„Zu viel Gleichheit erstickt die eigene Anstrengung und ist nur um den Preis der Unfreiheit zu haben. Das Land muß Verschiedenheit aushalten. Es muss sie wollen. Aber: Zu große Unterschiede gefährden den Zusammenhalt. Daraus folgt für mich: Vielfalt schätzen, Risse in unserer Gesellschaft schliessen – das bewahrt vor Illusionen, das schafft echten Zusammenhalt. Das ist Aufgabe der deutschen Einheit – heute!“ (...)
„Im Wettbewerb um kluge Köpfe müssen wir die Besten anziehen und anziehend sein, damit die Besten bleiben.“ (...)
„Sich an unsere gemeinsamen Regeln zu halten und unsere Art zu leben, zu akzeptieren. Wer das nicht tut, wer unser Land und seine Werte verachtet, muss mit entschlossener Gegenwehr rechnen – das gilt für fundamentalistische ebenso wie für rechte oder linke Extremisten.“
Christian Wulff (CDU), Bundespräsident, am 3.10.'10 in Bremen.
„... bei Regenwetter ist das umgekehrt.“
Kurt Tucholsky, „Kurzer Abriß der Nationalökonomie“, 1931.
Haben wir richtig gehört?
Der unstrittig konservative Bundespräsident hat eine Integrationsrede gehalten. Sie galt nicht zuletzt der eigenen Integration (und der CDU) in eine zunehmend kritisch gewordene Gesellschaft bzw. Bevölkerung.
Am Anfang stand das Loblied auf „Deutschland, einig Vaterland“.
Die Probleme dieser Ausweitung der BRD werden alle noch eine Weile beschäftigen.
Der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen hat sich im folgenden, ohne seinen Namen zu nennen, von den sozialdarwinistischen Holzereien eines Thilo Sarrazin abgesetzt.
Er sprach sich für die BRD als Einwanderungsland aus – mit Beispielen gelungener Integration. Die Kraft zum Konsens – das sei Deutschland. So weit, so realistisch aus präsidialer Sicht.
Ansonsten war weiterhin wesentlich Altbekanntes: Man dürfe den Gemeinsinn nicht mißbrauchen (wer?), wir könnten stolz sein auf unsere Leistungen (in Afghanistan?), die Elite müsse unserem Gemeinwesen etwas zurückgeben (wie und wieviel?), und er plädierte für ein freiwilliges soziales Jahr für Ältere sowie für Nachbarschaftshilfe. „Gott schütze Deutschland.“
Hier liegt mithin ein klügeres (konservatives) Konzept für den „Standort Deutschland“ vor, einer Industriegesellschaft mit ökonomischem Privatbesitz und starker sozialer Schieflage im internationalen Wettbewerb.
Dafür sind alle willkommen, die sich an die Regeln (wessen?) halten, stets frohgemut (wodurch?) sind und für das Bruttosozialprodukt in die Hände spucken: „Wir sind Deutschland!“
An dieser Stelle sind deutliche Anklänge zu der Kampagne „Du bist Deutschland“ (zuerst 2005-2006) zu hören, die von 25 Medienunternehmen ins Leben gerufen wurden und vom Bertelsmannkonzern koordiniert worden sind, zu hören. In diesem Zusammenhang wurde gar die Identifikation mit August Thyssen (1842-1926), einem Großindustriellen, suggestiv anempfohlen.
Auf diese Weise wird mit salbenden Worten versucht, die sozialen, kulturellen und politischen Unterschiede und Differenzen zu kitten, die nicht zu kitten sind.
Christian Wulff hat sich als „Präsident aller Deutschen“ angeboten.
Ein Fehlangebot – er ist es nicht. Wir haben richtig gehört.
Zurück zum AnfangZeitung zum Semesteranfang Wintersemester 2010/2011
„Was Burnout ist, entscheidet der Arzt nach Gutdünken. Die Kosten, die den Krankenkassen und der Volkswirtschaft entstehen, sind immens. (...)
Der Begriff Burnout leitet sich aus der Arbeitswelt her. Die meisten Ärzte verstehen darunter einen Zustand aus arbeitsbedingter Erschöpfung, Selbstentfremdung, Zynismus und verminderter Leistungsfähigkeit. Im praktischen Alltag zählen noch Dutzende weiterer Symptome dazu, etwa verstärkte Anspannung, Schlafstörungen, Unruhe, Konzentrationsschwäche, mangelnde Motivation und reduzierte Arbeitsleistung.“
Hildegard Kaulen, „Das zehrt an den Nerven“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 7.10.2010.
„Es ist ein Brauch von altersher:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör.“Wilhelm Busch, „Die fromme Helene“, 1872.
„Es ist sehr nützlich, die als hemmend empfundenen Grenzen der Erkenntnis auf den verschiedenen Gebieten festzustellen, um sie zu erweitern.“
Bertolt Brecht, „Me-ti/Buch der Wendungen“, „Forschen nach den Grenzen der Erkenntnis“, entstanden in den 1930er Jahren des Exils.
Die Welt steht Kopf und rauft sich die Haare.
Mit hoher Suggestivkraft – per Beraunen der „Freiheit“ respektive der „Schuld“ der Einzelnen – wird uns nahezulegen versucht, es sei alles nicht so schlimm, das (soziale) persönliche Befinden lediglich eine Leistungs- oder Einstellungsfrage. Wer etwas bringt, verdient die Gnade höherer Instanzen; wer nichts bringt, ist selber Schuld. Amen.
(Es fehlt nur noch, daß Frau Kaulen („FAZ“) von sogenannten Ärzten, Patienten und Problemen spricht. Prost.)
Arbeitsverdichtung, gesteigerte Konkurrenz, mangelhafter Sinn der Tätigkeiten; Krieg, Kürzungspolitik und Geschwätz – alles sei zu ertragen, hinzunehmen und zu bewältigen. Man schaue nur in sich und strenge sich an.
Als Sorgenbrecher gelten neben Likör: Abendgebete, Bundesliga, Capri-Sonne, Demut, Egoismus, Fernsehen, Gaga (Lady), Heimat, Islamophobie, Janker, Kollegenschelte, Lamentieren, Mutti, Nasebohren (heimlich), Ordnung, Pudding (Schokolade), Quark (sprichwörtlich), Raserei, Sarrazin (mit saurer Sahne), Treten (nach unten), Ungenauigkeit, Vaterland, Wohnzimmereinrichtung, Xrteilsvermögen, Yoga und Zeitgeist. Dies ist das ABC des Verzichts. Es ist mehr als genug davon.
Da der Mensch nun aber ein denkendes, wahr-nehmendes und ein gemeinschaftliches Wesen ist, kann das Leben anders buchstabiert werden: Solidarität. Das A & O besteht darin, Sinn von Unsinn zu unterscheiden und sich mit anderen darauf zu einigen, sich die Zumutungen nicht mehr gefallen zu lassen. (Dies beginnt nicht zuletzt damit, sich mitzuteilen. Erstaunliches kann dabei zustande kommen.) Wenn Politik – im Ansatz – so verstanden wird, ist sie kein „schmutziges Geschäft“, sondern ein vernünftiges kooperatives Handeln für allgemeine und besondere bessere Bedingungen.
Zuguterletzt: „Ich möchte Student sein, um mir einmal an Hand einer Wissenschaft langsam klarzumachen, wie das so ist im menschlichen Leben.“
Kurt Tucholsky, „Ich möchte Student sein“, 1929.
Man sollte sich nicht verdrießen lassen. Das gilt immer und für Alle.
„Man sieht also deutlich: Im Herzen des Prinzips Universität stellt die grundlegende Fähigkeit frei und öffentlich zu kritisieren, Fragen zu erarbeiten und Zwecke zu gestalten gleichzeitig die Bedingung und das Versprechen einer Emanzipation der Menschheit dar.
Wir haben da in nuce (im Kern, in a nut) als Teil des Universitätsprinzips selbst die Minimalcharta jeder Universität, die dieses Namens würdig ist, und insbesondere der modernen Universität.“
Plínio W. Prado Jr. , Universität Paris Vincennes/Saint-Denis, Fachbereich Philosophie, „Das Prinzip Universität als unbedingtes Recht auf Kritik.“, Vortrag im Rahmen der Konferenz „Schöne neue Bildung“, 17. Juni 2010.
„Der Bologna-Prozess hat zu einer überwiegend erfolgreichen Modernisierung der deutschen Hochschulen beigetragen. [...] Der Reformprozess ist aber keineswegs abgeschlossen, sondern tritt in seine zweite Phase, in der es gilt, nachzusteuern und Defizite bei der bisherigen Umsetzung des Bologna-Prozesses zu beseitigen. [...] Mit der Hamburger Studienreform wollen wir auch auf die Kritik der Studierenden am Bachelor-/Master-System eingehen.“
Dr. Herlind Gundelach (CDU), Hamburger Wissenschaftssenatorin, Presseerklärung vom 11. August 2009: „BWF und Hochschulen unterzeichnen Memorandum zur Qualitätsverbesserung der Bologna-Reform“.
Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach wandelt fortgesetzt auf hölzernen Pfaden: Während mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge Studierende und Lehrende zur tristen Arbeit am Creditpoint-Fließband verdonnert und Studium und Lehre – mithin die Universitäten – in eine Entwicklungskrise gestürzt wurden, fabuliert sie über eine erfolgreiche Modernisierung.
Sie sieht lediglich „Defizite“ und wünscht sich beispielsweise eine „Entschlackung der Curricula“ oder die „Berücksichtigung z.B. des BDA Kriterienkatalogs ‚Berufsbefähigung‘“. Die BDA ist die „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände“, die ungebrochen Bildung und Wissenschaft dem Profitprinzip untergeordnet sehen möchte.
Mit ihren kapitalfrommen Absichten ist die Senatorin weit entfernt von der studentischen Kritik, die sich auch in Hamburg gegen die Marktförmigkeit des Studiums auf die Rückkehr zum Prinzip Bildung richtet.
Diesem Anspruch wird eine Flickschusterei an Prüfungsdichte, Modulgrößen und Härte der Anwesendheitskontrollen nicht im geringsten gerecht.
Die zum Abschluß des vergangenen Semester von der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft durchgeführte Studienreform-Konferenz „Schöne neue Bildung?“ ging daher auch von der Frage nach Sinn und Zweck von Bildung und Wissenschaft aus.
Das Ba/Ma-System wurde kritisch eingeordnet in die Entwicklungstendenz der „ökonomischen Zurichtung“ aller Lebensbereiche (Ralf Ptak), bzw. einen historischen Funktionswandel von der Bildung mündiger Staatsbürger („citoyen“) zur Produktionsstätte von Humankapital, dem heute wiederum die Bildung von Weltbürgern entgegengesetzt werden muß (Ingrid Lohmann). An die Universität wurden als sinnvolle Ansprüche formuliert, daß sie Ort solidarischer Begegnung (Jan Masschelein) und der „unbedingten Kritik“ sein muß und dem Zweck der „Vervollkommnung eines [kollektiven] Subjekts“ gesellschaftlicher Entwicklung dienen möge (Plínio W. Prado). Zentrales Leitbild der Universität soll der Frieden sein (Peter Fischer-Appelt.) Den Apologeten des Bachelor-Master-System wurde nachgewiesen, daß dieses nicht einmal die beanspruchten Ziele wie „internationale Vergleichbarkeit“ oder „niedrigere Abbrecherquoten“ erreicht (Klemens Himpele). Für die politische Handlungsperspektive wurde betont, daß es entscheidend auf die studentische Bewegung und ihre Hartnäckigkeit ankommt (Dora Heyenn).
Als Konsequenz wurden weitreichende Eckpunkte einer anzustrebenden Studienreform festgehalten, von denen nun im weiteren Prozeß geklärt werden soll, ob sie innerhalb des Ba/Ma-Systems oder nur in vollständiger Überschreitung der gestuften Studiengänge zu verwirklichen sind – wir haben eine Tendenz zu letzterem.
Die Arbeitsweise und Erkenntnisse der Konferenz sind verallgemeinerungswürdig für den weiteren Auseinandersetzungsprozeß für die Universität sowie die Bildung in der Gesellschaft.
„Alles ist Politik, auch die Philosophie oder die Philosophien (vergleiche Notizen über das Wesen der Ideologien [progressive Aufhebung klassischer Erkenntnisse]), und die einzige ›Philosophie‹ ist die Geschichte in Aktion, das heißt das Leben selbst.“
Antonio Gramsci, „Gefängnishefte“, Heft 7 (1930-1931), § 35 „Materialismus und historischer Materialismus“.
„Es geht doch nicht, dass wir bei 252.000 Soldaten schon an der Grenze unserer Möglichkeiten angekommen sind, wenn gerade einmal 8.000 Soldaten gleichzeitig im Einsatz sind. In zehn Jahren werden wir professioneller, schneller und flexibler sein. Wir werden unsere Soldaten potentiell auf der ganzen Welt einsetzen können und trotzdem den Heimatschutz nicht vergessen haben.“
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg im Spiegel, 14. Juni 2010.
