaft, die den ungehinderten Fortgang der großen Geschäfte stört. Allgemeines Wohlergehen sei hingegen nur möglich, wenn große Vermögen noch größer werden und auf diese Weise Arbeit, Brot und Spiele für alle geschaffen würden.

Da ein nüchterner Blick in die Welt das schlichte Gegenteil erweist, muß diesem Mythos neues Leben eingehaucht werden.

Denn obwohl die Mehrheit der aktiven Wählerinnen und Wähler die Allianz von Konservativen und Marktliberalen auf der Bundesebene ermöglicht hat, werden ebenso Werte und Ziele wie soziale Gerechtigkeit, die Sicherung einer guten Gesundheitsversorgung für Alle und die Vermeidung einer Zwei-Klassen-Medizin, faire Löhne, ausreichende Renten, Chancengleichheit, bessere Schulen, die flächendeckende Einführung von Mindestlöhnen, die Abschaffung der Rente erst ab 67 Jahren und die Verteidigung des Sozialstaates mehrheitlich befürwortet. Bekannt ist desgleichen, daß die Erhebung von Studiengebühren überwiegend abgelehnt wird. Auch die Auslandseinsätze der Bundeswehr finden mehrheitlich keine Zustimmung. Krieg, soziales Elend und kulturelle Drangsal als veränderbare gesellschaftliche Tatsachen werden also abgelehnt, Frieden, soziale Gerechtigkeit und ein menschenwürdiges Dasein, das strukturell herzustellen ist, werden demnach positiv bewertet. Das ist menschlich.

Als inhuman und unhinnehmbar ist zu bezeichnen, das Hauen und Stechen ungemindert oder gar gesteigert fortsetzen und dem Unsinn auch noch die höheren Weihen des ewigen Ungleichheitsglaubens geben zu sollen.

Dieser Einsicht entsprechend gehandelt, ist jeder Schritt erleichtert und überzeugter gemacht.

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Gemeinsames Flugblatt des Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!:
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Zwei ungleiche 9. November: 1918 und 1938

„Es war aber im Jahre 1918 im Keim etwas da, das der beflissene Volksbeauftragte [Friedrich Ebert] im Keim bekämpft hat: der energische demokratische Wille, in Verwaltung und Gerichtswesen, in Diplomatie und Universität Schluß zu machen und neu zu beginnen.“

Kurt Tucholsky, „Die Ebert-Legende, Antwort auf eine Antwort“, Die Weltbühne, 1926.

Die Verwertungsgesellschaft steckt in einer Sackgasse. So geht es nicht weiter.

Der 9. November 1918 war ein politischer Aufbruch gegen imperialen Krieg, Elend und Monarchie. Frieden, Demokratie, sozialer Fortschritt und Solidarität wurden dynamisch auf die Tagesordnung gesetzt. Doch diese Revolution wurde nach und nach langsam erstickt. Großindustrie, Junkern, politischer Reaktion und Militär gelang eine gewalttätige Restauration ihrer Eigentums- und Machtpositionen. Das „Bündnis der Eliten“ (Fritz Fischer) hatte die Hilfe gezähmter „Arbeiterführer“, biederer Bürokratie und strammer „Intellektueller“.

So konnte gegen den hoffnungsvollen gesellschaftlichen Neubeginn eine weitere Etappe rücksichtsloser (internationaler) Ausbeutung und martialischem Militarismus eingeleitet werden. Nicht ohne soziale Gegnerschaft und deshalb nicht ohne Alternative (beispielsweise der New Deal in den USA) mündete dies im Faschismus.

Die Nazis bekamen, anders als durch die Arbeiterbewegung, aus intellektuellen Kreisen nur von respektablen Minderheiten Widerstand. Als den Nazis 1933 die Macht übertragen wurde, hatte sich die Hamburger Universität – trotz ihrer demokratischen Gründung 1919 und gegen aufgeklärt engagierte Mitglieder – den braunen Herren vorauseilend angedient. Die Gewaltherrschaft zur Unterdrückung sozialer Kämpfe, zur räuberischen Versklavung der europäischen Bevölkerung sowie zur Vorbereitung und Durchführung des vernichtenden Krieges setzte hier mit der Vertreibung jüdischer und kritischer Kolleginnen und Kollegen, Studentinnen und Studenten ein.

In der Nacht vom 9. November 1938 wurde als Teil eines staatlich organisierten Pogroms in direkter Nachbarschaft zur Universität die große „Bornplatz-Synagoge“ der jüdischen Gemeinde geschändet, wurden Menschen bedroht und verschleppt, wurden Geschäfte und Wohnungen geplündert und verwüstet. In dieser Zeit rühmte sich die Universität bereits „judenfrei“.

Dieser Versuch der totalen Negation der Humanität ist jedoch an der kämpferischen Verbindung von internationalistischer Aufklärung und sozialem Engagement gescheitert. Der Anti-Hitler-Koalition gelang 1945 die Befreiung der Menschheit vom Faschismus. Das Werk der Errichtung einer menschenwürdigen Gesellschaft ist auch und gerade heute noch nicht vollbracht.

Rational betrachtet ist die Welt nicht friedlicher, demokratischer oder gar sozialer geworden. Bald ein Sechstel der Menschheit lebt in Hunger; die Gefahr atomarer Vernichtung oder desaströser Umweltzerstörung ist nicht gebannt. Der konzentrierte Reichtum negiert die Lebensinteressen der Menschheit und bedeutet dennoch potentiell die mögliche Beseitigung allen Elends.

Die menschenwürdige Entwicklung der Zivilisation erfordert nach wie vor die Befreiung von Krieg und Unterdrückung aller Art. Aufklärung hat den Inhalt und ist die kooperative Art und Weise, wie diese generelle Aufgabe am besten gelingt. Und: Heiterkeit ist der Maßstab des Gelingens!

Erinnerung und Mahnung!
Mahnwache zum 71. Jahrestag der Reichspogromnacht

Montag, 9. November 2009, 15:30 bis ca. 17:00 Uhr
auf dem Joseph-Carlebach-Platz (Grindelhof):

Veranstalter: Vereinigung der Verfolgten des Naziregmines – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Hamburg, Jüdische Gemeinde Hamburg, Universität Hamburg.

Unterstützer: Auschwitz-Komitee in der BRD e.V., Bürgerinitiative Grindelhof, JONS e.V., „Mechadasch“ Hamburg, Pax Christi, Schule Altrahlstedt, ver.di Landesbezirk Hamburg.

Es sprechen u.a. Esther Bauer, Zeitzeugin, Ruben Herzberg, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Hamburg, Agnes Schreieder, stellvertr. Landesbezirksleiterin der Gewerkschaft ver.di Hamburg, Dr. Michael Ackermann, Seminarleiter Landesinstitut für Lehrerfortbildung und als Vertreter der Universität Hamburg, Prof. Dr. Frank Golczewski.

Moderation: Cornelia Kerth, Landessprecherin der VVN-BdA, HH.

Abschluß: Kantor Arieh Gelber: „El Male Rachamin“, jüdisches Gedenkgebet.

Kontakt: AuschwitzKomitee@t-online.de

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Was sind „angemessene Luftschläge“?
Einige Überlegungen zum Krieg als prinzipiell unangemessene Handlung

„Selbst wenn es keine Verfahrensfehler gegeben hätte, hätte es zu dem Luftschlag kommen müssen.“

„Verteidigungsminister“ Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (CSU) am 6.11.'09 zu den Bombardements aus der Luft auf einen entführten Tanklastwagen in Afghanistan, bei dem schätzungsweise 140 Menschen ums Leben gekommen sind.

 

„Sollte Deutschland sich jetzt schleunigst zurückziehen?
Ja. Im Gegensatz zu einem ehemaligen deutschen Verteidigungsminister bin ich nicht der Ansicht, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt wird. (...)
Wenn die NATO Afghanistan aufgibt, wird sich dann Al Qaida des Landes wieder bemächtigen?
Hier haben wir es auch mit permanenter Desinformation zu tun. Al Qaida ist keine afghanische, sondern eine saudische Organisation. ›Nine Eleven‹ war nicht das Werk afghanischer Freischärler, sondern saudi-arabischer Studenten. Fliegen lernten die Selbstmordattentäter in Florida, Flugpläne studierten sie in Hamburg.“

Peter Scholl-Latour im Gespräch mit dem „Neuen Deutschland“ („ND“), 30.10.'09, S. 3.

Heavy Metal: Der frisch gebackene „Verteidigungsminister“ spricht so, wie er als Übergangskraft im Wirtschaftsministerium schon gedacht und gehandelt hat: marktliberal und kriegerisch.

Auch wenn der Freiherr jedes zivile Opfer von Herzen bedauere, so nützt das – weder moralisch, noch realpolitisch – rein gar nichts, da er ja die Luftschläge ohne Wenn und Aber befürwortet. Weiter so?

Seit über acht Jahren führt die US-Administration mit eben auch der unverbrüchlichen Beteiligung bundesdeutscher Truppen Krieg gegen Afghanistan.

Die menschlichen Lebensbedingungen sind dort durch den Krieg erheblich verschlechtert worden. Das Land kann sich nicht einmal selbst mit Lebensmitteln versorgen. Die Kriegshandlungen werden ungebrochen fortgesetzt, die Zahl der Opfer steigt stetig. An der Spitze des Landes (eigentlich nur in Kabul) steht ein notorisch korrupter Präsident, der sich nur durch Wahlbetrug und die Stützung der Besatzer halten kann.

Eine demokratische, zivile und vernünftige Perspektive ist das nicht.

Deshalb wird auch in den USA über eine neue Strategie in Afghanistan mit relativer Ernüchterung über die Auswirkungen des Krieges debattiert.

Der britische Premierminister Gordon Brown, der unter dem Druck von zwei Dritteln Kriegsablehnung durch die Bevölkerung in Großbritannien steht, machte die Fortführung des Militäreinsatzes von Erfolgen auf fünf Gebieten abhängig: „Sicherheit, Regierungsführung, innere Versöhnung des Landes, Wirtschaftsaufbau und Zusammenarbeit mit den Nachbarländern“.

Diese Bedingungen lassen sich allerdings nur durch die Beendigung des Krieges, den Abzug der Truppen, die Beseitigung der Kriegsschäden und eine souveräne Entwicklung Afghanistans selbst verwirklichen.

Insofern sind alle Luftschläge und alle Opfer des Krieges rundum unangemessen.

In der Bundesrepublik ist die Kriegsablehnung ähnlich hoch wie in Großbritannien.

Das sei der Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben.

In diesem Sinne: Truppen raus aus Afghanistan!

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Zuviel des Schlechten
oder
Der begrüßenswerte Drang zum Wechsel

„Doch bei aller Sympathie, mit der die Studenten rechnen können, und ungeachtet des Reflexes, dass der Ruf nach besserer Bildung immer richtig ist, lohnt es sich, die Ziele der Protestler zu hinterfragen. Dabei wird deutlich: Viele ihrer Forderungen sind Quatsch. Etwa wenn die Studenten gegen eine vermeintliche Ökonomisierung der Universitäten und undemokratische Strukturen an den Hochschulen zu Felde ziehen.“

„Studentenproteste/Zu früh für den Aufstand“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), Leitkommentar vom 17.11.'09, S. 25.