Verteidigungsminister Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg war vor einem Jahr noch Wirtschaftsminister. Der Verehrer von Helmut Kohl und Verteidiger Thilo Sarrazins bekennt sich zur Führungsfähigkeit, Leitkultur, zum Patriotismus und Christentum („Islam gehört nicht zur Bundeswehr“) und besitzt im heimischen Dorf Guttenberg eine Familie und ein Schloß. Das Kriegshandwerk hat Tradition: Sein Großvater, Karl Theodor Maria Georg Achaz Eberhardt Josef Freiherr von und zu Guttenberg, war bereits Offizier in der faschistischen Wehrmacht und danach langjähriger CSU-Politiker.
Spätestens seit 1999 werden Soldaten der Bundeswehr nicht nur „potentiell“ auf der ganzen Welt eingesetzt. In mittlerweile acht Ländern sichern sie „deutsche“ Interessen auf Kosten der Bevölkerungen dort wie hier. Nach dem Rücktritt des Bundespräsidenten Köhler spricht Guttenberg in aller Unverblümtheit aus, worum es geht: „Wir haben auch Verantwortung zukünftig Ressourcen-Sicherheit für die Menschen unseres Landes sicherzustellen.“ (Sinken dadurch etwa die Benzin- und Stromkosten?) Für die Sicherung von Pipelines und anderen Transportwegen in Afghanistan (die alte Seidenstraße) hat er die gezielte Tötung von über hundert Zivilisten im Bombenanschlag am Kundus zynisch als „angemessen“ bezeichnet.
Mit der geplanten Verkleinerung der Bundeswehr und der Aussetzung der Wehrpflicht soll die Armee dazu befähigt werden, noch mehr solche Kriege zu führen. Noch mehr Tote und Gewalt, Korruption und Drogengeschäfte, noch mehr Arbeitslosigkeit und Analphabetismus und Eskalation der Konflikte vor Ort, noch mehr zerstörte Seelen und wahnwitzige Rüstungsausgaben auch hier?
Eine Umkehr ist notwendig. Um Frieden zu schaffen, müssen zuallererst die Waffen schweigen und alle Truppen abgezogen werden und die Menschen die Verantwortung für ihre souveräne Entwicklung übernehmen (können). Die Beendigung der Kriege entspricht den Anliegen der Bevölkerungen und kommt im Engagement der internationalen Friedensbewegung zum Ausdruck.
Der Gier der Konzerne nach ständig neuen Rohstoffquellen und Märkten und ihrer militärischen „Verteidigung“ muß ein Ende gesetzt werden, weil sie die gemeinsamen Lebensgrundlagen zerstören und soziale wie kulturelle Entwicklung deformieren. Der Friedensforscher Johann Galtung hat Anfang der 70er Jahre „positiven Frieden“ als die Überwindung aller struktureller und kultureller Gewalt definiert, die Menschen in der Verwirklichung ihrer Bedürfnisse einschränken: soziale Ungleichheit, fehlende Bildung, Beeinträchtigung der Gesundheit und Zerstörung der Umwelt, Diskriminierung und rechtsextreme Ideologie. Die Wissenschaft hat sowohl Verantwortung als auch gute Voraussetzungen dafür, diese „systemische“ Gewalt kritisch zu erkennen und sich für entsprechende politische Lösungen einzusetzen. Alle Probleme der menschlichen Zivilisation können international und kooperativ gelöst werden, wenn der Machtpolitik konsequent widersprochen wird. Ihre Vertreter (s. oben) müssen politisch und materiell entmachtet werden.
„Der Gedanke geht der Tat voraus wie der Blitz dem Donner.“
Heinrich Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 1835.
Moorweide (Bhf. Dammtor)
Montag, den 18. Oktober 2010, 17:30 Uhr
Die Liste Links trifft sich Freitags, 15 Uhr, im studentischen Café Subkultur-Paranoia der Erziehungswissenschaft. (Im Souterrain des schwarzen Würfels)
„Ein guter Arbeitstag beginnt mit... Training. Die Zeit vergesse ich, wenn... ich richtig Spaß habe. Wer es in meinem Geschäft zu etwas bringen will, der... muss schwitzen. Erfolg feiere ich... mit Freunden. Es bringt mich auf die Palme, ... wenn die Leute lügen. Mit 18 Jahren wollte ich... Pilot werden. Im Rückblick würde ich nicht noch einmal... - ein Champion blickt nicht zurück. Geld macht mich... sicher. Rat suche ich... bei meinem Bruder. Familie und Beruf sind... Feinde. Den Kindern rate ich... fleißig zu sein. Mein Weg führt mich... zum Erfolg.“
Der Boxer Vitali Klitschko in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“), 31.10./1.11.'09, in der Rubrik „Beruf und Chance“, S. C3.
„Der Klapperstorch hat krumme Beine.
Die Kinder werfen ihn mit Steine.
Aber Kinder bringt er keine.“Joachim Ringelnatz.
Vom Boxen haben wir nun genug; eine andere Kultur muß her...
Das Regiment von Wissenschaftsmanager Jörg Dräger und der Kommandantin Monika Auweter-Kurtz hat mit Unterfinanzierung, Hochschulrat, Ba/Ma (+ STiNE) und Studiengebühren etc. viel soziales und kulturelles Unheil an den Hochschulen angerichtet.
Dieses Unheil muß in Geist und Tat wieder beseitigt werden: Bildung soll sozial offen und demokratisch gestaltet werden; Wissenschaft sei Wahrheitsfindung und Aufklärung, Problemlösung als persönliche Mündigkeit – Freude.
Die Hochschulen sind ein gesellschaftliches Politikum. So oder so.
Wir sind an einem Wendepunkt angekommen, wo Frieden, sozialer Fortschritt und allgemeine Emanzipation wieder verwirklicht werden müssen.
Ein solches Verständnis war konstitutiv für die Gründung der Liste LINKS 1993. Durch Solidarität ist eine bessere Welt.
Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich niemand auf Dauer entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
„Demoskopisch gesehen, erlebt das Parteiensystem der Bundesrepublik gerade eine Revolution. Die FDP, bei der Bundestagswahl 2009 noch auf fast 15 Prozent, liegt in Umfragen bei rund fünf. Die Union erhält bei einigen Instituten die schlechtesten Werte seit Beginn der Erhebungen. Die Grünen aber sind auf dem Weg in die Sphären der Volksparteien. Zu Recht machen sie sich Gedanken über die Qualität jener Kandidaten, die auf den hinteren Plätzen ihrer Wahllisten stehen. Und zu Recht macht sich die SPD Gedanken darüber, ob sie bereit wäre, als Juniorpartner eine Koalition mit den Grünen einzugehen...“
Günter Bannas, „Herbst der Gründer“, in: „Denk ich an Deutschland“, Sonderbeilage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“) anläßlich einer gemeinsamen Tagung („Zwanzig Jahre Einheit“) mit der Alfred Herrhausen Gesellschaft, S. 19.
„Geist ist Tat, die für den Menschen geschieht;– und so sei der Politiker Geist, und der Geistige handle!“
Heinrich Mann, „Zola“, 1915.
Wenn die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem „Deutschlandtag“ der „Jungen Union“ „Multikulti“ (nicht optimal, aber immerhin) für „absolut gescheitert“ erklärt, dann muß es der CDU/CSU – machtpolitisch gesehen – ziemlich dreckig gehen. Damit schmeißt sie denn auch.
Die Behauptung, daß „deutsche Interessen“ am Hindukusch verteidigt würden, findet wenig positiven Widerhall in der Bevölkerung.
Auch daß Bescheidenheit eine Zier sei oder der Rachen der Banken ein reizvoller Kußmund, verliert seine öffentliche Überzeugungskraft.
Privater (gesellschaftlicher) Reichtum, knapp gehaltene öffentliche Kassen, (massenhafte) individuelle Armut, die Zwecklügen („Sachzwang“) der Regierenden und die polizeilich bewachte, falsche amtliche Politik sowie der dadurch immer ärgerlicher werdende Alltag rufen immer mehr Unmut und Kritik hervor.
Da greifen die Unionisten (und Unionistinnen) mit beiden Händen in die politische Mottenkiste, um von den verhängnisvollen Folgen ihres Handelns, auch von ihrer konzeptionellen Ratlosigkeit auf klassische Sündenböcke abzulenken und (ihrer Angst vor) dem Machtverlust entgegenzuwirken.
In dieser Situation sind die Grünen, ohne daß sie positiv etwas dafür getan haben, auf der Bundesebene und in Baden-Württemberg – demoskopisch gesehen – die Nutznießer.
Obwohl auch sie für Krieg und Sozialzerstörung mitverantwortlich sind, fungieren sie als Projektionsfläche für eine andere, möglicherweise bessere Politik.
Hier ist selbstverständlich begründete Skepsis angebracht.
Wenn in Hamburg beispielsweise die negativen Stichworte
Moorburg, Studiengebühren, Elbvertiefung, Schauspielhaus und Altonaer Museum sowie Kita-Gebühren stehen, so sind die Grünen andernorts gewiß nicht kritischer, gescheiter oder standfester, wenn erst einmal Amt und Würden rufen und wirken.
So erscheint es doch besser zu prüfen, ob berechtigte gesellschaftliche Anliegen – zumal so – einfach bzw. sinnvoll delegiert werden können.
Wenn davon auszugehen ist, daß alle Menschen der Möglichkeit nach Geistige sind, dann können sie sich an Heinrich Mann (s.o.) orientieren.
Auf die – eigene – Richtung kommt es an.
Zurück zum Anfang„Wer im Ausland an einem Gespräch über Deutschland teilnimmt, bekommt oft ein Lob zu hören: Kein anderes Volk habe sich so ehrlich und so rücksichtslos seiner Vergangenheit gestellt wie das deutsche.“ (..)
„Ihre [der DDR] Gründerväter glaubten, der Nazi-Faschismus sei das Produkt von Kapitalismus und Imperialismus gewesen – und vertraten damit ähnliche Positionen wie die 68er, deren Refrain lautete: Kapitalismus führt zum Faschismus, Kapitalismus muss weg!“
Peter Schneider, „Die Lehren der Geschichte/Über den Missbrauch von Schuld“, „SPIEGEL“ Nr. 43/2010.
„Es gibt nichts Unheimlicheres, als wenn man bei Mondschein das eigene Gesicht zufällig im Spiegel sieht. In demselben Augenblicke schlug eine schwerfällige, gähnende Glocke, und zwar so lang und langsam, daß ich nach dem zwölften Glockenschlage sicher glaubte, es seien unterdessen volle zwölf Stunden verflossen, und es müßte wieder von vorn anfangen, zwölf zu schlagen.“
Heinrich Heine, „Die Harzreise“, 1824/1826.
Es bedeutet nichts Gutes, wenn ehemalige Aktivisten von 68 ihre eigene Geschichte so gequält leugnen. (Sie werden halbwegs gut dafür bezahlt.)
Auf diese Weise werden erkennbare Tatsachen geleugnet, verdreht oder verharmlost.
Die neueste Untersuchung (Eckart Conze u.a.: „Das Amt und seine Vergangenheit“) über das Auswärtige Amt (AA) – noch von Joseph Fischer in Auftrag gegeben – macht nicht nur deutlich, daß das AA aktiv an der Judenverfolgung und -vernichtung beteiligt war, sondern auch, daß es eine hohe personelle Kontinuität bis weit in die Bundesrepublik gab.
Ebendiese Kontinuität der Eliten aus Wirtschaft, Politik, Militär und Justiz – auch Wissenschaft – war eines der kritischen Themen der 68er-Bewegung.
Auch waren es nicht nur die „Gründerväter“ der bösen DDR oder wild gewordene 68er, die auf den logischen Zusammenhang zwischen konzentrierten wirtschaftlichen Interessen und Diktatur und Krieg hinwiesen, sondern auch beispielsweise Schriftsteller wie Heinrich und Thomas Mann, Lion Feuchtwanger, Bertolt Brecht, Arnold Zweig, Kurt Tucholsky und der Hamburger Historiker Fritz Fischer.
Aktuell wird und wurde dieser Zusammenhang von Ökonomie und Militär durch die „verteidigungspolitischen Richtlinien“ oder den ehemaligen Bundespräsidenten Köhler hergestellt.
Das, was Peter Schneider lediglich einen „Refrain“ (Kehrreim, wovon eigentlich?) nennt, ist also nicht nur eine historisch wie aktuell belegte Tatsache, sondern auch ein höchst überwindungswürdiges Hindernis zivilisatorischer Entwicklung.
Zu diesem Zwecke ist rundum sinnvoll, die Kriege zu beenden sowie das volle Asylrecht im Grundgesetz wieder herzustellen.
Auch ist engagiert dafür zu wirken, daß die kulturellen Einrichtungen (Schulen, Hochschulen, Bibliotheken, Museen, Theater) nicht nur nicht kaputtgekürzt, sondern ausgebaut werden. Das ökonomische Diktat ist besinnungslos und schädlich.