 

„Über die Gewalt
Der reißende Strom wird gewalttätig genannt
Aber das Flußbett, das ihn einengt
Nennt keiner gewalttätig.
Der Sturm, der die Birken biegt
Gilt für gewalttätig
Aber wie ist es mit dem Sturm
Der die Rücken der Straßenarbeiter biegt?“

Bertolt Brecht, „Me-ti/Buch der Wendungen“, entstanden in den 1930er Jahren des Exils.

Die Sattsamkeit von Kommentatoren ist bisweilen erstaunlich und weit entfernt von der Realität.

Strukturelle Gewalt: Die Unterfinanzierung der Hochschulen, die zu verdichteter Mehrarbeit zwingt und die Einwerbung von Industriemitteln nahelegt; Studiengebühren, die soziale Barrieren setzen und das Kaufverhältnis konstituieren sollen; die Entfernung von Mitbestimmungsgremien, die Aufwertung von Präsidium und Dekanaten, das Aufsetzen eines hoheitlichen Hochschulrates – also eine Kommandokultur wie in wirtschaftlichen Betrieben; das bulimische (heftiges Essen und Erbrechen) „Lernen“ im Ba-/Ma-System; die Höhergewichtung der Forschung gegenüber der Lehre; die Besserstellung der Natur- zu Ungunsten der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften; schließlich eine akademische Alltagskultur, in der die Ellenbogen das bedacht freundliche Wort ersetzen sollen – das alles zusammen oder nur im einzelnen als (häßliche) Ökonomisierung und undemokratisch zu bezeichnen respektive zu kritisieren, ist alles andere als „Quatsch“.

Die Proteste der Studierenden richten sich gegen Studiengebühren, die schnürenden Ba-/Ma-Studiengänge, die mangelhaften Mitbestimmungsmöglichkeiten, die dürftige Finanzierung der Hochschulen, die zunehmende Ausbildungsorientierung der (vermeintlich) wissenschaftlichen Ausbildung, das alltägliche Konkurrenzverhalten im Studium und gegen den ökonomischen Verwertungszweck von Forschung, Lehre und Studium.

Die positive Orientierung besteht dagegen in der Solidarität.

Für eine bedarfsgerechte öffentliche Hochschul- und Studienfinanzierung; die Ausweitung akademischer Mitbestimmung; kooperatives und interdisziplinäres Lernen; die Einheit von Forschung, Lehre, Studium und demokratischer Teilhabe; für die gesellschaftlich verantwortliche Relevanz der Wissenschaften und eine kooperative Kultur der Lernprozesse bzw. die Entwicklung mündiger Menschen.

Auch das ist alles kein „Quatsch“, sondern notwendig für die positive Entfaltung der Wissenschaften und ihrer Subjekte sowie die Kultivierung der Gesellschaft.

Insofern ist es nie zu früh für den „Aufstand“.

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Aus der Geschichte lernen:
„Das siebte Kreuz“ –
ein gutes Beispiel wider die Allmacht

„Doch wer auch geflohen sein mag – Hermann hat ganz recht: ein entkommener Flüchtling, das ist immer etwas, das wühlt immer auf. Das ist ein Zweifel an ihrer Allmacht. Eine Bresche.“

Anna Seghers, „Das siebte Kreuz“/“Ein Roman aus Hitlerdeutschland“, Aufbau Verlag 1946/2008, S. 73.

Relativ zu Beginn der Romangeschichte (S.15), die sehr realistisch erzählt ist, heißt es : „Jetzt sind wir hier. Was geschieht, geschieht uns.“

Georg Heisler, einer von vielen und dennoch die Hauptfigur, bricht mit sechs Mitgefangenen aus einem „Konzentrationslager“ in der Nähe von Worms aus.

Der gnadenlose Lagerkommandant Fahrenberg befiehlt die schnellstmögliche Gefangennahme der Entflohenen und läßt auf dem Hof sieben Platanen kappen und an diesen Querbalken auf menschlicher Schulterhöhe anbringen. Sie sind für die Hinrichtung der sieben entflohenen Gefangenen vorgesehen. Sechs von ihnen werden auf der Flucht ermordet oder werden gefaßt.

Georg Heisler gelingt mit engagierter Hilfe von Bekannten, Freunden und Genossen letztendlich die Flucht. Das siebte Kreuz bleibt leer. Es steht für die Hoffnung. Die Allmacht ist nicht absolut. Es gibt – auch unter härtesten Bedingungen – eine Alternative: durch Freundschaft, Solidarität – Menschlichkeit gegen die Barbarei. Durch die verschiedenen Figuren und ihre Handlungsweise, brenzlige und auch freundliche Situationen sowie den gefährlichen Handlungsverlauf entsteht insgesamt ein intensiver Eindruck des gesellschaftlichen alltäglichen Lebens unter der Nazi-Diktatur.

Anna Seghers verfaßte ihren Roman ab 1938 im französischen Exil. 1942 wurde die Geschichte in den USA in englischer Sprache sowie im mexikanischen Exilverlag „El Libro Libre“ („Das freie Buch“) in deutscher Sprache veröffentlicht.

Die US-amerikanische Verfilmung („The Seventh Cross“), die wir zeigen wollen, erschien 1944. Fred Zinnemann führte Regie, Spencer Tracy spielte die Rolle des Georg Heisler. Der Film war in der Bundesrepublik 1971 das erste Mal im öffentlichen Fernsehen zu schauen.

Diktatur und Krieg verdienen ein „Nie wieder!“ und ein „Wehret den Anfängen!“

Praktizierter Humanismus bedarf jederzeit der Erinnerung und der eindrücklichen Beispiele.

Filmabend: „Das siebte Kreuz“

Ein Film von 1944 (USA) nach dem gleichnamigen Roman von Anna Seghers unter der Regie von Fred Zinnemann mit Spencer Tracy als Georg Heisler

Eine Einführung zu Werk und Autorin mit historischer Einordnung gibt
Dr. Wolfgang Beutin
Literaturwissenschaftler, Dozent und Autor.

Mittwoch, den 25. November 2009, um 19.00 Uhr, im „Subkultur-Paranoia“ (Raum K57), Gebäude der Erziehungswissenschaft (PI), Von-Melle-Park 8.

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Der Mitschnacker
Dieter Lenzen soll nun durch einen peinlichen Handstreich Präsident sein

„In solch einem Land will ich nicht leben. Aber auswandern werde ich auch nicht.“

Michael Moore, „Kapitalismus: eine Liebesgeschichte“, 2009.

 

„Der Akademische Senat sagte: ›Wir sind davon überzeugt, dass es Professor Lenzen gelingen wird, die Stärken der Universität sichtbar zu machen und sämtliche Mitglieder bei diesem Neuanfang mitzunehmen.‹“

Aus der Erklärung der Pressestelle der Universität vom 20.11.2009.

Der derzeitige Präsident der Freien Universität Berlin, Dieter Lenzen, ist am vergangenen Freitag in streng verborgener Sitzung vom Hochschulrat und vom Akademischen Senat (AS) gegen begründeten Widerstand ins Amt des Präsidenten der Uni Hamburg gerufen worden. Der AS votierte mit 14 Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie einer Enthaltung. Die Studierenden der AStA-Listen stimmten für den Kandidaten. Am Donnerstag war die sogenannte Wahl durch über 1.000 kritische Besucher des AS aus der ganzen Universität massiv in Frage gestellt worden. Eine demokratische Alternative wurde gefordert und aufgezeigt.

Herr Lenzen hat nun angekündigt, sein Amt nach Verhandlungen mit der zuständigen Behörde über Zustimmungsgeschenke im Februar antreten zu wollen. – Also nun noch tiefer in die Krise?

Der Kandidat hat dem AS unter expliziter Beibehaltung seines elitären Standpunktes eine große Tüte Himbeerbonbons versprochen: Demokratisierung, faire Berufungsverfahren, Modifikationen an Ba/Ma, Abschaffung der Gebühren, die Behebung der Baukrise, die soziale wie geschichtsbewußte Orientierung der Wissenschaften und vor allem Geld – weniger vom Staat und mehr von der privaten Wirtschaft. So seien die Zeiten. Dem ist aufmerksam zu mißtrauen – zumal nach den Erfahrungen mit dem Kandidaten an der FU Berlin.

Nicht von der Hand zu weisen ist: Die universitären Proteste gegen die inhumane Zurichtung von Bildung und Wissenschaft und wider ein undemokratisch anmaßendes Präsidentenfindungsverfahren müssen von den ratlosen Akteuren des marktfrommen Mainstreams integriert werden. Dies wurde auch bei einem Rechtfertigungsbesuch des AS im besetzten Audimax am Freitag deutlich. Dort ist man wegen des verfahrenen Verfahrens und seines skurrilen Ergebnisses weiterhin rational erzürnt.

Zwischen Betriebswirtschaft für alle und Emanzipation aller bestehen nach wie vor gewisse Unterschiede. Deshalb sind auch „Exzellenz“ und „Leistung“ von produktiver wissenschaftlicher Kooperation für die Allgemeinheit alternativ zu unterscheiden. Diese gesellschaftliche wie hochschulpolitische Kontroverse wird damit in die nächste Runde gehen, der Kandidat ist den Bedürfnissen der Universität nicht angemessen. Er will in die falsche Richtung. Niemand sollte sich dahin mitschnacken lassen.

Die Bewegung für die soziale Öffnung der Hochschulen, ein gegenseitig förderliches Zusammenwirken aller Universitätsmitglieder, die lebendige Erweiterung engagierter Mitbestimmung und vor allem: kooperatives Lernen und kritisches Forschen für eine menschengerechte Welt ist wieder begonnen.

Der Triumph von Imperatoren fällt in sich zusammen, wenn er auf das Gelächter des öffentlichen Forums trifft.

In dieser gegenwärtigen Öffentlichkeit liegt das vitale Potential einer erfreulichen Zukunft.

Weitere Infos über Dieter Lenzen:
http://praesidentenfindung.wachsender-widerstand.de/

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Hirn verrenken –
Karriere denken?

„Für Karrieristen gilt somit die Devise, sich mit denjenigen Kollegen gutzustellen, die einen selber weiterbringen oder als High Potential morgen eine Führungsrolle übernehmen werden. Kollegialität hingegen ist wichtig für die Arbeitsatmosphäre, ein ›Grundgesetz am Arbeitsplatz‹ ist sie nicht. Wer es mit ihr übertreibt, schadet sich sogar eher.“

„Karrierefallen“, in: „Frankfurter Allgemeine hochschulanzeiger/Karriere studieren“, November 2009, S. 56.