Zur Kultivierung des gesellschaftlichen Lebens gehört ebenso, Damen und Herren wie Steinbach und Sarrazin gründlich zu widersprechen.
Aufgeklärte Menschen mögen keine Unterordnung. Weder so, noch umgekehrt.
Und:
Zurück zum Anfang„Nein, es gab nie etwas so Schuftiges wie das Nazitum.“
Thomas Mann, Tagebucheintrag vom 11.10.'35.
„Jetzt ist nicht die Zeit, sich auf Umfragen zu konzentrieren, sondern auf Entscheidungen.“ (...)
„Wir Politiker werden noch eine ganze Weile zu tun haben, um die Menschen wieder davon zu überzeugen, dass Politik gestaltet und nicht den Vorgaben der Wirtschaft hinterherläuft.“ (...)
„Im Moment geht es auf vielen Gebieten und in vielen Einzelfragen immer wieder um das eine: um Deutschlands Zukunftsfähigkeit.“
(Zu ihrer Befürwortung von „Stuttgart 21“.) Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 44/2010.
„Das Verhältnis der Industrie, überhaupt des Reichtums, zu der politischen Welt ist ein Hauptproblem der modernen Zeit.“
Karl Marx, „Kritik der Hegelschen Rechtsphilosphie/Einleitung“ (1844), Marx-Engels-Werke (MEW), S. 382.
Die schwarz-gelbe, d.h. die konservativ-liberale Regierung in Berlin ist die Regierung der Wirtschaft. Sie versteht sich auch selber so. Ab und an sagen Regierungsvertreter dazu: „bürgerlich“.
Nun ist mittlerweile – zumindest demoskopisch, und wenn man die Grünen nicht dazuzählt – aus mit „bürgerlich“.
Die Ablehnung von Krieg, Sozialabbau, Wasser-reden-,Wein-trinken, Banken beschenken und Privatisierungen; die Befürwortung von Frieden, Sozialstaat und politischer Redlichkeit, von Bildung und Kultur schlagen sich auch in schlechten Umfragewerten für CDUCSUFDP nieder und finden Ausdruck im Mentalitätswandel sowie außerparlamentarischen Aktivitäten bzw. in fortgesetzter kritischer Meinungsbildung.
Dessen ungeachtet hält Kanzlerin Merkel – verwandtschaftlich die schwarz-grüne Regierung in Hamburg – dagegen an der Kriegsbeteiligung, Hartz IV, der Postbankprivatisierung (Deutsche Bank), der Haushaltskonsolidierung trotz verbesserter Einnahmen, an: „Multikulti ist gescheitert“, „Stuttgart 21“, an dem engen politischen Zweckbündnis mit „der“ Wirtschaft fest. Darüber hinaus stehen Konservative für eine streng bewachte hierarchische soziale Ordnung, die „Nation“ als Ordnungsrahmen, für rassistische Anteile des Weltbildes (beispielsweise Koch), die Begabungsideologie und Studiengebühren und auch für die Bundeswehr im Innern. „Deutschlands Zukunftsfähigkeit“.
An diese Art von Zukunftsfähigkeit wird immer weniger geglaubt. Land, Leben und Leute sind mehr und anderes, zumal Besseres als Renditen, Dividenden, Hauen und Stechen und Tonnenideologie. Das gilt von Mensch zu Mensch wie zwischen den Ländern der gesamten menschlichen Welt. Der Anspruch wächst, diese Verhältnisse friedlich, demokratisch, sozial, ökologisch, kultiviert und gebildet, alltäglich angenehm und weitblickend zu gestalten. In diesen Zusammenhang sind auch die Aktivitäten zu den Uni-Bau-Angelegenheiten, wider das vermaledeite Ba-/Ma-System und die Studiengebühren sowie für wirkliches Lernen einzuordnen.
Die Zeit des Fastens ist vorbei.
Zurück zum Anfang„Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über einen Zustand aufzuheben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf.“
Karl Marx, a.a.O., S. 379.
„Für mich bedeutet Konservatismus, die Realität zu akzeptieren. Die Linken wollen die Menschen umerziehen. Wir erkennen an, dass es Unterschiede gibt, auch zwischen Mann und Frau.“ (...)
„Für mich bedeutet Wirtschaft in erster Linie freies Handeln ohne staatliche Vorschriften.“
Kristina Schröder (CDU), Bundesfamilienministerin, im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 45/2010, S. 54 ff.
„Aber nein, das Wissen, die Erkenntnis der Dinge durch die Vernunft, die Wissenschaft, gibt uns endlich die Genüsse, um die uns der Glaube, das katholische Christentum, so lange geprellt hat; wir erkennen, daß die Menschen nicht bloß zu einer himmlischen, sondern auch zu einer irdischen Gleichheit berufen sind; die politische Brüderschaft [Solidarität], die uns von der Philosophie gepredigt wird, ist uns wohltätiger als die rein geistige Brüderschaft [“Mildtätigkeit„], wozu uns das Christentum verholfen; und das Wissen wird Wort, und das Wort wird Tat, und wir können noch bei Lebzeiten auf der Erde selig werden; – wenn wir dann noch obendrein der himmlischen Seligkeit, die uns das Christentum so bestimmt verspricht, nach dem Tode teilhaftig werden, so soll uns das sehr lieb sein.“
Heinrich Heine, „Die romantische Schule“, Erstes Buch, 1833.
Frau Schröder gibt am Ende des „SPIEGEL-Gespräches“ zu, daß sie ohne den Feminismus in der BRD – wir nehmen idealtypisch an: das Engagement für gleiche soziale, politische und kulturelle Voraussetzungen sowie gleiche Rechte für Frauen und Männer – ihre (politische) Karriere nicht hätte machen können. Bon.
Diesen erhöhten Hühnerleiterposten nutzt die Ministerin nun dazu, die quasi natürliche Ungleichheit zu predigen.
Nicht: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, Bildung, Kultur und Gesundheit für Alle, zivile Entwicklung für alle Länder, Mitbestimmung und konstruktive Produktivität in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen...
Zudem gehört Frau Schröder einer Parteienunion (CDUCSU) an, deren „Verteidigungsminister“ unverblümt der Kriegsführung aus wirtschaftlichen Interessen das Wort redet.
Auch der Unsinn von KinderKücheKirche – bei Karriereoptionen für wenige Frauen – ist nicht an das Alter der jeweiligen Person gebunden, die diesen verzapft.
So rät die Familienministerin Frauen, die im Durchschnitt erheblich weniger Lohn erhalten als Männer, sie sollten individuell besser ihre Lohnhöhe verhandeln „und tougher werden“.
Die von ihr proklamierte Freiheit der Wirtschaft ohne staatliche Vorschriften sieht zur Zeit so aus, daß Konzerne wie Siemens, BMW, Daimler und Volkswagen enorme Gewinne machen und die Dividende für die Aktionäre erhöhen. Staatliches Handeln – im Bund schwarz-gelb, in Hamburg schwarz-grün – bedeutet aktuell, mit dem hochtourigen Rasenmäher über Soziales, Kulturelles und Gesundheitliches (also die Menschen) zu gehen. Gleichzeitig wird in echt Krieg geführt, werden teure Renommierprojekte geschaffen, wird Banken und Bankern der Rachen gefüllt, die Atomkraft fortgesetzt, die Polizei mit harten Anweisungen versehen, an den Studiengebühren festgehalten und gelogen bis es kracht im Gebälk.
In good old England ist deutlich geworden, wie sehr der Bogen dabei überspannt werden kann (10.000 Euro Studiengebühren im Jahr).
Man muß demzufolge nicht auf die Idee kommen, den Leinpfad 74 zu stürmen, aber dieser politische Unsinn ist schnellstmöglich zu beenden.
Vernunft und Wohltat eine Gasse!
Zurück zum Anfang„Die Treue der Wähler war die eigentliche Stärke der Volksparteien. Sie erst erlaubte es den Regierenden, unpopuläre Entscheidungen zu treffen: Wiederbewaffnung, Westbindung, Ostverträge, NATO-Doppelbeschluß. Noch Kohl zehrte von diesem Vertrauen, als er den Euro durchsetzte. Unter Schröder war das Kapital verbraucht.“
Stefan Dietrich, „Mitgerissen vom Zeitgeist“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 21.11.'10, S. 14.
„Es gibt zwei Deutschland. Nicht: ein weißes und ein schwarzes – ein rosenrotes und ein tiefdunkeles. Sondern: ein zurückgebliebenes, minderwertiges – und ein entwicklungsfähiges, ein zukunftsreiches.“ (...) „Das Volk glaubt nicht mehr an die Bibel – und es glaubt nicht mehr an die Gottgewolltheit des Unternehmerprofits.“
Kurt Tucholsky, „Die beiden Deutschland“, 1922.
Fast ist man geneigt, eine Reihe von Äpfeln, Bananen, Birnen, Butterkeksen und Orangen aufzumachen, um dann zu fragen, welche Frucht nicht in diese Reihe gehört...
Bei Herrn Dietrich gehören einzig die Ostverträge nicht in seine Aufzählung, da diese Ausdruck einer neuen Entspannungspolitik waren, die die Kriegsgefahr (inklusive durch Atomwaffen) erheblich vermindert hat. Zwischen Adenauer und Brandt bestanden schon gewisse Unterschiede.
Auch bei Kohl war das Vertrauen schon verbraucht, sonst wäre Schröder nicht möglich gewesen; der allerdings hat die in ihn gesetzten Erwartungen ebenfalls gründlich enttäuscht.
Nun haben wir den Merkel-Salat – von Guidos „Freiheit“ ganz zu schweigen -, und die Grünen aalen sich im Schlick der „Mitte“.
Doch auch eine neue engagierte Interessiertheit an den öffentlichen Angelegenheiten bricht sich Bahn, denn Politik ist nur so lange schmutzig, wie sie aufs engste mit den Geschäften verbunden ist bzw. selbst wie ein Geschäft, d.h. verkäuflich, betrieben wird.
Nicht nur „Stuttgart 21“, sondern auch die Aktivitäten in Hamburg gegen die Zerstörung von Bildung, Sozialem und Kultur sind Ausdruck von kooperativem Einsatz für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten. (Die erfolgreichen Handlungen für „Uni bleibt!“ sowie die bislang über 33.000 für die Gebührenfreiheit des Studiums gesammelten Unterschriften gehören ebenso in diese Reihe.)
Das Vertrauen in das eigene Handeln für eine vernünftige allgemeine und besondere Entwicklung ist gewachsen.
In diesem erfreulichen Sinne sollten auch die Wahlen zum Studierendenparlament (SP) neue Entscheidungen hervorbringen, die ein SP und einen AStA möglich machen, die positiv mit den außerparlamentarischen (teilweise auch parlamentarischen) Aktivitäten verbunden sind.
Politisches Vertrauen hat die beste Basis, wenn mit der Wahlentscheidung für eine überzeugende Orientierung auch das eigene Engagement verknüpft ist.
Die Verfaßte Studierendenschaft ist eine Interessenvertretung, die Alle etwas angeht.
So ist Politik kein Geschäft – und auch nicht schmutzig.
Durch die Mehrheit für die Mehrheit. Diese Übereinstimmung ist anzustreben. In Permanenz.
Zurück zum Anfang„Um nicht als abgewählter Bürgermeister von der Bühne gehen zu müssen, hat Ole von Beust in Hamburg ein Bündnis zusammengezwungen, das wohl zu ihm passte, aber nie so recht zu seiner Partei. Und um das Scheitern dieser Zwangsehe nicht selbst eingestehen zu müssen, trat er vorzeitig ab. Die Scherben, die er hinterließ, hätte auch ein geschickterer Politiker als Ahlhaus nicht mehr kitten können.“
Stefan Dietrich, „Der Notausgang“, FAZ.NET, 28.11.'10.
„eine große entdeckung: die notwendigkeit, hier vitamine zu kaufen, in pillenform. ich konnte schon deutlich merken, wie schlecht mein gehirn funktionierte, wie schnell ich müde wurde, wie niedrig die lebensgeister waren usw. fünf tage vitaminzufuhr, und ich war in ordnung. welch schlagender beweis für die soziale herkunft der proletarischen ’unzulänglichkeit im denken’!“
Bertolt Brecht, „Arbeitsjournal“, 2.12.'42 (USA)
Der Winter ist da. Leise rieselt der Schnee. Im Dunkeln tun die Lichtlein funkeln.
Gehen Sie doch einfach auf einen der vielen Weihnachtsmärkte in der Stadt und trinken Glühwein.
Achten Sie aber auf Männer mit Bärten (nicht auf Kaperfahrt) und Frauen mit Kopftüchern (nicht von Dior) sowie auf solitäre Koffer, Plastiktüten oder Buntstiftkästen.
Gefahr droht überall, seien Sie wachsam. Dennoch: Stoßen Sie mit dem Bürgermeister an. Er wird dankbar sein.