 

„Der McKinsey-Gedanke ist hauptsächlich ein Gedanke des Nicht-Genügens. Sich und andere unter Stress halten, niemals Zufriedenheit zulassen, die ständige Verbesserung, Erneuerung, Aufwertung. Das Menschenbild unserer Zeit, vor allem der Körperkult, überträgt diesen Stress auf das Private. Die Nervosität der Börse zieht ein in den Alltag.“

Dirk Kurbjuweit, „Unser effizientes Leben/Die Diktatur der Ökonomie und Ihre Folgen“, „McKinsey-Biologie: Die Arbeit am Hochleistungsmenschen“, 2003/2005, S. 82.

Paul Klee: „Lumpengespenst“

Laut Karriere-Anzeiger der „FAZ“ („Zeitung für Deutschland“) ist die Kampfbahn des beruflichen Erfolgs voll von fiesen Fallen, nämlich: „Zurückhaltung“, „Duldsamkeit“, „Kollegialität“, „Dankbarkeit“, „Ungeschicklichkeit“, „Fleiß“, „Outfit“ und „Körpersignale“.

Alles, was als Tugend oder Vorteil, worum man sich eifrig bemüht, gelten könnte, kann auch in sein Gegenteil umschlagen. Immer befindet man sich auf der Gratwanderung von zu viel oder zu wenig. Was man macht, kann – vielleicht – gelingen oder gänzlich mißraten. So ist der Eifrige stets unter Druck, das Richtige falsch oder das Falsche falsch zu machen. Das kann auch herrschender Zeitgeist genannt werden, der in alle Poren der Alltagskultur gekrochen zu sein scheint. In diesem Sinne ist die Hoffnung auf ein freudiges, vernünftiges und nützliches Leben von Anfang an gestorben. Die Angst lauert überall.

So weit, so schlecht.

Die Entwicklung der letzten Jahre, die sogenannten Reformen, haben eindeutig erwiesen, daß die „Diktatur der Ökonomie“ einerseits viel Reichtum, andererseits viel Elend und unter dem Strich eine Verwahrlosung der kulturellen Bedingungen bzw. der menschlichen Praxis erbracht hat.

Frieden als allgemeiner Maßstab der internationalen Gemeinschaft; Arbeit als sinnvolle und auskömmliche Tätigkeit; soziale Sicherheit als gesellschaftliche Solidargemeinschaft; Gesundheitsversorgung als pflegliche Genesung; Kultur als lehrende und lernende Freude; Verkehr als verläßliche und bezahlbare Mobilität; Bildung als Aufklärung, Problemlösung und Persönlichkeitsentwicklung – humane Ansprüche und Bedürfnisse werden an der Börse nicht gehandelt. Karriere – speziell in diesem Zusammenhang – ist der Gegensatz zu vernünftigem Handeln und dient lediglich dem Zähler des Dax-Index.

Das gilt ebenso für die Wissenschaften, wenn sie Knecht des Standortdogmas sein soll. Der Kniefall ist eine schlechte Philosophie. Der Sinn des Menschen ist nicht das Kriechen. Seine Entfaltung beginnt mit der Ablehnung des Falschen.

„Die Menschen sind so geartet: Wenn ihnen einer sagt, daß Herr X. befördert wurde, so imponiert ihnen das ungeheuer. Wer ihn befördert hat, danach fragen sie gar nicht.“

Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.

Beginnen wir also wieder danach zu fragen, was uns angemessen ist.

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1. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2009/10

Oh Wunder – Bologna trifft auf die Wirklichkeit.

„Vieles wird dem Bologna-Prozess zu Unrecht in die Schuhe geschoben: Jede Vorlesung mit einer Prüfung zu verbinden, ein Wettbewerb um Stofffülle, mangelnde Vergleichbarkeit von Studiengängen, die Mobilität verhindert – das sind keine politischen Vorgaben [...]. Und wenn ein Universitäts-Präsident sagt, zehn Prozent der Studiengänge an meiner Universität sind schlecht, dann können Studierende und Wissenschaftspolitiker erwarten, dass daraus an der Hochschule Konsequenzen gezogen und die Studiengänge besser werden.“

Bundesbildungsministerin Annette Schavan, Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, 29. November 2009.

 

„Es war nicht umsonst von Anfang an von einem europäischen Hochschul- und Wirtschaftsraum die Rede. Und es ist kein Zufall, dass die Bologna-Blase so kurz nach der Finanzblase platzt. In beiden Systemen haben die Verantwortlichen jeden Bezug zur Wirklichkeit verloren. Nachdem Hochschulpolitiker und Wissenschaftsmanager jahrelang den Superlativ vergewaltigt und von einer Exzellenz zur nächsten getaumelt waren, genügt es nun nicht mehr, ein paar Studienpläne nachzubessern.“

Heike Schmoll, „Die Bologna-Blase ist geplatzt“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, 24. November 2009.

Trotz globaler Krise des Kapitalismus auf allen Ebenen: Die schwarz-gelbe Regierung will ein striktes „Weiter so!“ und gerät deshalb erheblich ins Schlingern, noch bevor sie richtig gestartet ist. Auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan fährt auf diesem fatalem Kurs weiter und hält u. a. unbelehrbar am Bachelor/Master-System fest. Das offenkundige Scheitern der formalisierten und restriktiven gestuften Studiengänge, welches durch die aktuellen internationalen Studierendenproteste unumgänglich auf die politische Tagesordnung gesetzt wird, deutet sie dreist um in „handwerkliche Fehler“ der Hochschulen.

Der „Bologna-Prozess“ ist jedoch selbst der Fehler. Er ist die politische Vorgabe, die Wissenschaft zur Geisel der Standortpolitik zu machen. Dauerprüfungen, portioniertes Pauken in Modulhäppchen, das eng getaktete Studium nach Credit-Points und gnadenlose Fristen sind von Anfang an politisch gewollte Instrumente zur Disziplinierung der Studierenden und Lehrenden. Studiert und gelehrt werden soll nur, was der Herstellung unmittelbarer Berufstauglichkeit dient. Für allgemeinbildende Anteile im Studium, kritische Reflexion oder gar die Bildung gesellschaftlich mündiger Persönlichkeiten ist in diesem rigiden System kein Platz. Die geforderte „Entschlackung“ der Studiengänge (Kultusministerkonferenz) wäre nur eine weitere Verschärfung dieser Entwissenschaftlichung. Auch Dieter Lenzen, der vom Hamburger Hochschulrat durchgepeitschte Anwärter für das Amt des Uni-Präsidenten, führt mit der angekündigten „Reform der Bachelor-Studiengänge“ nichts besseres im Schilde als die fortgesetzte Knechtschaft der Wissenschaft gegenüber unternehmerischen Verwertungsinteressen.

Das Scheitern des wissenschaftsfeindlichen Ba/Ma-Systems ist jedoch selbst in realistischeren konservativen Kreisen angekommen. Die zuständige Redakteurin der „FAZ“ beantwortet nüchtern die selbst aufgeworfene Frage, was aus einer Wissenschaftskultur geworden ist, die argumentativ begründet war, die den Zweifel institutionalisierte und zum selbständigen Nachdenken sowie zu langfristigen Erkenntnisprozessen anregen sollte: „Es hat sich eine hohle Inszenierung von Wissenschaft entwickelt, in der Leerformeln, Verfahrenslegitimitäten und Machtinteressen die wissenschaftliche Auseinandersetzung verdrängt haben.“

Es bleibt dabei: Bachelor und Master gehören schlicht abgeschafft. Die selbstbewusste gemeinsame Befreiung von diesem Zwangskorsett und den Studiengebühren ist ein hervorragender Ausgangspunkt für die Herausbildung aufgeklärter Wissenschaften für Frieden und sozialen Fortschritt, die Bildung mündiger Subjekte, interdisziplinäre Kooperation und eine solidarische Lernkultur.

Kritische Vernunft ist die beste gemeinsame Antwort auf die Krise.

Wir sind an einem Wendepunkt.

Demonstration:
Gebührenfreie Bildung
für eine erfreuliche Entwicklung für Alle

Samstag, den 12. 12. 2009, 12 Uhr, ab Dammtorbahnhof

Boxen führt zu nichts
Ein Standpunkt mit Perspektive

„Ein guter Arbeitstag beginnt mit... Training. Die Zeit vergesse ich, wenn... ich richtig Spaß habe. Wer es in meinem Geschäft zu etwas bringen will, der... muss schwitzen. Erfolg feiere ich... mit Freunden. Es bringt mich auf die Palme, ... wenn die Leute lügen. Mit 18 Jahren wollte ich... Pilot werden. Im Rückblick würde ich nicht noch einmal... - ein Champion blickt nicht zurück. Geld macht mich... sicher. Rat suche ich... bei meinem Bruder. Familie und Beruf sind... Feinde. Den Kindern rate ich... fleißig zu sein. Mein Weg führt mich... zum Erfolg.“

Der Boxer Vitali Klitschko in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“), 31.10./1.11.'09, in der Rubrik „Beruf und Chance“, S. C3.

 

„Der Klapperstorch hat krumme Beine.
Die Kinder werfen ihn mit Steine.
Aber Kinder bringt er keine.“

Joachim Ringelnatz.

Bücher
„Wenn der Mensch
von den Umständen
gebildet wird, so muß
man die Umstände
menschlich bilden.“

Karl Marx/Friedrich Engels,
„Die heilige Familie“
1844/45, MEW 2, S.138.

Vom Boxen haben wir nun genug; eine andere Kultur muß her...

Das Regiment von Wissenschaftsmanager Jörg Dräger und der Kommandantin Monika Auweter-Kurtz hat mit Unterfinanzierung, Hochschulrat, Ba/Ma (+ STiNE) und Studiengebühren etc. viel soziales und kulturelles Unheil an den Hochschulen angerichtet.

Dieses Unheil muß in Geist und Tat wieder beseitigt werden: Bildung soll sozial offen und demokratisch gestaltet werden; Wissenschaft sei Wahrheitsfindung und Aufklärung, Problemlösung als persönliche Mündigkeit – Freude.

Die Hochschulen sind ein gesellschaftliches Politikum. So oder so.

Wir sind an einem Wendepunkt angekommen, wo Frieden, sozialer Fortschritt und allgemeine Emanzipation wieder verwirklicht werden müssen.

Ein solches Verständnis war konstitutiv für die Gründung der Liste LINKS 1993. Durch Solidarität ist eine bessere Welt.

Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.

Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich niemand auf Dauer entziehen.

„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“

Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.