Schwarz-Grün ist in sich zusammengebrochen. Hieran ist nicht der wilde Linksradikalismus der GAL schuld oder die energische Nase von O. Scholz, sondern die Tatsache ursächlich, daß der Senat mit seinen politischen Barbareien schlicht überzogen hat und erhebliche Teile der Bevölkerung sich dies nicht mehr haben gefallen lassen.
Wegen des Stopfens von Bankenlöchern und Boni-Taschen, aufgrund von Niedrigsteuern für Höchsteinkünfte, hohen Ausgaben für Renommierprojekte wurde die Sense geschliffen, um Soziales, Bildung, Kultur und auch den Winterdienst streng zu rasieren.
Trocken.
Dagegen ist viel Alltagsärger, begründeter Unmut, artikulierte Kritik, sozio-kulturelle Bewegung und unterm Strich viel Ablehnung gegen den regierenden Senat entstanden.
Das hat die CDU nicht mehr im Griff gehabt und die GAL nicht mehr ausgehalten.
Deshalb kam es zu dem Auseinanderbrechen des schon bröckeligen Senats. Neuwahlen stehen für den Beginn des nächsten Jahres bevor.
Damit sollte es aber nicht sein Bewenden haben. Die Aktivitäten müssen weitergehen, damit ein neuer Senat auch nicht im Ansatz den alten Mist fortsetzt.
Vertrauen ist gut, Souveränität ist besser.
Zurück zum Anfang1. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2010/11
„Dagegen sein ist das Gegenteil bürgerlicher Politik. Bürgerliche Politik steht vor allem immer für etwas. Eben für ein starkes Deutschland.“
Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin und Vorsitzende, auf dem 23. CDU-Parteitag vom 14. bis 15.11.'10 in Karlsruhe.
„Strammstehen und Zu-Befehl-Stehen unter begeistertem Verzicht auf eigenes Denken wäre zum mindesten nicht neu. Wir haben genug davon gehabt.“
Thomas Mann, Festansprache zur 400-Jahr-Feier des Katharineums zu Lübeck am 7. September 1931.
Kurt Tucholsky schrieb 1919 in einer Besprechung von „Der Untertan“ Heinrich Manns (1914/1918) in der „Weltbühne“: „Neuteutonen und Soldaten und Juristen und schließlich Deutsche – es sind alles Kollektivitäten, die den einzelnen von jeder Verantwortung frei machen, und denen anzugehören Ruhm und Ehre einbringt, Achtung erheischt und kein Verdienst beansprucht. Man ist es eben, und damit fertig.“
Aktuell kommentierte die „Financial Times Deutschland“ („FTD“) am 16.11. den Merkel-Satz, der sich auf die Oppositionspolitik bezieht, mit dem Kurzkommentar: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.“
Da die Werte für die CDU fallen, wird der Werte-Redeknüppel geschwungen; da das Volk frech wird, wird konservativ aufgedreht – für Atomkraft und strenge Ordnung. Das ist gemeint, wenn davon die Rede ist, die „Kinder mit Liebe (zu) erziehen.“
Das ist zu spüren, wenn vollmundig erklärt wird, die Polizei – die in Hamburg übrigens auch gegen die Kürzungspolitik des schwarz-grünen Senates demonstriert – sei „der Garant unserer Freiheit, dass wir demonstrieren dürfen.“ Danke Merkel.
Konservativ ist auch, wenn der Ausländer sich besonders an Recht und Gesetz halten muß und stets mit Sanktionen zu rechnen hat. Er soll auch nicht die deutschen sozialen Sicherungssysteme mißbrauchen. Onkel Toms Hütte für alle. Bildungspolitik dient der Bergsteigerei („Aufstieg“), der Gipfel bleibt aber immer oben. Sisyphus oder „Eben für ein starkes Deutschland.“
Dieser christlich getönte Donner wird entfacht, damit niemand sich allzu sehr gerade mache.
Dafür ist es aber leider zu spät.
Die Zeiten des Shareholder Value, in denen alles (Krieg, Umweltzerstörung, Elendsgefälle in der Welt, Sozialabbau, Lohnverzicht, Kulturzerstörung, Deformation von Bildung und Wissenschaft, demokratische Bescheidenheit) sich nach der besinnungslosen Rendite oder Dividende zu richten habe, sind an ihre Grenzen (ihr Ende?) gekommen.
Jedenfalls geht es so nicht weiter. Die Verwirklichung des Allgemeinwohls – Arbeit, Bildung und Kultur zur Freude und zum Nutzen Aller – ist nicht den abgehobenen Zerstörern und Unfähigen zu überlassen. Da regt sich was.
Dabei kommt etwas ur-menschliches zum Ausdruck:
Der aufrechte Gang.
„Dass die reiche Stadt Hamburg gerade wirtschaftlich wieder in Champagner-Laune ist, als hätte es eine Krise nie gegeben, verbittert die betroffenen Kulturarbeiter natürlich besonders. Aber es weckt auch Zorn. ‚Kampfansage‘ steht seit dem gestrigen Donnerstag in riesigen Lettern am Schauspielhaus gegenüber dem Hauptbahnhof. Mit Betteln scheint jetzt erst mal Schluß zu sein.“
Till Briegleb, „Kampfansage“, „Süddeutsche Zeitung“, 24.9.'10, S. 12.
„Den meisten Leuten sollte man in ihr Wappen schreiben: Wann eigentlich, wenn nicht jetzt?“
Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.
Erstens: Der schwarz-grüne Senat hat so manches Faß überlaufen lassen.
Zweitens: Hamburg ist seit ein paar hundert Jahren noch nie eine arme Stadt gewesen.
Drittens: Die Mehrheit der Bevölkerung muß selbst für das Allgemeinwohl sorgen.
In diesem Zusammenhang sind die Hochschulen eine politische Angelegenheit. Aufklärung oder Betriebswirtschaft.
Soziale Offenheit, demokratische Partizipation, solidarisches Lernen, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften – ausreichend öffentlich finanziert – stehen auf der Tagesordnung. Das ist ein praktischer Widerspruch zu Studiengebühren, Ba/Ma, Hochschulrat und negativ fortgesetzter Unterfinanzierung.
Emanzipation durch Bildung ist von großer Nützlichkeit.
Positive Veränderungen sind ein gewachsenes Bedürfnis.
Auf dieser Strecke hat sich 1993 die Liste LINKS gegründet.
Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich niemand auf Dauer entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
2. Zeitung zu den Studierendenparlamentswahlen 2010/11
„Nach der Krise ist vor der Krise, so hat es dieses Jahr den Anschein. Der wirtschaftlichen Schieflage vieler Unternehmen folgte der Bankrott einzelner Staaten. Von Umweltkatastrophen ganz zu schweigen. Wie reagieren die diesjährigen Absolventen auf globale Ereignisse? Was beeinflußt sie und welche Konsequenzen hat dies für den deutschen Arbeitsmarkt?
Bringt eine Krise nicht auch neue Chancen mit sich?“ (...) „Chancen multiplizieren sich, wenn man sie ergreift! Greifen Sie nach der Chance und lassen Sie sich von der diesjährigen Ausgabe inspirieren.“
Nelly Riggenbach Hasler, „Universum TOP 100“, 2010, Editorial, S. 3.
„Dadurch, dass alles schneller wird, verlieren wir sogar Zeit, andere Dinge zu tun.“ (...) „Es ist nicht die Aufgabe des Bildungssystems, der Wirtschaft Arbeitskräfte zuzuführen. Dabei werden Nutzen und Sinn verwechselt. Eine solche Gesellschaft würde kulturell versteppen.“
Richard David Precht (Philosoph), „Schnelle Geschäfte, miese Moral“, im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“, 27./28.11.'10, S. 71.
Obgleich die Notwendigkeit der sozialen Veränderung zur Besserung der Welt immer deutlicher zu Tage tritt, wird nach wie vor Gesundbeterei betrieben.
Schieflagen, Bankrotte, Umweltkatastrophen – irgendwie ereignet sich alles, aber es gebe immer irgendwelche Chancen, die zu ergreifen seien...
Dabei sind die „Generation Praktikum“, die nervenaufreibenden Bachelor-Studiengänge mit ihrer Entwissenschaftlichung und die Zunahme an befristeten Arbeitsverhältnissen (auch für Akademiker und Akademikerinnen) eine gesellschaftspolitische Tatsache, die Namen und Adressen hat. (In Hamburg sind dies die Handelskammer und beispielsweise Jörg Dräger und Herlind Gundelach für das Wissenschaftssenatsamt.)
Dagegen ist eine neue Politik für die Wissenschaften sowie eine neue Kultur der Wissenschaften zu entwickeln bzw. zu erwirken, die den aufgeklärten, mündigen, solidarischen und partizipierenden Menschen in den Mittelpunkt der geistigen und gesellschaftlich praktischen Bemühungen stellt.
Nicht zuletzt dafür sind die Studiengebühren abzuschaffen, die Hochschulen bedarfsgerecht öffentlich zu finanzieren, die Beteiligungsmöglichkeiten für alle Gruppen republikanisch zu erweitern und Wissenschaftsinhalte, -methoden und -formen auf ihre gesellschaftliche Verantwortung hin zu überprüfen und zu entwickeln.
Die entsprechenden Auseinandersetzungen (auch für „Uni bleibt!“) weisen in diese Richtung.
Das Engagement zur Verbesserung der wissenschaftlichen Lernbedingungen, zur Verbesserung des Bildungssystems, ist somit auch gerichtet auf bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen, für eine menschenwürdige Existenz Aller.
Je mehr es gelingt, in diesem Sinne Vernünftiges zu tun, desto erfreulicher ist der Alltag, desto weniger feindlich die Mitmenschen.
Das zu unternehmen, ist die eigentliche Chance. Sie ist jeden Tag vorhanden und hat eine weitreichende Perspektive.
Denn die wichtigste Arbeit ist die (strukturelle) Kultivierung der menschlichen Existenz – friedlich, gebildet, kooperativ, weit schauend und tatsächlich praktisch.
„Die Ersparung von Arbeitszeit gleich Vermehren der freien Zeit, d.h. Zeit für die volle Entwicklung des Individuums, die selbst wieder als die größte Produktivkraft zurückwirft auf die Produktivkraft der Arbeit.“
Karl Marx, „Grundrisse zur Kritik der politischen Ökonomie“ (1858), Marx-Engels-Werke (MEW) Bd. 42, S. 607.
„Dass die reiche Stadt Hamburg gerade wirtschaftlich wieder in Champagner-Laune ist, als hätte es eine Krise nie gegeben, verbittert die betroffenen Kulturarbeiter natürlich besonders. Aber es weckt auch Zorn. ‚Kampfansage‘ steht seit dem gestrigen Donnerstag in riesigen Lettern am Schauspielhaus gegenüber dem Hauptbahnhof. Mit Betteln scheint jetzt erst mal Schluß zu sein.“
Till Briegleb, „Kampfansage“, „Süddeutsche Zeitung“, 24.9.'10, S. 12.
„Den meisten Leuten sollte man in ihr Wappen schreiben: Wann eigentlich, wenn nicht jetzt?“
Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932.
Erstens: Der schwarz-grüne Senat hat so manches Faß überlaufen lassen.
Zweitens: Hamburg ist seit ein paar hundert Jahren noch nie eine arme Stadt gewesen.
Drittens: Die Mehrheit der Bevölkerung muß selbst für das Allgemeinwohl sorgen.
In diesem Zusammenhang sind die Hochschulen eine politische Angelegenheit. Aufklärung oder Betriebswirtschaft.
Soziale Offenheit, demokratische Partizipation, solidarisches Lernen, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften – ausreichend öffentlich finanziert – stehen auf der Tagesordnung. Das ist ein praktischer Widerspruch zu Studiengebühren, Ba/Ma, Hochschulrat und negativ fortgesetzter Unterfinanzierung.
Emanzipation durch Bildung ist von großer Nützlichkeit.
Positive Veränderungen sind ein gewachsenes Bedürfnis.
Auf dieser Strecke hat sich 1993 die Liste LINKS gegründet.
Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der studentischen Interessenvertretung, in der Akademischen Selbstverwaltung und in außerparlamentarischen Bewegungen: in Fachschaftsräten, in der Fachschaftsrätekonferenz, im Studierendenparlament, in Fakultätsräten, in der Friedensbewegung, in Bündnissen gegen Neofaschismus, in Aktivitäten gegen Sozialabbau. Wir sind bundesweit als Gründungsmitglied im Hochschulgruppenverband Die Linke.SDS organisiert.
Dieses Engagement begreifen wir als alltägliche und sehr menschliche Angelegenheit. Allseitige Emanzipation sei erstes Bedürfnis. Dem sollte sich niemand auf Dauer entziehen.
„Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1934.
„Vertrauen schafft soziale Ordnung, aber ebenso tut dies auch die Wahrung von Geheimnissen. Eine Gesellschaft ohne Geheimnisse hat ihre Ordnung verloren.“
Herfried Münkler, „Vom Nutzen des Geheimnisses“, „SPIEGEL“, Nr. 49/2010. Der Autor des Essays zu bzw. gegen Wikileaks ist Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er hat sich zu einem Thema über Niccolò Machiavelli promoviert.
„Ruhe und Ordnung
Wenn Millionen arbeiten, ohne zu leben,
wenn Mütter den Kindern nur Milchwasser geben –
das ist Ordnung.
Wenn Werkleute rufen: ›Laßt uns ans Licht!
Wer Arbeit stiehlt, der muß vors Gericht!‹
Das ist Unordnung.“Kurt Tucholsky, 1925.
Wenn mit dem Zeigefinger gedroht wird, ist Schmunzeln angebracht.
Das Anbohren und Weiterleiten von Quellen amtlicher politischer Macht durch Wikileaks hat zutage gefördert und in die bürgerlichen Medien gespült: Kriege sind – im Großen und im Kleinen – grausamer, als das meiste Reden und Schreiben der Bevölkerung weismachen will; manche Politiker sind wirklich so dumm; zwischen den USA und der EU bestehen taktische Differenzen und Streitigkeiten; ökonomische Vorteile spielen in der offiziellen Politik eine gewichtige Rolle.
Die Aufregung darüber ist groß. Die ins Licht gestellten Tatsachen gefährdeten „die Ordnung“ (s.o.).
Dabei wird nur erneut oder erweitert verifiziert, was ohnehin immer deutlicher wird respektive von kritischen Leuten an „der Ordnung“ (Krieg, Börse und Elend) als dringend änderungswürdig begründet dargestellt wurde und wird.
Während Zbigniew Brzenzinsky, ehedem „Nationaler Sicherheitsberater“ von US-Präsident Jimmy Carter, in derselben „SPIEGEL“-Ausgabe wie Herfried Münkler cool machtpolitisch feststellt: „Ruhig bleiben, weitermachen“, formuliert der habilitierte Politologe („Staatsraison. Ein Leitbegriff der frühen Neuzeit“) die Forderung: „Wer dem Staat, zumal dem demokratischen Rechtsstaat, die Verfügung über das Geheimnis entreißen will, sollte angeben können, bei wem es besser aufgehoben ist.“
Dazu vier Antworten:
Aufklärung und Emanzipation geht Alle etwas an.
Neu ordnen.
Zurück zum AnfangStille Nacht!„Der Zauber kehrt erst zurück, wenn man wirklich erwachsen wird. Erwachsen heißt im weihnachtlichen Dreiklang: die eigene Wohnung beziehen, mindestens ein Kind in die Welt setzen und einen Tannenbaum schlagen. (...)
Natürlich kann man sich in den kommenden fünf Wochen über Konsumterror, überfüllte Weihnachtsmärkte oder lauwarmen Glühwein erregen, sich über grelle Illuminationen in Nachbars Vorgarten, kitschige Kaufhausklänge oder hanseatische Hektik echauffieren. Man kann sich aber auch – einfach mal freuen.“Matthias Iken, „Noch 34 Tage...“, „magazin“ 47/2010, Beilage vom „Hamburger Abendblatt“, 20./21.11.'10.
„Er teilte des Sonntags Segen und oft schon des Montags Prügel aus.“ (3)
Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft E, 1775-1776.
Jede ordentliche Ordnung hat ihre Ideologie, jede geistige Rechtfertigung ihr Gefühl.
„Früher war mehr Lametta“: Das stramm konservative Gemüt liebt Marschmusik – auch mythisch-tonales Schwelgen – und ist in der Loriot-Figur von Opa Hoppenstedt sehr anschaulich gebildet. „Mein Enkelkind hat alles, was es braucht: gesunde Eltern, ein anständiges Zuhause und Zucht und Ordnung...“
Bevor aber ein stolzer Großvater der Spielzeugverkäuferin so etwas sagen kann, muß ein Haus gebaut, (mindestens) ein Kind gezeugt und ein Weihnachtsbaum geschlagen werden.
Dann kann er seinem Enkel „Dicki“ das lustige Spiel „Wir bauen uns ein Atomkraftwerk“ zu Weihnachten kaufen.
Die aufdringliche Weihnachtsromantik von Herrn Iken kommt aus der Hoppenstedtecke.
Sie ist eng verbunden mit der Politik von Ahlhaus & Co. bzw. eins mit dem strengen „Elternwillen“ (mein Kind lernt nicht zusammen mit dem Pöbel) von Herrn Scheuerl, der für die CDU-Liste zur Bürgerschaftswahl gewonnen werden konnte. Das ewig Gestrige zieht uns hinfort.
Darin steckt der tiefere Sinn von Weihrauch und Lametta – „einfach mal freuen“ – des schwülstelnden Kommentators, der des Montags für die Uni- Verlagerung an den Kleinen Grasbrook, Studiengebühren und Atomkraftwerke (in echt) schreibt.
Der Dusel, der einem so verordnet werden soll, hat den Zweck, über alle gemachten Übel und Ärgernisse hinwegdämmern zu lassen.
Das große Heiteitei dient der Widerspenstigen Zähmung und dem Weiter so eines unhaltbaren Zustandes.
Die Weihnachtstage müssen hingegen nicht durch Verdrängung bestimmt sein. Alles geht leichter.
Es läßt sich beispielsweise über die nächste Wahlentscheidung diskutieren.
Wir bauen uns kein Atomkraftwerk.
Zurück zum Anfang„Deutschland ist so erfolgreich, weil Sie Tag für Tag Ihre Arbeit machen. Sie sind früh morgens auf den Beinen. Sie arbeiten Schichtdienst, an Sonn- und Feiertagen. Sie kümmern sich um Aufträge und um Ihre Mitarbeiter. Sie meistern den Alltag, wie schwer er oft auch sein mag. (...) Wir Deutsche nehmen unsere Verantwortung wahr – auch wenn sie manchmal sehr schwer ist. Unsere Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan mussten in diesem Jahr den Tod von neun Kameraden verkraften. Auch wenn kein Wort von mir das Leid der Familien und Freunde der Gefallenen tatsächlich mildern kann, will ich von Herzen sagen: Ich vergesse sie nicht.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Neujahrsansprache 2011.
„Unternehmen sind Teil der Gesellschaft. Sie handeln nicht im luftleeren Raum. Gerade Banken sind auf Vertrauen angewiesen.
Im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen bei der Deutschen Bank möchte ich auf diesem Wege allen danken, die uns im abgelaufenen Jahr überall auf der Welt Vertrauen geschenkt haben.
Auch im kommenden Jahr wollen wir dieses Vertrauen durch gute Leistungen und verantwortungsbewußtes Handeln rechtfertigen.“
Josef Ackermann, Vorstandvorsitzender der Deutschen Bank, Neujahrsanzeige.
„Der Standesdünkel liegt in derselben Schublade wie der Patriotismus. Vom Feuerwehrverein bis zum Vaterland sind nur wenige Schritte. Und daher sieht bei uns der Skatverein wie ein Staat und der Staat wie ein Skatverein aus.“
Kurt Tucholsky, „Standesdünkel und Zeitung“, 1926.
Deutsche Waffen, deutsches Geld...
Mit „Gottes Segen“ gelte nach Meinung der Kanzlerin, daß „wir Deutschen“ uns nach den Tugenden der Fußball-Nationalmannschaft – bei der WM in Südafrika – zu richten hätten: „Fleiß und Disziplin, Ideenreichtum und Technik auf höchstem Niveau.“ Welch ein Sport!
80 Millionen Freundinnen und Freunde sollen wir sein. Die Erde ist rund und die Stunde hat neunzig Minuten.
Wesentlich die Export-Welt besteht aus: Märkten, Transportwegen, Ressourcen, (willigen und billigen) Arbeitskräften, Urlaubsstränden und Kriegsgebieten. Dafür heißt es, brav und fleißig zu sein und CDU zu wählen. (Kameraschwenk auf das Blumenbouquet.) Amen.
Zu welchem Zwecke werden solche Predigten gehalten?
Herr Ackermann sagt es: Für das Vertrauen in Institute wie die Deutsche Bank. Eins und eins macht zwei und mehr.
Das Vertrauen geht aber mit jedem Tag weiter flöten. Da helfen auch keine salbungsvollen Reden. Krieg ist nicht Frieden; Erwerbslosigkeit kein natürliches oder würdiges Dasein; die Zerstörung von kulturellen sowie sozialen Einrichtungen und Errungenschaften keine sinnvolle Politik; „Durchregieren“, Aussitzen und Schwätzerei keine demokratischen Tugenden; Atomenergie keine Energieversorgung, „die Klima und Umwelt schont und bezahlbar ist.“ Vattenfall läßt grüßen.
Studiengebühren, Bachelor und Master, betriebswirtschaftliche Verwaltung, das Hineinregieren von Unternehmen in die Wissenschaften, das Beschneiden demokratischer Rechte an den Hochschulen kommen aus derselben Richtung, sind von gleichem wirtschaftlichen Interesse, sind Ergebnis von gleicher Politik.
Auch darin ist das Vertrauen verloren gegangen, denn mit aufgeklärter Wissenschaft, sozialer Offenheit der Hochschulen, Freude am Lernen, der Entwicklung mündiger Menschen, demokratischer Teilhabe, mit gesellschaftlich verantwortungsvoller Bildung und mit guten Arbeitsbedingungen haben die Deformen der letzten Jahre nichts zu tun. Hier stehen nachdrückliche positive Änderungen auf der Tagesordnung.
Diese Änderungen sollten maßgeblich sein bei den zu treffenden Wahlentscheidungen für Studierendenparlament, Akademischen Senat und für die Bürgerschaft.
Sinnvolle Beteiligung lohnt sich.
Zurück zum Anfang„Denn nur der große Gegenstand vermag
Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen;
Im engen Kreis verengert sich der Sinn,
Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken.“Friedrich Schiller, Prolog zu „Wallensteins Lager“, gesprochen bei der Wiedereröffnung der Schaubühne in Weimar im Oktober 1798.
In die hamburgische Sozialdemokratie werden – laut Umfragen – Erwartungen gesetzt, bei denen diese Partei Schwierigkeiten haben wird, ihnen gerecht zu werden. Es soll sozialer, solidarischer, gerechter und demokratischer zugehen im Stadtstaat. Horch, was kommt von draußen rein?
Mindestens das Gleiche gilt für die Realo-„Jusos“ an der Uni, die bei der Wahl zum Studierendenparlament ihren leichten Vorteil vom Genossen Trend hatten.
Ansonsten mußten die rechten Gruppierungen – vor allem die Fakultätslisten und die Liberale Hochschulgruppe (LHG) – erheblich Federn lassen und können sich nun weniger spreizen.
Linke Listen (Liste LINKS, harte zeiten, Fachschaftsbündnis und sds) konnten sich insgesamt erfreulich verbessern. Der „Regenbogen“ hat sein Ergebnis in etwa gehalten.
Der Aufwärtstrend auf der linken Seite des politischen Spektrums konnte die Talfahrt auf der rechten Seite nicht kompensieren, so daß die Wahlbeteiligung von 25 auf 20 Prozent gesunken ist.
(Ein leichter Stimmenzuwachs beim RCDS hat deshalb dazu geführt, daß diese tradiert rechte Gruppierung – leider – wieder im SP vertreten ist.)
Nach alledem ist aber ein kreuzbraver Verwaltungs-AStA, wie er bisher bestand (Realo-„Jusos“, LHG, Fakultätslisten), nicht mehr möglich.
Nach neun Jahren CDU-Regierungen – mal mit Schill, mal alleine, mal mit der GAL –, die viele soziale, kulturelle und Bildungsverwüstungen hinterlassen haben, steht nicht nur in der Stadt ein Politikwechsel auf der Tagesordnung, sondern auch die Uni braucht eine studentische Interessenvertretung, die ihren Namen verdient und auch stadtpolitisch ihre Wirkung entfaltet.
Die
benötigt ein entschieden aufgeklärtes studentisches Engagement auf allen Ebenen der Universität im Stadtstaate Hamburg.
Wir werden wahrhaftig weiter daran arbeiten.