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Der Kriegseinsatz in Afghanistan wackelt
Frieden bleibt notwendig

„Das bismarcksche Kaiserreich ist ein Militärstaat gewesen kraft eines natürlichen Schicksals. Es ist auf dem Schlachtfelde geboren [1870/71], und es setzte damit nur eine alte brandenburgisch-preußische Tradition fort, deren Entwicklung nicht friedliche Politik bestimmt hat, sondern der Krieg. Die deutsche Republik [1918/1919] aber ist aus einem entgegengesetzten Prinzip heraus entstanden. Sie ist nämlich Produkt eines verlorenen Krieges. Sie ist errichtet auf den Trümmern eines Systems, das mitten in einer kaum zu bewältigenden kriegerischen Aufgabe zusammengebrochen war. Die Republik muß also, wenn sie leben will, diesem entgegengesetzten Prinzip Rechnung tragen. Der Kriegsminister der deutschen Republik müßte es wissen, daß die Einmauerung der kriegerisch-militaristischen Tradition in den Bau des neuen Staates ein Gegenprinzip bedeutet, das er nicht tragen kann, ohne an diesem Widerspruch zugrunde zu gehen.“

Carl von Ossietzky, „Gedanken eines Zivilisten“, „Weltbühne“, XXVII. Jahrg., 16 Februar 1932, Nr. 7.

Stalin, Roosevelt und Churchill in Teheran

US-Präsident Barack Obama hat – nicht zuletzt auf Druck von seiten der Militärs und der stramm konservativen Republikaner – eine Aufstockung des Truppenkontingents in Afghanistan angekündigt und die (militärisch) Verbündeten aufgefordert, dasselbe zu tun, damit der Krieg in Afghanistan durch einen militärischen Sieg beendet werden kann (– was eine gefährliche Illusion ist).

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) reagierten verhalten und verwiesen auf die internationale Afghanistan-Konferenz zu Beginn des nächsten Jahres. (Ein gefallener Minister reicht ihnen wahrscheinlich fürs erste.)

Der frisch gebackene SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sprach sich trotz der neuen Oppositionsrolle der Sozialdemokraten für den Kampf der Bundeswehr in Afghanistan aus, weil dieser durch eine Entscheidung der UNO gedeckt sei und weil er, Gabriel, eine Parallele zum Zweiten Weltkrieg sieht: „Wenn man damals eine Umfrage in den USA über die Kriegsbeteiligung gemacht hätte, wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir heute noch unter Hitler oder Stalin leben würden.“

Abgesehen von den historischen Tatsachen – die weltkriegerische Aggression ging von Nazi-Deutschland aus; sogar Churchill war sich mit Stalin in der Bekämpfung und Zurückweisung der Hitler-Diktatur einig; die Anti-Hitler-Koalition (Großbritannien, UDSSR, USA) hat die Welt vom Faschismus befreit; von deutschem Boden sollte nach 1945 nie wieder Krieg ausgehen – wird Herr Gabriel von seiner Parteibasis sowie von der Friedensbewegung heftig Gegenwind bekommen.

In einer jüngsten Abstimmung in 66 bundesdeutschen Innenstädten sind 16.200 Stimmzettel zur Verlängerung des Bundeswehrmandates für Afghanistan eingesammelt worden. Rund 95 Prozent der Voten lauten gegen die Mandatsverlängerung, lediglich 900 Personen stimmten für die Ausdehnung des Kriegseinsatzes. Das ist kein massives, aber ein deutliche Votum und entspricht nicht nur der Mehrheitsauffassung in der Bevölkerung, sondern auch der Notwendigkeit des Friedens.

Die Universität Hamburg ist als zivile Einrichtung für Bildung, Forschung, Lehre und Studium in Selbstverwaltung – richtig demokratisch muß sie erst noch werden – gemäß ihrem Leitbild sowie der Präambel der Grundordnung dem Frieden verpflichtet.

Das ist kein „Wehrdienst“, sondern Zivildienst.

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Hallo Weihnachten!
Bedenkliches

„Beide Tageszeitungen, also NZZ und FAZ, haben eine überdurchschnittlich hohe Auslandsauflage und entsprechende Korrespondenzennetze. Und beiden Blättern gemein ist der Einsatz für Meinungsbildung und Hintergrund statt für Radau und Firlefanz.
In dieser Tradition publiziert die NZZ seit 3 Jahren auch die monatliche Beilage ‚Z – Die schönen Seiten‘, die sich im ansprechenden Grossformat mit aktuellen Themen von Lebensart, Konsum, Design und Mode beschäftigt und mit dieser Ausgabe erstmals der ‚Frankfurter Allgemeinen‘ beiliegt. Denn das viele schöne Geld, das in Zürich und Frankfurt verdient und auf wundersame Weise vermehrt wird, soll schließlich von gut informierten Menschen in den Kreislauf zurückgegeben werden.“

Intro von „Z – Die schönen Seiten“, Ausgabe 8/09.

 

„Wir haben die Lande vermessen, die Naturkräfte gewogen, die Mittel der Industrie berechnet, und siehe, wir haben ausgefunden: daß diese Erde groß genug ist; daß sie jedem hinlänglich Raum bietet, die Hütte seines Glückes darauf zu bauen; daß diese Erde uns alle anständig ernähren kann, wenn wir alle arbeiten und nicht einer auf Kosten des anderen leben will; und daß wir nicht nötig haben, die größere und ärmere Klasse an den Himmel zu verweisen.“

Heinrich Heine, „Die romantische Schule/Drittes Buch“, 1835.

Zu den „schönen Seiten“ des Lebens gehören laut den Autoren der farbigen Weihnachtsbeilage von „Neuer Zürcher Zeitung“ und „Frankfurter Allgemeiner Zeitung“ beispielsweise der SLS AMG Mercedes für schlappe 180.000 Euro sowie auch Uhren aus Platin zu Preisen von bis zu gut 280.000 Euro und ebenso die Sorge, welcher Champagner sich am besten genießen lasse.

Da auf „wundersame Weise“ „das viele schöne Geld“, das nicht als Steuern oder Löhne gezahlt oder nicht in die Entwicklung der Industrie investiert wurde, sondern in Finanzspekulationen, Dividende und Managerboni geflossen ist, haben wir nun eine Krise, die der Mehrheit der Menschen das Leben versauert und „gut informierten Menschen“ – mithilfe der „Z – die schönen Seiten“, selbstverständlich – die Möglichkeit bietet, edel zu konsumieren.

Wer dies nicht kann, ist wohl nicht hinreichend gut informiert, hat sich wahrscheinlich nicht stark genug angestrengt oder hat einfach irgendwie Pech gehabt.

Die soziale Kluft zwischen denjenigen, die sich Zeitmesser aus Platin um das Handgelenk schnallen und denjenigen, die den (Stunden-)Euro mehrfach wenden, bevor er in den Supermarkt wandert, ist offenkundig größer geworden. Alle Jahre wieder.

Jede Maßnahme, die diese Kluft verringert, ist eine Wohltat und ein Schritt aus der allgemeinen Krise.

Jede Maßnahme, die diese Kluft vergrößert, ist nicht vernünftig bzw. menschenunwürdig und deshalb abzulehnen. Nicht nur zur Weihnachtszeit.

Damit diese auf der Hand liegenden Tatsachen nicht gesehen werden oder wieder aus dem Blick geraten, wird besonders zum Jahreswechsel viel Weihrauch entzündet und behauptet, es sei ja alles in schöner Ordnung.

Dagegen hilft das Vertrauen in immer wieder gewonnene Erkenntnisse.

Ein gutes Leben gegen das Falsche ist möglich.

Lasset das Zagen, verbannet die Klage!

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Opposition für Humanität als Wahrheit
Programmatisches zur Wahl des Akademischen Senats

Welt am Sonntag: Dieter Lenzen von der Freien Universität Berlin steht nun als neuer Präsident der Universität Hamburg fest. Wollen Sie sich mit ihm treffen?
Kutsch: Auf jeden Fall. Die Universität Hamburg kann nur durch Kooperation mit der Industrie Exzellenzuniversität werden. Außerdem möchte ich ihm eine Mitgliedschaft beim IVH schmackhaft machen. Einige Hochschulen sind bereits Mitglied, die Universität nicht.“

Hans-Theodor Kutsch, Chef des Industrieverbandes Hamburg (IVH) im Interview mit der WamS: „Manches Projekt kommt viel zu langsam voran“, 13.12.09.

 

„Ein Mensch glaubt an Tomaten und Tabak. Der Mensch bin ich.“

Wolfgang Borchert: „Die lange, lange Straße lang“, Erzählung, 1947.

Das Dogma, Wissenschaft und Bildung den Forderungen privater, profitabler Industrie und ebensolchem Handel auszuliefern, wird fortgesetzt vertreten. Die Alternative dazu muß couragiert sein.

Senatorin Gundelach und Uni-Präsident in spe Dieter Lenzen haben eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht*. Es ist eine trauliche Vereinbarung über das „Weiter so“ im Falschen.

Denn: „Planungssicherheit“ in der Unterfinanzierung ist nicht öffentlich und demokratisch finanzierte Vielfalt der Fächer und kritische Pluralität der Methoden und Theorien. Dürftig Gestopfte Löcher machen keinen neuen Mantel.

„Studierbare“ Bachelor-/Master-Studiengänge sind kein solidarisches Lernen mit aufgeklärten Ambitionen in egalitären Strukturen.

Privatisierung der Finanzierung von Lehre („Sponsoring“) und eine anreizorientierte Lehrintensivierung stärken nicht die Einheit von Lehre und Forschung, das forschende Lernen und die Rechte der Universitätsmitarbeiter und Studierenden.

Sogenannte Exzellenz und deren finanzielle Förderung ist die Umverteilung des politisch geschaffenen Mangels nach opportunen Kriterien auf Kosten von Bildung und Wissenschaft zum allgemeinen Wohl. Elite und allgemeine Nützlichkeit sind unvereinbar.

Die bauliche Entwicklung in Abhängigkeit von dieser „Exzellenz“ ist Glas, Beton und Prestige statt einer menschlich brauchbaren, sozial vernünftigen und geschichtsbewußten Erweiterung der Universität. Transparenz und Ästhetik entstehen nicht durch Reih' und Glied. Und die vage Möglichkeit rudimentärer Beteiligung ist noch keine Befreiung von privater Einflußnahme und erst recht nicht die kollegiale und demokratische – also gemeinsame – Verfügung über die Entwicklung der Universität.

Der Akademische Senat, der dieser Tage neu gewählt wird, steht also wiederum vor der Herausforderung, alles besser zu machen. Das erfordert kritisch engagierte Vernünftige im Widerspruch zur hechelnden Erfolgsdoktrin des gescheiterten Marktradikalismus und Paraden nach konservativen Werten.

So oder so: Der Mensch macht's. Möglich.

* Die Erklärung findet sich unter: http://praesidentenfindung.wachsender-widerstand.de

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Lernen!
oder
Das Hamsterrad ist kein Fortbewegungsmittel

Bücher
„Wenn der Mensch
von den Umständen
gebildet wird, so muß
man die Umstände
menschlich bilden.“

Karl Marx/Friedrich Engels,
„Die heilige Familie“
1844/45, MEW 2, S.138.