(in Klammern die Veränderung zum Vorjahr)
Liste | Stimmen | Prozent | Sitze* | |||
---|---|---|---|---|---|---|
Liste LINKS | 376 | (+39) | 4,86 | (+1,32) | 2 | (+/-0) |
harte zeiten – ju. soz. | 257 | (+72) | 3,32 | (+1,38) | 2 | (+2) |
Fachschaftsbündnis | 202 | (-38) | 2,61 | (+0,09) | 1 | (+/-0) |
Die Linke.SDS | 556 | (+72) | 7,19 | (+2,11) | 3 | (+/-0) |
Regenbogen/AL | 920 | (-55) | 11,89 | (-1,66) | 6 | (+/-0) |
Politisch wählen! | 21 | (n.a.) | 0,27 | (n.a.) | 0 | (n.a.) |
CampusGrün | 1297 | (-128) | 16,76 | (+1,81) | 8 | (+/-0) |
Grün | 140 | (n.a.) | 1,81 | (n.a.) | 0 | (n.a.) |
Realos („Juso-hsg“) | 1040 | (+120) | 13,44 | (+3,79) | 7 | (+2) |
Die EPB-Liste | 246 | (-171) | 3,18 | (-1,20) | 2 | (+/-0) |
Die Geisteswiss.-liste | 637 | (-324) | 8,23 | (-1,86) | 4 | (-1) |
his verjus | 22 | (+10) | 0,28 | (+0,15) | 0 | (+/-0) |
Die Medizinerliste | 487 | (-127) | 6,29 | (-0,15) | 3 | (+/-0) |
Jura-Liste | 295 | (-118) | 3,81 | (-0,52) | 2 | (+/-0) |
wiwi-Liste | 624 | (-202) | 8,06 | (-0,61) | 4 | (-1) |
Liberale-Hsg (LHG) | 228 | (-289) | 2,95 | (-2,48) | 1 | (-2) |
Ausländ. Studierende** | 122 | (-89) | 1,58 | (-0,63) | 0 | (+/-0) |
RCDS | 268 | (+31) | 3,46 | (+0,97) | 2 | (+2) |
Wahlbeteiligung | 7800 | (-1771) | 20,01 | (-5,3) |
n.a. = im Vorjahr nicht angetreten
* Die „Piraten“ (im Vorjahr 2 Sitze) sind dieses Jahr nicht angetreten
** „Ausländische Studierende“ hießen im Vorjahr „CampusInternational“
„Militärs neigen von Berufs wegen zur Geheimniskrämerei. Eine Armee kommt nicht ohne Hierarchie, Befehl und Gehorsam aus und neigt zu ausgeprägtem Eigenleben. Demokratische Staaten erwarten unbedingt Offenheit wie Diskussion und Überzeugung. Ein Spannungsfeld, in dem noch jeder Verteidigungsminister der Bundesrepublik seine Schwierigkeiten bekam – und mancher stürzte.“
Egbert Niessler, „Truppe muss sich wandeln“/„Und Guttenberg darf Kratzer am eigenen Lack nicht fürchten“, Leitartikel im „Hamburger Abendblatt“, 24.1.'11, S. 2.
„Und so werden sie in ihren Büchern und in ihren Kollegs, in ihren Kirchen und in ihren Lesezirkeln davon sprechen, wie heilig, wie notwendig und wie edel der Krieg ist, sie werden das Sterben der andern loben, und wie süß es sei...
Denn nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein.“Kurt Tucholsky, „Die Verteidigung des Vaterlandes“, 1921.
„Truppe muss sich wandeln“... Krieg beendet... Armee in zivile Berufe... Schwerter zu Windrotoren... Demokratie statt Gehorsam... Wahrheit gegen Vertuschung... Kultur anstelle soldatischer Öde... Guttenberg in seinen deutschen Forst... Uff de Straßen jetanzt...
Friedenstelegramm.
Nun mal im Ernst: Der aktuelle „SPIEGEL“ liegt so falsch nicht, wenn er bei den jüngsten sehr unschönen Ereignissen der Bundeswehr und ihrer ministeriellen Verarbeitung ein Déjà-vu-Erlebnis im Vergleich zur Kunduz-Affäre (Tötung von über hundert Zivilisten auf deutschen Befehl) konstatiert.
Erst ist alles nicht schön, aber auch nicht so schlimm – kommen dann die eigentlichen Informationen ans Licht, so werden hochrangige Militärs von ihren Ämtern entfernt; daraufhin wäscht der junge Baron seine Hände fernsehgerecht in Unschuld.
Dabei wäre, nach Vernunftgründen, die Sache recht einfach.
Bundesdeutsches Militär, auch andere Truppen, haben (nicht nur) in Afghanistan nichts zu suchen. Sie schaden der zivilen und immerhin möglichen demokratischen Entwicklung des besetzten Landes sowie den positiven Beziehungen der Länder untereinander. Auch Töten und Sterben ist den Menschen wenig bekömmlich. Desgleichen widersprechen strenge Hierachie bzw. Befehl und Gehorsam nicht nur einer demokratischen Praxis, sondern auch der Möglichkeit, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Auch – bisweilen tödliche – Tapferkeitsrituale sollten endgültig der Vergangenheit angehören.
Darüber hinaus gehört das Postgeheimnis zu den Grundrechten des Grundgesetzes (Artikel 10, Satz 1).
Alles in allem gilt mindestens: Truppen raus aus Afghanistan.
Überdies ist „Bildung für Alle!“ nicht nur eine Alternative zu „Bild Dir Deine Meinung“, sondern auch zu Krieg, Unwahrheit und Militär.
Zurück zum Anfang„Dass sich unsere Gesellschaft dringend erneuern muss – ähnlich wie die alte Bundesrepublik Ende der sechziger Jahre -, kommt bei den Eliten noch immer nicht an.“ (...)
„Fortschritt und Wachstum, Dynamik und Innovation sind für eine Gesellschaft unverzichtbar, sowohl wirtschaftlich wie sozial. Der Streitpunkt ist nicht, ob, sondern wie. Nicht um die Quantität wird gerungen, sondern um die Qualität.“
Richard David Precht, „Immer mehr ist immer weniger“ (Essay), „SPIEGEL“ 5/2011, S. 128f.
„Schwachheiten schaden uns nicht mehr, sobald wir sie kennen.“ (29)
Georg Christoph Lichtenberg, „Einfälle und Bemerkungen“, Heft D, 1773-1775.
Es hat das neue Jahr begonnen,
Der Flieder blüht im Mai,
Das Eis schon bricht, ist bald zerronnen,
Wer will, der atmet frei.
Doch Freiheit wird noch eng getragen,
Die Börse lacht, die Welt hat Fieber.
Wer Leben möcht' in allen Fragen,
Wagt Einspruch oft und immer wieder
Es zeigt sich deutlich nach und nach –
Aus Unsinn wird Vernunft und Wohltat steigt aus Plage –
Was bisher noch an Mut gebrach,
Tritt freundlich, groß und stark mit Zuversicht zutage.
(Olaf Walther, Januar 2011)
Der kritische Philosoph Precht konstatiert, daß der progressive gesellschaftliche Veränderungsbedarf bei den Lobbyisten der Konzerne oder auch bei den Regierenden in Berlin selbstverständlich kein Gehör finde. Bedenklicher findet er, daß das entsprechende Engagement bei der journalistischen Berufsgruppe häufig auf herabmindernde Reaktionen (beispielsweise „Wutbürger“ oder „Gutmenschen“) stößt.
In Hamburg ist Wahlkampf. Am 20. Februar wird für die Bürgerschaft und die Bezirksversammlungen des Stadtstaates gewählt. Überall grinsen die Kandidatinnen und Kandidaten den Menschen dieser Stadt entgegen. Die wohlfeil fotografierten Personen sind kaum unterscheidbar. Programmatische Unterschiede sind wenig zu entdecken.
Worum aber geht es?
Konservatismus ist schädlich: Nach gut neun Jahren CDU-Senaten (erst mit Schill, dann ohne Schill, dann mit der GAL) sind viele politische Verwüstungen angerichtet worden.
Diese sind – schlicht gesagt – zu heilen und Verbesserungen auf sozialem, kulturellem und demokratischem Gebiet sind zu realisieren. Arbeit muß ausreichend bezahlt sein und darf auch Freude machen; Sozialleistungen sind keine Almosen und Kunst und Kultur sind geistige Lebensmittel, die für alle erschwinglich sein müssen. Dafür lohnt sich jedes Engagement.
Für die Hochschulen bedeutet dies die sofortige Rücknahme der Studiengebühren, die grundlegende Reform des Ba-Ma-Systems und die Re-Demokratisierung der Einrichtungen sowie eine verstärkte konstruktive Rolle der Wissenschaften (Frieden, Ökologie, Behebung menschlichen Elends) bei der Lösung (globaler) gesellschaftlicher Probleme.
Auch wenn dem die Lobbyisten der Geschäfte, ignorante Politiker und bängliche Journalisten entgegenstehen, bleibt die Emanzipation vernünftig und kann mit dem entsprechenden Nachdruck der Vernünftigen auch durchgesetzt werden.
„Die größten technologischen Innovationen der Gegenwart werden bezeichnenderweise in demokratischen Ländern mit reger Bürgerkultur entwickelt und nicht in Wirtschaftsdiktaturen.“
Richard David Precht, a.a.O.
Es gibt viel Gutes zu tun – für Alle.
Zurück zum Anfang„Ich glaube, kein Land kommt in seiner Außenpolitik ohne ein vernünftiges Maß an Realpolitik aus. Gleichzeitig muss man hier eine Balance versuchen zu erreichen zwischen der Realpolitik und den Prinzipien von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten.“
John McCain, Senator für die Republikaner und ehemaliger Präsidentschaftskandidat, im „SPIEGEL“-Interview, Nr. 6/2011.
„Ich habe keinen Zweifel daran, dass mit dem Wechsel in Ägypten ein Wechsel im gesamten Nahen Osten verbunden sein wird. Wir können einen arabischen Frühling erleben.“
Mohamed el-Baradei, exponierter Aktivist der Demokratiebewegung in Ägypten, von 1997-2009 Generaldirektor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), mit der er zusammen 2005 den Friedensnobelpreis erhielt, im Interview mit dem „SPIEGEL“, Nr. 6/2011.
Ist es auch Wahnsinn, so hat es Methode: Vielen US-Administrationen wird seit langem der Satz „He is a son of a bitch [Scheißkerl], but he's our son of a bitch.“ bezüglich ihrer Außenpolitik zugeschrieben. So wurde stets die Unterstützung von Diktaturen „legitimiert“. (Die Behauptung, die Formulierung stamme ursprünglich von Franklin D. Roosevelt, US-Präsident von 1933-1945, läßt sich allerdings nicht nachweisen.)
John McCain bringt (s.o.) unmißverständlich zum Ausdruck, daß im Zweifel stets das Interesse – Geostrategie und Ressourcenverfügung – Vorrang vor den Werten (Sonntags, in der Kirche?) habe.
Aber auch die bundesdeutsche Außenpolitik hat sich nicht mit Ruhm bekleckert: So genehmigte die Bundesregierung seit 2000 für mehr als 270 Millionen Euro Rüstungsexporte (Panzer, Maschinenpistolen, Gewehre) nach Ägypten. Wie politisch bekannt ist, fordert die CDU auch den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Diese – verfassungsfeindliche – Auffassung gilt sicher nicht nur für die Bundesrepublik. Mittlerweile hat aber wegen der heiklen Lage das Bundeswirtschaftsministerium die Rüstungsexporte nach Ägypten ausgesetzt. Diese Maßnahme ist zu begrüßen und sollte dauerhaft Gültigkeit haben.
Dennoch wird zunehmend deutlich, welche negative Rolle die USA und die europäischen Staaten in den Ländern (beispielsweise Ägypten und Tunesien) spielen, wo die Bevölkerungen seit einiger Zeit verstärkt für Demokratie, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit kämpfen.
Dabei wird ebenso deutlich, wie sehr es auf der ganzen Welt prinzipiell um dieselben berechtigten Anliegen geht: Demokratische Partizipation, Arbeit, Bildung und Kultur; freie zivile Entfaltung der Mehrheit der Menschen sind nur ohne Diktatur, Krieg und soziale wie kulturelle Beschränkungen möglich.
Deshalb gelte die aufmerksame Solidarität mit allen Bestrebungen, die in diese Richtung gehen. Und: Auch hier ist nicht alles zum Besten.
Zurück zum Anfang„Gewinnen Partikularinteressen die Oberhand, droht eine ‚institutionelle Sklerose‘, die langfristig zum wirtschaftlichen Niedergang führt. Um dies zu verhindern, muss die Gesellschaft die Bereitschaft aufbringen, unabhängig von Partikularinteressen, künftige Herausforderungen im Sinne des Gemeinwohls aktiv anzunehmen.“
„Hamburg 2030 – Ein Projekt der Handelskammer Hamburg“, Vorwort, gezeichnet von Frank Horch (Präses) und Hans-Jörg Schmidt-Trenz (Hauptgeschäftsführer).
„Aus der finanziellen Ohnmacht des Staates und seiner Unfähigkeit zur Reform erwuchs eine zuletzt tödliche Krise. Jedesmal, wenn ein Minister den Versuch wagte, die absolute Monarchie durch Eingriffe in ihr feudales Gefüge zu modernisieren, erhob sich die Aristokratie zur Verteidigung ihrer Privilegien – die sie Freiheiten nannte – mit allen Mitteln und um jeden Preis. Eine solche Haltung verschärfte die Konfliktsituation und beschleunigte die revolutionäre Entladung.“
Walter Markov/Albert Soboul, „1789 Die große Revolution der Franzosen“, Kapitel II „Von der Krise zur revolutionären Situation“, 1. „Die Agonie der Staatsmacht“, Köln 1989, S. 71.
Der Hamburger Kaufmann geht, um seine Privilegien – die er Freiheiten nennt – zu sichern, in die Regierung des reichen und sozial gespaltenen Stadtstaates bzw. er läßt sich darum bitten.