Abendblatt: Herr Lenzen, schon vor Ihrem ersten Arbeitstag in Hamburg wird gegen Sie demonstriert. Wie ernst nehmen Sie das?
Dieter Lenzen: Kritische Stimmen gegen Kandidaten für Ämter sind völlig normal, solange sie nicht auf Vorurteilen oder Unkenntnis basieren. Es wird darauf ankommen, durch die zuküftigen Entscheidungen zu zeigen, dass viele Prämissen dieser Kritik unzutreffend waren. Dies wird gelingen.“

Kaiser in spe, im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“ vom 24.11.'09, S. 12.

 

„Schaust du diese Bergesgipfel
Aus der Fern, so strahlen sie,
Wie geschmückt mit Gold und Purpur
Fürstlich stolz im Sonnenglanze.

Aber in der Nähe schwindet
Diese Pracht, und wie bei andern
Irdischen Erhabenheiten
Täuschen dich die Lichteffekte.

Was dir Gold und Purpur dünkte
Ach, das ist nur eitel Schnee,
Eitel Schnee, der blöd und kläglich
In der Einsamkeit sich langweilt.“

Heinrich Heine, „Atta Troll/Caput XVI“, 1842.

Der Mensch ist ohne Lernen nicht existent, also undenkbar. Denken, Handeln, Dasein und Entwicklung – individuell und kollektiv – bilden eine menschliche Einheit.

Im besseren Falle denken Menschen aktuell über die Gewordenheit von Problemen nach und erkennen gegenwärtige Bedingungen und Möglichkeiten der Veränderung, reflektieren Fragen bzw. Widerstände der Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse und entwickeln – gemeinsam mit anderen – eine kritische Kultur der positiven Gestaltung. Der Mensch erkennt sich damit selbst. (Das war übrigens schon das Prinzip der zehntausende Jahre alten Höhlenmalerei. Kunst und Wissenschaft sind existentielle Erkenntnissysteme.)

Dieser bessere Fall ist unter den Bedingungen des Ba/Ma-Hamsterrades mit seiner Zuchtmeisterin „STINE“ schwerlich möglich.

Massenhaftes Häppchenlernen und Punktejagd unter strengster (unsinniger) Verwaltung mit konkurrenzhafter Marktorientierung behindern empfindlich das kooperative gesellschaftlich verantwortliche Lernen von Ursachen, Zusammenhängen, Widersprüchen, Veränderbarkeiten, Handlungsmöglichkeiten des menschlichen Lebens (und Lernens!).

Dieter Lenzen (s. o.) vertritt das Ba-/Ma-System und will lediglich kleine Korrekturen anbringen, einschließlich besserer Betreuung der Studierenden. (Kasimir, mir graut vor Dir.)

Das entspricht auch seinem elitären Weltbild, seiner Präferenz für hierarchische Strukturen sowie seiner Behauptung, seine Kritikerinnen und Kritiker seien zu dumm für ihn oder hätten ihn lediglich mißverstanden.

Sein fundamentalistisches Mißverständnis hingegen besteht darin, zu glauben, daß die begründete Kritik durch Einschüchterung oder Hinters-Licht-Führen aus der Welt zu schaffen sei.

Es bleibet dabei: Ba/Ma, Studiengebühren und Hochschulrat sind abzuschaffen, vernünftige Bedingungen für aufgeklärtes (gemeinsames) Lernen sind neu zu entwickeln. Das mag auch Herr Lenzen lernen.

„Aus der Lüge kann kein Leben erblühen, und Gott
kann nicht gerettet werden durch den Teufel.“

Heinrich Heine, „Die romantische Schule/Zweites Buch“, 1835.

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Nun wird's spannend
Zu den Wahlen des Studierendenparlaments

„Das Ei

Es fiel einmal ein Kuckucksei
Vom Baum herab und ging entzwei

Im Ei da war ein Krokodil;
Am ersten Tag war's im April.“

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

Die Ergebnisse sind nicht eindeutig, dennoch: Erfreulich an den Wahlen ist – trotz Ba/Ma , Weihnachten, Winterglätte und alledem – die deutlich gestiegene Wahlbeteiligung.

Bemerkenswert ist ebenso, daß „Die Freiheitlichen“ (Hai­der-Fan-Club) mit 16 Stimmen wahrlich marginalisiert sind. Auch der RCDS hat den Einzug ins Parlament verfehlt. (Insgesamt 10 Listen haben die 2,5-Prozent-Hürde nicht nehmen können, was bei „harte zeiten“, „Stop Bertels­mann“ und „St. Pauli“ bedauerlich ist.)

Offenkundig verloren hat die bisherige AStA-Koalition aus sogenannter Juso-Hochschulgruppe (minus 1 Sitz), Jura-Liste (minus 1 Sitz), MedizinerListe (minus 1 Sitz), Wiwi-Liste (plus 1 Sitz) und Liberaler Hochschulgruppe (minus 1 Sitz), zumal ihr die Unterstützung durch den RCDS abhan­den gekommen ist.

Die zahnlose Verwaltung studentischer Interessen hat zähl­bar an Zustimmung verloren.

Im Ergebnis gestiegen sind „Campus Grün“, die Liste mit dem Namen „Geisteswissenschaften“ sowie der name­dropper „EPB-Liste“ („Erziehungswisenschaft-Psycholo­gie-Bewegungswissenschaft“). Von diesem Feld kann eine AStA-Bildung ausgehen, die sich studentischen Interessen wieder annähert.

Auf der linken Seite ist die „Piraten-Hochschulgruppe“ hinzugekommen.

„Regenbogen“, „Die Linke/SDS“ und Liste LINKS haben in den gegenwärtigen Turbulenzen, die ihren Ausdruck auch in 23 kandidierenden Listen gefunden haben, ihren Anteil am Parlament beibehalten.

Die Aufgaben sind ohnehin die gleichen geblieben: Die Studiengebühren gehören wieder abgeschafft; Ba/Ma muß einer prinzipiellen Revision unterzogen werden (incl. „STI-Ne“); die Uni soll als Gesamt am Grindel bleiben und dort vernünftig (baulich) weiterentwickelt werden; es bedarf statt des Hochschulrates demokratischer Gremien auf allen Ebenen der Hochschulen und Studieren sollte etwas mit Freude zu tun haben.

Ab März steht uns Herr Lenzen ins Haus.

Wir haben Vormärz.

Ergebnis der StuPa-Wahlen 2010

(in Klammern die Veränderung zum Vorjahr)

Liste Stimmen Prozent Sitze*
Liste LINKS 337(-19) 3,54(-0,86) 2(+/-0)
harte zeiten – ju. soz. 185(-46) 1,94(-0.91) 0(-1)
Fachschaftsbündnis 240(-228) 2,52(-3,26) 1(-2)
Linke.SDS 484(-57) 5,08(-1,60) 3(+/-0)
Stop Bertelsmann 78(n.a.) 0,82(n.a.) 0(n.a.)
Regenbogen/AL 975(+47) 10,23(-1,23) 6(+/-0)
Piraten 295(n.a.) 3,10(n.a.) 2(n.a.)
Tierbefreiung 26(-21) 0,27(-0,31) 0(+/-0)
St. Pauli 88(-3) 0,92(-0,20) 0(+/-0)
CampusGrün 1425(+462) 14,95(+3,06) 8(+2)
Realos („Juso-hsg“) 920(-71) 9,65(-2,58) 5(-1)
P.U.R. 139(n.a.) 1,46(n.a.) 0(n.a.)
CampusKultur 113(n.a.) 1,19(n.a.) 0(n.a.)
ErzWiss./Psych./Bew. 417(n.a.) 4,38(n.a.) 2(n.a.)
GeiWi (SprachGeist) 961(+523) 10,09(+4,68) 5(+2)
his verjus 12(+/-0) 0,13(-0,2) 0(+/-0)
Mediziner/Marb.Bd. 614(+27) 6,44(-0,81) 3(-1)
Jura-Liste 413(-6) 4,33(-0,84) 2(-1)
wiwi-Liste 826(+110) 8,67(-0,17) 5(+1)
Liberale-Hsg (LHG) 517(-145) 5,43(-2,75) 3(-1)
Die Freiheitlichen 16(n.a.) 0,17(n.a.) 0(n.a.)
CampusInternational 211(+35) 2,21(+0,04) 0(+/-0)
RCDS / CDU-Hsg. 237(-10) 2,49(-0,56) 0(-2)
Wahlbeteiligung 9525(+1384) 25,42(+3,01)   

n.a. = im Vorjahr nicht angetreten

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Gut gemeinte Ratschläge
oder
Die Wiederholung eines Fehlers ist ein doppelter Fehler

„Erst Lafontaines Abtreten bietet der Partei die dafür [Realpolitik] nötigen Machtoptionen. Für Koalitionen aller­dings muss sie einige ihrer Träumereien aufgeben, etwa ihre isolationistsiche Außenpolitik oder ihre haushaltsverges­sene Finanzpolitik. (...) Zudem muss die Partei sich – nach Müntefering – eingestehen, dass Oposition Mist ist.“

„Weg frei für Rot-Rot-Grün“, Leitkommentar in der „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 25.1.'10, S. 25.

 

„In der verkehrten Welt wird gearbeitet viel,
Jedoch mit ganz verkehrtem Ziel!
Der Technik Wunderwerk und Riesenkraft
Fast alles nur für Krieg und Luxus schafft,
Für Zerstörung baut und für die Reichen,
Und nicht ein Wunderwerk für die Armen und Bleichen.
Und doch wäre es ein Kinderspiel,
Allen zu geben, gut und viel
!Die Lager schier bersten vor guten Sachen –
Doch in Nöten leben, die sie machen!“

Kurt Tucholsky, „Die verkehrte Welt“, 1922.

Müntefering? Verkehrte Welt.

Der Krieg gegen Afghanistan – wo angeblich am Hindu­kusch „deutsche“ Interessen verteidigt werden –, welcher von der bundesdeutschen Bevölkerung zu über zwei Dritteln ab­gelehnt wird, wurde bislang von diversen Bundesregierungen unterschiedlicher Couleur un­ternommen. Opposition ist Mist?

Noch inmitten der großen (Fi­nanz-, Wirtschafts- und Sozial­)Krise bläht die nächste Finanz­blase, wachsen die Haushalts­verschuldungen, die Erwerbs­losenzahlen und die Sozialabga­ben bei verminderten Leistun­gen – da will die FDP („Möven­pickpartei“) die Steuern der Rei­chen und Wohlhabenden weiter senken. Opposition ist Mist?

Die Hochschulen (nicht nur sie) sind chronisch unterfinan­ziert; Studiengebühren selektieren nachweislich sozial schon vor Studienbeginn und drängen das Lernen zur schieren Oberflächlichkeit; Ba/Ma (plus „STINe“) erreicht keines der proklamierten Ziele (beispielsweise „Vergleichbarkeit“), ist ein dekultivierendes Hamsterrad, schränkt demokratische Partizipation, Wissenschaftlichkeit und kooperative Lern­freude ein; die Begrenzung demokratischer Strukturen wie die Beschneidung der Rechte des Akademischen Senats oder das Entfernen von Gremienebenen und das Aufsetzen des feudal anmutenden Hochschulrates deformieren die Hoch­schulen als mögliche Res Publika (gemeinsame und nützliche Angelegenheit produktiven En­gagements); die betriebswirt­schaftiche Kultur der Verwal­tung von Sachen bzw. verding­lichten Menschen ist menschenunwürdig.