Frank Horch, gelernter Ingenieur und Geschäftsführer der Hamburger Werft Blohm & Voss, trat von seiner Funktion als Präses der Handelskammer zurück, als ihn der designierte Bürgermeister (ja, SPD) O. Scholz zum designierten Wirtschaftssenator erkor.
Horch versteht unter „Gemeinwohl“ die Elbvertiefung, die engere Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft, die Laufzeitverlängerung bundesdeutscher Kernkraftwerke sowie die Intensivierung der Mittelstandsförderung. (Das alles scheint auch Herr Scholz für „vernünftig“, „solide“, „seriös“ usw. zu halten.)
Das kommt praktisch und gnadenlos zum Vorschein, wenn – an letzter Stelle, aber als Pointe – von „Konkurrenzfähigkeit im globalen Wettbewerb sichern“ die Rede ist („Hamburg 2030“ s.o.).
Das ist nach der „Agenda 2010“ die „Agenda 2030“.
Nicht die Erhöhung der Einnahmen für die öffentliche Hand (Spitzensteuersatz heben, Vermögenssteuer und Spekulationssteuer einführen, Steuerprüfung verbessern); nicht der Umbau zu regenerativen Energien; nicht Mindestlöhne, gleicher Lohn für gleiche Arbeit und die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich; nicht die Rekommunalisierung öffentlicher Aufgaben (Energie, Krankenhäuser); nicht ein neuer Kooperationsverbund norddeutscher Häfen; nicht die aufgeklärte Stärkung von Schulen, Hochschulen, Theatern und Museen – also nicht Arbeit, Bildung und Kultur für Alle, sondern das Brummen „der“ Wirtschaft (Partikularinteresse) wird vertreten und als „Gemeinwohl“ – was ja auch besser Allgemeinwohl heißt – ausgegeben.
Damit ist ganz gewiß kein gesellschaftspolitischer Wechsel verbunden, den viele Menschen in dieser Stadt erwarten oder erhoffen.
Von daher ist wohl angebracht, „der“ Wirtschaft zunehmend zu mißtrauen, selber aktiv zu sein und seine Stimme nicht einfach nur abzugeben. Das hat auch noch nach der Wahl wirksam Bestand.
„Wir haben versucht, einzusehen, was Demokratie ist: sie ist der menschliche Ausgleich zwischen einem logischen Gegensatz, die Versöhnung von Freiheit und Gleichheit, der individuellen Werte und der Anforderungen der Gesellschaft. Dieser Ausgleich aber ist niemals vollendet und endgültig erreicht, er bleibt eine immer aufs neue zu lösende Aufgabe der Humanität; und wir fühlen, daß heute in der Verbindung von Freiheit und Gleichheit das Schwergewicht sich nach der Seite der Gleichheit und der ökonomischen Gerechtigkeit, vom Individuellen also nach der Seite des Sozialen verlagert.“
Thomas Mann, „Das Problem der Freiheit“, 1939.
Hinter diesen Zusammenhang sollte niemand zurückfallen.
Zurück zum Anfang„Olaf Scholz war schon am Wahlabend anzusehen, dass ihn die hohen Erwartungen, die sich in den roten Balken abbildeten, zu drücken begannen. Es wird nicht einfach sein, die Studien- und Kindergartengebühren zu streichen, die Elbphilharmonie zu finanzieren, die aufgebrachte Kulturszene zu befrieden, und Hamburg auf Konsolidierungskurs zu halten. Die Kaufmannschaft hat er zwar hinter sich, aber ob das Hamburger Bündnis der SPD mit der Wirtschaft wirklich ein Bund von Gleichgesinnten ist, muss sich erst noch erweisen.“
Stefan Dietrich, „Hamburger Besonderheiten“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 21.1.'11.
„Das Fräulein: Oh, mein Rechthaber, so hätten Sie sich gar nicht unglücklich nennen sollen. – Ganz geschwiegen oder ganz mit der Sprache heraus. Eine Vernunft, eine Notwendigkeit, die Ihnen mich zu vergessen befiehlt? Ich bin eine große Liebhaberin von Vernunft, ich habe sehr viel Ehrerbietung für die Notwendigkeit. – Aber lassen Sie doch hören, wie vernünftig diese Vernunft, wie notwendig diese Notwendigkeit ist.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück“, Zweiter Aufzug/Neunter Auftritt, geschrieben 1763 und uraufgeführt in Hamburg 1767. Ein Denkmal Lessings steht auf dem Gänsemarkt.
Mit nur 57 Prozent Wahlbeteiligung und über 23.000 ungültigen Abstimmungen ist das parlamentarische Repräsentativsystem auch nicht mehr das, was es (in strenger Wahrheit) noch nie war...
Dennoch hat die relativ komplizierte Stimmenabgabe in Hamburg einen deutlichen Politikwechsel auf der Ebene von neuer Parlaments- und Regierungsbildung hervorgebracht. In der Hauptsache wurden politische Orientierungen gewählt. Die Bürgerschaft hat eine neue, problemgerechtere Zusammensetzung.
Die alte Tante SPD ist Siegerin der Wahl; die CDU rutscht ab auf ein verdientes Ergebnis, die NPD liegt bei kläglichen 0,9 Prozent; die GAL ist auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht; die LINKE konsolidiert sich als seriöse Oppositionspartei und die FDP wird nun auch in der Bürgerschaft beweisen können, daß sie nichts kann.
Verärgerung, Proteste, Kritik und soziale wie kulturelle Bewegungen in dem Stadtstaat (KiTa, Studiengebühren, Tamm-Museum, Gängeviertel, Tarifauseinandersetzungen, Schauspielhaus, Altonaer Museum, „Uni bleibt!“- Kampagne, Nein zur Atomenergie,...) haben die Fortsetzung des schwarz-grünen Regierungsbündnisses unmöglich gemacht. Ahlhaus als der Repräsentant der rechten Region in der CDU war augenscheinlich alles andere als ein Retter dieser Politik. Durch diese Person und Position wurde die politische Situation in einer sozial gespaltenen Lage weiter polarisiert.
Wesentliche Folge ist eine markante Linksentwicklung auf politischem Terrain. Die große Nutznießerin ist hierbei die SPD, die diese gebildeten Erwartungen nicht wird erfüllen können. (Daher auch die Bänglichkeit von O. Scholz.)
Von daher dürfte die Rolle der (parlamentarischen und außerparlamentarischen) Opposition für die tatsächliche Verwirklichung von sozialer und kultureller Vernunft bedeutungsvoll bleiben.
Zurück zum Anfang„Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage:
Ob's edler im Gemüt, die Pfeil' und Schleudern
Des wütenden Geschicks erdulden oder,
Sich waffnend gegen eine See von Plagen,
Durch Widerstand sie enden.“William Shakespeare, „Hamlet Prinz von Dänemark“, 1601.
„SPIEGEL:...vorsichtig? ‚Ich will mich nicht dafür entschuldigen müssen, ein Deutscher zu sein‘, hieß es da, oder: ‚Nicht wir müssen uns den Ausländern anpassen, sondern sie uns‘. Halten Sie das für ‚vorsichtig formuliert‘?
Diekmann: Genauso hat das der Europaminister der Türkei in ‚Bild‘ gesagt: ‚Ich fordere meine türkischen Landsleute und alle Deutschen türkischer Herkunft auf: Lernt Deutsch! Passt euch an die Sitten und Gebräuche eures Gastlandes an!‘ Was stand da noch auf unserer Seite 1? ‚Wer Arbeit ablehnt, verdient keine Stütze‘, ‚Wer nichts gelernt hat, soll hinterher nicht jammern, dass er keinen Job bekommt‘, ‚Auf den Schulhöfen muss Deutsch gesprochen werden‘. Oder: ‚Kinderschänder gehören weggesperrt‘, Sätze, wie Sie sie in jedem Wirtshaus hören können. Und von diversen Spitzenpolitikern...
SPIEGEL:...also reiner Populismus.“
„Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann im (Streit-)Gespräch mit dem SPIEGEL, Nr. 9/2011.
„Man wagt uns zu sagen, der Staat könne die Kosten dieser sozialen Errungenschaften nicht mehr tragen. Aber wie kann heute das Geld dafür fehlen, da doch der Wohlstand so viel größer war als zur Zeit der Befreiung, als Europa in Trümmern lag? Doch nur deshalb, weil die Macht des Geldes – die so sehr von der Résistance bekämpft wurde- niemals so groß, so anmaßend, so egoistisch war wie heute, mit Lobbyisten bis in die höchsten Ränge des Staates. In vielen Schaltstellen der wieder privatisierten Geldinstitute sitzen Bonibanker und Gewinnmaximierer, die sich keinen Deut ums Gemeinwohl scheren. Noch nie war der Abstand zwischen den Ärmsten und den Reichsten so groß. Noch nie war der Tanz um das goldene Kalb – Geld, Konkurrenz – so entfesselt.“
Stéphan Hessel, „Empört Euch!“, Berlin 2011, S. 9. Der Autor (geb. 1917) war Mitglied der Résistance, hat das KZ Buchenwald überlebt, war 1945 Vertreter Frankreichs bei den Vereinten Nationen in New York und 1948 Mitunterzeichner der Charta der Menschenrechte.
Ist Kai Diekmann ein „Kinderschänder“? (Sein Bild jagt jedenfalls Kindern Schrecken ein.) Auf jeden Fall konstatiert er, daß dieses Land nach den Maximen des Wirtshauses regiert wird...
Im Ernst: In, bei und durch „Bild“ wird krakeelt, geschwitzt, gesoffen und sich auf die Schenkel geklopft. Rassistisch, sexistisch, nationalistisch sowie rundum aufklärungs- und emanzipationsfeindlich. Das klingt böse und ist dabei wahr.
Schuld an allen Übeln sind die 68er, der Neger, der Türke (Islam), der faule Deutsche, hoffnungslos spinnerte Intellektuelle und viel zu hohe Ansprüche (auch an Geist, Ethos und Journalismus).
Die populistischen Maximen lauten: Bildet Vorurteile! Geil ist geil! Schlagt die Sündenböcke! Paßt Euch an!
„Bild“ war, ist und bleibt dumm, demagogisch, deutsch – und ist wahrlich keine Zeitung. Der dauerhaft täuschende Kriegsminister, der von dort aus vollmundig verteidigt wurde, mußte zurücktreten. Auch Gel-Partner Diekmann konnte ihn nicht mehr halten. Der Boulevard hat versagt. Frau Merkel hat nur noch schlechte Laune – und das ist gut so.
In Frage stehen zunehmend – nicht zuletzt seitens der Bevölkerung, dem Lümmel – der Krieg, die Sitten der Bundeswehr, die Hartz-IV-Sätze und ihre Drangsal, die neurotische Macht der Finanzmärkte, das Lügen bestimmter Politiker und Politikerinnen und ebenso die Bundesregierung selbst. Das Vertrauen in Unsinn, Elend und Täuschung aller Art schwindet.
Nunmehr ist die Zeit reif geworden für neue Ansprüche: Kriege sind zu beenden, Studiengebühren fallen; Demokratie ist, wen man selber mitmacht und die sozialen Lebensbedingungen menschlich gestaltet.
Der Mensch ist ein kulturelles Wesen, das seine Lage erkennen kann und dann nicht mehr aufzuhalten ist.
Laß „Bild“ rechts liegen!
Auf der gesellschaftlichen Tagesordnung stehen Frieden, Arbeit, Bildung und Kultur für Alle. Und bessere Zeitungen.
Zurück zum Anfang„In einem Satz: Was können die Hamburger nun von Ihnen erwarten?
Scholz: Die Hamburger haben sich eine gute Regierung bestellt und es wird mein Ehrgeiz sein, diesem Anspruch gerecht zu werden.“ (...) „Meine Strategie ist klar: Das Ausgabenwachstum muss unter dem Einnahmenwachstum bleiben...“ (...) „Jedes Kind in der Stadt soll einmal ein Konzert dort (in der Elbphilharmonie) besucht haben. Und sie darf andere kulturelle Einrichtungen nicht beeinträchtigen.“
Bürgermeister O. Scholz (SPD) im Gespräch mit dem „Hamburger Abendblatt“, 8.3.'11, S. 9.
„Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn.
Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen.“
Kurt Tucholsky, „Schnitzel“, 1930.
Wir sollen jetzt ordentlich regiert werden. Dafür wird um Vertrauen geworben.
An erster Stelle steht dabei die sogenannte Konsolidierung des Haushaltes, d.h. das Abtragen der Schulden bei den Banken, welche durch zu geringe Einnahmen des Staates wegen der Steuergeschenke nach oben (auch Banken) entstanden sind. So schließt sich ein selbst verschuldeter Teufelskreis. Als Wächter dieser Bewegung fungiert Wirtschaftssenator (in spe) Frank Horch, ehedem Präses der Handelskammer.
Da Bürgermeister Scholz bislang noch nicht hat hörbar werden lassen, daß und wie die Einnahmeseite verbessert werden soll (möglich: mehr und strengere Steuerprüfer Richtung Reichtum, Verzicht auf teure Großprojekte, Initiative für die Erhöhung der Bundessteuern), dürfte das Verlassen dieses Kreises einige Schwierigkeiten bereiten.
Dennoch mußten bislang seitens der SPD einige Zugeständnisse (KiTa, Studiengebühren, Schauspielhaus, Altonaer Theater etc.) gemacht werden, da der begründete Unmut in der Stadt sehr deutlich artikuliert wurde und ja auch zur Ablösung des CDU- (GAL-)Senats erheblich beigetragen hat.
Die Aussage zur Elbphilharmonie ist allerdings ein unfreiwilliger Witz. Einmal im Leben soll Klein Erna auch in den Renommierschuppen am Hafen gehen dürfen.
Dabei hat Hamburg schon die Staatsoper, die Musikhalle, die Bühnen des NDR; die Markthalle, das Logo, die Fabrik und die Stadtparkbühne. Alles mit Musik.
Gefördert werden sollten lieber der Musikunterricht in den Schulen (Räume, Instrumente, Lehrer), die öffentlichen Bücherhallen sowie die Häuser der Jugend. Klein Ernst und Klein Erna hätten sicherlich mehr davon.
Es gibt also nach dem Regierungswechsel in der Stadt hinreichend Gründe für Mißtrauen und Unzufriedenheit. (Die Studiengebühren sind auch noch nicht abgeschafft.)
Ruhe sollte nicht einkehren.
Zurück zum Anfang„Als vor einem Vierteljahrhundert in Europa der Reaktor in Tschernobyl in die Luft flog, gab es für die Atombranche ein Innehalten, aber keine Zäsur. Durch wachsende Sorgen ums Klima erhielt die Atomenergie zuletzt sogar wieder Auftrieb. International wird vielleicht im Jahr X nach Fukushima angesichts des weltweit bis 2030 um 50 Prozent wachsenden Energieverbrauchs und mit Blick auf Kosten und Verfügbarkeit von Energie, die Frage nach der Atomkraft dann wieder anders gestellt.“
Holger Steltzner, „Ausstieg aus der Kernenergie?/Die atomare Spaltung der Welt“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 16.3.'11.
„Gelogen wird überall, auch in der liberalen Welt. Das Interesse braucht ideologischen Schmuck, die Machtpolitik kleidet sich in Messianismus, und was man Propaganda nennt, hat nirgends viel mit Wahrheit zu tun.“
Thomas Mann, „Meine Zeit“, 1950.
„Wir verbringen unser Leben in einer gefährlichen Welt. Der Stand unserer Zivilisation ist ein solcher, daß die Menschheit schon alle Mittel besäße, überaus reich zu sein, aber in der Gänze noch immer mit Armut geschlagen ist.“
Bertolt Brecht, „Anrede an den Kongreßausschuß für unamerikanische Betätigungen in Washington“, 1947.
Die Erde bebt. Die Katastrophe in Japan ist groß. Der GAU in Fukushima ist Realität. Hilfe und eine radikale Wende in der Energiepolitik sind dringend geboten. Niemand ist unberührt.
Zehntausende Menschen sind in der Bundesrepublik gegen die Atomenergie, die unsicheren Endlager sowie die verantwortlichen Energiekonzerne auf den Straßen und fordern den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie. Die Bundesregierung nimmt, um diesen Druck aufzufangen bzw. die anstehenden Landtagswahlen nicht zu verlieren, die sieben ältesten Atommeiler aus dem Betrieb und verspricht einen schnelleren Umbau zu erneuerbaren Energien.
Hier hat machtpolitisches Kalkül Vorrang vor der seriösen Sorge um menschenwürdige Lebensverhältnisse.
Seit über dreißig Jahren wird seitens der Anti-AKW-Bewegung begründet darauf hingewiesen, daß die Atomtechnologie hoch risikoreich und nicht beherrschbar ist; daß die sichere Endlagerung des lang-lange strahlenden Mülls nicht gesichert ist; daß aus den Spaltprodukten waffenfähiges Material gewonnen wird; daß die Sicherung der atomaren Energieproduktion demokratiefeindlich ist; daß zugunsten der Unternehmensgewinne die Lasten der Allgemeinheit steigen; daß die Entwicklung und Realisierung von Energiesparmaßnahmen sowie von alternativer Energiegewinnung durch die Atomenergie zurückgedrängt werden – und die Allianz aus Atomlobby und willfähriger Politik hat trotzdem beinahe ungehemmt weiter den Atomkurs gefahren.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sogar das milde Ausstiegsszenario ihrer rot-grünen Vorgängerin durch eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke konterkariert. Diese Laufzeitverlängerung ist erst einmal für drei Monate (Wahlen) ausgesetzt.
Das ist Augenwischerei und reicht bei weitem nicht aus.
Für den 26. März sind Großdemonstrationen – wahrscheinlich in Berlin, Hamburg und Köln – geplant.
Lernen! Abschalten! Radikale Energiewende!
Termine: www.ausgestrahlt.de
Zurück zum Anfang„Mit 7000 Soldaten der Bundeswehr, die derzeit im Ausland sind, nimmt Deutschland seine internationale Verantwortung war. Wir sind drittgrößter Geber von Entwicklungshilfe. Unser Engagement für Frieden und Freiheit wird weltweit anerkannt.“
Bundesaußenminster Guido Westerwelle (FDP) im „SPIEGEL-Gespräch“, Nr. 12/2011.
„Der Imperialismus, ein Vampir
Das Vieh ist tot und bleibts und hört, allein
Weil es noch Blut säuft, nicht auf, tot zu sein.“
Peter Hacks, „Diesem Vaterland nicht meine Knochen“, Gedichtesammlung Eulenspiegel Verlag 2001.
Zwar hat sich die Bundesregierung bei der UN-Resolution, die den Weg für das Bombardement von Libyen eröffnet hat, enthalten; und auch bundesdeutsche Truppen sind an diesem Kriegseinsatz, dessen Ende und dessen Folgen für die Zivilbevölkerung noch nicht abzusehen sind, nicht beteiligt – aber diese politisch-militärische Zurückhaltung ist wesentlich der Friedensbewegung bzw. der kritischen Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sowie den bevorstehenden Wahlen geschuldet. Hier rudert die schwarz-gelbe Riege ähnlich verzweifelt in unruhiger See wie in der heiklen Atomfrage.
Außerdem hat die Bundesregierung der US-Regierung die ungehemmte Nutzung bundesdeutscher Militärbasen gestattet, das US-Kommando für den Kontinent Afrika (AFRICOM) kann seine militärischen Aktivitäten in Möhringen bei Stuttgart koordinieren, und es werden Bundeswehrsoldaten für AWACS-Maschinen zur Ausweitung des Krieges gegen Afghanistan zur Verfügung gestellt.
In Libyen – bzw. gegen das Land – geht es mal wieder um Öl, d.h. um einen kriegerischen Einsatz für einen entsprechenden Regime-Change. In Libyen befinden sich die größten Erdöl- und Gasreserven des dortigen Kontinents.
Die Regierungsform, mithin das Wohlergehen der Bevölkerung, sind auch bei dieser gewalttätigen Intervention relativ egal – wie allein schon das Beispiel Saudi-Arabien deutlich zeigt -, wenn in der Hauptsache die Verfügbarkeit über Ressourcen, Märkte und Transportwege gesichert ist.
Deshalb ist sich den triftigen und vernünftigen Forderungen, wie sie der „Bundesausschuss Friedensratschlag“ (Kassel/Berlin) formuliert hat, anzuschließen:
„– die Angriffe westlicher Staaten auf Libyen unverzüglich einzustellen und
– neutrale internationale Vermittler zu bestellen, die am ehesten von der Afrikanischen Union kommen könnten, um die Konfliktparteien in Libyen zu einer unverzüglichen Waffenruhe zu bewegen; die Waffenruhe könnte auch von der Afrikanischen Union überwacht werden.
Von der Bundesregierung verlangen wir, sich der Distanzierung vom Krieg, wie es die Arabische Liga, Russland und China getan haben, anzuschließen und den USA die Nutzung der Militärbasen in Deutschland zu untersagen. Den Bundestag fordern wir auf, den AWACS-Einsatz im Afghanistankrieg mit deutschen Soldaten abzulehnen.“
Nur Frieden schafft bessere Möglichkeiten.
Auftakt:
Kriegsklotz am Dammtordamm, um 12 Uhr.
Demoroute:
Durch die Innenstadt mit einer Zwischenkundgebung in der Mönckebergstraße bei Vattenfall.
Abschluß:
Friedensfest auf dem Carl-von-Ossietzky-Platz (Lange Reihe, St. Georg).
„SPIEGEL: Was lehrt Sie diese arabische Revolution bislang?
Lévy: Es war ein einschneidender Moment in der Geschichte der Moderne, als die Arabische Liga darum bat, in Libyen zu intervenieren. Damit ist die Pflicht, sich in die Affären anderer Länder einzumischen, universell geworden. Man kann nun nicht von dunklen Manövern oder von verstecktem Kolonialismus sprechen. Das ist ein radikaler Wandel.
SPIEGEL: Das ist dieselbe Arabische Liga, die den Machthabern in Bahrein hilft, an der Macht zu bleiben.
Lévy: Trotzdem haben wir einen großen Schritt getan auf dem Weg zu einer Welt, in der die Menschheit eins wird und nicht mehr unterteilt ist in unterschiedliche Zivilisationen, die unterschiedliche Rechte und Werte kennen.“
Bernard-Henry Lévy, französischer Philosoph und enger Berater des französischen Kriegspräsidenten Nicolas Sarkozy, im „SPIEGELGespräch“, Nr. 13/2011.
„Wenn alles das Mythos ist, was sich dem gesunden Menschenverstand entzieht-: nieder mit dem Mythos! Und wichtiger als alle Volkheit scheint mir zu sein, daß sich der Mensch nicht zum Vieh degradiere, auch nicht für sein Vaterland. Was eine sanfte Beleidigung des Viehs darstellen dürfte.“
Kurt Tucholsky, „Friedrich mitn Mythos“, 1932.
In Saudi-Arabien wird die Todesstrafe öffentlich und mit dem Schwerte vollstreckt. In diesem Lande sind die sozialen Unterschiede riesengroß. Es gilt mit seinen begehrten Ölexporten sowie seinen lukrativen Waffenimporten als Freund sogenannter westlicher Regierungen und Konzerne. Demokratie und Menschenrechte werden dort traditionell als nachrangig betrachtet.
Man kann in der Tat davon sprechen, daß die „Koalition der Willigen“ unter Anführung des wilden Sarkozy keine dunklen Manöver gegen Libyen unternimmt oder zu Recht mutmaßen, daß hier nicht von verdecktem Kolonialismus zu sprechen sei: Vielmehr sind diese aggressiven Kriegshandlungen auf den fortgesetzten politischen und ökonomischen Vorrang der Industriestaaten gegenüber den ehemaligen Kolonien gerichtet.
In Ägypten galt die Sorge der entsprechenden Regierungen (in Europa und den USA) nicht der Demokratie bzw. der sozialen Gerechtigkeit, sondern beispielsweise der sensiblen Transportader Suezkanal. In Libyen interessieren nach geschäftlichen und sicherheitspolitischen Maßgaben weniger die Menschenrechte als die großen Erdölvorkommen.
Insgesamt spielen (auch) in dieser Region geostrategische Kalkulationen die übergeordnete Rolle. Ob Despotie oder Demokratie – Stabilität in Bezug auf Rohstoffe, Märkte und Transportwege haben hier eindeutigen Vorrang gegenüber der dem Wohlergehen der Mehrheit der Menschen.
Deshalb ist es auch nicht nur annähernd wahrheitsgemäß, wenn der „Philosoph“ Lévy von einer Zivilisation mit gleichen Rechten und Werten spricht, in „der die Menschheit eins wird“ und in der Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit für alle Menschen gleichermaßen ethische wie praktische Gültigkeit haben sollen.
Diese „Philosophie“ – eines reichen Pariser Präsidentenberaters – ist das Gegenteil des traditionellen französischen Aufklärungsanspruches. Sie ist schlichte Kriegsrede. Mythos statt Menschenrecht.
Wie viel aufschlußreicher ist Jean-Jacques Rousseau, bei dem es 1755 im „Diskurs über die Ungleichheit“ heißt:
„Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte, und es sich einfallen ließ, zu sagen: dies ist mein und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der wahre Gründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wie viel Not und Elend und wie viele Schrecken hätte derjenige dem Menschengeschlecht erspart, der die Pfähle herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: ‚Hütet euch auf diesen Betrüger zu hören; ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass die Früchte allen gehören und die Erde niemandem.‘“
Es ist noch viel zu lernen. In der Tat.
Auftakt:
Kriegsklotz am Dammtordamm, um 12 Uhr.
Demoroute:
Durch die Innenstadt mit einer Zwischenkundgebung in der Mönckebergstraße bei Vattenfall.
Abschluß:
Friedensfest auf dem Carl-von-Ossietzky-Platz (Lange Reihe, St. Georg).