Opposition ist Mist?

Jedes „Weiter so!“, d.h. die Ver­längerung der selbstverschulde­ten Übel durch Schönrednerei, lediglich leichte Korrekturen, Mitmachen, Hinnehmen, Gleichgültigkeit oder das War­ten auf Godot sind hingegen Mist – auch wenn diese falsche Tendenz beschwörend in wohlmeinende Ratschläge gekleidet ist.

Opposition ist also notwendig – für Frieden, wahrliche Ver­nunft und ein erfreuliches, menschenwürdiges soziales und kulturelles Dasein.

Diese Herausforderung gilt übrigens ebenso für einen neuen AStA.

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Gemeinsames Flugblatt des Bündnis für Aufklärung und Emanzipation!:
FachschaftsBündnis, harte zeiten und Liste LINKS

Ein deutliches Votum gegen unternehmerische Despotie:
Das Ergebnis der Wahlen zum Akademischen Senat

„Politiker, zumal die von Großmächten, werfen den Vereinten Nationen gerne vor, sie seien nichts als ein Debattierclub. Bei Leuten, die gewohnt sind, sich kraft schieren Einflusses durchzusetzen, ruft eine solche Struktur zwangsläufig Unzufriedenheit hervor. Doch wer die riesige UN-Familie einzig an der Elle der Debatten misst, beurteilt ein Geschäft nach dem Schaufenster, ohne je den Fuß ins Innere gesetzt zu haben. Denn dort findet das eigentliche Herz der Vereinten Nationen - die Sonderorganisationen, die sich um Gesundheit, Kinder, Flüchtlinge und Vernachlässigte kümmern. Ohne die Vereinten Nationen überschritten Chaos, Vernachlässigung und Unwissenheit jedes menschliche Maß.“

Sir Peter Ustinov, „Von Pferde- und Menschenliebe“, 1995.

Armut, Krieg und ökonomische Depression – ebenso kulturelle Niedergeschlagenheit – sind soziale Katastrophen. Sie sind politisch zu verantworten und menschengemacht. Auch sogenannte Naturgewalt kann sozial gebändigt werden und muß nicht einer Viertelmillion Menschen das Leben kosten wie in Haiti.

Die Welt braucht eine humane Perspektive und Praxis. Dafür sind kritische Wissenschaft und demokratische Meinungsbildung unabdingbar. Erkenntnisse, Entscheidungen und Handlungsweisen stehen letztlich immer in dem Gegensatz: zivilisatorischer Fortschritt oder Zunahme der Zerstörung.

In dieser auch lokal relevanten Polarisierung hat die Universität zum Akademischen Senat (AS) gewählt. Der Wahl sind heftige Kontroversen vorausgegangen. Die Universität versucht sich gegen den Druck aus der CDU-geleiteten Wissenschaftsbehörde vom inhumanen unternehmerischen Diktat (Effizienz, Konkurrenz, Exzellenz) zugunsten geistvoller, kooperativer und verantwortungsbewußter Produktivität zu befreien. Die öffentliche Auseinandersetzung darum hat für eine erhebliche Erhöhung der Wahlbeteiligung gesorgt. Die Wahl hat somit eine deutliche Linksverschiebung gebracht.

Das „Bündnis für Aufklärung und Emanzipation! (BAE!)“ ist mit 1.174 Stimmen wieder im AS vertreten. Wir freuen uns auf die aufgeklärte Zusammenarbeit und auf die exemplarische Kontroverse mit dem oktoyierten Präsidenten Lenzen, einem Hardliner für Wirtschaft und Autorität. Gebührenfreiheit, Demokratie, eine humanistische Studienreform, der Verbleib der Universität in Eimsbüttel und die Stärkung der Friedenswissenschaft können jetzt im Akademischen Senat initiativ beraten werden. Große Hoffnungen werden in der Studierendenschaft auf die Liste Campus-Grün gesetzt. Sie zieht mit 1.488 Stimmen in den AS ein. Die Seite der Kritiker des neoliberalen Ungeistes ist damit erheblich gestärkt.

Relativ verloren haben dagegen die marktkonformen VertreterInnen aus den großen Fakultäten WiWi, Jura, Medizin sowie die Liberale Hochschulgruppe (LHG). Ihre gemeinsame Liste zieht mit 1.346 Stimmen ebenfalls in den AS ein.

Verlierer der Wahl sind die sogenannten Jusos, die zusammen mit den Klientel-Listen „Geisteswissenschaften“ und „Campus International“ antraten. Mit 866 Stimmen ist den Günstlingen von O. Scholz die Möglichkeit genommen, im AS gegen verallgemeinerbare studentische Internessen den braven Kronzeugen zu geben.

Für die Wahlen in den anderen Mitgliedergruppen ist hervorhebenswert, daß ein einzelnes Kandidatenpaar, dem Herr Gutmann angehört, mehr als ein Drittel sämtlicher professoraler Stimmen gegen die konservative Hochschullehrergruppe UHUH auf sich vereinigen kann. Herr Gutmann war im letzten Jahr zum Dekan der Geisteswissenschaftlichen Fakultät gewählt worden und wegen aufrechten Gangs und kritischer Auffassungen von der damaligen Uni-Präsidentin am Amtsantritt gehindert worden. Das gute Ergebnis dokumentiert damit besonders das Fehlen einer sozial orientierten, progressiven Hochschullehrerorganisation.

Politik und Wissenschaft sind öffentliche Angelegenheiten. Der Akademisches Senat sollte ein universitäres Forum der lebendigen Verständigung werden: Zur Rekonstruktion sozial verantwortlicher Vernunft.

Liste Stimmen Prozent Sitze
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation! (BAE!) 1174(+435) 23,6(+5,5) 1(+1)
CampusGrün 1488(+267) 29,9(-0,1) 1(+/-0)
Realo-„Jusos“, GeiWiss & CampusInternational 866(+90) 17,4(-1,6) 0(-1)
PUR 95(n.a.) 1,9(n.a.) 0(n.a.)
wiwi-liste & Juraliste & Medizinerliste & LHG 1346(+12) 27,1(-5,7) 1(+/-0)
Wahlbeteiligung 4969(+899) 12,2(+1,7)   
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Oh, Banken!
oder
Der Zauber der Heuchelei

„Nun weiß man freilich, dass in den Gefängnissen zwar Ladendiebe, Handtaschenräuber, Betrüger und Bankräuber sitzen – aber kaum Steuerräuber, obwohl das Steuergeld, dass sie dem Staat vorenthalten haben, das X-Tausendfache der Vermögensschäden ausmacht, deretwegen Diebe und Betrüger eingesperrt sind.“

Heribert Prantl, „Die zweite Schweizergarde“. „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“), 1.2.'10., S. 4.

 

„Wir sollten mit der Bankenschelte und den Schuldzuweisungen aufhören.“

Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der „Deutschen Bank“, auf dem 40. Weltwirtschaftsforum in Davos, zitiert nach „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 1.2.'10., S. 17.

Das Victory-Zeichen von Josef Ackermann ist interna­tional ein einprägsames Symbol für Bankenmacht – vor Justiz, Medien und Gesellschaft – aller Art geworden.

Das Bankengeheimnis in der Schweiz ist fast so groß wie das Geheimnis, daß das Geld, mit dem die Banken „ar­beiten“ (es einnehmen, anwenden, häufen, damit speku­lieren, es an den Finanzbehörden vorbeilavieren) aus de­rer Hände und Köpfe Arbeit stammt, die jetzt am mei­sten unter der Krise zu leiden haben.

Es mangelt an (sinnvoller) Erwerbsarbeit, auskömmli­chen Löhnen, menschenwürdigen sozialen Sicherungssy­stemen, Kultur und Bildung für Alle, humaner Gesund­heitsversorgung, bezahlbarem öffentlichen Nah- und Fernverkehr – und ausreichendem Winterdienst auf Straßen und Wegen (Wasser auf Eis ist gefährlich für Standfestigkeit und Steiß).

Da lohnt es sich schon, die Banken bzw. die Steuerhöhe sowie die Steuermoral aus Kapitaleinkünften zu kritisie­ren und ein Mehr an öffentlichen Einnahmen plus er­höhten Lohneinkommen zu fordern.

Denn Löhne und (Kapital-)Steuern ermöglichen nicht nur Bildung, Kultur, Gesundheit, ver­nünftige Mobilität und prinzipiell die Wahrnehmung all­gemeiner Aufgaben, sondern auch mehr­heitlich eine weitge­hend angemessene Lebensqualität resp. die Resozialisie­rung oder die Kultivierung einer ganzen Gesellschaft.

In diesem Zusammenhang steht auch die Forderung nach der Abschaffung der Studiengebühren, d.h. auch die Ge­bührenfreiheit sämtlicher Bildung.

Sind diese Einnahmen aus der Bildungsmaut für jeman­den wie Herrn Ackermann „Peanuts“, so bedeuten sie ei­nen strengen Wächter an der Pforte der Hochschulen, ei­ne finanzielle Belastung während des Studiums, den Druck zur Vereinzelung sowie einen Zensor für mögli­cherweise schlecht verkaufbare Lehr- und Lerninhalte.

Ihre Abschaffung hingegen ist eine Befreiung für Auf­klärung und Emanzipation als vertieftes kooperatives und sozial verantwortliches Studieren. Unsinn muß nicht ewig sein.

Geld ist genug da.

„Es ist mit dem Witz wie mit der Musik, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man.“

Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft D, 1773-1775.

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Was soll nur diese Bescheidenheit?
oder
Mäßigung ist nur betreffs des Krieges sinnvoll

„Bescheidene Menschen mäßigen die Beachtung ihrer Person durch ihre Mitmenschen ebenso wie ihre Selbstein­schätzung. Sie anerkennen bereitwillig die besseren Leistungen anderer–, falls diese Anerkennung verdienen.“

Dirk Kaesler (Prof. em. der Soziologie), „Manchmal reicht Bescheidenheit“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 7.2.'10, S. 11.

 

„Mein Sohn, darum halte dich an deinesgleichen
Damit ihre Macht wie ein Staub zerstiebt.
Du, mein Sohn, und ich und alle unsresgleichen
Müssen zusammenstehn und müssen erreichen
Daß es auf dieser Welt nicht mehr zweierlei Menschen gibt.“

Bertolt Brecht, „Wiegenlieder“, 1934.

Einerlei Maß für zweierlei Men­schen – beispielsweise das Verbot, unter Brücken zu schlafen – verfe­stigt die strukturell vorhandene so­ziale Ungleichheit und suggeriert, sie sei nicht vorhanden oder kein Problem.

Nach klebrig geplatzter Finanzblase wird lustig weiter spekuliert, wer­den fortgesetzt hohe Boni gezahlt und so getan, als sei dies die Natur des Menschen. Nützliche Einsich­ten werden so kaum gewonnen.

Nach gescheiterten Kriegen werden die Truppen aufgestockt, die Besat­zungen aufrechterhalten und dieKriegsgründe (Öl etc.) verheimlicht oder falsche Gründe (Befriedung, Landesentwicklung, „Terrorismus“) vorgeschützt. Frieden ist mit Krieg nicht zu schaffen.

Nach dem offenkundigen staatli­chen Fehl-Handeln durch Hartz IV (Armut und Demütigung per Gesetz) und all dem sollen keinerlei Korrekturen vorgenommen werden; Steuerer­leichterungen für das Kapital resp. wohlhabendes Klientel bleiben Dogma der zentralen Regierungspolitik. Erwerbslosigkeit, prekäre Beschäfti­gungsverhältnisse und Armut sei­en persönliche Schuld, Schicksal oder notwendige Bescheidenheit (s.o.). Keine Not ist auf diese Wei­se zu wenden.

Infolge des offenkundigen wissen­schaftspolitischen Desasters durch Studiengebühren, Ba-Ma-Terror und Einschränkung der Mitbe­stimmungsstrukturen, d.h. die De­formierung der (halbwegs) demo­kratischen Massenbildung an den Hochschulen, wird auf be­schwörende Weise ein „Weiter so!“ vertreten. Wissen schaffen ist et­was gänzlich anderes.

Das Beste ist also, jeglichen Glau­ben an die – soziale und kulturelle ­Bescheidenheit zu beenden.

Im übrigen gilt: Krieg ist nicht Frieden; Zwang macht nicht frei; arm ist nicht reich; Studiengebühren sind nicht gerecht und BaMa keine Wissenschaft – und Lügen haben kurze Beine.

Der Mut zur Wahrheit hingegen überwindet so manches Hindernis.

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Ein rationales Gebot:
Den Krieg in Afghanistan beenden

„Ich bin seit fast neun Jahren Parteivorsitzender. Ich habe gelernt, dass es nicht auf tagespolitische Stimmungen ankommt. Es geht nicht darum, das Populäre zu machen, sondern das Richtige zu tun. Und dann muss man dafür sorgen, dass es populär wird. So funktioniert politische Führung.“

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 6/2010, S. 26f.

 

„Dürfen darf man alles – man muß es nur können.“

Kurt Tucholsky, „Der Bär tanzt“, 1928.

Wenn einer ein Amt hat, wird er manchmal übermütig.

Abgesehen davon, daß (historisch) aufgeklärte Menschen von politischer „Führung“ nicht viel halten müssen, ist's doch so: Der Krieg gegen Afghanistan ist weder das Richtige, noch konnte er durch Vertuschung und Propaganda allerlei Art populär gemacht werden. Der Krieg wird von den Bevölkerungen der kriegführenden Länder mehrheitlich abgelehnt. Die Regierungen haben an diesem entscheidenden Punkt keine politische Legitimation. Damit ist zumindest diese innenpolitische Mission gescheitert.

Außenpolitisch, d.h. geo- und erdölpolitisch mit militärischen Mitteln, ist der kriegerische Einsatz ebenso mißlungen, da die bewaffneten Auseinandersetzungen eskalieren. Überfall und Okkupation schaffen keinen Frieden, nicht einmal die geordnete Unterjochung.

In jedem Fall bewirken die kriegerischen Handlungen wesentlich eine Verschlechterung der sozialen und kulturellen Lage der afghanischen Bevölkerung; Drogenproduktion und Korruption steigen.

Trotzdem soll vom Bundestag Ende Februar das Kriegsmandat verlängert, das bundesdeutsche Truppenkontingent von 4.500 Soldatinnen und Soldaten um 850 Personen erhöht werden.

Das bedeutet auch eine Steigerung der Kriegskosten um 271,5 Millionen Euro, so daß dieser gewalttätige Einsatz in den kommenden zwölf Monaten rund eine Milliarde Euro kosten wird.

Stattdessen ist es nur sinnvoll und vernünftig, den Kriegseinsatz zu stoppen, die Truppen so schnell wie möglich abzuziehen und für die zivile Entwicklung des Landes Verantwortung und Rechnung zu tragen.

Gegen den Krieg und für zivile Entwicklung – weltweit – demonstriert die Friedensbewegung am 20. Februar in Berlin.

Nur Frieden schafft Frieden. Der Wahrheit die Ehre.

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Guidos Karneval
oder
Wer fürchtet sich vor der Menschenwürde?

„Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“

„Es ist geradezu eine zynische Debatte, wenn diejenigen, die in Deutschland arbeiten, die aufstehen, die fleißig sind, sich mittlerweile dafür entschuldigen müssen, dass sie von ihrer Arbeit auch etwas behalten möchten.“

FDP-Vorsitzender, Vizekanzler und Bundesaußenminister Guido Westerwelle in „Welt“ und „Deutschlandfunk“ anläßlich des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zu menschenwürdigen Lebensbedingungen von Kindern.

 

„Es ist schließlich kein Naturzustand, dass jungen Universitätsabsolventen, die es nicht ganz zur Einstellung bei einer Investmentbank geschafft haben und deshalb bei einer weniger üppig zahlenden Ratingagentur untergekommen sind, darüber entscheiden, wie zahlungskräftig das Land X in Y Jahren sein wird. Ebensowenig ist es naturgegeben, dass die Spekulanten mit Credit Default Swaps (CDS) über die Kosten entscheiden, die den Staaten bei der Kreditaufnahme entsteht.“

Lucas Zeise, „Der Geburtsfehler des Euro“, „Financial Times Deutschland“ („FTD“), 16.2.'10, S. 24. (Dieser Kommentar geht aus von der Bewertung der Lage Griechenlands.)

Es ist Karneval und der FDP-Vorsitzende hat Angst – das ist eine unglückliche Mischung für den Intellekt.

Guido Westerwelle ist Anhänger und leitender Vertreter des nahezu totalen Marktes.

Das bedeutet politisch die Senkung von Kapitalsteuern (Einnahmen der öffentlichen Hand), Löhnen, Sozialleistungen (plus deren Kapitalisierung), die Verscherbelung öffentlichen Eigentums, den Abbau von Arbeitsschutz- und Tarifrechten.

Auch die Befürwortung der freien Finanzmärkte sowie der entsprechenden Spekulationen gehört zu diesem Programm.

Diese ökonomische Religion hat nun aber zu dem internationalen Desaster geführt, in dem wir uns immer noch befinden.

Da das Bundesverfassungsgericht mittlerweile befunden hat, daß ein Teil dieser Maßnahmen nicht mit dem ersten Artikel der bundesdeutschen Verfassung (Menschenwürde) im Einklang steht, und weil die FDP in der Gunst der Wählerinnen und Wähler – zu spät, aber immerhin – vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen dramatisch abgesunken ist, haut Guido auf die Blechtrommel. Es ist Karneval.

Was hingegen Dekadenz ist, macht ein kleines aktuelles Beispiel deutlich: Große Steuersünder geraten in Panik, weil ihnen aufgrund der Bankdaten-CDs auf die Schliche gekommen werden kann. Die Folge ist ein rasanter Anstieg von Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung, um juristischen Nachstellungen zu entgehen.

Allein in Hamburg stieg die Zahl der Fälle von 10 auf 88 innerhalb von drei Tagen.

Auf der Bundesebene wird von zusätzlichen Einnahmen für den Fiskus in dreistelliger Millionenhöhe ausgegangen. (Die Angestellten der Finanzämter werden sicherlich in nächster Zeit lieber als sonst zur Arbeit gehen.)

Schlicht sinnvoll ist also gesellschaftspolitisch, daß „die Großen“ mehr Steuern zahlen und „die Kleinen“ mehr Lohn bekommen.

Hinter all dem Trara ist die Wahrheit recht einfach.

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Klägliche Halbzeit von Schwarz-Grün
Die Bevölkerung befindet sich im Rückstand

„Die Zeit des Schönredens ist vorbei. (...) Die Koalition wirkt merkwürdig unentschlossen, ja, bisweilen hasenfüßig. Mit einem Wort: Schwarz-Grün hat zur Mitte der Legislaturperiode den Blues. (...) Dem Bündnis fehlt derzeit der rote, pardon, der schwarz-grüne Faden, die zündende Idee.“

Peter Ulrich Meyer, „Regierung – Merkwürdig unentschlossen: Dem Bündnis fehlt die zündende Idee“, „Hamburger Abendblatt“, Kommentar vom 27.2.'10.

 

„Fühlt man sich doppelt warm, wenn es draußen schneit und windet? Ja, vielleicht. Aber fühlt man sich auch doppelt wohl, wenn draußen Leute leiden?“

Kurt Tucholsky, „Die Nachgemachten“, 1923.

Die hanseatische Mittelstandstante „Hamburger Abendblatt“ – frei von Verdächtigungen, engagiert progressiv zu sein – hat der schwarz-grünen Machtehe zur ihrer Halbzeit unzweideutig schlechte Noten ausgestellt. Kaum ist das Eis geschmolzen, sind die Knochenbrüche verarztet, werden die Schlaglöcher sichtbar. Der Zustand der Wege ist symbolisch für die Verhältnisse in der Stadt.

Die schwarz-grüne Allianz hat zwar die Mehrheit im Parlament, die sie sorgsam hütet, handelt aber offenkundig nicht im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung (in dieser Stadt). Die Schlagworte dieser urbanen Fehlpolitik sind hinlänglich bekannt: Büchergeld, Elbphilharmonie und Elbvertiefung, HSH Nordbank, Moorburg, Studiengebühren sowie Winterdienst sind gewichtige Merkpunkte einer neoliberal unternehmerisch orientierten Stadtpolitik, von der Christoph Twickel, Mitverfasser des Künstlermanifests „Not in our name, Marke Hamburg“, schreibt: „Denn eine Stadt, die nur noch profit center sein darf, hört auf, ein Gemeinwesen zu sein.“ („Hamburg ist kein Unternehmen“, „ver.di publik“, Januar/Februar 2010, S. 7.)

Allerorten wird erkannt und benannt: Die Praxis von Schwarz-Grün hat die Grenze von einem Gemeinwesen zu einem gemeinen Wesen evident und rabiat überschritten. Auf diese Weise hat sich die städtische Regierungskoalition auch die strenge Erziehungsohrfeige der sogenannten Volksinitiative „Wir wollen lernen“ (was und von wem eigentlich?) für ihre höchstens halbherzige Primarschule eingehandelt.

Notwendig sind dagegen die weiteren Aktivitäten für „Eine Schule für alle“, für Gebührenfreiheit in der Bildung, „Uni bleibt!“, die gründliche Revision des BaMa-Terrors – nicht zu vergessen: die Rekommunalisierung des Gesundheits- und Energiesektors – und überhaupt und sowieso für menschlich lebenswerte urbane Verhältnisse.

Dies ist die Stunde der authentischen, der aufgeklärten Opposition.

In our name.

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Glanz und Gloria
oder
Butter bei die Fische?
Zur Perspektive

„Ein wenig nachdenklich wird er, wenn er daran denkt, ›wie wir früher Fotos machten. Man traf sich irgendwo und man hatte eine Idee, die man umsetzen wollte. Heute ist es eher so, dass nach einigen Stunden am Make-up-Spiegel alle so verdammt erschöpft sind, dass sie kaum noch darüber reden können, was denn eigentlich geschehen sollte.‹“

Kirsten Rick, „Die Zeit festhalten“, Reportage über den Photographen Jim Rakete in: „Hamburger Abendblatt/magazin“, 6./7.3.'10, S. VII.

 

„Wer sich auf die Instrumente der Wirtschaft einlässt, verliert die Hoheit über die Inhalte. Denn die Instrumente fordern ihre eigenen Inhalte. Ein Beispiel dafür sind Umfragen. Unternehmen geben Umfragen in Auftrag, um zu erfahren, was die Kunden kaufen würden. Ihre Produkte gestalten sie dann gemäß den Kundenwünschen.“

Dirk Kurbjuweit, „Unser effizientes Leben/Die Diktatur der Ökonomie und ihre Folgen“, 2005, S. 55f.

Wer die Leitung der Hamburger Universität übernimmt, tut gut daran, diese Einrichtung nicht schlechtzureden.

Erstens fiele das Schlechtreden auf ihn zurück; zweitens erführe er dann kaum zu besänftigenden Unmut; drittens müßte der Beweis des Schlechtseins unter Mühen angeführt werden; viertens gibt's dann kein Geld.

Da der Herr Lenzen dies alles zu wissen scheint – zumal er sich von Frau Auweter-Kurtz in Ansehen und Taktik unterscheiden möchte -, hat er die Hamburger Universität fast schon pauschal gelobt.

Er wolle ihr, der Uni, da sie ein (zu) schlechtes Ansehen habe, lediglich dabei helfen, ihr Image zu verbessern.

Was soll das heißen? Was haben wir von dieser „Hilfe“ zu erwarten?

Da Herr Lenzen sehr auf „Exzellenz“ setzt, sein Wirken in Berlin diesbezüglich bekannt ist und er in der Präsidialverwaltung zu diesem Zwecke eigens ein Büro (Kosten: 500.000 Euro im Jahr) einrichtet will, geht es wesentlich darum, in Rankings (CHE/Bertelsmann etc.), Exzellenzwettbewerben und der Darstellung in der Presse besser auszusehen – auch zur Mehrung des eigenen persönlichen Ruhmes. Lorbeeren also.

Wie sieht es aber aus („Butter bei die Fische!“) mit:

  • der wirklichen Beseitigung der Unterfinanzierung der Universität?
  • der tatsächlichen Beseitigung der Studiengebühren?
  • immerhin dem Schaffen des 1:1-Verhältnisses von Bachelor zu Master?
  • mindestens der Umwandlung des Hochschulrates in ein beratendes Gremium, in dem alle gesellschaftlichen Gruppen (auch Gewerkschaften, Friedensbewegung) vertreten sind?
  • der Aufwertung der Kompetenzen des Akademischen Senats?
  • der tatsächlichen Einheit der Universität (betreffs der Fächer, des baulichen Zusammenhanges und der Einheit von Forschung, Lehre, Studium, Selbstverwaltung bzw. Interessenvertretung von Studierenden, Technischem und Verwaltungspersonal sowie wissenschaftlichem Personal)?
  • der problemlösenden Beschäftigung der Wissenschaften mit Frieden, Ökologie, internationalem Nord-Süd-Gefälle, sozial verantwortlichen Lösungen der weltweiten Wirtschaftskrise, Kultivierung der gesellschaftlichen Handlungsweisen?

Mit ein bißchen Aufhübschen ist dies nicht getan.

Auch und gerade die Universität bedarf einer Renaissance der Aufklärung.

Geistig, strukturell und finanziell. Und kooperativ.

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Bachelor-/Master-Desaster:
Nur echte Veränderungen bringen echte Heilung

„Wenn das neue System Akzeptanz finden soll, muss den Studierenden vor allem der hohe Druck genommen werden.“

Séverin Pabsch, noch amtierender Uni-AStA-Vorstand, zitiert nach „Hamburger Abendblatt“, 12.3.'10, S. 5.

 

„Für Anderson Thompson hat der evolutionspsychologische Ansatz direkte Auswirkungen auf seine Arbeit als Psychiater. Er verschreibt inzwischen seltener Antidepressiva. Sie störten in vielen Fällen einen echten Heilungsprozess, weil sie verhinderten, dass sich der Patient ernsthaft und lange genug mit seinen Problemen auseinandersetzt. Er schildert das an einem Beispiel aus seiner Praxis: ›Einmal kam eine Klientin zu mir und wollte, dass ich ihre Dosis verringere. Ich fragte, ob das Medikament wirke, und ich werde nie vergessen, was sie antwortete: ‚Doch, es wirkt großartig, und ich fühle mich viel besser. Aber ich bin immer noch mit dem gleichen Drecksack von Alkoholiker verheiratet. Nur dass ich ihn jetzt ertrage‘.‹“

Jonah Lehrer, „Vom Nutzen der Schwermut“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 9.3.'10.

Bachelor/Master (und die strenge STiNE) sind die verordnete Schwermut:

Zehn Jahre nach den diesbezüglichen Vereinbarungen von Bologna, die in deutschen Landen recht preußisch gehandhabt wurden, ist unabweisbar deutlich geworden – ob von links oder von rechts gedreht und gewendet -, daß die sogenannten Reformen der Studienabschlüsse gänzlich gescheitert sind.

Weder machen sie fähiger für den (immer prekäreren) Arbeitsmarkt, noch machen sie klüger oder mündiger.

Für alle Beteiligten – Studierende, Lehrende, Verwaltung – macht BaMa mehr Arbeit und Verdruß – Bücher werden (im Original) kaum noch gelesen, Freude kommt nicht mehr auf. Lernen und Zwang schließen einander aus. Analyse und Rennbahn bilden einen gewissen Gegensatz. Hauen und Stechen erlauben wenig Produktivität. Kaufen und Verkaufen verdinglichen den Menschen, der kein Ding ist, sondern ein kulturelles Wesen.

Da ist doch verwunderlich, wenn bestimmte Verantwortliche – von der Bildungsministerin Schavan über die Wissenschaftssenatorin Gundelach bis zum neugewordenen Uni-Präsidenten Lenzen und dem gegenwärtigen AStA-Vorstand – lediglich Reparaturen an den offenkundigen Übeln vornehmen wollen – damit der ganze Unsinn besser akzeptiert werde.

Die studentischen Proteste des letzten Semesters haben hingegen klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, daß „bulimisches Lernen“ (Essen und Erbrechen) wenig bekömmlich ist und daß man in den Wissenschaften wieder von der Ausbildung zur Bildung kommen müsse.

Die sozial selektive Zweiteilung des Studiums, die Marktnähe des Lernens, die dekultivierenden Restriktionen des Betriebs sowie der normative Leistungsdruck des Ba-Ma-Systems sind grundlegend infrage gestellt worden. Da helfen keine kleinen Korrekturen bzw. Beruhigungspillen oder Stimmungsaufheller, die sogar von der studentischen Interessenvertretung verteilt werden wollen.

Hier hilft heilend nur ein Neustart. Bachelor und Master gehören wieder abgeschafft.

Wissenschaftliches sozial verantwortliches Lernen, kooperative und problemlösungsorientierende Bildung, die Entwicklung von tatsächlichen Erkenntnissen und mündigen Persönlichkeiten werden – strukturell – so wieder möglich.

Auch die Stimmung wird dann wieder besser.

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Zynismus oder die Würde des Menschen?
Eine umfassende Bildungsfrage

„Das zum Verzweifeln Verblüffende ist, mit welcher Zähigkeit sich in Deutschland das Missverständnis hält, nur Umverteilung sei sozial. Was in der Entwicklungspolitik längst Allgemeingut ist, gilt in der deutschen Sozialpolitik noch immer als kalte Ketzerei: Was man den Menschen abnimmt, verlernen sie; wer Kinder bei jedem Stolperer aufhebt, wird erleben, dass sie irgendwann nicht mehr selbst aufstehen. Obwohl die Klientel der Entwicklungspolitik nun wirklich bettelarm ist und ums Überleben kämpft, lautet eine Regel bei Katstropheneinsätzen: Nur in völlig unvermeidlichen Fällen Zelt-Notlager einrichten – weil die Menschen sich dort an die Vollversorgung gewöhnen und nur schwer dazu zu bewegen sind, in ihre Dörfer zurückzukehren.“

Ralf Schuler, „Einmal DDR, Hartz IV und zurück“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 21.3'10, S. 11.

 

„Und was gölte den Fürsten alle Wissenschaft, Studien oder Bildung, wenn die heilige Sicherheit ihrer Throne gefährdet stünde!“

Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie“, Erstes Buch, 1834.

Zynismus ist die Verneinung des Menschen. Er spiegelt die Notwendigkeit materieller Veränderungen in einer schwer mangelhaften Gesellschaft.

Guido Westerwelle befindet sich mit seinen primitiven Tiraden zur Zeit auf politisch-kultureller Talfahrt.

Ralf Schuler nur einen kleinen Schritt weitergedacht hieße, man solle die Kinder zu Boden stoßen, damit sie lernen, wieder aufzustehen. Und: Der Rempler lacht, wenn sie weinen. So geraten die Grundrechte auf den Scheiterhaufen der neoliberalen Inquisition.

Ein festes Dach über dem Kopf, gesund zu essen, ausreichende Kleidung, sinnvolle Arbeit, Lehrreiches zu lesen und zu lernen, Freude und Musik, wachsende Ansprüche an ein vernünftiges gemeinsames Leben machen den Menschen faul, verweichlicht, gefräßig, übermütig und frech. Hier könnte sich ja etwas zusammenbrauen, Throne könnten wackeln.

Leiden soll er und im Elend schmachten. Steht zunehmend an, diesen unwürdigen Zustand zu verändern – was nötig und möglich, weil angemessen und machbar ist -, dann wird Hohn über ihn ausgeschüttet, damit der begossene Pudel sich kleinmütig wieder in die Ecke verkriecht.

Das nennt sich dann Politik (bei Westerwelle oder Sarrazin), Journalismus (s.o.) oder gar (beispielsweise bei Herrn Sinn) Wissenschaft.

Eine angemessene Antwort auf diesen geistigen Tiefstand ist eine neue Bejahung des Menschen – ohne Krieg, Elend, behördliche Drangsal, demokratische Einschränkungen, alltägliches Aufreiben und frei von organisierter Verdummung. Frei für das nützliche Zusammenwirken unter Gleichen – für Alle einzeln und Alle gemeinsam.

Die Herren Zyniker gehören in ein öffentliches Museum für Dekadenzkunde.

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Jakobinersperling